Deshalb ist es richtig, dass auch an dieser Stelle den Bürgerinnen und Bürgern klar gesagt wird: Alle Leistungsträger, die Sie durch die Abschaffung der Studienbeiträge − angeblich! − entlasten wollen, bitten Sie nachher viel mehr zur Kasse, als wir es mit den Studienbeiträgen tun.
Sie bitten übrigens auch Menschen zur Kasse, die überhaupt kein Studium aufnehmen. Das ist der Unterschied zwischen Ihnen und uns.
Ihre finanzpolitische Philosophie heißt: abkassieren! Das werden wir auch in den kommenden Diskussionen verdeutlichen.
Herr Kollege Dr. Piazolo, was mich bei Ihnen, den FREIEN WÄHLERN, erschreckt, ist Ihr eigentümliches Verständnis von Koalitionsverträgen. Beim letzten Mal haben Sie den Kollegen der CSU noch geraten, sich nicht an den Koalitionsvertrag zu halten; angeblich gebe es so viele verfassungsrechtliche Bedenken. Heute haben Sie uns geraten, dass wir uns auf den Koalitionsvertrag verlassen und ihn einhalten. Sie müssen sich schon entscheiden. Es ist wichtig, auch für die Kollegen von GRÜNEN und SPD, dass Sie ihren Redebeitrag von damals noch einmal anschauen, damit Klarheit herrscht, was für Sie ein Koalitionsvertrag im Zweifel bedeutet.
Es gibt in Bayern zwei bzw. zweieinhalb Wege, auf denen ein Gesetz entstehen kann: auf Initiative der Staatsregierung, auf Initiative des Bayerischen Landtags − wenn dieser ein Gesetz verabschiedet, wird es im Gesetz- und Verordnungsblatt veröffentlicht − oder durch Volksbegehren und Volksentscheid. Sie haben den letztgenannten Weg beschritten. Nun gehen Sie ihn doch konsequent bis zum Ende und fordern Sie nicht ständig, dass wir hier im Landtag das Gesetz ändern.
(Volkmar Halbleib (SPD): Werden Sie doch Ihren Ärger über die CSU nicht immer bei uns los! Weitere Zurufe von der SPD − Glocke des Präsidenten)
- Geschätzter Kollege Halbleib, ich habe überhaupt keinen Ärger über den Herrn Ministerpräsidenten Horst Seehofer.
- Wir befinden uns in einer Diskussion. Die Koalition wird das Thema, wie vereinbart, im Januar wieder auf
die Tagesordnung nehmen. Sie sind frei, es jede Woche im Landtag auf die Tagesordnung zu setzen. Aber es gibt nichts Neues zu vermelden.
Danke schön, Herr Kollege. − Als Nächster hat Kollege Dr. Christoph Rabenstein von der SPD das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Diese Debatte ist bezeichnend für den Zustand der Koalition, aber auch für die Diskussionskultur in diesem Saal. Dem sonst so eloquenten Oliver Jörg fehlen die Argumente. Er stellt sich hier hin und sagt, er könne nichts mehr dazu sagen. Dann verlässt er für zehn Minuten den Raum. Ihn interessiert die Debatte auch nicht mehr. Herr Jörg, wenn ich in Ihrer Situation wäre und so einen Ministerpräsidenten hätte, würde ich es genauso machen. Sie können doch gar nicht mehr anders argumentieren. Wenn Sie sich heute für die nachlaufenden Studiengebühren einsetzen würden, müssten Sie morgen wieder etwas anderes sagen. Da Ihnen die Argumente ausgehen, wissen Sie nicht mehr, was Sie sagen sollen, und verlassen den Raum.
Wir haben immer gesagt, dass wir die Studiengebühren abschaffen wollen, weil sie sozial ungerecht sind. Ich möchte auf die Argumentation nicht weiter eingehen. Da ich aber auf der Zuschauertribüne zahlreiche junge Menschen sehe, von denen viele sicherlich aus Bayern kommen, frage ich sie − ich kann sie nur rhetorisch fragen −: Ist es gerecht, wenn die Studierenden bei uns in Bayern, obwohl wir ein reiches Land sind, Studiengebühren zahlen müssen, in allen anderen Bundesländern − auch Niedersachsen wird die Studiengebühren bald streichen − dagegen nicht? Es kommt hinzu, dass Bayern in diese Länder noch Geld transferiert. Ist es also gerecht, dass bei uns Studiengebühren erhoben werden?
klaren Kurs, wir haben eine klare Linie. Auch die CSU folgt einem Kurs − allerdings einem Schlingelkurs.
- "Schlingelkurs" heißt das. Ich möchte kurz Herrn Bernd Weiß zitieren. Er ist schon einmal als Abgeordneter und auch als ehemaliger Staatssekretär zur Linie der CSU befragt worden. Er sagt − ich zitiere wörtlich − aufgepasst, vielleicht hat es der eine oder andere ja noch nicht gelesen! -:
Bei Seehofer gibt es gar keine Linie. Heute so, morgen so. Das ist wie ein großer schwerfälliger Sattelzug, wo einer vorne am Führerbock das Lenkrad hin- und herreißt und der Anhänger hinten immer mehr ausbricht, herumschlingert, sich aufschaukelt.
Genau diese Situation haben wir in der CSU. Herr Seehofer trägt im Moment einen Nasenring, und an diesem Nasenring hält ihn die FDP. Die FDP führt ihn durch den Ring,
und einige Abgeordnete laufen dem Herrn Seehofer noch hinterher. Andere wie Herr Jörg sagen allerdings, wir laufen ihm nicht mehr hinterher, wir verlassen das sinkende Schiff.
Lassen Sie mich noch ein paar Worte zu den nachlaufenden Studiengebühren sagen. Dieses Modell hat mehr oder weniger die FDP erfunden. Auch dieses Modell ist meiner Ansicht nach nicht gerecht; denn gerade in einer Phase, in der die fertigen Studenten eine Familie gründen wollen, werden sie zur Kasse gebeten. Diejenigen, denen es gut geht, können diese Gebühren mit einem Schlag zurückzahlen und sind damit ihre Schulden los. Andere aber müssen diese Schulden über Jahre oder Jahrzehnte abtragen. Das ist nicht gerecht.
Übrigens kommt dieser Kurs an den Hochschulen nicht gut an. Wir haben in dieser Woche ein Gespräch mit fünf Präsidenten geführt. Sie sind entsetzt über das, was in dieser Koalition zu den Studiengebühren im Moment abläuft, und sie sind total verunsichert. Es gibt an den Universitäten über 1.900 Dozenten, die über die Studiengebühren finanziert werden. Auch das ist nicht gut.
Das möchte ich ganz deutlich sagen. Es ist nicht gut! Sie sind auch verunsichert, weil sie nicht wissen, wie es weitergehen soll. Das führt dazu, dass sowohl die Professoren als auch die Universitätsleitungen fordern: Weg mit diesem Kurs, weg mit den Studiengebühren!
Ich bin sicher, wenn wir im September nächsten Jahres die Regierung übernehmen, wird klar Schiff gemacht, und wir werden die Studiengebühren in Bayern als dem letzten Bundesland, das solche noch hat, abschaffen.
Danke schön, Herr Kollege. Nur eine Bemerkung. Es ist parlamentarisch unüblich, dass der Redner das Wort an die Besucher richtet.
Bevor ich das Wort nun dem letzten Redner erteile, darf ich auf der Ehrentribüne Gäste aus dem Fürstentum Liechtenstein willkommen heißen.
Im Namen des Hohen Hauses darf ich den Regierungschef des Fürstentums Liechtenstein, Herrn Dr. Klaus Tschütscher, und seine Delegation begrüßen. Ebenso herzlich heiße ich den Botschafter des Fürstentums Liechtenstein in der Bundesrepublik Deutschland, Seine Exzellenz Prinz Stefan von und zu Liechtenstein, willkommen.
Die Delegation besucht auf Einladung der Kollegen Oliver Jörg und Professor Dr. Georg Barfuß das Hohe Haus. Ich wünsche Ihnen einen interessanten Aufenthalt und gute Gespräche hier im Bayerischen Landtag.
Nun hat als letzter Redner Herr Staatsminister Dr. Wolfgang Heubisch das Wort. Bitte schön, Herr Staatsminister.
Verehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr verehrte Damen und Herren! So richtig greift das Ganze nicht mehr. Wenn ich die Redezeiten so betrachte, merke ich, dass die