Frau Kollegin Paulig, ich möchte einmal fragen: Sollten wir nicht viel stärker dort angreifen, wo die Feinstäube, die Sie zu Recht als sehr bedenklich eingestuft haben, und insbesondere Rußpartikel entstehen? Sie entstehen an den Diesel-Fahrzeugen. Vor der Einführung der EU-Grenzwerte für Feinstäube zu Anfang dieses Jahres hätte eine engagierte und realisierbare Filterförderung geschaffen werden können – das hätten wir uns sehr gewünscht. Hier steht der Bundesumweltminister, Ihr Herr Trittin, in der Verantwortung. Aber dazu wurde bis zu Anfang dieses Jahres überhaupt nichts gemacht. Wir haben hier überhaupt nichts gehört. Da liegt doch das eigentliche Problem. Das ist doch der entscheidende Knackpunkt!
Mitte Januar brechen Eichel und Trittin darüber erst einmal einen großen Streit vom Zaun; Anfang Februar wird dann vorgeschlagen, für 2006/2007 einen einmaligen steuerlichen Anreiz von 350 Euro für Neufahrzeuge bzw. von 250 Euro für die Nachrüstung von Rußfi ltern zu geben. Dieser Vorschlag wurde ohne irgendwelche Verhandlungen, Gespräche oder Abstimmungen mit den Ländern gemacht. Aber zahlen sollen die Länder alles! Es ist doch alles andere als inhaltlich glaubwürdig, wenn ein Bundesumweltminister dieses wichtige Thema so aufgreift.
Warum kommt denn bei dem steuerlichen Anreiz für Rußpartikelfi lter nicht der Aspekt der Ökosteuer ins Spiel? Warum kann denn aus der Ökosteuer, wenn sie schon diesen schönen Namen trägt, die 19 Milliarden Euro pro Jahr einbringt, wobei gerade mal ein Prozent dem Umweltschutz zugute kommt, dafür ein fi nanzieller Beitrag kommen? Warum kann denn nicht die Ökosteuer zumindest zum großen Teil diese 1,5 Milliarden Euro, die der Vorschlag der Bundesregierung kosten würde, konkret, konsequent und glaubwürdig mitfi nanzieren? Dieses Finanzierungskonzept hätten wir uns hier gewünscht. Angesichts der Thematik wäre das glaubwürdig.
Ich fordere Sie auf, Frau Kollegin Paulig und Ihre Fraktion, Druck zu machen, damit seitens der verantwortlichen Herren Trittin & Co. die Ökosteuer für steuerliche Anreize, Dieselfahrzeuge sauberer zu machen, einbezogen wird. Dies wäre konsequent, dies wäre ehrlich, dies wäre glaubwürdig. Alles andere sind Spielereien.
(Ruth Paulig (GRÜNE): Sind Sie für die Erhöhung der Ökosteuer oder der Rentenbeiträge? Das wüsste ich jetzt gern!)
Wir folgen einer guten parlamentarischen Übung und stimmen dem Antrag auf einen aktuellen Sachstandsbericht zu, also der Nummer 1 Ihres Antrags. Aus den genannten Gründen lehnen wir aber die Punkte 2 und 3 ab. Wenn Sie den Antrag entsprechend zur Abstimmung splitten, wird die CSU-Fraktion den Punkt 1 mittragen. Ansonsten lehnen wir den Antrag ab.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir werden dem Antrag der GRÜNEN zustimmen, weil er inhaltsgleich ist mit einem Antrag der SPD, der allerdings nicht als Dringlichkeitsantrag gelaufen ist, sondern als normaler Antrag eingebracht wurde. Ich fi nde es schön, dass die Thematik so übernommen wird, weil das zeigt, dass unsere Richtung die richtige ist.
Ich kann Ihnen nicht Recht geben, Herr Hintersberger. Denn bei genauer Betrachtung hat die Weisungs- und Richtlinienkompetenz des Umweltministers versagt. Er bricht damit seinen Amtseid, weil er damit die Gesundheit von Menschen beschädigt.
Er riskiert, indem er nicht oder zu wenig oder zu spät handelt, dass Menschen erkranken. Ich werde das später noch erläutern. Sie alle wissen, welche Probleme Rußpartikel, vor allem die aus Dieselfahrzeugen, mit sich bringen. Ich würde niemandem wünschen, asthmakrank zu sein und in unserer Stadt zu leben. Ein Asthmakranker kriegt nämlich zu spüren, was wir ihm antun.
Herr Hintersberger, es ist richtig, dass Handlungsvorschläge gemacht wurden. Allerdings fehlten die Finanzierungsvorschläge. Handlungsvorschläge sind immer gleich gemacht, aber bei der Finanzierung hat es gehapert. Der Punkt hat bei der Darstellung des Umweltministeriums gefehlt. Wer fordert, dass in München Tunnels gebaut werden – und die werden gebaut –, darf die Staatszuschüsse nicht kürzen, sondern muss sie in voller Höhe ausbezahlen. Das hat mir bei Ihrer Zwischenbemerkung gefehlt, Herr stellvertretender Fraktionsvorsitzender aus München. Im Übrigen sage ich Ihnen noch: 50 % der Schadstoffeinträge und Feinstäube aus Westen werden außerhalb der Stadt produziert. Sie würden mit dem Ringschluss gerade Ihrem Stimmkreis Erhebliches zumuten. Verklickern Sie das Ihren Leuten bitte selbst; ich mache da nicht mit.
(Dr. Otmar Bernhard (CSU): Bei mir ist die A 99 gebaut; dafür sind wir immer eingetreten! Wir sind auch mit 53% gewählt worden!)
Was den Rußfi lter angeht, waren wir schon einmal auf einem guten Weg. Wir haben in Bayern und darüber hinaus Busunternehmen gefördert, die Rußfi lter eingebaut haben. Das Programm hat man aber schlichtweg einschlafen lassen. Eigentlich bin ich der Auffassung, dass es Aufgabe der Industrie ist, zukunftsfähige Produkte auf den Markt zu bringen. Das fordern wir alle doch von der Industrie! Die Industrie soll es doch so machen wie Peugeot in Frankreich; sie soll einen Rußfi lter entwickeln und verkaufen. Die Franzosen haben keine steuerliche Förderung dafür gehabt. Peugeot hat das getan, um ein Produkt für den europäischen Markt zu haben, einen Renner. Dabei haben sie nicht dem Steuerzahler in die Tasche gegriffen. Sie haben es vielmehr selbst entwickelt. Die richtige Politik stellt eine solche Forderung auf. Das macht im Übrigen auch Kalifornien. Die fragen nicht: Könnt ihr das? Sondern sie sagen: Macht das. Fertig, Punkt, und dann wird das so gemacht. Ich würde mir wünschen, dass gerade für die Automobilindustrie dieselben Erkenntnisse in Deutschland schön langsam durchdringen und sich durchsetzen.
Meine Damen und Herren, wir meinen, es ist dringend erforderlich, dass Staatsminister Dr. Schnappauf den Anträgen, die wir gestellt haben, Folge leistet und im Interesse der Gesundheit der Menschen – und um die geht es und nicht um irgendetwas, sondern um das höchste Gut der Menschen – schneller als bisher handelt. Herr Hintersberger, Sie sagten, es gab einen Hickhack. Wer hat denn den Hickhack und den Zirkus um den Partikelfi lter verursacht? War es nicht Staatsminister Dr. Schnappauf, der zuerst Minister Trittin angegriffen hat, weil er angeblich zu spät handelt? – Als er gehandelt hat, hat Staatsminister Prof. Dr. Faltlhauser gesagt, das ist alles Schmarrn, das geht zulasten der Länder, was nicht sein darf. Was wollen Sie denn eigentlich?
Handeln wir, dann ist es falsch. Handeln wir vermeintlich nicht, tun wir nichts. Wir müssen unsere Hausaufgaben machen und handeln, nachdem wir in Bayern die höchstbelasteten Städte – nicht nur München, sondern auch Augsburg und Städte in der Oberpfalz – haben. Wir verursachen den Schmutz, also müssen wir ihn auch bekämpfen.
Meine Damen und Herren, was hier auf meinen Antrag hin als Bericht abgeliefert worden ist, das war planlos, hoffnungslos und aussichtslos. Wir erwarten konkrete Maßnahmen. Das Umweltministerium hat von mir einen umfangreichen Fragenkatalog erhalten. Ich erwarte, dass die Fragen alle beantwortet werden, und wir erwarten auch Handlungsanleitungen.
Ich will Ihnen ein paar Beispiele nennen, wie einfach das Handeln wäre, wenn man in der Staatsregierung und vor allem im Wirtschaftsministerium nicht so feige wäre. Es gibt nämlich ein ganz eindeutiges Gesetz, das das Laufenlassen von Motoren im Stand unter Strafe stellt. Das Warmlaufenlassen ist ein Anachronismus aus Urzeiten des Automobilverkehrs. Jeder Mensch weiß, dass man einen modernen Motor nicht warmlaufen lassen muss. Trotzdem empfehle ich Ihnen, stellen Sie sich doch einmal auf einen Parkplatz vor einem Fußballstadion eine halbe
Stunde vor Spielende. Da werden Sie Hunderte von Bussen stehen sehen, die zwar eine Standheizung haben, aber trotzdem den Motor laufen lassen. Warum schreitet denn da die Polizei nicht ein? Die rechtliche Handhabe dafür ist vorhanden. Warum schreitet die Polizei nicht ein, wenn gerade im Winter an vielen Standplätzen vor Bahnhöfen die Motoren von Taxis laufen? Warum schreitet die Polizei nicht ein? – Ich sage nicht, dass man sofort draufhauen soll, aber ich meine, man sollte eine Aufklärungskampagne durchführen und danach bestrafen.
Warum hat der Wirtschaftsminister nicht auf unseren Antrag hin die Deutsche Bahn bei der Vergabe von neuen Strecken dazu gezwungen, Dieselfahrzeuge mit schwefelfreiem Treibstoff einzusetzen? Warum hat er nicht Sorge dafür getragen, dass bei der Bahn nur neue Technologie eingesetzt wird, damit man nicht heute noch mit Europa2-Norm-Lokomotiven fährt, sondern mit E 4? Das wäre ein großer Schub für die Lokomotiven- und Motorenbauindustrie gewesen.
Meine Damen und Herren, es geht um simple Dinge, die leicht zu vollziehen wären, aber dazu haben Sie nicht den Mut. Dafür beschimpfen Sie die Bundesregierung, dass sie angeblich nichts getan hätte. Die Hausaufgaben wurden aber gemacht. Jetzt sind wir alle miteinander dran.
Das Wort für die Staatsregierung hat Herr Staatsminister Dr. Schnappauf. Bitte schön, Herr Staatsminister.
Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Das Thema ist in der Tat wichtig; denn es geht um den Zusammenhang von Emissionen und unserer Gesundheit. Als Bayerische Staatsregierung haben wir die neue europäische Luftqualitätsrichtlinie zügig umgesetzt. Bereits Anfang des dritten Quartals 2003 hat Bayern reagiert und mit der Luftreinhalteplanung im Freistaat begonnen. Ziel war es, rechtzeitig vor dem 1. Januar 2005, also vor dem In-Kraft-Treten der neuen Grenzwerte für PM-10Stäube, die Luftreinhaltepläne für die Gebiete, in denen Überschreitungen festgestellt werden, fertig zu stellen. Dieses Ziel wurde auch erreicht.
Wir haben im Freistaat zehn Luftreinhaltepläne, und zwar für München, Augsburg, Nürnberg, Fürth, Erlangen, Regensburg, Weiden, Passau, Arzberg, Schwandorf, Ansbach und Würzburg. Ein elfter Plan wird bis zum Sommer dieses Jahres erstellt werden, und zwar für Lindau. Damit haben wir nach dem europäischen Recht wie auch nach dem Bundesimmissionsschutzrecht Luftreinhaltepläne für alle Gebiete mit Überschreitungen aufgestellt. Deutschlandweit geht man von etwa 50 Plänen aus, die noch längst nicht alle erstellt sind. Wir in Bayern haben dagegen unsere – ich greife ein Wort von Herrn Kollegen Wörner auf – Hausaufgaben gemacht. Wir haben das, was das neue Recht von uns verlangt, umgesetzt.
Ich will an dieser Stelle darauf hinweisen, wir werden auch die kontinuierliche Messung der Feinstäube sicherstellen, wobei das bayerische Luftmessnetz durch die Anpassung
an die EU-Richtlinien für Feinstaubmessung verstärkt und durch analytische Untersuchungen ergänzt worden ist. Herr Kollege Hintersberger hat in seiner Rede darauf hingewiesen, dass im Umweltausschuss bereits berichtet worden ist.
Frau Präsidentin, ich würde das gern im Kontext darstellen und möchte deshalb auf Zwischenfragen nicht eingehen. Letztlich hat die ganze Rede von Frau Kollegin Paulig am Mikrofon gezeigt, dass es ihr einmal mehr nicht um die Sache geht, sondern darum, Kassandrarufe auszustoßen und Verantwortung dorthin zu schieben, wo sie nicht hingehört. Frau Paulig, die Verantwortung liegt ganz eindeutig in Berlin bei Ihren rot-grünen Bundesgenossen.
Kolleginnen und Kollegen, ich bin gerade dabei, deutlich zu machen, dass wir das, was Sache des Freistaates war, zügig, und zwar zügiger als viele andere, in den letzten Wochen und Monaten in die Tat umgesetzt haben. Frau Paulig, ich will Ihnen das erläutern. Allein dadurch, dass es jetzt eine neue europäische Grenze für PM-10-Stäube gibt, ändert sich nicht die Ist-Situation. Wenn Sie hier am Rednerpult rufen „Citymaut“ oder „Fahrbeschränkung“ oder andere Stichworte nennen, die gut in Ihr Kalkül als Fraktion der GRÜNEN passen, dann ändert das nichts an der Ist-Situation. Das ist der Punkt, den ich Ihnen vorwerfe. Man hat in Brüssel und in Berlin zwar A gesagt, aber nicht B. Wenn ich will, dass die Feinstäube reduziert werden, dann muss ich die notwendigen Voraussetzungen dafür schaffen.
Herr Kollege Hintersberger hat angesprochen, was das Hauptproblem ist. Ein großer Teil der Feinstäube stammt aus den Abgasen der Dieselfahrzeuge, und zwar insbesondere der Nutzfahrzeuge, der Lkws und Busse. 70 % der motorbedingten Partikelemissionen im Straßenverkehr stammen von Nutzfahrzeugen. Was hat Berlin dagegen getan, liebe Kolleginnen und Kollegen der Oppositionsfraktionen im Bayerischen Landtag? Was hat Berlin getan, um die Partikelemissionen zu reduzieren? Der Bundeskanzler hat Mitte letzten Jahres mit der Automobilindustrie einen Fahrplan vereinbart. Was ist bisher geschehen? – Nichts. Aber Sie stellen sich im Frühjahr 2005 hierher und reklamieren in Bayern. Ihre Anfrage sollten Sie in Berlin stellen. Dort gehört sie hin.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Bundesregierung macht es sich schon verdammt einfach. Sie sagt, sie transferiert eine europäische Richtlinie in das deutsche Bundesimmissionsschutzrecht, aber gibt den Kommunen – auch der Landeshauptstadt München, wo Sie von RotGrün gegenwärtig noch eine gewisse Verantwortung tragen – keine Instrumente in die Hand.
Wo sind denn die Instrumente, um den Partikelfi lter zu fördern? – Die Bundesregierung hat nach über einem Dreivierteljahr von 250, 350 Euro gesprochen und gesagt: Länder macht mal. Die Bundesregierung nimmt den Leuten 19 Milliarden Euro mit der Öko-Steuer ab. 1 % davon geht in Umweltmaßnahmen. Das nennen Sie Grüne Politik? – Ich sage: Das ist Ausverkauf.
Deshalb will ich es noch einmal ganz deutlich machen: Was Sache des Freistaates war – Ministerium, Landesamt für Umweltschutz, Regierungen –, haben wir zusammen mit den Kommunen geleistet. Wir dürfen die Kommunen jetzt nicht alleine lassen. 50 % aller Staubemissionen der Stadt München kommen aus dem Umland. Mit einem Fahrverbot am Mittleren Ring, Teilstück Landshuter Allee, wird die Situation nur punktuell erfasst. Das Problem wird nicht gelöst.
In Europa sind sich alle einig, dass die Belastungen durch Stäube insgesamt vermindert werden müssen. Dazu ist neue Technologie für die Lkws und auch für die Busse erforderlich. Erst vor wenigen Wochen habe ich in Erlangen den ersten Linienbus in Betrieb genommen, der mit einer solchen neuen Reinigungstechnologie läuft. Wir müssen in unserem Land den Sauberdiesel einführen. Wir müssen Anreize schaffen. Dazu bekenne ich mich.
Wir müssen, meine sehr verehrten Damen und Herren, endlich aufhören – das sage ich ganz bewusst, Frau Paulig, an Ihre Fraktion –, die Bevölkerung mit Ihren Kassandrarufen in unverantwortlicher Art und Weise zu verunsichern. Wir müssen zusammenarbeiten, damit wir im Interesse der Gesundheit der Menschen die vorgeschriebene Luftgüte schnellstmöglich durchsetzen. Richten Sie Ihre Anfragen an Ihre Genossen in Berlin, damit wir von dort endlich die nötigen Weichenstellungen bekommen, damit wir in den Kommunen – etwa in München – die notwendigen Maßnahmen ergreifen können.
Frau Kollegin Paulig, Sie haben gebeten, gemäß § 111 Absatz 4 der Geschäftsordnung des Bayerischen Landtags eine Zwischenbemerkung abzugeben. Sie haben dazu zwei Minuten Zeit.
Ihr Ablenkungsmanöver, Herr Staatsminister, ist nicht zielführend. Der Bund hat die gesetzlichen Regelungen erlassen. Nun ist es an den Ländern, diese wirksam umzusetzen. Bis heute liegen die vorgeschriebenen Aktionspläne nicht vor. Es wäre sehr wohl möglich, mit City-Maut und differenzierten Verkehrssperrungen sofort und umgehend die Immissionsbelastungen zu mindern.