Die Münchner Sozialdemokratie ist für eine zukunftsweisende Stadt- und Ballungsraumentwicklung. Deswegen unterstützen wir den Bau der dritten Startbahn. Sie haben recht: Alles andere würde Stillstand und Rückschritt bedeuten.
Wir dürfen nicht nur vom jetzigen Zeitpunkt ausgehen. Wir müssen auch an die Zukunft denken. Wenn alle Prognosen eintreffen, woran ich keinen Zweifel habe, ist die dritte Startbahn erforderlich. Eines füge ich jedoch hinzu: Wir haben ein sehr ausgeprägtes Demokratieverständnis. Deshalb werden wir den Bürgerentscheid, der am Sonntag in München fällt, selbstverständlich und ohne Wenn und Aber unterstützen und akzeptieren. Offensichtlich befinden wir uns damit in einem Gegensatz zu Ihnen. Ihre Tricksereien werden heute schon offenbar. Sie wollen den Bürgerentscheid, wenn er schiefgeht, nicht akzeptieren. In diesem Falle soll die Stadt nach Ihrer Ansicht ihre Anteile verkaufen und Ähnliches. Ich sage Ihnen
aber: Für eine solche Politik sind wir nicht zu haben. Die Bürgerinnen und Bürger werden am Sonntag entscheiden.
Bevor ich in der Redeliste fortfahre, möchte ich Gäste aus Russland ganz herzlich begrüßen, die auf der Ehrentribüne Platz genommen haben. Ich darf den Abgeordneten der Staatsduma und Mitglied im Ausschuss für Wohnungsbaupolitik, Herrn Alexej Shurawljow, und seine Delegation sehr herzlich begrüßen.
Seit dem 11. Juni ist die Delegation auf Reisen, unter anderem war sie auch in Berlin. Jetzt ist sie bei uns in München. Im Anschluss an Ihren Besuch im Plenum haben Sie Gespräche mit Parlamentarierinnen und Parlamentariern aus diesem Haus und mit Vertretern der Staatsregierung. Sie werden auch noch die Hanns-Seidel-Stiftung besuchen und dort Gespräche führen.
Wir wünschen Ihnen jedenfalls einen interessanten Aufenthalt bei uns. Vielleicht gelingt es Ihnen, am Rande auch das eine oder andere Fußballspiel anzusehen, wenn hierfür Zeit bleibt. Ihnen alles Gute! Sie verlassen uns schon bald. Ich wünsche Ihnen eine gute Heimreise.
Wir fahren jetzt in der Redeliste fort. Als Nächster spricht für die FREIEN WÄHLER Herr Pointner. Herr Pointner, bitte schön.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin gerade im Laufschritt von der U-Bahn gekommen. Ich bin mit dem Zug gefahren, weil ich pünktlich sein wollte. - Er hatte 35 Minuten Verspätung.
Mir ist eingefallen, dass wir beim Flughafen Kriterien für die Kapazitätsberechnung zur dritten Bahn haben. Darin heißt es: durchschnittliche Verspätungszeit 4 Minuten. Wenn man diese Kriterien bei der Deutschen Bahn anwenden wollte, bräuchten wir nicht
- die ich schon x-mal gehört habe und die, auch wenn sie immer wieder wiederholt werden, nicht besser sind als das, was früher gesagt worden ist.
Meine Damen und Herren, Sie haben das Thema dritte Startbahn zum Thema der Aktuellen Stunde gemacht. Aufgrund des Bürgerentscheids, der am Sonntag in München stattfindet, ist das Thema natürlich aktuell. Ich möchte auf den Bürgerentscheid nicht näher eingehen. Das ist ein Kampf David gegen Goliath, wie heute die "Süddeutsche Zeitung" schon zutreffend berichtet hat. Auf der Seite des Goliath werden ungeheure Finanzmittel eingesetzt, um die Bürger mit Argumenten, die alle nicht so zutreffend sind, zu überzeugen.
Ich gehe an diese Dinge immer mit Sachlichkeit heran. Das habe ich immer schon gemacht. Ich bin schließlich schon seit mehr als 40 Jahren mit diesem Thema beschäftigt.
Für mich ist zunächst immer der Mensch das Wichtigste, die Betroffenheit des Menschen. Der Mensch müsste bei all unserer Arbeit immer das Zentrum unserer Zielrichtung sein. Ich blicke auf die Betroffenheit der Menschen am Flughafen. Wenn diese dritte Bahn käme, würde der Mensch missachtet werden. Es wird nicht berücksichtigt, welche Probleme der Mensch hat. Ich kann mich erinnern, wie damals der Flughafen geplant worden ist. Das war ein großer Eingriff bei uns in der Region. Mein Heimatdorf musste abgesiedelt werden. Die Leute sind weggezogen; es gab alle möglichen Verwirrungen, Zerwürfnisse usw. Man hat bei der damaligen Planung aber versucht, mit den Flugrouten an den nächstgelegenen Orten vorbeizukommen. Das ist einigermaßen gelungen. Die nächstgelegenen Orte werden derzeit nicht überflogen. Schwaig, Pulling usw. werden am Rande berührt und
Weil keine anderen Alternativen gefunden wurden, die den Zielen der FMG-Planung genügt hätten, werden nun die nächstgelegenen Orte in der Mitte überflogen. Attaching ist hinreichend erwähnt worden. Es wird in 60, 70 Meter Höhe von 550 oder 540 Fliegern am Tag beim Anflug überflogen werden. Die Ortsmitte wird eventuell abgesiedelt - darauf besteht ein Anspruch -, links und rechts davon leben aber auch Menschen. Sie müssen sich vorstellen, dass in 200 Metern Entfernung Flugzeuge in 60 Metern Höhe vorbeifliegen, und das 540 Mal am Tag. Das bedeutet alle eineinhalb Minuten einen Flieger. Wie man dort leben kann, kann ich mir nicht vorstellen. Sehen Sie sich die Auflagen im Planfeststellungsbeschluss an. Dort steht, dass die Leute ihre Sonnenschirme auf Windstärke 6 auslegen müssen. Das geht überhaupt nicht; denn solche Sonnenschirme gibt es nicht. Im Planfeststellungsbeschluss sind noch viele andere Auflagen enthalten. Das sind Themen, die man bei der Abwägung berücksichtigen muss, ob man diese dritte Bahn braucht oder nicht.
Jetzt kommen wir zu den Vorteilen - Arbeitsplätze usw. -, die ständig genannt werden. Herr Kerkloh hat versprochen, dass 11.000 Arbeitsplätze kommen. Herr Kerkloh hat 2005 gesagt, dass wir im Jahre 2010 480.000 Flugbewegungen haben. Im letzten Jahr sind wir bei 410.000 Flugbewegungen gewesen. In diesem Jahr werden es weniger als 400.000 sein. Die Zahl der Bewegungen geht zurück. Die Prognosen von Herrn Kerkloh stimmen so und so nicht. Es ist richtig, dass teilweise neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Es gibt aber auch eine Menge Verlagerungen. Selbst wenn neue Arbeitsplätze kommen, fragen wir uns in der Region schon, woher die Leute kommen sollen und wo sie wohnen und bleiben sollen. Vielleicht kommt die Hälfte dieser 11.000 Leute in die Gegend. In den neuen Ländern wird beispielsweise Werbung für Arbeitskräfte gemacht. Arbeitskräfte werden vom Osten kommen; aber mit ihrem Gehalt, auch wenn sie 3.000 Euro im Monat verdienen würden, könnten sie hier nicht leben, weil sie keine bezahlbaren Wohnungen bekommen. Auch die Gemeinden haben riesige Infrastrukturprobleme bei der Bewältigung dieser Aufgabe. Ich kann das aus meinem eigenen Landkreis erzählen. Es ist nicht so, dass die Steuern strömen und fließen. Die Stadt Freising ist ja am Flughafen beteiligt.
- Noch einen Satz, Frau Präsidentin. Es wird immer gesagt, dass die bayerische Wirtschaft die dritte Bahn braucht. Es ist schon bezeichnend, dass die DAX-Unternehmen die Initiative "München pro 3. Startbahn" nicht offen unterstützt haben. Wenn man mit Wirtschaftsleuten spricht und sich darüber unterhält, ob die dritte Bahn kommt oder nicht, -
- sagen diese, dass es vielleicht ein paar zusätzliche Interkontinentalverbindungen geben wird. Man wird aber nicht alle Wirtschaftsstandorte der Welt von München aus anfliegen können. Das ist doch ganz klar.
Frau Präsidentin, Hohes Haus! Wenn ich mir das Hick-Hack zwischen CSU und SPD heute und in den letzten Tagen anhöre und ansehe, gewinne ich den Eindruck, dass Sie jetzt schon nach den Schuldigen für die drohende Niederlage suchen,
um jetzt schon Deutungshoheit zu gewinnen, wenn Sie dann jeweils der Gegenseite den Schwarzen Peter in die Schuhe schieben.
Kolleginnen und Kollegen, auch ich werbe für ein klares und deutliches Ja am Sonntag, für ein Ja zum Bürgerentscheid, für ein Ja zur Frage, die unser Bündnis gestellt hat, für ein Ja zu der Frage, dass der Oberbürgermeister der Landeshauptstadt München verpflichtet werden soll, in der Gesellschafterversammlung gegen die dritte Start- und Landebahn zu stimmen. Dafür werbe auch ich.
Unsere Position zu diesem Thema war und ist immer klar gewesen; da gab es kein Herumeiern wie bei anderen. Es gibt keinen Riss in unserer Partei. Wir sind hier eindeutig klar, und wir haben die Argumente auf unserer Seite. Es gibt keine Begründung, eine dritte Start- und Landebahn im Erdinger Moos zu bauen. Die Prognosen der Flughafen München GmbH fielen in den letzten Jahren regelmäßig in sich zusammen. Die erste Prognose wurde um über 100.000 Flugbewegungen unterschritten. Wir werden heuer das Niveau des Jahres 2005 - das war der Beginn der Planungen - erreichen. Das heißt, wir haben bei den Flugbewegungen sieben Jahre lang insgesamt unter dem Strich Stagnation. Damit gibt es keine Planrechtfertigung für dieses Projekt.
Herr Kollege Huber, Sie sagen, man habe sich in der Vergangenheit geirrt; dazu nur Folgendes: Einer Ihrer Vorgänger im Amt des Wirtschaftsministers, nämlich Herr Wiesheu, hat im Jahre 2001 gesagt: Wir werden im Jahre 2010 deutlich über 40 Millionen Fluggäste haben. Es waren 10 Millionen weniger. Diesen Vorwurf kann ich also gerne zurückgeben.