Frau Ministerin, der Versuch, den Deutschen Orden in die Reihen der karitativen Einrichtungen aufzunehmen, den ich Ihren Worten entnehmen kann, in allen Ehren – „karitativ“ ist ein bisschen anders. Aber ich habe Ihren Worten auch entnommen, der Ministerpräsident habe sich in keiner anderen außer der ideellen Weise für den Deutschen Orden eingesetzt, abgesehen von dem Brief, den er geschrieben hat. Jetzt ist meine Frage: Hat er sich oder hat sich die Staatsregierung gegenüber Banken in irgendeiner Weise über den Deutschen Orden geäußert, über dessen Solidität oder über die Folgen, die aus den Körperschaftsrechten entstehen?
Der bayerische Ministerpräsident hat sich im ideellen Bereich für das eingesetzt, was eigentlich Aufgabe des Deutschen Ordens gewesen wäre, nämlich für Suchtkranke, für Menschen in Krankenhäusern. Mit diesen Zielen hat er sich ideell identifiziert. Das, glaube ich, gereicht ihm höchstens zur Ehre und nicht zum Gegenteil. Nicht ich habe den Deutschen Orden zur karitativen Organisation gemacht, sondern das, was die Ziele des Deutschen Ordens zum damaligen Zeitpunkt waren, die dann von einzelnen Personen durch entsprechende Handlungen durchbrochen worden sind, vielleicht sogar wider das Gesetz.
Für diese Dinge kann man den bayerischen Ministerpräsidenten nicht verantwortlich machen. Ansonsten müsste man nämlich jeden Ehrenamtlichen der irgendwo tätig ist, bei Kolping, beim Bayerischen Roten Kreuz, zur Rechenschaft ziehen. Da ist Herr Dr. Köhler nämlich auch nicht verantwortlich für diejenigen, die jetzt
verurteilt worden sind, obwohl er vorher Vizepräsident gewesen ist. Dafür trägt er keine Verantwortung. Er hat sich für die Ziele des Bayerischen Roten Kreuzes engagiert. Genau das hat der bayerische Ministerpräsident auch getan.
Frau Ministerin, ich habe jetzt nicht nach der Verantwortung des Ministerpräsidenten gefragt, obwohl ich das auch anders beurteile als Sie, sondern ich habe gezielt danach gefragt, ob er sich über diesen ideellen Einsatz hinaus, den Sie eben erwähnt haben, in irgendeiner Weise betätigt hat. Ich gehe davon aus, dass ich Ihren Worten entnehmen kann, dass sich der bayerische Ministerpräsident in keiner Weise über dieses Ideelle hinaus für den Deutschen Orden eingesetzt hat. Und ich habe nachgefragt, ob er oder die Staatsregierung den Banken gegenüber Auskunft gegeben hat, was die Solidität oder die Folgen von Körperschaftsrechten betrifft. Das war meine Frage, die Sie noch nicht beantwortet haben.
Ich habe die Antwort eigentlich vorhin schon gegeben. Erstens hat sich der Ministerpräsident ideell ganz sicher mit den Zielen karitativer Art des Deutschen Ordens identifiziert.
Zweitens. Sie kennen den Brief, den er an das Kultusministerium geschrieben hat. Das bedeutete aber nicht, wie von Ihnen damals behauptet worden ist, eine offizielle Anerkennung oder Einbindung in den Status der Körperschaft des öffentlichen Rechts, sondern es war eine Empfehlung und eine Mitteilung, dass er dies unterstützt. Die Entscheidung wurde nach den Kriterien getroffen.
Herr Dürr, ich glaube, wir haben Ihnen schriftlich seitenweise lange Zeit ausgeführt, nach welchen Kriterien und auf welchen Grundlagen wir verfahren. Diesbezüglich dürften Sie eigentlich keinerlei Irrtümern mehr unterliegen.
Das ist gar nicht mehr möglich. Andere Dinge stehen überhaupt nicht in meiner Kenntnis. Ansonsten hätte sie der bayerische Ministerpräsident sicherlich selber formuliert.
Ein Brief ist für mich ein materielles Tätigwerden, und zwar über das Gebet oder über fromme Wünsche hinaus. Aber er ist für den Deutschen Orden nicht materiell tätig geworden.
Jetzt habe ich noch die Frage: Hat er den Brief aufgrund einer Aufforderung durch den Deutschen Orden oder aus eigenem Impuls geschrieben?
Der Ministerpräsident schreibt immer nur Briefe, wenn er der Auffassung ist, dass es richtig ist, sie zu schreiben.
Die nächste Frage stellt Frau Kollegin Elisabeth Köhler. Wir haben nur noch ganz wenig Zeit. Deswegen bitte ich, präzise zu formulieren.
Frau Ministerin, da angesichts des Betriebs u. a. mehrerer Krankenhäuser und sozialer Einrichtungen im Freistaat Bayern zwischen dem Deutschen Orden und dem Freistaat Bayern unterschiedliche Interessenlagen hinsichtlich des Erhalts der Einrichtungen auf der einen und der Sanierung des Ordens auf der anderen Seite bestehen, frage ich die Staatsregierung, inwieweit für Ministerpräsident Dr. Stoiber Interessenkonflikte zwischen seinen Pflichten als Familiare im Deutschen Orden und seinen Pflichten als Ministerpräsident des Freistaats Bayern bestehen.
Herr Präsident, Frau Abgeordnete Köhler, Bayern setzt sich im Interesse der Patienten und der in den sozialen Einrichtungen des Deutschen Ordens Deutsche Brüderprovinz Beschäftigten für den Erhalt der einzelnen Einrichtungen ein. Das entspricht schlichtweg den Aufgaben der Staatsregierung.
Neben dem Deutschen Orden gibt es viele andere Institutionen, die derzeit nicht so sehr Aufmerksamkeit finden, aber auch Probleme haben, für die wir uns genauso einsetzen. Vielleicht haben diese Einrichtungen sogar Fehler gemacht. Dennoch setzen wir uns für sie
genauso ein. Wir versuchen, entsprechend den Möglichkeiten und den gesetzlichen Bestimmungen dort zu helfen, wo es der Bayerischen Staatsregierung möglich ist.
Frau Ministerin, hat sich der Ministerpräsident in den letzten Wochen und Monaten, insbesondere nachdem die schwierige Situation des Deutschen Ordens bekannt geworden ist, persönlich in Verhandlungen mit verschiedenen Institutionen eingeschaltet?
Frau Abgeordnete Köhler, Sie wissen doch, dass die Federführung für diese Fragen bei meiner Kollegin Christa Stewens aus dem Sozialministerium liegt. Für die Fragen des Körperschaftsrechts liegt die Zuständigkeit bei mir als Kultusministerin. Daraus ergibt sich, dass in den jeweiligen Schwerpunktsetzungen einmal das Justizministerium, ein anderes Mal ein anderes Ministerium zuständig ist. Es handelt jeweils das Ministerium, das für die jeweiligen Fragen zuständig ist.
Der bayerische Ministerpräsident ist grundsätzlich bei vielen Organisationen und Krankenhäusern – ich denke zum Beispiel an die Probleme der Stadt Würzburg – eingeschaltet gewesen. Er bindet sich jeweils entsprechend ein. Selbstverständlich erkundigt sich auch der bayerische Ministerpräsident nach der Möglichkeit des Fortbestands und den Problemen der Einrichtungen, die derzeit unter der Trägerschaft des Deutschen Ordens stehen. Aber dies geschieht nicht im Rahmen eines Sicheinmischens, des Dreinredens, sondern er verhält sich so, wie er sich normalerweise als Ministerpräsident in allen gleichgelagerten Fällen in Bayern verhält, ob es sich um wirtschaftliche, soziale oder kulturelle Fragen handelt. Das halte ich für die absolute Normalität. Ich hielte es für seltsam, wenn er überhaupt nicht danach fragen würde.
Sie können daraus nicht entnehmen, dass er sich eingeschaltet hat, sondern Sie können den Ausführungen das entnehmen, was ich gesagt habe. Sie mögen es bitte nicht uminterpretieren. Vielmehr schaltet sich der Ministerpräsident generell bei Fragen und Sorgen ein, egal, ob es sich um Grundig in Nürnberg handelt, ob es sich – so ist es neuerdings – um Entscheidungen der Bahn bezüglich der Auflösung von Arbeitsplätzen in Bayern handelt, ob es um eine Standortauflösung der Bundeswehr durch die Bundesregierung und um ähnliche Dinge
geht, ob es um Probleme eines Krankenhauses in Dillingen geht oder um Fragestellungen im Zusammenhang mit der Auflösung von Einrichtungen, die notwendigerweise die Patienten weiter betreuen müssen. In solchen Fällen erkundigt sich der Ministerpräsident und stellt auch Fragen. Das ist ganz normal. Wenn es der bayerische Ministerpräsident nicht täte, dürfte er nicht bayerischer Ministerpräsident sein. Alles andere ist Polemik und der Versuch, einen anderen Touch hineinzubringen, als es die Normalität in der Arbeit der Bayerischen Staatsregierung ist.
Es ist immer wieder dasselbe Problem. Marie von Ebner-Eschenbach hat gesagt: „Wir alle suchen die Wahrheit; aber wir finden sie dort, wo wir sie gerade haben wollen.“ Wenn uns die Wahrheit woanders angeboten wird, dann ist es nicht die unsrige.
Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. 30 Minuten stehen pro Fraktion zur Verfügung. Ich erteile das Wort dem Herrn Kollegen Hartmann.