Nun haben Sie eine sehr detaillierte Anfrage gestellt. Ich könnte jetzt ein langes Referat halten. Daher frage ich: Sind Sie damit einverstanden, dass ich diese ausführliche Antwort – mit Tabellen – wir sind es Ihnen schuldig, auf diese Fragen eine sehr detaillierte Antwort zu geben –, offiziell zu Protokoll gebe,
oder bestehen Sie darauf, dass ich die nächste Viertelstunde die Antwort auf Ihre Schriftliche Anfrage vorlese?
Wenn ich die Antwort auf meine Schriftliche Anfrage nachher bekomme, verzichte ich auf Ihre mündlichen Ausführungen.
Sie bekommen sie sofort. Ich bedanke mich. Ich weiß, dass Sie mir immer gern zuhören, und umgekehrt. Herzlichen Dank dafür.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Die nächste Fragestellerin ist Frau Paulig. Herr Sprinkart, übernehmen Sie die Fragestellung?
Herr Staatssekretär, ist der Staatsregierung bekannt, ob es, wie in den Medien gemeldet, einen DB-Konzernbeschluss zum Allgäu-SchwabenTakt (neu) gibt, welche inhaltliche Festlegungen wurden in diesem Beschluss getroffen, und wie wirken sich diese Maßnahmen konkret auf die künftige Ausgestaltung des Allgäu-Schwaben-Taktes aus?
Staatssekretär Spitzner (Wirtschaftsministerium) : Zunächst freue ich mich, dass die Frage nach einem Allgäu-Schwaben-Takt in einem echten, unverwechselbaren Allgäuer Dialekt gestellt worden ist. Dies als Vorbemerkung.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal, Kollege Sprinkart, ist festzustellen, dass der DB-Konzern nicht über den Allgäu-Schwaben
Gemeint ist daher wohl von der Kollegin Paulig das Neigetechnikprojekt Allgäu, bei dem es insbesondere um die Schieneninfrastruktur geht. Der Vorstandsvorsitzende der DB AG, Herr Mehdorn, hat uns mit Schreiben vom 22. 06. dieses Jahres unter anderem darüber informiert, dass
erstens die Bahn das gesamte Neigetechnikprojekt Allgäu realisieren wird und zu den in der Vergangenheit gemachten Zusagen nach wie vor steht,
zweitens das Gesamtprojekt im Hinblick auf notwendige betriebliche Einschränkungen während der Bauzeit in zwei Stufen für die Achsen München – Memmingen – Lindau und München – Kempten – Lindau realisiert wird,
viertens ein Umsetzungsplan zur Realisierung kurzfristig mit Staatsminister Dr. Wiesheu abgestimmt wird und
fünftens höchstes Interesse daran besteht, die derzeit laufenden Neigetechnikfahrzeuge schnellstmöglich mit ihrer vollen Leistungsfähigkeit einsetzen zu können.
Offen und zwischen der Bahn und der Staatsregierung strittig ist die Frage, ob die Strecke München – Kempten – Oberstdorf ab 2003 – Sie kennen das Thema – im Fern- oder im Nahverkehr bedient wird. Bis dahin ist zunächst einmal die Bedienung im Fernverkehr sichergestellt. Einigkeit besteht zum Einsatz der Neigetechnik. Die Fahrzeuge für diese Strecke sind von der Bahn aber noch nicht bestellt; allerdings hat sie sich – so die Auskunft – entsprechende Optionen einräumen lassen. Das Betriebskonzept im Detail und die abschließende Anzahl der Fahrzeuge sind nach der Grundsatzentscheidung über Fern- oder Nahverkehr festzulegen. Wir gehen davon aus, dass die offenen Fragen zügig geklärt werden. Wir werden auf jeden Fall alles von Seiten der Staatsregierung in dieser Richtung tun.
Das Neigetechnikprojekt Allgäu wurde in gemeinsamen Präsentationen von DB AG und Freistaat Bayern ja bereits 1997 und 1998 der Öffentlichkeit vorgestellt und damals auch zwischen Staatsminister Dr. Wiesheu und dem Vorstand der DB AG ausdrücklich vereinbart. Dabei wurde seitens des Freistaates zugesagt, 17 für den Nahverkehr bestimmte Fahrzeuge mit einer Quote von 75% zu fördern und die notwendigen Schieneninfrastrukturmaßnahmen mit 6 Millionen DM aus GVFG-Mitteln zu bezuschussen. Also wir, glaube ich, haben diesbezüglich unsere Hausaufgaben gemacht.
Herr Staatssekretär, ich frage bezüglich Ihrer Aussagen im Brief des Herrn Mehdorn zur ersten und zweiten Stufe: Handelt es sich bei der ersten Stufe um den Ausbau des Netzes München – Memmingen – Lindau plus Buchloe – Kempten – Hergatz und in der zweiten Stufe um Ulm – Oberstdorf oder Augsburg – Buchloe, oder sind die zwei Verbindungen München – Lindau einmal über Memmingen und einmal über Kempten Teil von zwei unterschiedlichen Stufen? Ich habe es bei Ihnen so herausgehört, als sei die erste Stufe München – Memmingen – Lindau und die zweite Stufe Buchloe – Kempten – Hergatz.
Herr Sprinkart, ich gehe davon aus – sage ich jetzt –, dass beide Strecken gleichberechtigt sind, bin mir aber dessen nicht hundertprozentig sicher und lasse Ihnen daher im Laufe des heutigen Nachmittags eine entsprechende klärende Auskunft noch zukommen.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Gibt es weitere Zusatzfragen? – Nein. Dann danke ich Ihnen, Herr Staatssekretär, und bitte nun den Herrn Staatssekretär des Ministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen um die Beantwortung der Fragen.
Herr Staatssekretär, haben die 630-Mark-Jobs auch in Bayern, entgegen den Prognosen von Instituten und der Wirtschaft, zugenommen, und wie bewertet die Staatsregierung diese Entwicklung aus heutiger Sicht?
Frau Präsidentin, Herr Kollege Dietmar Franzke, meine Damen und Herren Kollegen! Das mit dem Gesetz zur Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse verfolgte Ziel, nämlich die Ausweitung dieser Beschäftigungsverhältnisse einzudämmen und das als „Missbrauch“ bezeichnete Eingehen dieser Beschäftigungsverhältnisse zu verhindern, wurde aus unserer Sicht eindeutig verfehlt, denn seit Beginn der Neuregelung im April 1999 steigen die Zahlen der gemeldeten geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse bekanntermaßen jetzt an.
Konkrete Zahlenvergleiche zu früheren Zeiten sind nicht möglich, Herr Kollege Franzke, Zahlen also im Vergleich zu der Zeit vor dem 1. April 1999. Vor diesem Datum wurde die Zahl der geringfügig Beschäftigten lediglich von wissenschaftlichen Instituten geschätzt oder durch den Mikrozensus erhoben. Auch die für das Jahr 2000 vorliegenden bundesweiten Zahlen sind verzerrt und unvollständig. So sind zum Beispiel Aussagen über die Zahl der geringfügig Nebenbeschäftigten nicht möglich, weil die Beschäftigten nur mit ihrem versicherungspflichtigen Haupterwerb erfasst sind. Sicher ist jedoch – und
das steht unstrittig fest –, dass nach dem eklatanten Einbruch durch die Gesetzesänderung ab dem April 1999 die Zahl aller geringfügig Beschäftigten wieder zugenommen hat. Insoweit kann ich Ihre Aussage bestätigen. So stieg die Zahl der erfassten Beschäftigungsverhältnisse im Bundesgebiet im Zeitraum von Juni 1999 bis Juni 2000 von zirka 3,65 Millionen auf über 4 Millionen oder um mehr als 10% und auf Bayern bezogen von 600000 auf 635000, also um 5% an. Damit man einigermaßen einen Rahmen hat: 10% auf Bundesebene, 5% auf bayerischer Ebene.
Durch die Verteuerung der 630-Mark-Jobs, vor der die Bayerische Staatsregierung von Anfang an gewarnt hatte, sind nach wie vor einzelne Wirtschaftsbereiche, wie zum Beispiel die Gastronomie oder Hotellerie, massiv betroffen. Nach Aussagen des Bayerischen Hotelund Gaststättenverbandes ist die Neuregelung der 630-Mark-Jobs sogar die Hauptursache des akuten Arbeitskräftemangels in Bayern in diesem Bereich.
Auch viele für die Bürger wichtigen Dienstleistungen aus dem Ehrenamt, zum Beispiel die Freiwillige Feuerwehr, die Arbeit in den Vereinen und in der freien Wohlfahrtspflege sind durch die Verteuerung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse stark gefährdet. Zudem ist davon auszugehen, dass die Neuregelung den Trend zur Schwarzarbeit eher verstärkt hat; denn jede Verteuerung von Arbeit und jedes bürokratische Erschwernis führen natürlich zu Umgehungsversuchen. Dies dürfte im besonderen Maße für jene geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse gelten, die deutlich unter der Obergrenze von 630 DM liegen. Die Bayerische Staatsregierung hält daher an ihrer Auffassung fest, dass die Verteuerung der 630-DM-Jobs und die damit verbundenen Erschwernisse in keinem Verhältnis zu der durch das Gesetz erreichten sozialversicherungsrechtlichen Absicherung stehen.
Herr Staatssekretär, ich bin selbst Vorsitzender eines freien Wohlfahrtsverbandes und stelle fest, dass Ihre Aussage, wonach es schwerer geworden sei, mit Sicherheit nicht stimmt. Vielmehr wird inzwischen ordnungsgemäß gehandelt. Ich frage Sie, warum Sie diese Angelegenheit immer noch so kritisch sehen. Sie haben keine Zahlen für Bayern genannt. Im Bund ist jedoch die Zahl der Beschäftigungsverhältnisse vom Juni 1999 mit 377000 zum Februar 2001 auf 3700000 angestiegen. Dies ist die Zahl der ordnungsgemäß geführten Beschäftigungsverhältnisse. Diese Zahl stammt aus der Zeitschrift „Medikament und Meinung“ vom Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie, der mit Sicherheit nichts Positives über die Bundesregierung sagen wird, wenn es nicht stimmt.
Herr Kollege Franzke, ich stimme Ihnen zu. Die Zahlen haben, beginnend im Juni 1999 über das Jahr 2000 mit fortsetzendem Trend bis 2001 zugenommen. Mir sind auch die Zahlen von 2000 bis 2001 bekannt. Ich wollte deutlich machen, dass diese Zahlen nicht einfach mit den Zahlen, die vor dem 1. April 1999 vorgelegen haben, verglichen werden können. Wir müssen den Trend, den Sie richtig dargestellt haben, betrachten. Ab dem 1. April 1999 hat die Zahl der ordnungsgemäß geführten Beschäftigungsverhältnisse zugenommen. Umgekehrt müssen wir doch auch feststellen, dass es immer noch Problembereiche gibt. Sie wissen sehr wohl, dass wir nach dem 1. April 1999 zunächst massive Einbrüche hatten. Ich werde Ihnen nachher gerne die entsprechenden Presseberichte zur Verfügung stellen. Ich kann Ihnen die Zahlen des Einzelhandels nennen, aus denen hervorgeht, dass dort die Zahl der Beschäftigungsverhältnisse um 17000 zurückgegangen ist. Bei einer Gesamtzahl von 76000 Beschäftigungsverhältnissen bedeutet das einen massiven Einbruch. Der Trend geht dahin, dass die Zahl der Beschäftigungsverhältnisse wieder zunimmt.
In einzelnen Bereichen gibt es jedoch auch Probleme. Ich möchte jetzt nicht auf die Feuerwehr oder die Wohlfahrtspflege im Detail eingehen. Sie kennen diese Probleme, da Sie in diesem Bereich tätig sind. Ärgerlich ist, dass die soziale Sicherung nicht in jedem Fall in der Weise erreicht wird, wie wir uns das vorgestellt haben. Dies gilt sowohl für die Kranken– als auch für die Rentenversicherung. Wenn ein Betroffener noch eine Nebenbeschäftigung ausübt und Beiträge in die Krankenversicherung einzahlt, erhält er für diese Beiträge keine Leistungen. Ich möchte deutlich machen, dass wir die Ziele, die wir uns gesetzt haben, nicht immer erreicht haben.
Herr Staatssekretär, Sie sind lange genug in der Politik, um zu wissen, dass nicht jedes soziale Problem und jeder Einzelfall durch ein Gesetz gelöst werden können. Darin sind wir uns sicherlich einig. Sie haben aber die Aufgabe, die Einnahmen der Krankenversicherung und der Rentenversicherung im Auge zu behalten. Deshalb möchte ich Sie fragen, wie sich die Einnahmen aus den 630-DM-Jobs bei der Krankenversicherung und der Rentenversicherung entwickelt haben.
Herr Kollege Franzke, ich werde diese Frage beantworten, auch wenn sie sehr stark über die ursprüngliche Frage hinausgeht.
Unbestritten ist, dass die Einnahmen aus den 630-DMJobs sowohl in der Krankenversicherung als auch in der Rentenversicherung zunehmen. Sie wissen aber auch, dass diese Rentenversicherungsbeiträge nicht zu einem wirksamen Anstieg der Rente führen. Die Betroffenen müssen selbst zuzahlen, um eine gute Rente zu erhalten. Noch eklatanter wird es bei der Krankenversicherung. Wer neben einer Hauptbeschäftigung einen 630-DM-Job ausübt, muss zwar Beiträge bezahlen, erhält dafür aber keine Leistungen. Das halte ich für einen falschen Ansatz. Unbestritten ist, dass die Krankenversicherung Einnahmen erhält. Diese Beiträge werden natürlich abgeführt. Ich wollte jedoch deutlich machen, dass für diese Beiträge keine Leistungen gewährt werden. Natürlich tut das den Krankenversicherungen gut. Die Beitragszahler müssen sich aber fragen, was sie für ihre Beiträge bekommen.
Herr Staatssekretär, ich wäre vorsichtig mit der Einschätzung, dass dies der Rentenversicherung nichts hilft. Wir können uns nachher noch einmal privat darüber unterhalten. Es hilft mit Sicherheit etwas. Sie haben jetzt keine konkreten Zahlen genannt. Ich habe versucht, mich zu erkundigen und deshalb die Frage gestellt. Die Rentenversicherung hatte im Jahre 1999 fast 3 Milliarden DM an zusätzlichen Einnahmen. Die Krankenversicherung nahm im Jahr 2000 ungefähr 2,28 Milliarden DM zusätzlich ein. Dies sind die bundesweiten Zahlen. Ich habe gehofft, dass Sie mir für Bayern konkrete Zahlen nennen können. Tatsache ist, dass Bayern allein durch dieses Gesetz erhebliche Mehreinnahmen bei diesen zwei Sozialversicherungen erhalten hat.
Herr Kollege Franzke, ich werde Ihnen diese beiden Zahlen für Bayern zukommen lassen. Das ist kein Problem. Um diese Zahlen geht es aber letztlich nicht. Ich bestreite nicht, dass in der Krankenversicherung und in der Rentenversicherung mehr Geld eingenommen wird. Mir geht es darum, dass dem Beitragszahler pauschale Beträge abgeführt werden, für die er keine Leistungen erhält. Ich habe gerade einen entsprechenden Fall dargestellt.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Ich bitte nun den Staatsminister für Wissenschaft, Forschung und Kunst um die Beantwortung der nächsten Frage. Der Fragesteller ist Herr Kollege Mehrlich.
Herr Staatsminister, wird die Staatsregierung dem Scherenbergfestspielverein in Gemünden am Main für den Ankauf einer mobilen Tribünenanlage
sowie einer Ton- und Lichttechnikanlage einen Zuschuss bewilligen, gegebenenfalls in welcher tatsächlichen Höhe?