Wir hatten auch der CSU das Gespräch angeboten, um die beiden Gesetzentwürfe zusammenzuführen und zu optimieren. Es kam aber nicht zum Dialog. War das Ohnmacht vor der Ministerialbürokratie und der Staatsregierung oder war es die Arroganz der Macht, die diesen Dialog verhindert hat, oder war es beides?
(Unruhe bei der CSU – Freiherr von Redwitz (CSU): So ein Quatsch! – Freiherr von Rotenhan (CSU): Calm down!)
Genau diese Ihre regierungsfromme Willensbildung – und Sie bestätigen mich mit Ihren Reaktionen – ist es,
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Hartmann hat von dem großen Wert gesprochen, den der Frankenwein für die fränkische Kultur hat. Ich möchte noch eines draufsetzen: Der CSU-Fraktion ist er so viel wert, dass ich namentliche Abstimmung beantrage.
Lieber Herr Kollege, dass ausgerechnet die Beratung über das Weingesetz zu einem Angriff auf die Fraktion geführt hat, wir wären quasi der Büttel der Bayerischen Staatsregierung, war nun wirklich falsch; denn wir haben uns hingesetzt und den Entwurf gemacht. Wenn Sie sich beklagen, dass wir mit Ihnen keinen Kompromiss gefunden haben, dann muss ich dazu sagen: Wir schließen immer noch lieber Kompromisse mit der Bayerischen Staatsregierung als mit der SPD-Fraktion.
Meine Damen und Herren, es ist das Wesen von Zweiten Lesungen, dass die Sache wiedergekäut wird. Dies will ich jetzt tun.
Im Gegensatz zu Ihnen haben wir uns von Anfang an mit den Betroffenen zusammengesetzt und haben zunächst gefragt, was für die fränkischen Weinbaugebiete überhaupt für zweckmäßig gehalten wird. Wir haben uns dann mit den Winzern im Weinbauverband zusammengesetzt und den gegenwärtigen Entwurf vorgelegt. Der Grund, wie wir dazu gekommen sind, unterscheidet sich relativ wenig von Ihrem: Der Absatz des Produktes Frankenwein ist einfach weniger geworden. Dies liegt nicht daran, dass bei uns keiner mehr Wein tränke, sondern an der internationalen Konkurrenz, die so groß geworden ist, dass wir einfach etwas dafür tun müssen, um unseren Winzern die Möglichkeit zu geben, ihr Produkt zu bewerben. Ich habe es beim letzten Mal gesagt und will es wieder sagen: Allein der kalifornische Winzer Robert Mondavi setzt in Deutschland mit 8 Millionen DM so viel für Werbung ein, wie für den gesamten deutschen Wein zur Verfügung steht. Dies können wir nicht tatenlos hinnehmen. Wir müssen etwas tun, damit unsere Produkte weiterhin am Markt bleiben können.
Wir haben das große Problem – das haben Sie zutreffend gesagt –, dass die großen Weingüter, die von Neuseeland über Chile bis nach Kalifornien nach Deutschland hineindrücken, unter ganz anderen Bedingungen
arbeiten können als die kleinstrukturierten Winzer in Franken. Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass 70% der fränkischen Winzer Flächen von weniger als einem halben Hektar bewirtschaften. Jedem wird einsichtig sein, dass dies weniger effektiv geschieht als in den großen Weingütern. Der Agrarausschuss hat vor knapp zwei Jahren Kalifornien besucht. Wir haben uns ein eindrucksvolles Bild davon machen können, wie dort Wein produziert wird.
Wir stehen vor einem massiven Verdrängungswettbewerb. Dieser Verdrängungswettbewerb kann nur gegen das Motto „Wer nicht wirbt, der stirbt“ gewonnen werden. Deswegen wollen wir den Winzern eine Möglichkeit an die Hand geben, um für den bayerischen Wein, in der Masse den fränkischen, werben zu können.
Mit dem vorliegenden Entwurf eins Weinabsatzförderungsgesetzes sollen künftig alle Winzer entsprechend dem Umfang ihrer Rebflächen an den Aufwendungen für die Gebietswerbung beteiligt werden. Damit wird eine gemeinschaftliche und für alle tragbare Finanzierungsmöglichkeit geschaffen. Meine Damen und Herren, zwischen der Ersten und Zweiten Lesung habe ich mit drei oder vier Winzern gesprochen, und zwar weniger fränkischen Winzern als vielmehr einer Gruppe von Winzern aus der Oberpfalz. Dazu muss ich übrigens etwas erzählen. Sie haben alle der Zeitung entnommen, dass ich den oberpfälzer Wein einmal als Essig bezeichnet habe. Ich habe inzwischen – Kollege Welnhofer war Zeuge – einen Gang nach Kanossa angetreten, bin nach Tegernheim gefahren, habe am dortigen Jubiläum teilgenommen und den Wein verkostet und bin nicht blind geworden. Selbstverständlich kann er sich mit dem fränkischen Wein nicht so recht messen, aber er ist immerhin trinkbar.
Meine Damen und Herren, sehr viel eindrucksvoller waren aber zwei oder drei Winzer aus dem Bodenseegebiet, wo es immerhin 30 Hektar Weinanbauflächen gibt. Sie haben mich inständig darum gebeten, das Wuchsgebiet Bodensee aus dieser Sache herauszulassen. Sie sagten, die Masse würde doch in die Werbung für den Frankenwein fließen, und davon hätten sie gar nichts. Das ist ein Argument, das sticht. Gleichwohl haben wir uns dann doch dazu entschlossen, keine Sonderregelung zu machen; denn sonst kommen morgen die Oberpfälzer, und übermorgen denken die mittelfränkischen Winzer, sie hätten mit den unterfränkischen Winzern nichts zu tun; schließlich kommen die Winzer vom Untermain und sagen, sie hätten nichts mit Thüngersheim oder dem zentralfränkischen Iphofen zu tun. Ich habe den Winzern am Bodensee aber versprochen, dass ich mich auch in Zukunft dafür einsetzen werde, dass sie das Geld, das sie in den Fonds einzahlen, im Rahmen eines Rückflusses zurückbekommen. Das ist völlig klar. Wir, der Bayerische Landtag, kämpfen darum, dass Lindau bayrisch bleibt und wir somit einen Zugang zum Bodensee haben, obwohl den Winzern vom Wuchsgebiet her ihre württembergischen Nachbarn sehr viel näher stehen. Ich möchte aber in dieser Rede darauf hinweisen, dass wir solche Sachen auch im Auge haben müssen.
Meine Damen und Herren, die SPD-Fraktion möchte einen Qualitätsanspruch – wie nennen Sie das: Ethik des fränkischen Weines, so einen fabelhaften Ausdruck haben Sie dafür gefunden. Ich habe letztes Mal dazu eine relativ flapsige Bemerkung gemacht; ich möchte das nicht wieder tun.
Meine Damen und Herren, ich habe das Gefühl, Sie wollen etwas schaffen, was dem bayerischen Reinheitsgebot beim Bier gleicht. Gestatten Sie mir bitte einen kurzen historischen Ausflug. Das Reinheitsgebot stammt meines Wissens aus dem 16. Jahrhundert und war damals von den Wittelsbachern wirklich als ein Mittel des Verbraucherschutzes gedacht; denn alle möglichen Leute haben Bier gebraut, groß konservieren konnte man das Bier nicht, das Bier wurde immer schlechter, und die Leute haben immer dickere Köpfe bekommen. Aus dieser Situation heraus wollte man für den Verbraucher ein gutes Bier schaffen und hat das Bayerische Reinheitsgebot geschaffen.
Heute stehen wir vor einer völlig anderen Situation. Der gesamte Weinmarkt ist ein Käufermarkt. In dem Moment, wo ein Winzer nicht wirkliche Qualität produziert, ist er am nächsten Tag weg vom Fenster. Deshalb trifft das, was Sie vorhin gesagt haben, nicht zu, dass mit genmanipulierten Hefen und irgendwelchen Farbstoffen gearbeitet werde.
Jeder Winzer, der das bei uns täte, wäre am nächsten Tag vom Markt. Es ist auch meine politische Überzeugung, dass wir als Gesetzgeber keinen Grund haben, dem Produzenten mit erhobenem Zeigefinger zu sagen, dass er Qualität produzieren muss; denn wenn er es nicht täte, würde er sich selbst ins eigene Fleisch schneiden. Wir haben überhaupt keinen Anlass, als Oberlehrer Bayerns dazustehen und den Franken zu sagen, wie sie ihren Wein am besten produzieren können.
Meine Damen und Herren, zur Frage, wie viel Geld wir für diesen Werbefonds aufbringen. Wir haben ja 350 DM pro Hektar oder 1,75 Euro pro Ar. Sie wollten einen gestaffelten Beitragssatz haben. Auch hierzu möchte ich wiederholen, was ich Ihnen das letzte Mal gesagt habe. Meine Damen und Herren, die großen Weingüter sind diejenigen, die am wenigsten von diesem Fonds profitieren. Die großen Weingüter in Franken haben in aller Regel einen so guten Namen, dass sie die Werbung nicht brauchen. Dass sie in einem Akt der Solidarität mitmachen, ist meiner Ansicht nach nicht hoch genug zu bewerten. Deswegen sollten wir sie nicht abstrafen, indem wir sie für ihre größeren Flächen höhere Beiträge zahlen lassen. Der letztliche Nutznießer ist nämlich der kleine Winzer, der ohnehin relativ wenig in den Fonds einbezahlt. Insofern sind wir dafür, dass solidarisch der gleiche Betrag bezahlt wird.
Meine Damen und Herren, ich hatte neulich ein lustiges Erlebnis. Ich bin nachts, als es dunkel war, die Innere Wienerstraße entlang gegangen. Auf einmal hörte ich hinter mir die seuselnd gurrende Stimme meiner Kollegin Frau Münzel aus Unterfranken, die plötzlich sagte: Schaut mal, da vorn läuft unser sozialistischer Baron. Ich habe mich umgedreht und gefragt, wie sie auf die Idee kommen könnte, dass ich ein sozialistischer Baron sei. Sie sagte, dieses Gesetz, das wir machen, sei Dirigismus; denn wir zwängen Winzer in einen Fonds hinein, in den sie eigentlich nicht hinein wollen. Meine Damen und Herren, wir haben uns erkundigt: Circa 80% der bayerischen Winzer sind bereits in einem entsprechenden Fonds, den sie mitfinanzieren. 20% sind das bisher nicht und können getrost als Trittbrettfahrer bezeichnet werden.
Frau Münzel, ich gebe zu, in meinen Namen kommt die Silbe Rot vor. Ich stehe aber auf dem Standpunkt: Lieber außen rot und innen schwarz als umgekehrt. Wir sollten trotzdem den solidarischen Akt für alle bayerischen und fränkischen Winzer durchführen. Dies heißt nicht, dass wir wirklich einen Dirigismus einführen; denn wir betreiben damit Politik für die Mehrheit. Das könnte sich die SPD vielleicht das eine oder andere Mal auf die Fahnen schreiben.
Ich will Ihnen noch eines sagen, das mit dem Weinbaugesetz nichts zu tun hat, aber ich sage es, weil es mich ärgert. 80% der Bundesbürger fühlen sich einer Kirche zugehörig. Trotzdem hält es der Bundeskanzler nicht für nötig, bei der Einweihung des Bundeskanzleramtes auch nur einen einzigen Pfarrer herbeizuzitieren, der vielleicht dafür beten könnte, dass aus dem Haus Segen hervorgeht, und das wäre wohl dringend nötig.
Warum macht er das nicht? – Weil er sagt, in Deutschland gebe es auch Menschen, die keine Christen wären. Das nenne ich Politik für Minderheiten. Das ist nicht unsere Sache. Wir machen es umgekehrt. Wir machen Politik für Mehrheiten. Entschuldigen Sie mir bitte diesen Ausflug in ein Thema, das mit dem Weingesetz nichts zu tun hat.
Meine Damen und Herren, ich wäre dankbar, wenn aufgrund der Argumente und Gründe, die ich nun schon zum zweiten Mal vorgetragen habe, die Mehrheit dieses Hauses, welches sich jetzt langsam füllt – nur schade, dass Sie jetzt die fabelhaften Reden versäumt haben –,
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Nach den Vorstellungen von SPD und CSU gibt es also in Zukunft ein Gesetz, nach dem alle Winzer und Winzerinnen eine Abgabe bezahlen müssen, mit der die Werbung für den fränki
schen Wein finanziert wird. Wir halten das für einen Unsinn. Es kann nicht Aufgabe des Staates sein, per Gesetz dafür zu sorgen, dass die Werbekasse der Winzerinnen und Winzer gut gefüllt ist. Wenn eine gemeinsame Werbung von den Winzern und Winzerinnen gewünscht wird, können sie das tun, aber auf freiwilliger Basis.
Herr von Rotenhan, zumindest wir beide haben heute früh die Debatte über die Wirtschaftspolitik verfolgt. Den Kollegen Hartmann habe ich dabei nicht gesehen. Ich habe genau dem zugehört, was die CSU gesagt hat. Besonders aufmerksam habe ich Herrn Dinglreiter verfolgt. Was sagte er? Er forderte mehr Marktwirtschaft und weniger Staat. Er will deregulieren und nicht mehr regulieren. Er will Deregulierung statt Kostentreiberei, und er will, dass die Verwaltungskosten sinken. Sein Plädoyer und die Reden der Wirtschaftspolitiker auf Ihrer Seite waren genau das Gegenteil von dem, was Sie jetzt machen. Ich saß die ganze Zeit auf meinem Platz und habe mich gefragt, wie diese Aussagen zum Weinfördergesetz der CSU passen. Es passt überhaupt nicht zusammen. Sie bewirken mit Ihrem Weinfördergesetz genau das Gegenteil von dem, was Sie heute morgen in der wirtschaftspolitischen Debatte gefordert haben.
Das Problem der Trittbrettfahrer habe ich das letzte Mal schon angesprochen. Sie sagen, 80% schließen sich freiwillig zusammen. 20% schließen sich dieser Gemeinschaft nicht an, also sind sie Trittbrettfahrer. Diese 20% haben gute Gründe dafür, dass sie sich nicht der Mehrheit anschließen. Ich habe die Öko-Winzer schon als Beispiel genannt. Sie bauen einen Wein mit einem bestimmten Qualitätsstandard an. Sie haben einen eigenen Verband und sie haben natürlich ein Interesse daran, dass mit dem Geld, welches sie zur Verfügung stellen, Werbung für ihren Qualitätsstandard gemacht wird. Wenn das Geld jetzt aber in einen allgemeinen Topf fließt, fehlt ihnen das Geld für eigene Werbung. Zwar sind die Öko-Winzer nicht die große Masse der Weinanbauer, aber sie sind auch von Ihrem Gesetz betroffen.
Ich bin der festen Überzeugung, dass die Antrag stellenden Fraktionen – sowohl CSU als auch SPD – im Grunde ihres Herzens genauso wie wir denken. Ich glaube, dass es in der Vergangenheit selten zwei Gesetzentwürfe gab, von denen selbst die Antrag stellenden Fraktionen so wenig überzeugt waren. Eine einzige Ausnahme ist vielleicht Kollege Hartmann. Von ihm bin ich überzeugt, dass er das glaubt, was er hier verkündet. Bei den anderen hingegen bin ich der festen Überzeugung, dass sie den Gesetzentwürfen mit sehr gemischten Gefühlen gegenüberstehen.
Auch die Begeisterung bei den Winzerinnen und Winzern hält sich in Grenzen. Ich habe das Beispiel der ÖkoWinzer schon genannt. Sie wundern sich übrigens auch sehr über die SPD, welche in ihrem Gesetzentwurf einen eigenen Qualitätsstandard einfordert. Die Öko-Winzer haben diesen eigenen Qualitätsstandard. Mit keinem Wort aber werden sie im Gesetzentwurf der SPD erwähnt. Nirgendwo ist das Wort „Öko“ in Ihrem Gesetzentwurf sichtbar.
Die Begeisterung hält sich auch bei den kleineren Winzerinnen und Winzern in Grenzen. Herr von Rotenhan, die kleinen Winzerinnen und Winzer schreien nicht gerade Hurra bei diesem Gesetzentwurf. Sie wissen, ich komme aus einer Weingegend, aus Klingenberg/Großheubach. Herr Hartmann war dort auch auf Werbetour für sein Weinfördergesetz. Ich schlug die Zeitung auf, weil ich gespannt war darauf, was unsere Winzerinnen und Winzer dazu sagen. Was stand dort in einer Überschrift?
Wenig begeistert zeigen sich die Winzer im Landkreis Miltenberg von dem Vorhaben, im Rahmen eines bayerischen Weinfördergesetzes eine Weinfondsabgabe einzurichten.
Bei uns am Untermain ist also keine Begeisterung festzustellen. Die Winzer wollen das gar nicht. Die Vorsitzenden des Weinbauvereins wiesen darauf hin – so konnte man in dem Artikel lesen –, dass der Großteil der heimischen Winzer ihren Weinbau auf geringer Fläche im Nebenerwerb betreibe und wegen der kleinen Mengen keine Fördermaßnahmen benötige. Auf diese kleinen Winzer trifft also auch der Verdrängungswettbewerb, von welchem gesprochen worden ist, nicht zu. In der Landschaftspflege leisten die Winzerinnen und Winzer bei uns am Untermain ohnehin die schwierigste Arbeit, weil es bei uns nur Steillagen gibt. Wenn Sie aber Landschaftspflege betreiben wollen, müssen Sie andere Maßnahmen als diese Werbemaßnahmen ergreifen. Die kleinen Winzerinnen und Winzer, die letztlich für die Region produzieren, brauchen diese Werbung nicht.
Jetzt höre ich, dass auch die Bodenseewinzer diese Werbung nicht wollen. Herr von Rotenhan befürchtet jetzt, dass auch die Oberpfälzer die Werbung nicht wollen.