Protokoll der Sitzung vom 16.07.2002

(Zurufe von der SPD)

Ich weiß, dass Ihnen das weh tut. Herr Wahnschaffe, Sie sind ja ein großer Wahlsieger, wie wir das aus Regensburg wissen. Ihre Maßnahmen waren in Regensburg auch sehr erfolgreich. Ich weiß, dass das alles weh tut.

(Zuruf von der SPD: Ihre Rede tut wirklich weh!)

Die wirtschaftliche Realität wird den Medien-Kanzler einholen. Meine Damen und Herren, Sie haben vier Jahre Zeit gehabt zu regieren. Sie haben versagt. Am 22. September ist es vorbei.

(Beifall bei der CSU)

Herr Dr. Scholz ist der nächste Redner.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Auf neufränkisch gesagt: It is always a pleasure to speak after Mister Söder.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Sie haben die Fähigkeit, so schräge Formulierungen zu finden, dass Sie den einen oder anderen von uns damit sogar aufregen. Ich kenne Sie schon länger. Mich regen diese Formulierungen nicht mehr auf. Inhaltlich muss ich Ihnen sagen: Mit Ihrer Parteinahme für den Mittelstand liegen Sie daneben. Die Klagen des Mittelstandes zu den Themen Betriebsverfassungsgesetz, Teilzeitgesetz oder Scheinselbstständigkeit liegen in der hintersten Ecke. Diese Themen regen im Grunde keinen mehr auf, weil man gesehen hat, dass die drohenden Folgen, die von Verbandsfunktionären an die Wand gemalt wurden, nicht eingetreten sind.

(Beifall bei der SPD – Maget (SPD): Sehr richtig!)

Als die Bundesregierung im Jahre 1988 ihre Arbeit aufnahm, warteten fünf Herkulesaufgaben auf sie. Diese Herkulesaufgaben wurden in den 16 Jahren zuvor nicht bewältig. Der Berg der Aufgaben wurde immer größer. Von diesen fünf Aufgaben sind mittlerweile drei erledigt. Zumindest wurde deren Lösung auf den Weg gebracht. Für die restlichen beiden Aufgaben sind die Weichen gestellt oder werden gestellt.

(Willi Müller (CSU): Was ist gelöst?)

Die Lösung dieser fünf Herkulesaufgaben ist die Voraussetzung dafür, dass es mit der Wirtschaft, den Arbeitsplätzen und dem Mittelstand wieder vorangehen kann. Ich nenne diese fünf Aufgaben:

Erstens. Die Steuerpolitik.

(Willi Müller (CSU): Das ist nicht gelöst!)

Zweitens. Die Rentenpolitik.

(Willi Müller (CSU): Das ist auch nicht gelöst!)

Drittens. Der Staatshaushalt.

(Willi Müller (CSU): Das ist auch nicht gelöst!)

Viertens. Die Krankenversicherung.

Fünftens. Die Arbeitsvermittlung und die Arbeitslosenversicherung.

(Willi Müller (CSU): Kein einziges dieser Probleme ist gelöst! – Maget (SPD): Da müssen Sie gerade reden!)

Zu diesen fünf Aufgaben möchte ich Ihnen Folgendes sagen: Mit der Steuerreform, die diese Regierung in Angriff genommen und gegen Ihren Widerstand durchgesetzt hat, ist ihr ein großes Werk gelungen.

(Beifall bei der SPD)

Diese Steuerreform ist ein Jahrhundertwerk.

(Dr. Bernhard (CSU): Das ist eine Katastrophe!)

Mit klaren Finanzierungsüberlegungen wird der Spitzensteuersatz von 53% auf 42% heruntergeschraubt. Der Eingangssteuersatz wird mit klaren Finanzierungsvorstellungen von 25% auf 15% heruntergeschraubt. Das ist ein gigantisches Werk. Dieses gigantische Werk nützt in erster Linie dem Mittelstand.

(Klinger (CSU): Bloß merkt es keiner!)

Zu Ihrem Einwand zur Kapitalertragsteuer, dass wir hier zu weit gegangen seien, sage ich Ihnen: Dafür waren auch die internationalen Verhältnisse ausschlaggebend. Für die Reformkraft und die Durchsetzungskraft dieser Regierung ist es ein deutlicher Beweis, dass es gelungen ist, eine solche Steuerreform umzusetzen.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der zweite Herkules-Block ist die Rentenreform. Diese Reform war sehr schwer durchzusetzen. An allen Ecken und Enden hat es geknistert. Das war auch bei der Steuerreform nicht anders. Mit einem privaten Anteil und einer staatlichen Förderung ist es gelungen, den Rentenversicherungsbeitrag bei 19,3% zu stabilisieren und bis weit in die Zukunft hinein zu vermeiden, Rentenbeiträge in Höhe von 25% oder 26% einzuführen. Dies wäre passiert, wenn weiterhin so geschludert worden wäre wie zu Ihrer Regierungszeit.

(Beifall bei der SPD)

Die Sanierung des Staatshaushalts war ebenfalls eine Forderung, die drängend im Raum stand. Die Bundesregierung hat Jahr für Jahr gezeigt, dass sie willens und in der Lage ist, dies durchzusetzen. Sie hat es vermieden, mit den Milliarden der UMTS-Erlöse große Shows abzuziehen. Sie ist mit diesem Geld vernünftig umgegangen. Richtig ist: Bei der Krankenversicherung, der Arbeitslosenversicherung, der Arbeitsvermittlung und in der gesamten Gesundheitspolitik sind weitere Reformen nötig. Die Ergebnisse der Hartz-Kommission in ihrer Gesamtheit sind für die Verbesserung der Arbeitslosenzahlen eine gute Grundlage. Frau Stewens, wir sollten nicht das eine wollen und das andere wegschieben. In der Gesamtheit wird ein Schuh daraus. Wenn es überhaupt eine Regierung schaffen sollte, eine solch weit reichende Reform durchzusetzen, ist es die Regierung Schröder. Diese Regierung ist ein Garant für das Anhalten der Reformfähigkeit.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Dr. Scholz, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, redet ihr mir nicht vom Mittelstand. Was in Bayern passiert, ist unter aller Kanone. Gerade bei der

Finanzierung des Mittelstandes fehlt es hier an allen Ecken und Enden.

(Beifall bei der SPD)

Zu den Anträgen wird ein anderer Kollege der SPD eine Erklärung abgeben. Der nächste Redner ist Herr Staatsminister Dr. Wiesheu.

Herr Präsident, Hohes Haus! Ich möchte zu einigen Zahlen und zu einigen Argumenten, die in dieser Debatte gebracht worden sind, Stellung nehmen. Einige Themen wurden sehr einseitig und in einem falschen Zusammenhang dargestellt. Herr Kollege Maget, Sie haben gesagt, dass wir 344000 Arbeitslose hätten, also mehr als im Jahre 1993. Sie hätten hinzufügen müssen, dass Bayern das einzige Land ist, das im Vergleich zu 1993 Beschäftigung dazugewonnen und nicht verloren hat.

Sie haben den Beschäftigungspakt zitiert, wo die Partner gesagt haben, dass die Arbeitslosenzahl halbiert werden soll. Das ist nicht gelungen. Das ist richtig. Dabei wird jedoch zweierlei übersehen: Wir hatten seit 1993 in Bayern eine Zuwanderung von 370000 Menschen. Wenn man davon ausgeht, dass davon nur jeder Dritte einen Arbeitsplatz bekommen oder gesucht hat, kommt man auf 125000 Arbeitsplätze, die wir dazurechnen müssen. Wir können nicht auch noch die Probleme anderer Länder lösen. Gleichzeitig pendeln 99000 Menschen aus den neuen Ländern nach Bayern. Wenn man die genannten 125000 Beschäftigten und die genannten 99000 Einpendler addiert, kommen wir auf 224000 zusätzlich Beschäftigte. Wenn man diese Zahl von der damaligen Zahl abzieht, stellt man fest, dass Bayern den angestrebten Wert weit übererfüllt hat. Sie können uns nicht dafür verantwortlich machen, dass andere Länder ihre Probleme nicht so gelöst haben, wie sie sie eigentlich hätten lösen müssen.

(Beifall bei der CSU)

Das Landesarbeitsamt in Nürnberg hat erklärt: „Die Beschäftigung in Bayern stieg bis Mitte 2001 im Vorjahresvergleich um 1,5%“. Woanders ist sie gesunken. Weiter heißt es:

Die Beschäftigung der Altersgruppe der 20- bis 24-jährigen stieg um 4,2%, absolut um 17500. Die Einpendler haben im Jahre 2001 ein Rekordniveau mit 99000 erreicht. Die Zahl der Einpendler ist im Vergleich zum Vorjahr um praktisch 19% gestiegen. Die ungünstige Entwicklung der Arbeitslosigkeit insgesamt und bei den Jugendlichen in Bayern ist nicht durch eine ungünstige Beschäftigungsentwicklung erklärbar. Vielmehr ist hier die Ausweitung des Arbeitskräfteangebots als ursächlich zu sehen.

Das sagt das Landesarbeitsamt. Sie sollten es in diesem Zusammenhang zitieren. Noch einmal: 370000 Menschen sind zugewandert. Wir haben 99000 Einpendler. Das bedeutet schlicht und einfach, dass die Menschen aus den rot-grün-regierten Ländern davonlaufen und

nach Bayern kommen, weil sie sich die Hoffnung machen, hier zu einer guten Beschäftigung zu kommen.

(Beifall bei der CSU – Maget (SPD): Wie erklären Sie sich den Bevölkerungsrückgang in Oberfranken?)

Herr Kollege Maget, wir haben doch keinen Bevölkerungsrückgang. Wir haben dort 99000 Einpendler. Haben Sie das schon einmal registriert? Das sollten Sie registrieren, wenn Sie Ihre Zahlenspielereien machen.

Jeder Bilanzfälscher in den USA würde blass werden, wenn er Sie hören würde, weil Sie mit den Zahlen jonglieren, wie Sie es gerade brauchen. Noch einmal: 370000 Zuwanderer seit 1993 innerhalb Deutschlands und 99000 Einpendler nach Bayern. Das sind die Fakten.

Da Sie im Zusammenhang mit Disparitäten in Bayern Oberfranken zitieren, muss ich Ihnen sagen: Natürlich hat es ein Land wie Nordrhein-Westfahlen, das fast überall eine hohe Arbeitslosenquote hat, insofern leichter als wir, weil dort die Situation überall gleich schlecht ist; dort gibt es keine solchen Disparitäten.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)