Kungelei spricht, dass der Bremer Senator, weil er nicht durchgekommen ist, entsprechende Beschwerden ankündigt. Ich tue das wegen Würzburg auch nicht. Ich könnte das ganz genauso tun. Die Frage ist, ob man bereit ist, eine eigene Zielsetzung zu formulieren, die Wissenschaftsgetragenheit dieses Wettbewerbs, und dann das Ergebnis zu akzeptieren, oder ob man je nachdem das Fähnchen in den Wind hängt und dann reklamiert, dass man womöglich strukturell besser gefahren wäre.
Wenn wir in der Weltspitze mitmachen wollen, bleibt uns nichts anderes übrig, als unsere Hochschulen ganz vorn an der Leistungsschiene, ganz an der Front aufzustellen und dafür zu sorgen, dass wir im Wettbewerb der Welt ernst genommen werden. Das schafft Arbeitsplätze, das schafft Bruttosozialprodukt und am Ende die beste Sozialverträglichkeit, die man sich vorstellen kann. Alles andere ist Mogelei und gegen Mogelpackungen stehen wir in Bayern immer auf.
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich schließe mich den Ausführungen meines Vorredners in Gänze an. Das Ergebnis der Bewertung der Exzellenzinitiative vom vergangenen Freitag ist in der Tat ein wichtiger Moment der Hochschul- und Wissenschaftspolitik in unserem Land.
Ich möchte den Blick kurz auf das Gesamtergebnis richten. Dort haben neben den beiden Münchner Universitäten, die in der sogenannten dritten Förderlinie, in der es um die Bewertung des Zukunftskonzepts und letztlich um die Verleihung des Titels Eliteuniversität ging, erfolgreich waren, auch die Julius-Maximilians-Universität in Würzburg und die Friedrich-Alexander-Universität in ErlangenNürnberg in den ersten und zweiten Förderlinien, also in den Graduiertenkollegs und in den Exzellenzclustern, hervorragend abgeschnitten, sodass die vier bayerischen Universitäten mehr als ein Drittel aller erreichbaren Einzelvergaben gewonnen haben.
Das ist ein Exzellenzausweis für die Wissenschaftspolitik in Bayern, wie er eindrucksvoller nicht sein kann. Dies ist insgesamt – darauf legen wir größten Wert – eine Bestätigung der Nachhaltigkeit und der strategischen, auch standort- und regionalpolitischen Bedeutung, die der Wissenschafts- und Hochschulpolitik in Bayern seit Jahrzehnten zugemessen wird. Der Herr Staatsminister hat dies angesprochen.
Die beiden Gründungswellen nach dem Zweiten Weltkrieg wurden verantwortet von den Ministerpräsidenten Alfons Goppel, Franz Josef Strauß, Max Streibl und Edmund Stoiber. Es sind dies zum einen die Erhöhung der Anzahl der Universitäten von vier auf neun, wenn man die Katholische Universität in Eichstätt, die Universität der Bundeswehr und andere hinzurechnet, und zum anderen die Schaffung der Fachhochschulen – derer 19 oder 20; wenn
Sie die privat getragenen und die Fachhochschulen in kirchlicher Trägerschaft hinzuzählen, sind es mehr – Anfang der Siebzigerjahre und deren Ausbau zu einem flächendeckenden Netz.
Das heißt: Der frühen Erkenntnis, dass im Agrarland Bayern, im Flächenland Bayern, am rohstoffarmen Standort Bayern der Hebung der Bildungsreserven auch in der Fläche Rechnung zu tragen ist, diesem über Jahrzehnte hinweg mit höchstem, auch finanziellem Ressourceneinsatz vorangetriebenen Ziel, stellt dieses Ergebnis der Exzellenzinitiative eine Bestätigung aus.
Dies ist ein Moment des Innehaltens und des Nach-vornSchauens. Das bedeutet, dass wir die Strategie der Hebung der Bildungsreserven im ganzen Freistaat weiterhin energisch verfolgen müssen. Die Vernetzung der Hochschulen in den einzelnen Regionen, niedergelegt in dem Gutachten „Wissenschaftsland 2020“, mit den Hochschulräumen – Hochschulraum Nordbayern, Hochschulraum Südbayern und auch die Initiative in Ostbayern entlang der Donauschiene – und das Schaffen einer stärkeren Kooperation, die über Hochschulgrenzen hinausgeht, bestätigen im Nachhinein auch den richtigen strategischen Ansatz bei der Neufassung des Hochschulrechts, das dieses auf Dauer angelegte institutionelle Zusammenwirken über Hochschulgrenzen hinweg im Hochschulrecht grundgelegt hat. Diese breite Basis wissenschaftlichen und wissenschaftsnahen Ausbildungsangebots führt erst zur Spitzenleistung in der Pyramide.
Mit einem Weiteren räumt dieses Ergebnis der Exzellenzinitiative deutlich auf: Die vier erfolgreichen Universitäten sind die vier Universitäten mit den größten Studierendenzahlen. Das heißt also: Qualitätvolle Ausbildung, große Studierendenzahlen und absolute Spitzenleistung, die sich im internationalen Maßstab erfolgreich messen kann, schließen sich nicht aus. Dies ist eine wichtige Botschaft hinsichtlich der Bedeutung und der Qualität der grundständigen akademischen Ausbildung in Deutschland.
Der Wettbewerb mit den internationalen Standorten, gerade mit den angloamerikanischen Ländern, beginnt in der Regel im Postgraduiertenbereich. Das heißt, dass in unserem Land die grundständige akademische Ausbildung sowohl an den Universitäten als auch an den Fachhochschulen bei hohen Studierendenzahlen eine so hohe Qualität besitzt, dass unsere Graduierten, unsere Absolventen, unsere jungen Akademikerinnen und Akademiker – Braindrain ist hier das Stichwort – an den Hochleistungsstandorten der wissenschaftlichen Welt begehrte Nachwuchskräfte sind.
Zweite Kernaufgabe aus diesem Ergebnis heraus ist die nachhaltige Entwicklung von Forschung in den Universitäten und vor allem in der Kooperation mit den außeruniversitären Forschungseinrichtungen unter dem Stichwort Clusterbildung. Das ist die zweite Kernbotschaft, die die Bewertung der Exzellenzinitiative ausspricht. Unter dem Eindruck dieses wettbewerblichen Angebots haben sich, insbesondere am Standort München – dies ist eine große Kraftanstrengung gewesen –, die beiden Universitäten mit der Fachhochschule zusammengeschlossen. Die Fachhochschule München ist meiner Kenntnis nach mindes
tens in Süddeutschland, wenn nicht in Deutschland, die einzige Fachhochschule, die an einer dieser drei Förderlinien, nämlich an einem forschungsorientierten Exzellenzcluster, mit beteiligt ist.
Das heißt: Diese institutionelle Kooperation zwischen Hochschulen aller Gattungen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen ist die zweite Kernaufgabe, die uns dieses Ergebnis der Exzellenzinitiative für die kommenden Jahre aufgibt.
Das dritte Moment ist die nachhaltige Förderung von wissenschaftlichen Nachwuchseliten aus einer breiten Basis heraus und ein weiteres Ausdifferenzieren des Instrumentariums zur Förderung von Nachwuchswissenschaftlern. Dies ist die dritte Botschaft.
Hierauf geben wir zurzeit erste Antworten. Wir entwickeln im neuen Hochschulpersonalgesetz das Instrument der Juniorprofessuren, so wie es ursprünglich geplant war, nämlich mit einem strikten apodiktischen, fallbeilähnlichen Ende nach sechs Jahren weiter zu einem Tenure-TrackModell Was heißt das? – Das bedeutet, dass der junge Wissenschaftler oder die junge Wissenschaftlerin aus dieser auf Zeit angelegten Maßnahme für Nachwuchswissenschaftler mit internen, verkürzten Bewerbungsverfahren in die reguläre wissenschaftliche Laufbahn eingeführt werden kann. Das ist ein ganz wesentlicher Fortschritt gegenüber dem ursprünglichen Entwurf im Hochschulrahmengesetz.
Bayern eröffnet neben dem Modell der Juniorprofessur nach wie vor die Habilitation und bietet die Möglichkeit des sogenannten wissenschaftlichen Mitarbeiters. Dies bedeutet eine breite Palette an Qualifikationswegen.
Die vierte Botschaft ist ganz deutlich: Auf Dauer muss mehr Geld in das System, um die gerade grob skizzierten Ziele erreichen zu können. Der große Erfolg, den die bayerische Hochschul- und Wissenschaftspolitik erzielen konnte, ist Auftrag, dieses Kernfeld der Landes- und Standortpolitik nachhaltig weiterzuentwickeln.
Ich gebe jetzt das Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Dringlichkeitsantrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 15/6458, Verfassungsauftrag Denkmalschutz umsetzen, bekannt. Mit Ja haben 22 Abgeordnete gestimmt, mit Nein 82; es gab 7 Stimmenthaltungen. Damit ist der Dringlichkeitsantrag abgelehnt.
Nun gebe ich das Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Dringlichkeitsantrag der SPD auf Drucksache 15/6460, Anhörung des Landesamtes für Denkmalpflege als Regelfall, bekannt. Mit Ja haben 41 Abgeordnete
gestimmt, mit Nein 84; es gab 5 Stimmenthaltungen. Damit ist dieser Dringlichkeitsantrag ebenfalls abgelehnt.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich mich den Ausführungen meines Kollegen Dr. Spaenle anschließen, soweit sie die Glückwünsche an die genannten Universitäten betreffen. Auch im Namen der SPD-Landtagsfraktion gratuliere ich den beiden Münchner Universitäten herzlich. Sie sind als Spitzenuniversität, als Eliteuniversität ausgezeichnet worden und darauf können die Universitäten selbst, können aber auch wir im Freistaat Bayern stolz sein.
Auch die anderen gut eingestuften Universitäten sind schon angesprochen worden: die Friedrich-AlexanderUniversität Erlangen-Nürnberg und die Julius-Maximilians-Universität in Würzburg. Diesen beiden Universitäten gelten ebenfalls unsere Gratulation und unser Dank für die großartigen Anstrengungen, die unternommen worden sind.
Insoweit können wir uns auch dem Dringlichkeitsantrag der CSU anschließen. Das betrifft seinen ersten Teil.
Damit wir uns richtig verstehen: Ich bin der Letzte, der die Fachhochschulen oder Universitäten in Bausch und Bogen schlechtreden möchte. Aber wir müssen auch die Probleme erkennen. Bis auf den vierten Punkt, den Finanzierungsbedarf betreffend, habe ich davon in Ihren Ausführungen, Herr Kollege Spaenle, nichts gehört.
Da frage ich mich: Lesen Sie nicht die Zeitung? Allein in unserem „Pressespiegel“ der letzten Woche brauche ich nur die Überschriften zu lesen und kann die Probleme erkennen. Wenn wir uns das vor Ort anschauen – Sie fahren doch auch zu den entsprechenden Einrichtungen –, dann sehen wir nicht nur, dass gejubelt wird, sondern dann hören wir auch entsprechende Kritik und Forderungen.
Das zeigen z. B. Überschriften aus dem Pressespiegel letzter Woche: „Hochschulen haben gewaltigen Nachholbedarf“ oder „An Bayerns Universitäten wird es immer enger“ oder „Universität Bayreuth: Unis brauchen dringend mehr Geld – Hochschulpräsident Helmut Ruppert kritisiert fehlende staatliche Finanzhilfe“.
An der Fachhochschule in Würzburg gibt es tatsächlich einen „Aldi“-Hörsaal, jedenfalls nach Pressemitteilungen.
Das heißt, die Namensrechte für den größten Hörsaal wurden an den Discounter Aldi-Süd verkauft. Wunderbar! Man kann und muss wohl auf der einen Seite darüber lachen, aber wenn die Drittmittelbeschaffung derartige Formen annimmt, dann stimmt uns das schon bedenklich. Wohin führt das? Audimax und Beate Uhse, weil sie vielleicht am meisten Geld zahlt, oder sonst wie? Ich kann mir nicht vorstellen, dass es der richtige Weg ist, Hörsäle nach irgendwelchen Einrichtungen zu benennen und damit Drittmittel einzufordern. Wir merken, in welcher Notsituation die Universitäten und Fachhochschulen sind.
Die Universität Bayern e. V. hat im Mai dieses Jahres eine Situationsanalyse erstellt. Ihr Vorsitzender, Professor Dr. Walter Schweitzer, fasst wie folgt zusammen – wir kennen das –:
Die bayerischen Universitäten sind seit Jahren weit über ihre Kapazität, teils bis zu 200 %, belastet. Die Situation hat sich im letzten Studienjahr 2005/2006 derart zugespitzt. Einzelne Universitäten verzeichnen steigende Studienanfängerzahlen von bis zu 20 %.
Qualität kann nur gesichert werden, wenn die erforderlichen Ressourcen zur Verfügung gestellt werden.
Werden nun diese Mittel im Haushalt 2007/2008 bereitgestellt? Jetzt haben wir wieder diese berühmten Zahlen. Auf den ersten Blick sieht die Mittelverteilung nicht einmal so schlecht aus. Eine Steigerung im Einzelplan 15 von 6,3 % im Jahr 2007 und von 1,5 % im Jahr 2008 klingt ja positiv. Ziehen wir jedoch die Versorgungsrückstellungen in Höhe von rund 300 Millionen Euro – sie kommen den Hochschulen ja nicht zugute – und die eingerechneten Studiengebühren von rund 150 bis 200 Millionen Euro ab, ich rechne einmal 150 Millionen Euro, dann bleibt ein Plus von gerade mal von 1,6 %. Das Gesamtvolumen des Haushalts steigt 2007 um 1,9 %. Für 2008 lauten die Zahlen plus 1,16 % für die Hochschulen, plus 1,39 % für den Gesamthaushalt.
Wir sehen also, dass die von den Universitäten und Fachhochschulen geforderten Mittel, allein um die erhöhten Studierendenzahlen zu kompensieren, nicht gewährt werden.
Ich möchte ein zweites interessantes Papier ansprechen. Es stammt von der Vorsitzenden der „Hochschule Bayern e. V.“, Frau Professor Dr. Marion Schick, und trägt den Titel: „Finanzierung der bayerischen Fachhochschulen – Anforderungen an den Doppelhaushalt 2007/2008“. Hier wird im Detail ein zusätzlicher Bedarf der bayerischen Fachhochschulen – wir reden jetzt also nicht von den Universitäten – für den Doppelhaushalt 2007/2008 in Höhe
Jetzt könnte natürlich einer sagen: Jede Einrichtung – Universität, Fachhochschule – wird erst einmal ihren Bedarf hochrechnen. Wir müssen uns erst einmal die Einzelpläne und die Details anschauen. Ich nehme einmal die Fachhochschulbibliotheken heraus, denn dort ist die Situation besonders dramatisch. Es wurde eine Rangfolge aufgestellt nach Erwerbsausgaben der einzelnen Fachhochschulen. Wir haben vorhin von Herrn Dr. Spaenle immer wieder das „Bayern voran – Bayern Erste“ gehört. In diesem Ranking sind wir leider Vorletzter, Herr Spaenle. Daran wird auch Ihre SMS nichts ändern. Ich kann Ihnen die Zahlen sehr gern übergeben. Wir setzen also pro Student einen Betrag von 29,7 Euro ein. Das „reiche“ Bundesland Berlin, das vorhin angesprochen wurde, setzte 40 Euro ein, Brandenburg 50 Euro und das Bundesland Sachsen sogar 91 Euro. Daran merken wir, dass wir in diesem Bereich weit zurückgefallen sind.
Noch eine Zahl: Wir haben seit 1999 an den Fachhochschulen einen Zuwachs von 30 % an Studenten. Das ist erfreulich, Erfolgsmodell Fachhochschule. Schauen wir uns aber einmal an, wie das Personal an den Fachhochschulbibliotheken gestiegen ist: Personal diesem Zeitraum entsprechend: plus 0 %. Das heißt also, bei 30 % Zuwachs an Studenten ist das Personal genau gleich geblieben und muss diese 30 % mehr Studenten ebenfalls versorgen.
All das, meine Damen und Herren, sind Realitäten, die im Jubelantrag der CSU nicht angesprochen werden. Ich möchte noch einmal verdeutlichen: Wir sagen Ja zu den Spitzenuniversitäten und wir freuen uns über die Förderung von Hochbegabten. Aber sie allein besonders zu fördern und die große Masse quasi im Regen stehen zu lassen, das lehnen wir ab.