Protokoll der Sitzung vom 17.10.2012

Aber die FDP hat eine klare Linie. Wir sind für die Abschaffung der Praxisgebühr. Diese Auffassung habe ich nie geändert. Ich habe es schon vor zweieinhalb Jahren auf die Agenda gesetzt und wir bleiben auch bei diesem Weg. Damit sollen die Bürger entlastet werden, damit jeder spürt, dass er zu viel Krankenkassenbeitrag zahlt.

(Beifall bei der FDP)

Richtig, wunderbar! Es wäre schön, wenn wir heute diesbezüglich ein eindeutiges Votum aus dem Hohen Hause nach Berlin schicken könnten. Herr Kollege Bertermann, bezüglich der WHO-Studie muss ich Sie ein bisschen korrigieren. In der WHO-Studie von 2004 wurde festgestellt, dass der Kautabak und der Schnupftabak nicht in dem Maße krebserregend seien. Von gesundheitsschädlich war nie die Rede. Deshalb hat die Tabakindustrie auch den Aufkleber "krebserregend" austauschen müssen gegen "gesundheitsgefährdend". Das finden Sie nach wie vor auf jeder Schnupftabakdose von heute.

(Beifall bei der SPD)

Danke, Frau Kollegin Dittmar. Für die FREIEN WÄHLER bitte ich Herrn Dr. Vetter an das Mikrofon.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Otto Bertermann, höre mir mal zu. Ein leichtes Schmunzeln hatte

ich jetzt im Gesicht. Die FDP entdeckt die bayerische Tradition. Sensationell!

(Martin Zeil (FDP): Wir sind eine Traditionspartei!)

Was tut man nicht alles im Wahlkampf. Man probiert’s mit allen Tricks. Aber ein Hinweis von mir: Wissen Sie, liebe Leute von der FDP, dass man sich am schwarzen Pulver auch verschlucken kann? Ich glaube, Ihr habt das in den letzten vier Jahren das eine oder andere Mal auch mitgemacht.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN - Zurufe von der FDP: Nein, nein!)

Nun ernsthaft! Die Tabakproduktionsrichtlinie von 2002 hatte ein begrüßenswertes Ziel, nämlich den Gesundheitsschutz. Dabei wurden auch Belange zwischen Gesundheitsschutz und dem freien Wettbewerb abgewogen. Dass jetzt eine Überarbeitung in der EU kommt, damit kann man leben. Ab und zu muss immer wieder einmal etwas aktualisiert werden.

Aktuell ist es tatsächlich so - Otto Hünnerkopf und Sabine Dittmar haben darauf hingewiesen -, dass die EU nach mir jetzt vorliegenden Informationen vom Verbot rauchloser Tabakproduktion absehen will. Das scheint überholt zu sein. Es heißt ganz speziell: Es besteht keine Absicht, traditionelle Formen des Tabakkonsums zu verbieten.

Was kommen wird, sind vermehrte Warnhinweise ähnlich wie auf den Zigarettenschachteln. Trotzdem glaube ich - deshalb unterstützen wir FREIEN WÄHLER diesen Antrag -, dass jetzt der richtige Zeitpunkt ist, um auf Bundes- und Europaebene einmal auf die bayerischen Interessen hinzuweisen.

(Tobias Thalhammer (FDP): So ist es!)

Das ist überhaupt keine Frage. Schnupfen hat in Bayern eine lange Tradition. Dazu eine interessante Zahl. Jede zweite Dose des Schnupftabaks stammt offensichtlich aus Bayern. Ich war selbst überrascht, als ich das gelesen habe. Also: Wir werden dem Antrag zustimmen.

(Eberhard Sinner (CSU): Aus Ostfriesland stammen diese Dosen nicht!)

- Das ist richtig, aus Ostfriesland stammen die Dosen nicht. Auch die FREIEN WÄHLER halten das Verbot von Schnupftabak nicht für erforderlich. Allerdings muss ich dazu doch auch noch etwas sagen: Natürlich sind Schnupf- und Kautabak gesundheitsschädlich. Ich kenne selbst jemanden aus meinem Bekanntenkreis, der vom Schnupftabak abhängig ist. Es gibt

also keine Frage: Gesund ist Schnupftabak nicht. Aber er stört insoweit niemanden, denn es ist nicht vergleichbar mit dem Passivrauchen bei Zigaretten. Und das ist für mich das entscheidende Argument.

Ein weiterer Gesichtspunkt zum Antrag: Wir FREIEN WÄHLER wollen, dass Brüssel endlich aufhört, sich mit unsinnigen Vorschlägen in unser tägliches Leben einzumischen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Das ist ein ganz wichtiger Punkt.

Und jetzt sage ich es noch einmal spaßeshalber: Bevor die Menschen von der EU-Kommission und von der EU generell die Nase voll haben, sollen sie die Nase lieber von Schnupftabak voll haben. Allerdings hat auch diese Aussage einen ernsthaften Hintergrund. Denn wenn sich die EU zu sehr ins Alltagsleben einmischt, wird sie bei den wirklich wichtigen Dingen nicht mehr ernst genommen. Diese Richtlinie, aus diesem Blickwinkel Tabak zu verbieten, ist nicht sinnvoll.

(Zuruf des Abgeordneten Eberhard Sinner (CSU))

Also: Kirche im Dorf lassen, sonst wird die EU bei wichtigen Dingen unglaubwürdig.

(Tobias Thalhammer (FDP): In Bayern ist die Kirche immer im Dorf!)

Ich komme zum Schluss.

(Zuruf des Abgeordneten Tobias Thalhammer (FDP))

- Ich habe Sie akustisch nicht verstanden.

(Tobias Thalhammer (FDP): Vielleicht auch inhaltlich nicht!)

Ich komme zum Schluss. Ich will nicht zu lange reden. Liebe FDP, es ist ein netter Versuch von euch, jetzt auch an den Stammtischen zu punkten. In Bayern allerdings haben am Stammtisch die FREIEN WÄHLER die Hoheit,

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN - Lachen bei der CSU)

und wenn es nach den FREIEN WÄHLERN geht, soll weiter jeder nach seiner Fasson selig werden.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN - Zuruf der Abgeordneten Reserl Sem (CSU))

Bleiben Sie bitte, Herr Kollege. Es kommt eine Zwischenbemerkung des Kollegen Thalhammer.

Lieber geschätzter Kollege von - ich hätte fast gesagt von der Bayernpartei den FREIEN WÄHLERN! Wenn Sie für sich in Anspruch nehmen, die Hoheit über die Stammtische zu haben, dann möchte ich schon an ein anderes Tabakprodukt erinnern. Es waren die FREIEN WÄHLER, die vor der Landtagswahl klar und deutlich ihre Stimme gegen das Rauchverbot erhoben haben. Später kam es im Hohen Haus zum Schwur und da haben Sie Ihre eigene Absicht von vor der Wahl und damit viele Tausend bayerische Stammtische im Stich gelassen.

(Beifall bei der FDP - Zurufe von den FREIEN WÄHLERN: Oh!)

Das gehört auch zur Wahrheit. Die einzigen die dazu gestanden haben, waren die Kollegen der FDP.

(Beifall bei der FDP)

Herr Dr. Vetter hat das Wort.

Dann gibt es noch eine Möglichkeit, und darauf warte ich jetzt: Die FDP beantragt erneut ein bayerisches Rauchverbot. Habe ich Sie da richtig verstanden?

(Tobias Thalhammer (FDP): Nein!)

Das wäre hervorragend. Das wäre ganz, ganz toll. Im Gegensatz zur FDP, die seit Jahren und Jahrzehnten - ich beobachte das sehr wohl - eine neoliberale Linie in allen Dingen verfolgt, sind wir FREIEN WÄHLER lernfähig. Egal, ob Sie sich das vorstellen können oder nicht.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN - Tobias Thalhammer (FDP): Sie kommen mit Ideologien an, die nicht stimmen, weil Sie keine Argumente haben.)

Vielen herzlichen Dank, Herr Dr. Vetter. Für das BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bitte ich Herrn Dr. Runge ans Mikrofon.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Ein fulminanter, ein eminent wichtiger und bedeutender Antrag! Deshalb hat die FDP diesen Antrag auch zu Ihrem ersten Antrag gemacht und dies zu einem Termin, an dem Sie Ihren allerersten Antrag stellen darf. Glückwunsch! Sie haben damit ein Problem aufgegriffen, welches alle

Bayern und auch die Franken und Fränkinnen bewegt. Dabei muss ich gestehen, Herr Dr. Bertermann, dass wir von Ihnen einen ganz anderen Antrag erwartet hätten. Wir hätten erwartet, dass die FDP zur Freude und Erbauung ihres Koalitionspartners die Thematik Wirrwarr um den Tankstellenverkauf bemühen würde.

(Beifall bei den GRÜNEN - Tobias Thalhammer (FDP): Wir haben eben eine große Themenvielfalt!)

Immerhin geht es in Ihrem heutigen Antrag auch um einen Artikel aus dem Sortiment, welches Tankstellen auch nach den allgemeinen Ladenöffnungszeiten als Genussmittel, in kleineren Mengen zum sogenannten Reisebedarf gehörend, verkaufen dürfen.

Nun haben Sie konzediert, dass Ihr Antrag weitgehend auf Hörensagen basiert. Der Richtlinienentwurf liegt nicht vor. Tabakproduktrichtlinie heißt er. Teilinhalte sind skizziert worden: Noch mehr Warnungen bei Zigaretten, eine einheitliche Schachtelgröße, Verbot von Nicht-Rauch-Tabakprodukten. Und dann haben Sie auch noch die Zusatzstoffe angesprochen. Damit wäre die von uns so sehr geschätzte Gletscherbrise gleich doppelt betroffen gewesen. Dabei muss man auch klar sagen - da hätten Sie uns doch noch die Freude mit den Tankstellen machen können -, dass vor ein paar Tagen zu hören und zu lesen war, dass Traditionsprodukte definitiv ausgenommen werden sollen.

Also im Grunde Entwarnung. Das heißt wiederum: Manfred Weber kann sich dann auch seinen Besuch beim gewesenen Gesundheitskommissar Dalli sparen. Der hat sich bekanntermaßen gestern vom Acker gemacht.

Es ist kein Schaden, dem FDP-Antrag zuzustimmen. Wobei es für mich schon interessant ist, Herr Kollege Dr. Bertermann, dass die FDP jetzt auf einmal die Gesundheitsgefährdung durch Rauchen zu erkennen scheint. Sie haben vorhin von einer klaren Linie gesprochen. Diese Linie ist vielleicht bei Ihnen klar. Aber wie die Zwischenbemerkung gerade bewiesen hat, scheint sie bei der FDP alles andere als klar zu sein.