Protokoll der Sitzung vom 04.07.2012

Sie nennen immer diesen Slogan, der heißt: eine Sozialcharta muss her. Neuerdings heißt sie "Sozialcharta plus".

Herr Pschierer, stellen Sie sich doch bitte an dieses Redepult und erklären uns endlich, wie Sie rechtlich verbindlich in einem Bieterverfahren - statt auf ein Stück Papier die Überschrift "Sozialcharta plus" zu schreiben - auch für die Mieterinnen und Mieter durchsetzen können, dass sie danach geschützt sind. Das ist die Frage der Stunde.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Jetzt geht es nicht um Vorwürfe gegen Kommunen, nicht um Vorwürfe gegen die Opposition, sondern um Antworten der Staatsregierung. Die bleiben Sie an dieser Stelle schuldig.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Letzter Punkt. Es gibt einen Streit, ob sich der Freistaat Bayern an diesem Verfahren beteiligen darf. Herr Söder hat gesagt, das darf der Freistaat nicht. Ich sagte mehrfach: Das ist eine Lüge, das hat die Europäische Union, das hat die Kommission nicht gesagt! Ich habe Herrn Söder mehrfach aufgefordert, uns jetzt endlich die Dokumente vorzulegen, die es laut EU verbieten, dass sich der Freistaat am Bieterverfahren beteiligt. Dies ist bis heute nicht geschehen.

(Widerspruch bei der CSU)

Deswegen an dieser Stelle noch einmal: Erklären Sie uns: Hat Herr Minister Söder die Öffentlichkeit in einer Presseerklärung angelogen, oder legen Sie jetzt die Dokumente vor?

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der GRÜ- NEN)

Danke schön, Herr Güller. Für die FREIEN WÄHLER bitte ich Herrn Pohl ans Redepult.

(Unruhe)

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Staatssekretär, es ist sehr interessant: Sie haben Ihre Sprache wiedergefunden, nachdem Sie im Jahre 2009 zum Thema Landesbank in

Ihrer Fraktion einigermaßen sprachlos waren. Ich freue mich für Sie, dass Sie Ihre Sprache wiedergefunden haben.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Aber, Herr Staatssekretär, Sie haben etwas anderes gesagt, und das macht mich jetzt sprachlos. Sie haben gesagt: Gemach, gemach, die Haftungsfrage brauchen wir jetzt nicht zu entscheiden; erst entpolitisieren wir den Verwaltungsrat, und dann regeln wir die Haftung. Das heißt nichts anderes, als dass der barmherzige Mantel der Haftungsprivilegierung gelten soll, solange Mitglieder der Bayerischen Staatsregierung in diesem Verwaltungsrat sind. Wenn aber ganz normale Menschen in diesem Verwaltungsrat sitzen, dann geht es so zu wie draußen: Dann wird für Vorsatz und jede Fahrlässigkeit gehaftet. Diese Politikerprivilegien lehnen wir ab.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der SPD)

Vielen Dank, Herr Pohl. - Als Nächsten bitte ich Herrn Weidenbusch für die CSU ans Pult.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Aus meiner Sicht ist die wichtigste Frage im Zusammenhang mit der Landesbank, nachdem wir vor einer Einigung stehen, tatsächlich der Umgang im Hinblick auf die GBW AG.

Der Haushaltsausschuss behandelt morgen als Nachtragstagesordnungspunkt den Bericht zum Handshake. Deshalb, Herr Güller, werden Sie morgen im Einzelnen die Vereinbarungen und Vorgaben der EU erfahren, was die GBW AG betrifft, und - davon gehe ich aus - Sie werden auch hören, was die EU zum Thema Eigenerwerb durch den Freistaat Bayern äußert. Dann dürfen Sie und die Öffentlichkeit beurteilen, ob Markus Söder mit der Pressemitteilung recht gehabt hat. Ich denke, wir haben diese 18 Stunden Geduld.

Im Interesse der Mieter werden Sie morgen auch hören, dass die EU zustimmt, dass wir über die Sozialcharta, wie sie jetzt ist, hinaus in der Ausschreibung Bedingungen definieren. Dies wird bedeuten, dass es keine Mieterhöhungen geben soll. Wir werden versuchen, unterzubringen, dass ein lebenslängliches Wohnrecht bleibt, dass der Käufer fünf Jahre im Verband bleiben muss, dass Mieterhöhungen höchstens in Höhe von 1,5 % im Jahr zulässig sind - und dies auch nur bis zur Höhe des Mietspiegels - sowie Abschläge vom Mietpreis pro Quadratmeter für jedes Kind unter 18 Jahren, solange dies an der Obergrenze des Mietspiegels möglich ist.

Außerdem werden wir einen ganzen Katalog zum Mieterschutz unterbringen, und dann sind Sie aufgefordert, auch selbst Vorschläge zu machen, was Sie in der Ausschreibung als Sozialcharta unterbringen wollen. Dann müssen wir miteinander, wenn wir die Interessen der Menschen bzw. der Mieter vertreten wollen, diskutieren, was geht, und miteinander bei der EU auftreten, um dies durchzusetzen.

Es ist mir ein Stück weit wurscht, wenn hier parteipolitische Auseinandersetzungen zum Thema Landesbank, Schuld, Haftung usw. stattfinden. Doch es gibt eine Stelle, da ärgert es mich, und ich bitte Sie, dass wir das aus der öffentlichen Auseinandersetzung mit kleinlichen Vorwürfen herausnehmen und lieber miteinander besprechen und regeln: Das ist die Frage des Mieterschutzes bei der GBW AG. Das betrifft zigtausend Menschen. Lassen Sie uns das tun! Ich biete Ihnen auch an: Rufen Sie mich an, und wir können über alles diskutieren. Aber das Thema eignet sich nicht für eine Auseinandersetzung, weder auf der einen noch auf der anderen Seite.

(Beifall bei der CSU)

Danke, Herr Weidenbusch. - Als Nächster hat Herr Hallitzky für das BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort, danach Herr Staatssekretär Pschierer.

Mein Aufregungspotenzial habe ich eben bei der Zwischenbemerkung des Kollegen Klein verbraucht. Vielleicht ganz kurz - erstens -: Die Kommunen, Kollege Weidenbusch, können zum Teil überhaupt kein Konsortium bilden, da manche Kommunen dazu finanziell gar nicht in der Lage sind, schon gar nicht in einer Situation, in der unstrittig ist, dass Herr Söder eine maximale Preisvorstellung hat.

Wenn man eine maximale Preisvorstellung hat - das muss man ihm auch vorwerfen -, dann ist die soziale und wohnungspolitische Verantwortung, die nicht nur die Kommunen, sondern auch der Freistaat unmittelbar haben und die sie auch in anderen Fällen wahrnehmen, Herrn Söder offensichtlich wurscht, weil es ihm darum geht, möglichst viel Geld für den nächsten Wahlkampf zu haben.

Das Zweite: Bei diesem Preisniveau konnten die Kommunen gar nicht mitgehen. Deswegen gibt es auch überhaupt keine Alternative dazu, dass man die Standards in Einzelmietverträge einfügt. Doch dazu kommt von Ihnen nur Weigerung.

Das Dritte ist das Thema diskriminierungsfreie Ausschreibung. Wir können nicht überprüfen, was zwischen Söder und der EU im Einzelnen verhandelt wurde. Wir wissen nur, dass zu dem Zeitpunkt, als wir

mit der EU gesprochen haben, bei der EU nicht die Rede davon war. Im Gegenteil, uns wurde klar gesagt: Nein, das ist nicht zwingend. In dieser Gemengelage - ich habe noch eine Minute und 45 Sekunden, Kollege Schmid, wenn Sie gerade auf die Uhr schauen - können wir das nicht überprüfen. Es spricht auch wenig dagegen, dass Herr Söder wegen seiner Geldinteressen durchaus öffentlich ausschreiben will und dass er dies der EU etwa so gesagt hat: Der EU und Ihnen, dem Wettbewerbskommissar Almunia, ist es doch auch ganz recht, wenn wir das diskriminierungsfrei ausschreiben; können Sie uns das dann nicht hineinschreiben?

Wir stecken dann nicht drin, was zwischen EU und Finanzminister verhandelt wird. Wir können nicht hineinschauen. Und das ist das Problem, das wir bei der Landesbank die ganze Zeit haben. Sie haben den Karren massiv in den Dreck gefahren, und das Wesentliche, das Sie tun, ist, zu verhindern, dass irgendwer von der Opposition genau hineinschauen kann, was passiert. Ich habe eben in meiner Rede dazu einige Beispiele genannt. Die GBW ist wieder ein Beispiel dafür mit der Behauptung, dass der diskriminierungsfreie Verkauf ganz originär von der EU ausging. Sie haben den Karren in den Dreck gefahren, wir wollen ihn herausziehen und Sie verhindern das. Das ist die Realität, die wir heute haben.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD - Wider- spruch bei der CSU)

Deshalb ist das, was Sie hier inszenieren, auch in Sachen GBW, wo es 90.000 Betroffene gibt, nicht okay. Es ist nicht okay, wenn Sie sagen: Lasst uns doch in Ruhe darüber reden; die Leute warten seit zwei Jahren auf eine Lösung!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Seit zwei Jahren sagen wir, wie eine Lösung aussieht. Seit zwei Jahren tanzen Sie uns auf dem kleinen Karo, und seit zwei Jahren sind die Menschen die Gelackmeierten. Das ist die Realität.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Deswegen sind beide Gesetzentwürfe, die wir eben vorgelegt haben, begründet, und deshalb sollten Sie über Ihren Schatten springen und endlich auch einmal zustimmen, wenn die Opposition etwas macht, das viel besser ist als das, was Sie seit Jahren mit der Landesbank inszenieren.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Danke, Herr Kollege Hallitzky. - Nun bitte Herr Staatssekretär

Pschierer. Die Redezeit der Staatsregierung eröffnet neue Möglichkeiten für die Fraktionen.

Diese Chance werden sie nicht bekommen. Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kollege Hallitzky, nur ganz kurz wenige Anmerkungen:

Erstens. Die EU-Kommission will ein Bieterverfahren. Das ist Politik der EU-Kommission in allen Bereichen. Es geht um Wettbewerb; es ist der Wettbewerbskommissar. Das ist das Selbstverständlichste, meine Damen und Herren.

Zweitens. Es wurde von Ihnen, Herr Güller, die Frage gestellt: Wo wird das geregelt? - Natürlich im Kaufvertrag. Die Sozialstandards der GBW Plus werden Bestandteil des Kaufvertrages, und sie werden auch durch Vertragsstrafen abgesichert.

(Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER): Die wollen wir sehen!)

Das Ganze ist konditioniert. Erwecken Sie deshalb doch keinen falschen Eindruck.

Herr Kollege Hallitzky, wenn Sie sagen, es gebe Kommunen, die nicht in der Lage seien, die Wohnungen zu erwerben, dann stimme ich Ihnen zum Teil zu. Aber den größten Wohnungsbestand haben wir doch nicht in Wunsiedel oben, sondern den haben wir in der reichen Landeshauptstadt München, und diese hätte durchaus die Möglichkeit gehabt.

(Beifall bei der CSU - Widerspruch bei der SPD und den GRÜNEN)

Entschuldigung, Herr Pschierer!

(Staatssekretär Pschierer geht zurück an seinen Platz)

Herr Staatssekretär, es gibt noch eine Zwischenbemerkung von Herrn Dr. Dürr. Bitte.

(Zurufe von der CSU)

- Ja, das schaffen wir jetzt schon noch alle. Bitte, Herr Dr. Dürr.