Protokoll der Sitzung vom 10.11.2005

(Margarete Bause (GRÜNE): Ihr CSUler habt vom Scherbenhaufen geredet!)

Sie als GRÜNE sitzen doch auf einem Trümmerhaufen. Sie sind in Berlin aus der Regierung ausgeschieden. Das rotgrüne Projekt ist beendet und Sie haben in Deutschland nicht nur einen Scherbenhaufen, sondern einen ganzen Trümmerhaufen hinterlassen.

(Margarete Bause (GRÜNE): Das Kasperltheater haben wir doch nicht gemacht! Das war Ihr Vorsitzender!)

Mit diesem Trümmerhaufen müssen wir jetzt umgehen.

(Beifall bei der CSU)

Machen Sie sich aber keine Sorgen. Wir sind voll da.

(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Voll daneben! - Margarete Bause (GRÜNE): Ja genau!)

Wir sind voll regierungsfähig. Wir werden den Kurs ganz klar halten. Niemand in dieser Partei, niemand in dieser CSU hat Kritik geübt an den Inhalten der Politik. Die werden wir weiter vorantreiben.

(Margarete Bause (GRÜNE): Das warten wir noch ab!)

Das gilt insbesondere auch für die Haushaltspolitik, die ja gerade zeigt, wie richtig und wertvoll diese Politik ist, die wir hier in Bayern gemacht haben. Schauen Sie sich doch an, was jetzt in Berlin los ist und was auch in anderen Ländern passiert, wie traurig die Situation beispielsweise in Niedersachsen ist, wo die CDU die Regierung übernommen hat und keinerlei Spielraum mehr für vernünftige Politik zur Verfügung steht.

(Beifall bei der CSU – Margarete Bause (GRÜNE): Echt traurig, dass da die CSU regiert!)

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Dr. Kaiser.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Bernhard, wir haben in der Tat als Sozialdemokraten das Problem, dass wir unseren Parteivorsitzenden verloren haben. Da haben Sie Recht. Sie aber haben das Problem, dass Sie Ihren Parteivorsitzenden behalten haben.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herr Kollege Bernhard, Sie haben uns indirekt die Schuld zugewiesen, dass Herr Stoiber auf das Regierungsamt in Berlin verzichtet hat. Merken Sie nicht, dass Sie einräumen, wie weit Sie heruntergekommen sind? Herr Stoiber macht seine Mitwirkung in Berlin, die er jahrelang angemahnt hat, davon abhängig, ob er in der SPD einen Partner in der Person von Herrn Müntefering hat. Wie traurig ist denn das, meine Damen und Herren?

(Zurufe von der CSU – Lachen und Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Herrmann und Herr Kollege Bernhard, Sie haben angekündigt, dass es jetzt um einen Stilwechsel gehe und nicht um einen Politikwechsel.

(Joachim Herrmann (CSU): Richtig!)

Unser Land braucht allerdings einen Politikwechsel.

(Beifall bei der SPD)

Werfen wir nur einmal einen Blick auf die Haushaltspolitik. Auch in Bayern gibt es in der Tat langfristige strukturelle Fehlentwicklungen, die an der Amtszeit von Ministerpräsident Stoiber, die im Mai 1983 begonnen hat, festgemacht werden können. Sie werden deutlich, wenn man den Staatshaushalt zu Beginn der Amtszeit von Ministerpräsident Stoiber mit dem aktuellen Haushalt im Jahre 2005 vergleicht. Die Daten sind absolut ernüchternd und für Bayern alles andere als erfreulich. Vor der angeblichen schwarzen Null im Jahre 2006 gibt es in diesem Jahr sogar eine Rekordnettokreditaufnahme in Höhe von 1,34 Milliarden Euro. Das sind 1,34 Milliarden Euro mehr Schulden im Jahre 2005!

Die Personalkostenquote ist angestiegen. Sie ist höher als in anderen Flächenländern. Gleichzeitig stimmt die Personalstruktur nicht. Herr Kollege Maget hat es schon angedeutet. Es gibt in Bayern zu wenig Lehrer, zu wenig Polizisten und zu wenig Beschäftigte in der Justiz und vor allen Dingen zu wenig Beschäftigte in der Steuerverwaltung.

(Zurufe von der SPD)

Ich nehme einen weiteren Punkt. Fast halbiert haben Sie die Investitionen. Ihr Anteil im Haushalt sank von 21,6 % auf 12,5 %. Damit hat er sich nahezu halbiert, obwohl Stoiber seit 1994 zusätzlich 5 Milliarden Euro aus Privatisierungserlösen für Investitionen zur Verfügung hatte.

Das heißt, weniger Investitionen bedeuten weniger Arbeitsplätze und weniger Wachstum. Hier ist ein Politikwechsel angesagt, meine Damen und Herren von der CSU.

(Zuruf von der CSU: Wo kommt denn die Kohle her?)

Die Ausgaben für Bildung und Wissenschaft sind trotz Mehrbedarfs rückläufi g. Sie sanken von 32,0 % auf 30,6 %. Der Anteil der Ausgaben für den Hochschulbereich sinkt trotz steigender Studentenzahlen. Das passt hinten und vorne nicht zum High-tech-Freistaat Bayern.

Die Ausgaben für Schulen stagnieren in der Amtszeit von Ministerpräsident Stoiber, obwohl die Zahl der Schüler seit dem Schuljahr 1993/94 in den Volksschulen, den Realschulen und den Gymnasien um 127 000 oder 11,6 % zugenommen haben. Mehr Schüler und nur gleich viele Lehrer, dies bedeutet weniger Bildungschancen für unsere Kinder in Bayern.

(Beifall bei der SPD)

Darüber hinaus erhält der Schulbereich jetzt zusätzlich noch die IZBB-Mittel des Bundes von 149 Millionen Euro pro Jahr für Bildung und Betreuung.

Ein weiterer Punkt: Deutlich sank auch der Anteil des kommunalen Finanzausgleichs am Gesamthaushalt. Die Folgen dieser Politik sind bekannt: Im Vergleich mit den alten Flächenländern ist der kommunale Finanzausgleich in Bayern schlechtes Mittelmaß. Im Jahr 1993 erhielten die bayerischen Kommunen noch 19 % des Haushaltsvolumens, jetzt sind es nur noch 16,3 %. Die Steuerdeckungsquote des Haushalts sank von 77,8 auf 73,9 %. Geschätzt auf der Grundlage von Zahlen der bayerischen Steuergewerkschaft entgehen dem bayerischen Fiskus wegen Umsatzsteuerbetruges rund 3,4 Milliarden Euro pro Jahr. Rund die Hälfte davon würde in den bayerischen Staatshaushalt fl ießen.

(Dr. Otmar Bernhard (CSU): Wer ist denn Schuld daran an diesen Betrügereien?)

Es fehlt aber bei den bayerischen Finanzämtern am nötigen Personal, Herr Kollege Bernhard um die Betrügereien aufzudecken und das Geld einzutreiben. Sie haben die Verantwortung und die Schuld dafür, Herr Kollege Bernhard.

(Dr. Otmar Bernhard (CSU): Wir wollen doch das System ändern, weil Ihre Finanzpolitik überhaupt nichts hilft!)

Die Struktur des bayerischen Staatshaushalts hat sich in der Regierungszeit von Ministerpräsident Stoiber in wesentlichen Bereichen deutlich verschlechtert.

Deshalb brauchen wir, meine Damen und Herren, einen Kurswechsel in der Haushalts- und Finanzpolitik. – Herr Präsident, ich bin gleich zu Ende.

Wir brauchen einen Kurswechsel! Geben Sie Ihre unsinnige Politik der „schwarzen Null“ auf! Fahren Sie einen Kurs, der Bayern voranbringt und der Wachstum erzeugt, dann haben wir auch mehr Steuereinnahmen und mehr Beschäftigung in unserem Lande.

Es ist nicht ein Stilwechsel angesagt – das auch – sondern wir brauchen einen echten Politikwechsel. Das ist das Gebot der Stunde und dazu fordern wir Sie auf.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank Herr Kollege. Als nächste Rednerin hat das Wort Frau Kollegin Dodell.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Maget, sehen Sie, das ist der Unterschied – ich weiß nicht, wo Sie jetzt hingehen wollen –, wenn es bei Ihnen Kritik und Diskussionen gibt, dann rollen bei Ihnen die Köpfe und zwar nicht nur der Ihres Parteivorsitzenden Müntefering, sondern auch noch ein paar andere Köpfe mit. Dann hinterbleibt eine völlig zerrissene und verunsicherte SPD. Bei uns ist das anders. Wir

brechen nicht den Stab, sondern wir reden miteinander. Wir reden offen miteinander und setzen dann unsere Politik in gemeinsamer Solidarität fort.

Einen Scherbenhaufen, Frau Bause, haben wir schon gleich gar nicht; und schon gar nicht einen sozialpolitischen Scherbenhaufen. Ich will das einmal darstellen: Bayern ist und bleibt ein Sozialstaat, und Sie müssen die sozialen Leistungen, die es in Bayern gibt, erst einmal wo anders suchen. Da müssen Sie lange suchen, bis Sie solche fi nden; es geht los beim Landeserziehungsgeld, das wir als eines der wenigen Länder leisten bis hin zu einer vorbildlich ausgebauten Kinderbetreuung in allen Bereichen. Viele übernehmen jetzt unser Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz.

Es hat sicherlich – das will ich nicht verhehlen – auch Kürzungen im sozialen Bereich gegeben, das ist klar. Wir machen den Bürgern auch nicht vor, dass alles machbar sei. Wir bauen eben nicht auf „fi nanziellem Treibsand“, sondern wir betreiben eine nachhaltige Haushaltspolitik.

(Margarete Bause (GRÜNE): Beim Hochwasserschutz streichen, ist nachhaltig!)

Wir müssen natürlich auch einmal an dieser Stelle fragen. Wodurch haben wir denn diese Steuerrückgänge erlitten? Es ist doch Ihre Politik von Rot-Grün gewesen und deswegen sollten Sie sich einmal an die eigene Brust klopfen.

Wissen Sie, einen Scherbenhaufen an der Person des Ministerpräsidenten festzumachen, ist geradezu absurd. Er war es doch, Edmund Stoiber war es, der zum Beispiel weitsichtig durch Privatisierungserlöse neue Chancen eröffnet und realisiert hat und an den richtigen Stellen investiert hat, auch und gerade in die Kinderbetreuung mit zusätzlichen 313 Millionen Euro, durch Investitionen in die Forschung, damit neue Arbeitsplätze und soziale Leistungen dann wieder möglich werden.

Daher sage ich sehr selbstbewusst, und zwar zu Recht selbstbewusst hier: Unsere Politik in Bayern ist stimmig. Wir brauchen keinen Kurswechsel. Diese Politik ist erfolgreich, und wir werden Sie auch fortsetzen. Da brauchen wir auch keine kleinkrämerische Kritik, wie Sie von Ihnen an dieser Stelle geäußert wird.

Sicherlich ist es richtig, liebe Kolleginnen und Kollegen, das sage ich auch ganz bewusst den Bürgerinnen und Bürgern draußen, dass wir manches im Kommunikationsprozess ändern müssen, dass wir manches früher und anders erklären müssen als es bisher der Fall war, und dass wir auch die Gegebenheiten und Befi ndlichkeiten der Bürgerinnen und Bürger stärker einbeziehen müssen. Das werden wir auch tun.

Aber ich komme noch einmal zum sozialpolitischen Bereich. Es gibt wohl kaum einen Sektor, der so stark im Dialog zur politischen Meinungsbildung führt wie die Sozialpolitik in Bayern.

Ich nenne als Beispiel das Iska-Modell, das zum erfolgreichen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz geführt hat.