Protokoll der Sitzung vom 04.07.2012

(Zurufe von der CSU und der FDP)

Ich habe es mit eigenen Worten ausgedrückt, aber sie hat quasi ihr Leben mit dieser Entscheidung verknüpft.

Ich möchte Sie fragen, ob die Staatsschulden Bayerns im Umfang von 33 Milliarden im Zusammenhang mit weiteren Risiken, sei es Ungarn oder seien es andere Papiere aus Übersee, die Rolle eines Musterknaben rechtfertigen.

Dritte Frage: Die Rolle der Bundesrepublik bei den 2,1 Billionen und einer bruttoinlandsproduktbezogenen Verschuldung von 82 % - ist das Musterknabenposition?

Letzte Frage: Ist Ihnen bewusst, dass auch derjenige, der den Euro aus der Taufe gehoben hat, der Gründer des Euro, Herr Waigel, mit Kohl gemeinsam den Beitritt Griechenlands ausdrücklich eingefordert hatte?

(Barbara Stamm (CSU): Das ist ja wohl eine Mär! - Staatsminister Martin Zeil: Ich darf antworten, Herr Präsident?)

Bitte sehr.

Danke schön. Darauf habe ich jetzt gewartet. - Lieber Kollege Roos, manchmal geht einiges an Begriffen bei Ihnen durcheinander. Ich bin jetzt nicht der Interpret der Kanzlerin in allen Fällen, aber ich weiß, dass sich ihre Äußerung, die ihre lebenslängliche politische Tätigkeit angeht - die hoffentlich in dem Amt, das sie jetzt bekleidet, zusammen mit einer starken schwarzgelben Koalition, noch sehr lange dauern wird -,

(Beifall bei der CSU - Zurufe von der SPD)

auf die Eurobonds bezog. Da kann ich ihr nur hundertprozentig zustimmen. Denn sie kämpft gegen Sie und Ihre sozialistischen Freunde, die diese Eurobonds schon längst eingeführt hätten.

(Lebhafter Beifall bei der CSU und der FDP - Ale- xander König (CSU): Jawohl! Jetzt sind wir da! Jetzt geht’s auf!)

Jetzt versuchen Sie auch noch die Landesbank, die wir heute schon abgehandelt haben, und den Schuldenstand des Freistaats Bayern in die Debatte einzuführen. Ich sage Ihnen: Die Bundesrepublik Deutsch

land ist gewiss kein Musterknabe, weil ja auch dank Ihrer Regierungszeit der jetzigen Bundesregierung ein Haufen Schulden überlassen worden ist - zum Teil auch aus verständlichen Gründen, für Konjunkturpakete und dergleichen.

(Beifall bei der CSU - Zurufe von der SPD)

Aber es gibt einen Musterknaben in Europa. Das ist der Freistaat Bayern,

(Beifall bei der CSU und der FDP)

weil wir nicht nur ausgeglichene Haushalte, und zwar echt ausgeglichene Haushalte haben, sondern weil wir als einziges Land in diesem Jahr eine Milliarde tilgen und im nächsten Haushalt eine Milliarde tilgen werden. Das ist ein Stabilitätssignal innerhalb eines Ozeans von lauter Schuldensündern.

(Beifall bei der CSU - Alexander König (CSU): Im Gegensatz zu Baden-Württemberg!)

Deswegen werden wir natürlich nicht in Abrede stellen, dass hier noch Probleme zu lösen sind. Wir haben ja gesagt: Wir wollen den Schuldenstand spätestens bis zum Jahr 2030 auf null setzen. Aber im Gegensatz zu vielen rot-grün regierten Bundesländern machen wir uns endlich auf den Weg und häufen eben nicht Schulden über Schulden, wie Sie das in anderen Ländern tun.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Insofern kann ich zu Ihren Fragen, Herr Kollege Roos, nur sagen: Wir haben als Freistaat Bayern und als Bayerische Staatsregierung eben auch aufgrund unserer eigenen Politik das Recht und die moralische Berechtigung, uns in diese Debatte mit wirklich hoher Kompetenz einzuschalten.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Vielen Dank; aber Sie sind noch nicht erlöst, Herr Staatsminister.

(Staatsminister Martin Zeil: Ich mache gerne wei- ter. Kollege Hallitzky hat von uns mehr Dynamik gefordert. Sie sehen, ich lebe das schon!)

Herr Dr. Bernhard und Herr Dr. Runge möchten noch Zwischenbemerkungen machen. Herr Dr. Bernhard, bitte.

Da ich mit dem Kollegen Roos nicht direkt kommunizieren kann, möchte ich Sie bitten, nachdem er mit Herrn Waigel ein wenig in geschichtliche Untiefen geglitten ist, ihm doch klarzumachen, dass die Griechen unter Rot-Grün, indem

man den sozialistischen Brüdern in Athen entgegengekommen ist, aufgenommen worden sind, dass Herr Eichel viele Gutachten missachtet hat und, ein Letztes, dass die CSU im Deutschen Bundestag und im Europäischen Parlament gegen die Aufnahme Griechenlands gestimmt hat.

(Lebhafter Beifall bei der CSU und der FDP - Bernhard Roos (SPD): Ich wüsste nicht, dass der Waigel dagegen war!)

Es ist immer gut, Herr Kollege Bernhard, wenn solche Debatten dazu dienen, die historische Wahrheit völlig ans Licht zu bringen. Ich will noch eines hinzufügen: Es ist jetzt auch aktenkundig geworden, dass man damals - übrigens nicht nur in Bezug auf Griechenland, aber da ganz besonders - ganz offensichtlich gar nicht so genau hinsehen wollte, sondern dass man Warnsignale, die vorhanden waren, offensichtlich geflissentlich übersehen hat. Es gab neulich diesen interessanten Bericht. Damals ist teilweise telefonisch, mit Zetteln an Eurostat, an die statistische Behörde, gemeldet worden, und dann hat man das gar nicht mehr geprüft.

(Dr. Thomas Beyer (SPD): Hypo-Alpe-Adria-Kauf! - Zuruf des Abgeordneten Bernhard Roos (SPD))

Das ist damals passiert, und daraus müssen wir jetzt auch die Lehren ziehen. Herr Eichel hat es ja zugegeben; aber das nützt uns jetzt nichts mehr. Den Schlamassel auslöffeln müssen jetzt wir.

Was ist jetzt?

Wenn das die Antwort war, dann dürfen Sie jetzt noch Herrn Dr. Runge auf seine Zwischenbemerkung antworten.

Aber gern.

Ihre brüllend vorgetragenen Attacken - das betrifft auch einige Ihrer Vorredner - verwundern schon etwas. Herr Kollege Bernhard, um dann auch in der Geschichte zu bleiben: Es war die Kanzlerin Merkel, die über Jahre mitgeholfen hat, die miserable Haushaltssituation Griechenlands zu verschleiern, weil sie ihren Parteikollegen helfen wollte.

(Widerspruch bei der CSU)

- Verzeihung. Das war so. Das sind Fakten. - Aber ich wende mich an den Minister.

Herr Minister, Sie werfen dem Kollegen der SPD vor, Begriffe durcheinanderzubringen. Sie machen das in Ihrem Beitrag ganz bewusst und wollen Nebelkerzen werfen. Sie haben gerade ausgeführt, ja, es gebe eine Protokollnotiz; Bayern habe darauf gedrängt, dass bei den gemeinschaftlich emittierten Anleihen sichergestellt sei, dass das emittierende Land dann aber auch im Außenverhältnis hafte. Das kann nur blühender Unfug sein; denn dann hätte diese Anleihe überhaupt keinen Sinn. Der Sinn dieser Deutschlandbonds - Sie haben auch die Eurobonds angesprochen - ist ja, dass ein Land mit schlechter Bonität von der besseren Bonität eines anderen profitiert.

Ich sehe diese Dinge auch kritisch. Deswegen habe ich sie auch thematisiert. Aber Frau Müller kann nicht auf der einen Seite sagen, die Staatsregierung stehe hinter jedem Punkt der Entschließung des Bundesrats, und Sie kommen dann mit der Argumentation: Alles Käsekuchen; in diesem Punkt zählt sie wiederum gar nicht; denn es gebe ja die Protokollnotiz, die der Freistaat Bayern erwirkt habe, und damit sei es hinfällig.

Ich kann gerne noch zitieren, was in der Entschließung steht. Aber wenn Sie dann sagen, Bayern stelle sicher, dass jedes emittierende Land im Außenverhältnis für sich hafte, dann ist doch die Geschichte gegessen, dann können Sie es auch wieder aus der Entschließung herausstreichen, bei der Frau Müller aber zu jedem Punkt steht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nein, Herr Dr. Runge, das ist auch kein Nebel. Wir lichten vielmehr den Nebel, den Sie vielleicht gerade verbreiten wollen.

Ich stelle Ihnen die Protokollerklärung gern zur Verfügung. Diese Protokollerklärung beruht auch im Zusammenhang mit der Entschließung des Bundesrats darauf, dass das Bundesfinanzministerium eine Erklärung abgegeben hat, die übrigens dann auch Grundlage dieser Vereinbarungen zum Fiskalpakt war, in der ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, dass ein Deutschlandbond in dem Sinne, dass die Haftung des einzelnen Landes aufgelöst würde, verfassungswidrig wäre. Deswegen haben wir dann gesagt: Wenn das so ist - wir haben keinen Zweifel an der Auskunft des Bundesfinanzministeriums -, dann wird im Zusammenhang mit unserer Klarstellung zur Protokollerklärung genau das daraus. Von den Ländern, die das besonders gefordert haben, ist übrigens auch bestätigt worden, dass auch sie wissen, dass es nur mit dieser Begrenzung geht.

Deswegen, glaube ich, ist da gar kein Nebel, sondern da ist Klarheit, so wie es die Kollegin Müller und auch ich jetzt noch einmal vorgetragen haben. Sie sehen also: Sie können der Bayerischen Staatsregierung vollständig vertrauen. Sie tut nichts, was -

(Lachen und Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und den FREIEN WÄHLERN)

Sie stimmt auch keinem Vorgang zu, der dem Freistaat Bayern und seiner Bevölkerung schadet. - Sie sind doch hoffentlich nicht intellektuell überfordert, wenn ich den Satz noch beende, bevor Sie lachen.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Danke schön, Herr Staatsminister.

Jetzt erteile ich Herrn Dr. Bernhard das Wort für eine persönliche Erklärung, aber mit dem Hinweis: das nur zur Abwehr von Vorwürfen gegen Ihre Person, nicht zur Sache. Und bitte vom Redepult aus. Bitte schön.

Herr Kollege Runge hat mich gerade in Verbindung gebracht mit der Behauptung, dass Angela Merkel die statistischen Verhältnisse Griechenlands verschleiert hätte. Dazu muss er wissen, dass Frau Merkel leider erst 2005 ins Amt gekommen ist

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Martin Runge (GRÜNE))