Protokoll der Sitzung vom 21.07.2005

Sie haben hier einzelne Beispiele gebracht, zum Beispiel aus Bayreuth. Sie haben kritisiert, dass seitens des Freistaates keine Luftreinhaltepläne gefordert worden sind. Aber dazu wird die Staatssekretärin noch etwas sagen. Hierzu gibt es eine sicher nicht parteipolitisch verdächtige Untersuchung des Bayerischen Städtetages vom 3. Mai 2005. In 18 betroffenen Städten über 50 000 Einwohnern wurde eine Umfrage gemacht. Darin heißt es, die Stadt Bayreuth ist seit Jahren bemüht, die Luftsituation konsequent zu verbessern, unter anderem durch ver

kehrslenkende Maßnahmen, Ausbau des Radwegenetzes, Förderung erdgasbetriebener Fahrzeuge, konsequente Umsetzung der TA Luft, Verbote fester Brennstoffe in Neubaugebieten, Energiesparcontracting bei städtischen Gebäuden. Auch wird an zwei Messstationen ständig die Feinstaubbelastung gemessen.

Meine Damen und Herren, ich möchte deutlich darauf hinweisen, dass Sie hier unlauter diskutieren. Es wird mit falschen Behauptungen und mit falschen Szenarien gearbeitet, es werden Dinge dargelegt, die so einfach nicht zutreffen. Dies ist und war nicht unser Weg. Wir kämpfen mit sachlichen und deshalb effi zienten, mit nachprüfbaren Argumenten gegen die Feinstaubbelastung. Wir sind auf einem guten Weg. Ich bitte deshalb um die Unterstützung unseres Antrags, der in fünf Ausschüssen einstimmige Zustimmung erfahren hat. Die CSU lehnt, wie gesagt, die beiden anderen Anträge ab. Ich bitte um ein klares Signal für den Antrag der CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CSU)

Als Nächster hat Herr Kollege Wörner das Wort.

(Thomas Kreuzer (CSU): Ach du lieber Gott! – Gegenruf von Karin Radermacher (SPD): Es ist furchtbar! Wir haben bei euch doch auch nicht „Ach du lieber Gott“ gesagt!)

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Darf ich – –

(Unruhe bei der SPD und bei der CSU)

Herr Kreuzer, Sie müssen es schon uns überlassen, wer zu welchem Thema spricht. Das ist nicht Ihr Problem.

(Thomas Kreuzer (CSU): Es ist unerträglich!)

Ob Sie erträglich sind, das will ich hier gar nicht feststellen.

Kolleginnen und Kollegen, ich habe mich noch einmal zu Wort gemeldet, weil mir nach der Rede des Kollegen Hintersberger noch unklarer ist, weshalb die CSU-Fraktion unseren Antrag ablehnt.

(Anhaltende Unruhe bei der SPD und bei der CSU)

Herr Kollege Hintersberger, Sie sagen: Wir müssen die Menschen aufklären. Da sind wir doch beieinander. Bei uns steht im Antrag unter Punkt 10: Werbekampagne zugunsten der Aufklärung von Menschen, wie sie mit ihren Fahrzeugen, wie sie mit Technologie umgehen sollen, um die Umwelt zu entlasten. Sie fordern es, wir haben es im Antrag stehen. Sie haben es nicht im Antrag stehen – deshalb verstehe ich nicht, warum Sie unserem Antrag nicht zustimmen.

(Johannes Hintersberger (CSU): Weil Ihr Antrag nicht seriös ist!)

Wir sagen: Messstellen optimieren. Sie sagen: Man muss erforschen, wo der Feinstaub herkommt. Das ist doch deckungsgleich. So ist das bei ganz vielen Punkten beider Anträge. Deshalb wundere ich mich, dass Sie unserem Antrag nicht zustimmen. Ich verstehe es erst recht dann nicht, wenn es um die Umlandgemeinden von München geht. Da liegt auch der Stimmkreis von Frau Staatsministerin Stewens, die als Sozialministerin schließlich auch für Gesundheit zuständig ist. Der ganze Münchner Norden wird durch den Autobahnring massiv mit Feinstaub belastet. Deshalb wäre es wirklich wichtig festzustellen, wie es in den Randgemeinden aussieht, um dann gemeinsame Aktionspläne zu entwickeln. Auch diese Überlegung steht in unserem Antrag. Wenn Sie unseren Antrag trotzdem ablehnen, dann muss der Grund dafür ideologischer Art sein, nach dem Motto: Es kommt von der falschen Seite des Hauses, deshalb erst einmal ablehnen.

(Zuruf von der CSU)

Ich wollte noch zu zwei oder drei Themen etwas sagen, wo wir uns wahrscheinlich näher stehen. Wir müssen in den Ballungsräumen versuchen, den Verkehr zu reduzieren. Wir müssen versuchen, ihn so zu steuern und zu lenken – –

(Henning Kaul (CSU): Besonders in München!)

Aschaffenburg steht auch nicht viel besser da, Herr Kollege Kaul.

(Widerspruch des Abgeordneten Henning Kaul (CSU))

Was wir brauchen, das ist ganz entscheidend: ein CityLogistik-Center-Konzept. Und dieses Konzept müsste von der Staatsregierung unterstützt werden. Die Kommunen wären bereit, so etwas einzuführen, Ansätze gibt es bereits. Aber wie überall, so fehlt auch hier die Unterstützung durch den Freistaat. Es wäre aber dringend notwendig, Warenströme so zu steuern, dass nicht jeder Lieferant einzeln in die Stadt fährt. Stattdessen müssten die Güter in den Vorstädten zentral angeliefert und von dort in die Innenstädte verteilt werden.

Seit geraumer Zeit versucht München, so etwas zu installieren. Die Verbände tun sich damit aber sehr schwer, zumal sie es auch unter der Ideologie betrachten, dass man nicht alles regeln kann. Genau in dieser Frage sind aber Regelungen notwendig. Gehen Sie doch einmal in München, aber auch in Augsburg oder in anderen Städten morgens um 9.00 Uhr in die Fußgängerzone. Dort geht es zu wie auf der Autobahn. Das kommt daher, dass der Verkehr bei der Anlieferung nicht organisiert wird. Die Anlieferung könnte man organisieren, Pläne dafür gibt es, aber dafür würde ein gewisser Anschub aus der Staatskanzlei benötigt und der erklärte Wille, Regelungen einzuführen, doch das ist für Sie erklärtes Teufelszeug.

Ich sehe da einen Kollegen aus Garmisch sitzen. In Garmisch hat man so ein Modell diskutiert. Es wurde überlegt, die Güter in Garmisch zu zentralisieren und sie dann innerorts zentral anzuliefern.

(Zuruf von der CSU)

Das funktioniert noch nicht, machbar ist aber alles, wenn man es will. Herr Kollege, das ist eine Frage des Wollens. Zu einer solchen Regelung würde auch gehören, dass die Fahrzeuge, die in die Städte dürfen, mit Rußfi ltern versehen sind. Dann hätten wir unsere Ballungsräume besser als bisher geschützt und dafür Sorge getragen, dass die Luftbelastung erheblich zurückgeht.

Kolleginnen und Kollegen, jetzt kommen wir zu einem ganz heiklen Thema. Ich sehe aber, es sind nur wenige betroffene Kollegen da. Jetzt beginnt wieder die Mähzeit. Dabei wird von den Maschinen sehr viel Staub in die Luft gewirbelt. Auch auf dem Land könnte man viel tun, denn von 50 % des Staubs, der in die Luft eingetragen wird, stammen 17 % aus der Landwirtschaft.

(Zuruf von der CSU: Ihr mäht dann, wenn es reg- net!)

Herr Kollege, man braucht nicht zu mähen, wenn es regnet, erzählen Sie nicht solchen Unfug. Man muss einfach dafür Sorge tragen, dass Mähdrescher besser abgedichtet werden. Ich weiß schon, worüber ich hier rede. So etwas lässt sich sehr wohl machen, das ist lediglich eine Frage der Technik. Sie bekommen sonst doch technisch auch immer alles auf die Reihe. Sie sind doch sonst Technik-Fans. Auch wir wollen die Technik sinnvoll nutzen. Es wäre deshalb dringend geboten, bei Maschinen, die Staub freisetzen, dafür zu sorgen, dass sie weniger Staub abgeben. Sie wissen sehr wohl, dass das möglich ist. Bei der Hopfenernte beispielsweise wird der Draht entfernt, indem die Ladefl äche magnetisiert wird. Das alles lässt sich machen, wenn man nur mag. Man muss es also wollen, man muss den Willen haben, für die Gesundheit der Menschen Sorge zu tragen und dafür gelegentlich auch etwas Geld einzusetzen.

Ganz entscheidend aber ist, wie wir uns selbst verhalten. Dazu gehört auch, dass wir über eine Werbekampagne den Menschen klarmachen, dass sie selbst relativ viel Ruß produzieren und deshalb Maßnahmen ergreifen müssen, um das zu verhindern. Dazu gehören auch Überlegungen, ob all das, was als Heizmaterial eingesetzt wird, richtig ist. Wir müssen auch fordern, dass die gegebenen Richtlinien schärfer eingesetzt werden. Es kann auch nicht sein, dass nach wie vor veraltete Heizanlagen betrieben werden dürfen, obwohl sie den Richtlinien nicht mehr entsprechen. Auch das wäre ein wesentlicher Beitrag, um das Feinstaubproblem in den Griff zu bekommen.

Beim Antrag der GRÜNEN haben wir uns enthalten, weil er in einigen Punkten nicht logisch nachvollziehbar ist. Er geht auch vom falschen Ansatz aus. Wir werden uns deshalb auch heute der Stimme enthalten. Wir meinen, unser Antrag ist der weitestgehende und der zielführendste, weil er versucht, mit Maßnahmen, die wir in einem ZehnPunkte-Programm dargestellt haben, dafür Sorge zu tragen, dass gerade die Ballungsräume von den schädlichen Stoffen entlastet werden. Wir fordern Sie deshalb auf, unserem Antrag zuzustimmen.

(Beifall bei der SPD)

Ich möchte zwischendurch nur Folgendes sagen: Man kann anderer Meinung sein, ich bitte aber, gewisse Handbewegungen zu unterlassen, die auf den geistigen Zustand des Redners hinweisen sollen.

(Heiterkeit bei der CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt eine bestimmte Grenze, die wir nicht überschreiten sollten.

(Beifall bei der SPD)

Ich will den Kollegen nicht namentlich nennen, ich habe ihn aber angeschaut, und er weiß genau, dass ich ihn meine. – Nächste Wortmeldung: Frau Kollegin Paulig.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Nur noch ein paar kurze Anmerkungen. Herr Kollege Hintersberger, Sie haben über die Ursachen und die wissenschaftlichen Erkenntnisse gesprochen. Dazu muss ich Ihnen sagen, dass meine Fraktion einen parlamentarischen Abend mit dem Verein Deutscher Ingenieure – VDI – hatte. Da wurde uns genau gesagt, welche Erkenntnisse vorliegen. – Wo ist Kollege Hintersberger eigentlich? Ich sehe ihn nicht. – Ah, da ist er. Er ratscht gerade, aber das macht nichts. – An diesem Abend wurde uns vom VDI gesagt, welche Erkenntnisse derzeit über die Ursachen und über die Gefährlichkeit der einzelnen Partikel vorliegen, abhängig von Größe, Agglomeration und Belastung mit Kohlenwasserstoffen, Schwermetallen und toxischen Substanzen.

Ich arbeite bei meinen Vorträgen über Land genau mit den Folien dieser Arbeitsgruppe der GSF, des Landesamtes für Umweltschutz und der Universität Augsburg. Sie haben mir ihre neuesten Erkenntnisse zur Verfügung gestellt, und die trage ich nach außen. Wenn Sie das auch tun, ziehen wir doch am gleichen Strang.

Zu unserem Antrag, Herr Hintersberger. Wir stellen unseren Antrag in der reduzierten Form mit acht Unterpunkten zur Abstimmung, denen Sie im Umweltausschuss zugestimmt haben. Die vier strittigen Punkte haben wir aus unserem Antrag gestrichen. Sie können also gut zustimmen.

Ich will jetzt die Debatte über den Bundesrat und darüber, wer dort blockiert und was der Minister der GRÜNEN auf den Weg gebracht hat, hier nicht weiterführen. Es kamen dort viele Anstöße, die leider blockiert wurden. Wenn es uns gemeinsam ein Anliegen wäre, könnten wir wesentlich weiter sein.

Zu Ihrem kleinen Seitenhinweis zur Wasserstofftechnologie: Wir stehen voll zur Wasserstofferzeugung als erneuerbarer Energie und zum Einsatz der Brennstoffzelle. Wenn Sie aber einen Antrag zum Ausbau der Wasserstofftechnologie stellen, der derart nichts sagend ist – ich glaube, es waren gerade einmal dreieinhalb Zeilen –, der keine konkreten Ziele und Maßnahmen enthält, dann sagen wir nein. Mit der Wasserstofftechnologie als erneuerbarer Energie Strom zu erzeugen, ist richtig und sinnvoll. Wir können es allenfalls noch hinnehmen, wenn der Was

serstoff als Abfallprodukt aus der chemischen Industrie verwertet wird. Auch dann stimmen wir zu. Wir stimmen aber nicht pauschal einem atomaren Stromerzeugungsprogramm unter dem Deckmantel der Wasserstofftechnologie zu. Das noch nur zur Klärung.

Zum SPD-Antrag. Ich habe vorgeschlagen, dass ihr alle Straßenausbaumaßnahmen aus eurem Antrag herausnehmt. Ich habe dazu leider nichts gehört. Unter der Prämisse, dass wir diese Maßnahmen absolut nicht mittragen, einzelne Initiativen aber durchaus unterstützen, haben wir uns dazu entschlossen, uns beim Antrag der SPD der Stimme zu enthalten. Die Verkehrsausbaumaßnahmen lehnen wir strikt ab.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zu Wort hat sich noch Frau Staatssekretärin Müller gemeldet.

Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, wir haben jetzt Argumente ausgetauscht, über die mehrfach diskutiert worden ist. Es war mit Sicherheit nichts Neues. Für mich stellt sich die Diskussion wie eine Aktion dar, damit man das Thema noch einmal hochziehen und darüber diskutieren kann.

Wir wollen alle das Gleiche, nämlich die Reduktion von Feinstaub und den Schutz der Gesundheit und der Umwelt. Wir haben das Thema auch in der Vergangenheit schon ernst genommen. Ich möchte das ganz klar sagen. Wir messen seit 1974 Schwebstaub, Stickstoffoxide in unterschiedlichster Art, Kohlenmonoxid, Kohlenwasserstoffe, Schwefeldioxid und seit dem Jahr 2000 auch Feinstäube – und das ganz explizit. Wir haben zehn Luftreinhalteaktionspläne erstellt. Damit haben wir in den Jahren 2003/2004 begonnen, sodass wir zum 1. Januar 2005 diese Pläne schon vorliegen hatten, Herr Kollege Wörner.

Ich möchte auch auf die Behauptung eingehen, wir würden nicht vernünftig messen. Wir haben 55 Messstationen. Ich möchte noch einmal ganz klar zum Ausdruck bringen, dass wir fl ächenrepräsentativ sowohl in der Stadt als auch auf dem Land messen. Wir messen die Hotspots. Unsere Messergebnisse sind eindeutig, und sie werden täglich aktualisiert. Wir werden unsere Pläne gezielt fortschreiben und auch die Umlandgemeinden von München und Augsburg mit einbeziehen. Die Stadt München muss natürlich Maßnahmen in abgeschlossener Form der Regierung vorschlagen, damit man die Maßnahmen abschließend entscheiden kann. Die Koordinierung liegt bei der Regierung. Letztendlich haben die Regierungen und die Kommunen es in der Hand, die spezifi schen Aktionspläne gezielt fortzuschreiben.

Frau Staatssekretärin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Wörner?

Nein, momentan nicht. – Wir haben fünf Messwägen und