Protokoll der Sitzung vom 04.07.2012

In keinem anderen Land wird mit dem digitalen Funksystem alarmiert. In keinem anderen Land können die nichtstaatlichen Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben in das Konzept sofort aufgenommen werden. Das muss meiner Meinung nach berücksichtigt werden. Bei Ihrer Diskussion findet dies keinen Platz, verehrte Kolleginnen und Kollegen.

Ständig wird in den Mund genommen, dass die Kosten fortliefen. Überall wird verkündet - ich habe das gelesen -, dass es um 1,5 Milliarden Euro ginge. Das ist schlichtweg falsch. Wir hatten vom Bund die Zahl 750 Millionen Euro. Aufgrund der Konzeption, die ich gerade erklärt habe, haben wir im Jahr 2009 eine Abschätzung mit 920 Millionen Euro vorgelegt. Das ist der Basiswert. Davon ausgehend sind wir bei 1,07 Milliarden Euro. Wenn Sie das umrechnen - sofern Sie es können -, bedeutet das im investiven Bereich eine Steigerung um 5 % und bei den Unterhalts- und Betriebskosten um 8 %.

(Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER): 16 %!)

Wenn Sie das mit anderen Großprojekten vergleichen, sehen Sie: Wir sind hier nicht aus dem Rahmen. Wir sind zwar nicht glücklich, wir liegen aber noch im Rahmen. Sie sprechen von einem Fortlaufen der Kosten. Das ist schlichtweg falsch und eine unglaubliche Verleumdung. Das ist eine Beleidigung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

(Beifall bei der CSU und der FDP - Harald Güller (SPD): Es ist peinlich für die politische Leitung!)

- Lieber Herr Güller, die politische Leitung steht hier mit erhobenem Kopf.

(Margarete Bause (GRÜNE): Mit rotem Kopf!)

Herr Kollege Güller, wenn Sie die Lage richtig einschätzen wollten, würden Sie sich die Zeit nehmen und einen Vergleich zu allen anderen Bundesländern ziehen. Bayern ist das einzige Land, das die Nutzungskosten bis ins Jahr 2021 hochrechnet. In den Ländern, in denen Sie an der Spitze stehen, sind Ihnen die Kosten für die Zukunft vollkommen egal. Das sieht man an den Bilanzen der einzelnen Länder. Wir in Bayern haben eine ordentliche Sicht auf die Finanzen und rechnen deshalb hoch. Wir geben diese Kosten entsprechend an.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Sie sagen, wir wären viel zu spät dran. Ich sage es ein zweites Mal: Schauen Sie sich in anderen Län

dern um. Dort gibt es einen Rollout, einen Plan, mit dem dieses Projekt in der Bundesrepublik Deutschland ausgebreitet wird. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir hängen bei diesem Plan nicht einmal um einen Hauch nach. Sie haben behauptet, in München werde nicht flächendeckend gefunkt. Ich weiß nicht, wer Ihnen diesen Unsinn mitgeteilt hat. Wir funken in München, im Korridor bis zum Flughafen, flächendeckend. Unsere Aussage gilt: Wir steigen in den erweiterten Probebetrieb in Mittelfranken ein. Danach werden Oberbayern Nord und Unterfranken folgen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir werden Bayern komplett aufrollen.

(Beifall bei der CSU und der FDP - Lachen bei der SPD, den FREIEN WÄHLERN und den GRÜ- NEN)

Im Jahr 2014 werden wir im überwiegenden Teil Bayerns funkfähig sein. Es kann sein, dass es bis zum Jahr 2015 noch einige Nachläufer geben wird. Liebe Damen und Herren, Sie haben vorhin süffisant gesagt, dass Ihnen die topografische Situation Bayerns bekannt sei. Diese topografischen Herausforderungen führen natürlich zu einem großen Kostenproblem. Wir wollen uns deshalb Funkmast für Funkmast weiterentwickeln, sodass auf uns keine zusätzlichen Kosten zukommen.

(Harald Güller (SPD): Sind die Berge denn in den letzten 15 Jahren gewachsen?)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir werden bald mit dem digitalen Funksystem in Bayern eine Flächenabdeckung von 97 % haben. Das ist in keinem anderen Land gegeben. Das sollten Sie bei der Bewertung berücksichtigen. Wir sind im Hinblick auf den Kostenaufwand, auf die Investitionen und auf die Nutzung auf dem richtigen Weg.

Ein letztes Thema: Die Kommunen müssen bei der Kostenbeteiligung berücksichtigt werden. Ich glaube nicht, dass wir fairer mit den Kommunen umgehen können. Wir haben die kommunalen Spitzenverbände beim ersten Kompromiss beteiligt. Wir haben sie auch jetzt wieder beteiligt, inklusive der Fachorganisationen und der Kassen. Die kommunalen Spitzenverbände werden dieses Thema noch in ihren Gremien besprechen. Wir haben bis jetzt grünes Licht und keine Meldung, dass sie die Regelung nicht akzeptieren werden. Der Kompromiss wird also nicht angetastet. Wir übernehmen die Nutzungskosten bis zur integrierten Leitstelle. Diese Voraussetzungen können Sie in keinem anderen Bundesland finden. Mit dieser Abwicklung dieses gesamten Projekts sind wir im Hinblick auf die Kosten, im Hinblick auf die Termine und auch organisatorisch im Rahmen.

Ich möchte noch einen letzten Punkt ansprechen: Warum hat die CSU einen Antrag nachgezogen? Ganz einfach: In Ihrem Antrag werden Forderungen ausgesprochen, die schlichtweg falsch sind. Das gilt auch für den Antrag der FREIEN WÄHLER. Das war für uns der Grund, warum wir gesagt haben: Wir scheuen keinen Bericht im Ausschuss. Deshalb haben wir einen Antrag nachgereicht. Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Herr Kollege Pohl, Sie haben sich zuerst zu einer Intervention gemeldet. Bitte schön.

Herr Kollege Eck, vielen Dank für Ihre leidenschaftliche Rede. Zunächst stelle ich fest, dass die Kostensteigerung von 920 Millionen Euro auf 1,07 Milliarden Euro 16 % ausmacht. Frage an Sie: Bleibt es definitiv bei diesen 1,07 Milliarden Euro? Ist diese Zahl belastbar?

Mein zweiter Punkt ist eine Feststellung: Sie sagen, mit den Nachläufern wird es 2015, bis der Digitalfunk endgültig eingeführt sein wird. Ich stelle fest, dass bei Ihrem Versuch, Bayern aufzurollen, ein Schneckenrennen zwischen Ihrem Haus und dem Haus des Herrn Staatsministers Zeil darüber entbrennen wird, ob erst der Digitalfunk oder DSL und Breitband flächendeckend eingeführt werden.

(Zuruf von der CSU: So ein Unfug!)

Lieber Herr Kollege Pohl, das ändert nichts an der Kostensteigerung. Ich habe die Prozentzahl nicht addiert. Ich habe gesagt, dass es bei der Investition eine Steigerung um 5 % und bei den Betriebskosten eine Steigerung um 8 % geben wird. Bei der Organisation des Projektes habe ich inklusive unseres Anteils in Berlin die restlichen Prozent als 16 % bezeichnet. Ich habe nichts unter den Tisch fallen lassen.

Sie haben von einem Schneckenrennen gesprochen. Das grenzt wiederum fast an eine Unverschämtheit. Bevor Sie Bayern Vorwürfe machen, sehen Sie sich bitte an, wie dieses Projekt in anderen Ländern umgesetzt wird.

(Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER): Österreich!)

Wir sind, seit ich dabei bin, bei diesem Projekt im Umsetzungsplan. Sie dürfen deshalb die Menschen nicht verrückt machen und behaupten, dass wir hier hintendran seien. Herr Pohl, das stimmt nicht. Das ist schlicht und ergreifend falsch.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Eine weitere Zwischenbemerkung von Frau Kollegin Kamm.

Sehr geehrter Herr Staatssekretär, Sie sagen, wir wären exakt im Umsetzungsplan. Wie erklären Sie sich, dass uns schon mitgeteilt worden ist, dass die Umsetzung bis zum Jahr 2010 erfolgen soll? Das Jahr 2010 ist erkennbar vorbei. Sie haben bei diesem Projekt schon mehrere Zeitlinien gerissen.

Noch ärgerlicher ist die Art, wie Sie mit den Kosten umgehen. Leider waren Sie in der letzten Sitzung des Haushaltsausschusses nicht anwesend. Dort hat die Staatsregierung mitgeteilt, dass die Kostenmehrungen bei 16 % liegen. Sie haben uns vorher weiszumachen versucht, dass sie nur bei 5 % bei den Investitionen und bei 8 % bei den Betriebskosten lägen. Hier ist ganz klar von 16 % zu lesen.

Daher stelle ich die Frage: Ist die Projektverantwortung bei Ihnen, der sehr leichtfertig mit Zahlen umgeht, richtig aufgehoben? Ist es richtig, dass Sie Herrn Innenminister Herrmann im Verwaltungsrat der Landesbank vertreten?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Liebe Frau Kollegin Kamm, Letztes zuerst: Wenn ein Minister verhindert ist, vertritt ihn der Staatssekretär. So einfach ist das.

(Beifall bei der CSU)

Ich wiederhole es gerne wieder, auch wenn Sie es noch so oft sagen. Die Steigerung der Investitionskosten beträgt 5 %. Die anderen Länder geben die Betriebskosten nirgendwo an. Die lassen das einfach laufen. Sehen Sie sich die Kosten derjenigen Länder an, in denen Sie die Regierungsverantwortung tragen.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Wir rechnen bis zum Jahre 2021 hoch. Wenn man uns das vorwirft, ist das eben so. Ich kann das nicht verstehen. Ich meine, wir gehen auf jeden Fall den richtigen Weg.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Deshalb lasse ich mir diese Zahl nicht nehmen.

Ich weiß nicht, wo Sie das Jahr 2010 hernehmen. Die Staatsregierung hat niemals gesagt, dass dieses Projekt im Jahre 2010 abgeschlossen werden soll.

Das ist von mir niemals geäußert worden, liebe Frau Kamm. Die Konzepte waren noch nicht fertiggestellt. Ich weiß nicht, wo Sie das herhaben. Haben Sie das in der Zeitung gelesen?

(Christine Kamm (GRÜNE): Schauen Sie einfach in die Landtagsdrucksachen! - Unruhe)

Frau Kollegin SchmittBussinger bitte.

Sehr geehrter Herr Staatssekretär, Ihr Rundumschlag zeigt mir, dass Sie überhaupt nicht verstanden haben, worum es uns ernsthaft in dieser Sache geht. Gerade habe ich schon versucht, dies Herrn Kollegen Ländner zu entlocken. Wenn Sie unsere Kritik nicht ernst nehmen, dann vielleicht die Kritik des Bayerischen Obersten Rechnungshofes. Ich zitiere aus einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung": Die ständigen Verzögerungen, so die Kritik des Obersten Bayerischen Rechnungshofes, treiben die Kosten in die Höhe. - Sie stören sich auch daran, dass die Projektgruppe im Innenministerium nicht nur einzelne Aufträge, sondern ganze Aufgaben an Externe überträgt. Das Controlling wurde beispielsweise ausgelagert. Zudem verlangen die Prüfer des Rechnungshofes auch einen Zwischenbericht. Das Innenministerium soll die Kosten häufiger überprüfen, um einen Überblick zu erhalten.

Zu diesen Kritikpunkten haben Sie nichts gesagt. Die Kritik des Bayerischen Obersten Rechnungshofes ließe eine andere Stellungnahme, als die, die Sie jetzt abgegeben haben, erwarten.

(Beifall bei der SPD)

Das ist wie im richtigen Leben. Führt der Staat mit eigenem Personal die Verwaltungsarbeiten aus, wird kritisiert, dass die freie Wirtschaft dies alles billiger und schneller macht. Vergibt der Freistaat Bayern, wie in diesem Fall, die Arbeit an Außenstehende, wird kritisiert, dass das falsch gemacht wird.

(Beifall bei der CSU)

Überprüft der Freistaat selber, wird uns vorgeworfen, wir deckten alles zu. Prüfen Auswärtige, ist dies wieder falsch. Was ist letztlich eigentlich richtig?

Liebe Frau Kollegin Schmitt-Bussinger, ich möchte ein weiteres Beispiel nennen. Ich habe im Interview mit der "Süddeutsche Zeitung" auf die Frage, was wir gedenken, mit den Anregungen des Rechnungshofes zu tun, gesagt: Selbstverständlich nehmen wir die Anregungen des Rechnungshofes ernst. Selbstverständlich befassen wir uns mit diesem Thema.

(Helga Schmitt-Bussinger (SPD): Sie sagen aber nichts dazu!)