Protokoll der Sitzung vom 24.10.2002

Ich sage Ihnen aber in aller Offenheit: Ich habe in einer langen Besprechung in meinem Ministerium mit den Fachleuten darüber diskutiert, ob das Projekt für eine Langfristplanung bis 2020 und die Jahre danach eine

sinnvolle Maßnahme ist. Meine Mitarbeiter im Ministerium haben gesagt: Im Moment ist es unrealistisch, das zu verwirklichen.

Wenn man aber Entwicklungen, wie ich sie gerade dargestellt habe und wie wir sie erhoffen, einbezieht, nämlich dass der Krieg auf dem Balkan nicht ewig weitergeht, sondern dass das auch eine blühende Region wird, dass Bulgarien und Rumänien in der Europäischen Union sein werden, wäre es theoretisch gesehen absolut sinnvoll, dies zu machen.

(Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Donau!)

Dazu, dies im weitesten Umfang übertunnelt zu machen, wird jeder Fachmann sagen, dass in den nächsten zehn Jahren dafür kein Geld vorhanden sei.

Jeder von Ihnen, Kolleginnen und Kollegen, weiß, dass Maut eingeführt wird. Es existieren Überlegungen, bestimmte Strecken als Mautstrecken einzuführen. Das sind die F-Modelle, die in den Verkehrsgesetzen enthalten sind. Selbst wenn wir heute die Maßnahme beschließen würden, würde eine solche Maßnahme mit allen rechtlichen Möglichkeiten im Minimum 20 Jahre dauern. Für das letzte Teilstück der A 7 sind 1972 die formellen Planungen begonnen worden. Die angesprochene Strecke ist technisch, rechtlich und insbesondere naturschutzrechtlich ausnehmend schwierig.

Herr Staatsminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Starzmann?

Ja gerne, aber einen kleinen Moment noch.

Wir sollten langfristige Überlegungen anstellen. Es ist wichtig, eine derartige Frage nicht schlichtweg als „Hängepartie“ zu belassen, zumal jeder weiß, dass es ein Projekt für die weitere Zukunft sein könnte. Nach meiner Überzeugung gibt es den Bedarf.

Herr Staatsminister, ich frage Sie, weil Sie auf die streckenbezogene Maut abheben: Haben Sie sich Gedanken darüber gemacht, dass eine Tunnelstrecke bei der Bemautung erheblich teurer sein wird als eine offene Strecke und dass es gar nicht so leicht sein wird, über die Bemautung eine Verkehrslenkung zu erreichen, die man erreichen müsste, wenn man den Verkehr in den Tunnel zwingt.

Herr Kollege, wir diskutieren momentan sehr viel, ob alleine die kostenbezogene privat finanzierte Maut sinnvoll ist oder ob es in bestimmten Bereichen verkehrslenkende Maut geben soll. Beispielsweise wird in anderen europäischen Ländern die Maut für manche Strecken zu unterschiedlichen Tageszeiten unterschiedlich berechnet. Manche Länder überlegen, bei Fahrten in eine Stadt Maut zu verlangen. Das könnte man sich durchaus überlegen.

Wir reden von der ferneren Zukunft. Es könnte auch überlegt werden, ob eine Maut sinnvoll ist, die den Anreiz gibt, nicht durch die Stadt zu fahren, sondern durch den Tunnel.

Es muss überlegt werden, ob solche Fragen angedacht werden sollen. Aus Richtung Salzburg kommend fährt man in aller Regel durch München nach Augsburg. Dadurch wird die Verkehrsbelastung für die Menschen massiv erhöht. Das kann nicht der richtige und zukunftsträchtige Weg sein.

(Starzmann (SPD): Das Problem lösen Sie mit der Stadtmaut ganz hervorragend!)

Das heute geltende rechtliche System der Maut wird im Jahre 2020 nicht mehr Grundlage sein. Deshalb ist es nicht sinnvoll, die heutige Mauterhebung zugrunde zu legen.

(Starzmann (SPD): Aber es ist machbar!)

Im Jahr 2020 wird sicher alles über Telematik und entsprechende Systeme eingezogen werden. Deshalb geht es jetzt um die Überprüfung der Frage, ob das in technisch vernünftiger Weise gemacht werden kann. Wir wollen eine Machbarkeitsstudie. Die Vergabe erfolgt auf jeden Fall durch die bayerische Straßenbauverwaltung. Wir sind Auftragsverwaltung, auch wenn es eine reine Bundesmaßnahme ist. Die Vergabe muss allerdings mit dem Bund abgestimmt werden. Die Kosten einer derartigen Studie liegen bei circa 200000, maximal 300000 e. Wir wollen eine gemeinsame Finanzierung von Bund und Land. Dazu ist die Aufnahme in den Bundesverkehrswegeplan durchaus hilfreich. Ob die Maßnahme realisierbar ist, müssen die weiteren Untersuchungen ergeben. Die Strecke war schon einmal enthalten, ist aber herausgenommen worden.

(Dr. Hahnzog (SPD): Zu Recht!)

Damals war es eine offene Maßnahme. Diese halte ich für völlig unrealistisch. Ein Tunnel ist aus heutiger Sicht nicht finanzierbar. Noch einmal: In den Jahren 2010, 2015 oder 2020 werden wir vor ganz anderen Situationen stehen, was die technischen und die finanziellen Weiterentwicklungen bis hin zum Mautsystem anbelangt.

Ich meine, dass es vernünftig ist, das zu überprüfen. Deshalb begrüße ich den Antrag. Ich hebe auch sehr deutlich hervor: Es ist nicht gesagt, dass das eine realisierbare Möglichkeit ist. Es ist zwar erwünscht, den Verkehr aus der Stadt zu nehmen. Dies kann aber nicht in der Weise passieren, dass neue Belastungen entstehen, die nicht vertretbar wären. Das zu überprüfen ist sinnvoll. Die Erwartungshaltung, dass dies in den nächsten zehn Jahren verwirklicht wird, wird keiner der Antragssteller/ Innen haben. Das wäre unrealistisch.

Wenn wir aber jetzt nicht an die Überprüfung gehen, ist es auch für die Zeit nach 2020 völlig unrealistisch. Das könnte durchaus eine Maßnahme sein, die angedacht werden kann. Ich halte den Antrag für sinnvoll und hebe

aber noch einmal hervor, dass damit keine Zusage einer kurzfristigen Realisierung verbunden sein kann.

(Starzmann (SPD): Sie haben mich überzeugt, ich stimme dagegen!)

Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung, die auf Wunsch der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN in namentlicher Form erfolgt. Da es eine namentliche Abstimmung ist, halte ich es für sinnvoll, dass die beiden Erklärungen zur Abstimmung, die beantragt sind, jetzt abgegeben werden. Zunächst Herr Dr. Hahnzog und dann Herr Kollege Prof. Dr. Gantzer.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich werde den Antrag ablehnen, weil er sowohl verkehrs- wie auch umweltpolitisch unsinnig ist. Ich sage das aus ureigenster Erfahrung. Ich wohne seit 35 Jahren wenige hundert Meter vom Mittleren Ring in München-Giesing entfernt. Dies ist eine Strecke, die jetzt eine Belastung ertragen muss, die auf der Autobahn kaum stattfindet. Es sind fast 150000 PKW-Einheiten pro 24 Stunden. Die Bürgerinnen und Bürger dort verlangen hier Verbesserungen am Mittleren Ring. Sie verlangen aber keinen Südring der Autobahn, weil dieser wertvollsten Erholungsraum kaputt machen würde.

Hinzukommen umweltpolitische Gesichtspunkte. Wir haben vorhin das hohe Lied der kommunalen Trinkwasserversorgung gesungen. In diesen Gebieten wird die Trinkwasserversorgung in Zukunft nicht mehr möglich sein.

Ich frage außerdem, wie man – denkt man an die vielen Unglücke in Tunnels in den letzten Jahren – es verantworten kann, so lange Tunnels zu bauen und die Gesichtspunkte der Verkehrssicherheit nicht zu beachten. Deswegen werde ich mit anderen meiner Fraktion den Antrag ablehnen.

Herr Professor Dr. Gantzer gibt ebenfalls eine Erklärung ab. In der Geschäftsordnung heißt es, die Erklärung habe sich auf die sachliche Begründung für das Votum zu beschränken. Herr Professor Gantzer, bitte schön.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich werde diesem Antrag aus vier Gründen zustimmen:

Erstens. Es wird eine Machbarkeitsstudie gefordert. Ich bin der Meinung, es ist das Recht des Hohen Hauses zu verlangen, dass die staatlichen Stellen untersuchen, ob und wie der Südring geschlossen werden kann, – und zwar ja oder nein.

Zweitens. Derzeit handelt es sich bei dem Autobahnring der Nord-Ost-Umfahrung Münchens um die meistbefahrenste Autobahn Europas.

Ich wohne gleich nebenan; die Autobahn führt durch meinen Wahlkreis hindurch. Mir ist bei der Diskussion aufgefallen, dass diejenigen den Antrag ablehnen wollen, die nicht auf die Lage der Menschen an diesem Abschnitt der Autobahn eingegangen sind.

Die Zustände sind unmöglich. Ich bedauere es, dass von den Gegnern nur die Stellungnahme der Bürgermeister aus dem Süden zitiert wird, dass aber die so genannte Poinger Erklärung, in der alle Bürgermeister aus dem Norden und dem Osten Münchens Stellung nehmen, nicht verlesen wird. Diese Stellungnahme sollten Sie lesen, sie gibt die Lage der Menschen dort genau wieder.

Genauso muss die Lage der Menschen in Westbayern, vor allem in Schwaben, berücksichtigt werden. Wer von dort nach München reist, ist im Augenblick gezwungen, über die Nordumgehung München zu umfahren. Dies ist nicht richtig.

Drittens steht fest, dass der Spatenstich für die Schließung des Autobahnrings München im Nordbereich bereits erfolgt ist. Das wird nicht gesehen, und ich wundere mich, dass dazu auch Kollege Dr. Hahnzog nicht Stellung nimmt. Von der A 8 aus Stuttgart wird der Nordring bis zur Autobahn Lindau geschlossen. Diese Strecke soll 2005 fertig sein. Die Fachleute haben vorausgesagt, dass sämtlicher Autobahnverkehr aus Stuttgart und Augsburg dann vor der Möglichkeit steht, entweder München nördlich zu umfahren, oder rechts abzufahren, um dann weiter nach Gräfelfing, von dort über die Autobahn Lindau nach München und dann über den gesamten Mittleren Ring bis zum Brunntal-Kreuz oder jetzigen Autobahnkreuz München-Süd zu fahren. Die Fachleute aus dem Frachtverkehr sagen, dass ein LKW-Fahrer aus Augsburg kommend rechts abbiegen wird, wenn er dadurch 20 Minuten Fahrzeit einsparen kann. Das hat aber zur Folge, dass gerade der Stimmkreis des Kollegen Hahnzog nachts den gesamten Lastkraftverkehr aufnehmen muss, welcher aus Stuttgart und aus Augsburg kommt. Sie können sich vorstellen, was das für die dort lebenden Menschen bedeutet. Wir haben damit einen kleinen Südring, und das halte ich nicht zumutbar für die Menschen in München.

Viertes und letztens – –

Sie können hier nicht die Sachdebatte nachholen.

Ich will nur sagen, weswegen ich für den Antrag stimmen werde. Ich bin der Meinung, dass die Horrortrassen, die uns im Augenblick vorgeführt werden, nicht hinnehmbar sind. Ich denke nur an die Petition, die eingereicht worden ist. Darin hat man bewusst eine Trasse gezeichnet, die durch alle Wälder führt. Man hat sogar noch Umwege in Kauf genommen, um ja noch einen Wald zu erreichen. Es gibt ganz andere Trassen, welche vorgeschlagen wurden. Diese Trassen soll die Machbarkeitsstudie untersuchen. Deswegen werde ich diesem Antrag zustimmen.

(Beifall bei der CSU)

Herr Kollege Kupka.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich werde diesen Antrag ablehnen und begründe dies wie folgt:

Der Bau der A 99 im Südabschnitt wäre mit erheblichen Eingriffen in schützenswerte Bereiche, seien es Natur und Landschaft oder die Nähe zur Bebauung, verbunden. Gleichermaßen würden die nach den heutigen Maßstäben der Umweltverträglichkeit zu treffenden Schutzmaßnahmen wohl zu außerordentlich hohen Gesamtkosten führen, die aus dem Bundeshaushalt absehbar nicht finanzierbar wären.

Das ist ein Zitat aus einem Schreiben der Obersten Baubehörde vom 24. September 2001, dem ich mich anschließe.

Darüber hinaus glaube ich, dass die Schließung des Rings weder zu einer Entlastung des Ostrings führt – das haben die bisherigen Untersuchungen gezeigt –, noch zu einer Entlastung der Region München, die großräumig erfolgen müsste. Die ohnehin knappen Mittel sollten deshalb für Baumaßnahmen verwendet werden, welche wir schon lange angemeldet haben, welche bisher aber nicht durchgeführt werden konnten. Für den Ringschluss Milliarden zur Verfügung zu stellen, erscheint mir utopisch, und deshalb werde ich den Antrag ablehnen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Frau Kollegin Narnhammer.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich schließe mich den Ausführungen meines Kollegen Prof. Dr. Gantzer vollinhaltlich an. Ich werde dem Antrag zustimmen. Aufgrund örtlicher Betroffenheit – ich komme auch aus dem Osten Münchens – weiß ich, wie der Verkehr dort zunimmt und dass hier dringend etwas geschehen muss. Deshalb will ich hiermit dokumentieren, dass ich voll hinter dem Antrag der CSU stehe.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU – Hofmann (CSU): Das sollten Sie öfter machen!)

Herr Kollege Starzmann.

(Unruhe)

Starzmann (SPD) : Freuen Sie sich schon auf meine Erklärung, oder weshalb herrscht hier diese Unruhe?