Protokoll der Sitzung vom 25.04.2006

Aus all diesen Gründen waren für uns zahlreiche Aspekte gegeben, so zu beschließen, wie wir es taten, diese Petition aufgrund der Stellungnahme der Staatsregierung, für erledigt anzusehen. Ich möchte noch einmal erwähnen, dass in diesem Fall eine Ortsbesichtigung sicherlich sinnvoll wäre. Ich maße mir jedoch nicht an, so kompetent wie die Fachkollegen von den Behörden bewerten zu können. Deshalb betone ich nochmals unsere ablehnende Haltung und bitte die Kolleginnen und Kollegen, bei der Abstimmung dem Votum des Ausschusses für Umwelt und Verbraucherschutz zu folgen.

(Anhaltender Beifall bei der CSU)

Als Nächster hat Herr Kollege Wörner das Wort.

Herr Vizepräsident, Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegin Scharfenberg, ich habe ein Problem damit, wenn Sie mir unterstellen, ich sei ein verlängerter Arm der Staatsregierung.

Frau Kollegin, ich gebe Ihnen Recht, dass man, wenn es notwendig ist, einen Ortstermin durchführt. Wenn die Fakten jedoch so klar auf dem Tisch liegen wie hier und ein Ortstermin nichts bringt, außer dass man dort war, dann ist das doch etwas zu wenig. Ein Ortstermin hätte nichts geändert.

Wer das behauptete, hätte den Menschen Sand in die Augen gestreut. Dagegen habe ich etwas. Wenn ich eine Chance sähe, dort zu helfen, würde ich es tun. Das wissen Sie genau. Deshalb halte ich es für etwas verwegen, hier der SPD etwas zu unterstellen, was so nicht stimmt.

Ich möchte Sie noch auf einen Widerspruch in Ihrer eigenen Aussage hinweisen. Sie sagen, dass dort möglicherweise gar nicht abgebaut wird, weil kein Mensch mehr diese Steine braucht, und Sie sprechen vom Nieder

gang der bayerischen Steinindustrie. Da ist etwas dran; das will ich gar nicht bestreiten. Zeitgleich behaupten Sie aber, dass Gemeinde und Landkreis den Steinbruch offensichtlich deshalb wollen, um ihn später verfüllen zu können. Ja, was denn nun? – Wenn man nicht abbauen kann, kann man doch auch nicht verfüllen. Da hätten Sie sich schon eine Linie suchen müssen, die in der logischen Argumentation passt. Sie können doch nicht einfach sagen, es wird sowieso nichts verkauft. Das ist eine unternehmerische Entscheidung. Es ist das Risiko des Unternehmers, wenn er dort einen Steinbruch eröffnet und dann nichts los wird. Das werden die schon geprüft haben.

Noch in einem anderen Punkt bin ich mit der CSU einig. Das Verfahren in dieser Frage war ausgereizt. Was soll man denn dann bitte noch tun? Ich wehre mich dagegen, dort noch einmal in Erscheinung zu treten, den Menschen Sand in die Augen zu streuen und Unruhe zu stiften, wo doch der Zug längst abgefahren ist. Richtig ist, dass das Lärmproblem existiert. Aber auch da sagen die Gutachter unisono, der Lärm halte sich im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben. Damit ist das ganze Problem im Grunde erledigt.

Wenn Sie nun der Meinung sind, Sie könnten den Menschen dort helfen, hätten Sie heute hier im Hohen Hause ein Wort dazu verlieren müssen, auf welcher Rechtsgrundlage das geschehen könnte. Das haben Sie tunlichst vermieden. Sie wissen schon warum: Es geht nicht. Deshalb werden wir uns – wie schon im Umweltausschuss geschehen – gegen das Anliegen dieser Petition aussprechen. Sie ist mit Erklärung der Staatsregierung erledigt.

(Beifall bei der SPD – Zuruf von der CSU: Das hättet ihr doch gleich sagen können!)

Zu Wort hat sich gemeldet Herr Staatssekretär Dr. Bernhard.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich will nur ein paar wenige ergänzende Bemerkungen machen. Ob ein Ortstermin stattfi nden soll oder nicht, ist natürlich Sache des Hohen Hauses. Aber über das hinaus, was Kollege Wörner eben ausgeführt hat, will ich noch kurz darauf hinweisen, dass hier auch Klage erhoben worden ist.

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Noch nicht!)

Das Ganze wird jetzt gerichtlich aufgerollt. Es ist Klage erhoben worden, und die Klageschrift ist eingereicht. Es geht jetzt um die Erwiderung von staatlicher Seite.

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Ein laufendes Verfahren ist es noch nicht!)

Glauben Sie mir, es ist so. Es ist Klage gegen den Genehmigungsbescheid eingereicht worden. Von daher wird sowieso noch einmal alles überprüft.

Es kann deshalb auch noch keine vollendeten Tatsachen geben. Es gibt für die Genehmigung keinen Sofortvollzug, sondern die Klage hat aufschiebende Wirkung. Insofern braucht überhaupt nicht befürchtet zu werden, dass hier vollendete Tatsachen geschaffen wären.

Noch eine Bemerkung zum Bedarf. Dass andere Unternehmer sagen, sie fi nden es nicht gut, dass da jemand dasselbe tun will wie sie, ist üblich und kann kein Argument sein. Es ist schon gesagt worden, dass ein Rechtsanspruch auf die Genehmigung existiert. So ist das eben. Es ist alles geprüft worden, und ein Indiz für die Notwendigkeit ist, dass das Ganze als Vorbehaltsfl äche auf Betreiben und mit Zustimmung der Gemeinde im Regionalplan enthalten ist. Das ist ein Indiz dafür, wie die Bedarfssituation als solche beurteilt wird.

(Beifall bei der CSU)

Die Aussprache ist damit geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Der Ausschuss für Umwelt und Verbraucherschutz hat beschlossen, die Eingabe gemäß § 80 Nummer 4 der Geschäftsordnung aufgrund der Stellungnahme der Staatsregierung für erledigt zu erklären. Gemäß § 126 Absatz 7 der Geschäftsordnung ist bei Eingaben, über die die Vollversammlung zu beschließen hat, der Abstimmung die Entscheidung des die Eingabe behandelnden Ausschusses zugrunde zu legen. Wer dem Votum des Ausschusses für Umwelt und Verbraucherschutz zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe? – Stimmenthaltungen? – Dann ist mit den Stimmen der CSU und der SPD gegen die Stimmen des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN dem Votum des Ausschusses entsprochen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 9 auf:

Antrag der Abg. Stefan Schuster, Christa Naaß, Helga Schmitt-Bussinger u. a. (SPD) Schaffung von Ausgleichstagen für den polizeilichen Schichtdienst (Drs. 15/4720)

Ich eröffne die Aussprache und weise darauf hin: 15 Minuten je Fraktion. Erste Wortmeldung: Kollege Schuster.

Sehr geehrter Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Gleich vorneweg: Wir werden zu diesem Antrag namentliche Abstimmung beantragen.

(Zurufe von der CSU: Oh, oh!)

Lassen Sie mich eingangs noch Folgendes sagen: Mit der Fußballweltmeisterschaft und dem Papstbesuch gibt es in diesem Jahr zwei wichtige Großereignisse, die unsere Sicherheitskräfte über die Maßen in Anspruch nehmen werden. Unsere Kolleginnen und Kollegen bei der Polizei werden nicht mehr aus den Stiefeln kommen.

Im Jahr 2004 hat die Staatsregierung auf Anordnung des Ministerpräsidenten eine Arbeitszeitverlängerung auf 42 Stunden bei Polizistinnen und Polizisten durchgesetzt.

Die Arbeitskapazitäten der Polizei haben sich damit um 5 % erhöht. Das sollte auf Anweisung von Staatsminister Dr. Beckstein zu einer deutlichen Reduzierung von Überstunden führen. Das ist zum Teil auch passiert.

Fakt ist jedoch auch, dass durch diese Entscheidung, die Arbeitszeit zu erhöhen, mehr als 1000 Planstellen bei der Polizei abgebaut werden. Es wird also in Zukunft nicht mehr Polizei auf der Straße geben, wie landauf, landab von der CSU immer behauptet wird, sondern es wird weniger Polizei auf der Straße geben. Dieses Minus zeigt sich jetzt schon an den reduzierten Einstellungszahlen für Polizeianwärterinnen und Polizeianwärter.

Lassen Sie mich kurz zurückblicken. Im Jahr 1993 führten Edmund Stoiber und sein Kabinett für Bayerns Beamtinnen und Beamte die 40-Stunden-Woche ein und versprachen, die 40-Stunden-Woche bei besserer Haushaltslage wieder zurückzunehmen. Obwohl vom Ministerpräsidenten, von allen Ministern und von der CSU-Landtagsfraktion zu jeder passenden und unpassenden Gelegenheit gesagt wird, dass Bayern an der Spitze steht, dass Bayern die geringste Verschuldung hat und die geringste Arbeitslosigkeit und so weiter, wurde die 40Stunden-Woche nicht zurückgenommen. Ich sage Ihnen: Diese leeren Versprechungen machen die Staatsregierung zu keinem vertrauenswürdigen und verlässlichen Ansprechpartner,

(Beifall bei der SPD)

weder für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer noch für die Berufsvertretungen, und natürlich auch nicht für uns.

Ganz entscheidend für unseren heutigen Antrag ist, dass diese zweite Arbeitszeiterhöhung auf 42 Stunden auch den Wegfall von 11 Freischichten zur Regeneration von Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten im Schichtdienst bedeutet. Schon im Jahr 2004 haben meine Fraktion und ich nicht nur den massiven Stellenabbau kritisiert, sondern auch die angesprochenen negativen Folgen insbesondere für Beamte im Schichtdienst thematisiert. Hier sind zum einen die massiven gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu erwähnen, zum anderen die sozialen Aspekte wie die Teilnahme am öffentlichen Leben oder die Einschränkungen des Familienlebens. Gerade der letztgenannte Punkt hat bei der angeblichen Familienpartei CSU in der bisherigen Debatte keinen nennenswerten Stellenwert gehabt. Sie machen hier eine Politik zulasten der Familien und Kinder der Polizeibeamtinnen und beamten.

(Beifall bei der SPD)

Schizophrenerweise hat der Innenminister immer wieder besonders die gesundheitlichen Belastungen im Schichtdienst unterstrichen, aber die Staatsregierung hat bis heute keine ernst zu nehmende Initiative ergriffen, um für die Betroffenen zumindest ansatzweise einen Ausgleich zu schaffen. Gerade für ältere Schichtdienstleistende wäre eine Regenerationszeit aus arbeitsmedizinischer Sicht sehr wichtig, weil der Wechsel- bzw. Schichtdienst eine große Belastung darstellt. Da hier gegen den natürli

chen Körperrhythmus gearbeitet wird, wirkt sich dieser Dienst kurzfristig durch Ermüdung und eine Beeinträchtigung des Wohlbefi ndens aus, langfristig kann er auch zu Gesundheitsschäden führen, so das Innenministerium in der Stellungnahme zu den Petitionen der Polizeigewerkschaft.

Schon im April 2004 haben wir im Plenum hier im Hohen Haus auf diese von mir skizzierten Probleme aufmerksam gemacht. Allerdings hat sich die CSU-Mehrheit – wie gesagt – bisher nicht einsichtig gezeigt und beharrt nach wie vor auf ihrer menschenunfreundlichen und gesundheitsgefährdenden Position.

(Zuruf von der CSU)

Ich darf die Kolleginnen und Kollegen der CSU deshalb gerne auch auf einen Auszug aus dem Arbeitszeitgesetz hinweisen. Dort heißt es:

Die Arbeitszeit der Nacht- und Schichtarbeitnehmer ist nach den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit festzulegen.

Die Haltung der CSU ist bisher auch deshalb unverständlich, weil die Polizeigewerkschaften immer wieder durch verschiedene Kompromissmodelle auf die Staatsregierung zugegangen sind, aber bei Herrn Innenminister Dr. Beckstein und bei Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU-Fraktion, bisher kein Gehör fanden.

Ich habe schon angesprochen, dass die Polizeigewerkschaften zu diesem Thema 2004 eine Eingabe an den Bayerischen Landtag gemacht haben. Für die SPD-Fraktion war ich zu dieser Petition Berichterstatter. Was ich in den Ausschusssitzungen an Argumenten von den CSUAbgeordneten hören musste, war für mich, der ich früher selber Schichtdienst geleistet habe, nicht nachvollziehbar.

Noch in der Sitzung des Innenausschusses im Februar dieses Jahres, in der der Antrag, über den wir heute abstimmen, behandelt wurde, haben sich die CSU-Abgeordneten wieder mit fragwürdigen Argumenten herausgeredet. Es ist Unsinn, ständig das Kostenargument anzuführen, aber die Folgekosten durch gesundheitliche Schäden einfach unter den Tisch fallen zu lassen.

(Beifall bei der SPD)

Das Ganze gipfelte in der Aussage, dass die gesundheitliche Beeinträchtigung durch den Schichtdienst keine große Rolle spiele. Derartige Aussagen sind realitätsfremd und machen die berechtigten Anliegen der Polizistinnen und Polizisten lächerlich.

In der Ausschusssitzung wurde vom Mitberichterstatter gesagt, allein mit Ausgleichstagen ließen sich die gesundheitlichen Belastungen der Polizeibeamtinnen und beamten nicht reduzieren. Da stimme ich mit Ihnen überein, da haben Sie völlig Recht. Daher haben wir in den vergangenen Haushaltsberatungen bisher immer Anträge

gestellt, damit für Schichtdienstbeamte Regenerationskuren durchgeführt werden können. Aber diese Kuren für Polizeibeamtinnen und -beamte lehnen Sie schon seit Jahren ab.

Wir haben den Antrag auch dieses Jahr wieder zum Nachtragshaushalt gestellt. Sie führen immer gern BadenWürttemberg als positives Beispiel an. Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrter Herr Innenminister, Baden-Württemberg hat diese Vorsorgekuren schon seit Jahren. Ich denke, was Baden-Württemberg kann, können auch wir. Aber wie es ausschaut, werden Sie unseren Antrag wahrscheinlich wieder ablehnen. Soviel zu Ihrer Fürsorge für die Beschäftigten im Freistaat.

Vor dem Hintergrund der geschilderten Probleme der 42Stunden-Woche und der eingangs erwähnten zusätzlichen Belastungen in diesem Jahr haben wir uns als SPDFraktion noch einmal dazu entschlossen, in einem Antrag die Schaffung von Ausgleichstagen für den polizeilichen Schichtdienst zu thematisieren. Das gemeinsam von allen Berufsvertretungen vorgeschlagene Modell erscheint uns als sehr sinnvoll und moderat. Für 110 geleistete Nachtdienststunden soll ein Tag Zusatzurlaub gewährt werden. In Schritten von 70 Stunden würde man am oberen Ende für 600 Nachtdienststunden acht freie Tage erhalten.

Im Innenausschuss wurde unser Antrag kritisiert: Wir hätten ihn nicht bis ins Detail ausgeführt. Er enthielt aber genau das, was wir wollten. Wir wollten eine gewisse Flexibilität erreichen. Entsprechend haben wir den Antrag offen formuliert. Er hat dem Innenministerium etwas Spielraum eingeräumt, damit ein für beide Seiten tragfähiges Ergebnis dabei herauskommt.