Ich brauche mich da auch nicht auf parteipolitische Formulierungen zu konzentrieren. Ich darf vielmehr Herrn Walter Groß, den Vorsitzenden des Bayerischen Richtervereins, zitieren, der justament seinerseits und das muss gerade unserer Justizministerin im Ohr klingen - den preußischen Justizminister Adolph Leonhardt zitierte. Der sagte im Jahr 1867: "Solange ich über Beförderungen bestimme, bin ich gerne bereit, den Richtern ihre sogenannte Unabhängigkeit zu konzedieren." Offensichtlich sieht es hier im Jahr 2012 genauso aus. Ein Koalitionsausschuss, der über die Besetzung der vakanten Stellen berät, bindet die Ministerin, den Minister an die Entscheidung. Demokratisch ist das in gar keiner Weise, das ist nur ein Geklüngel, ein Postengeschachere. Das ist peinlich für diejenigen, die für sich reklamieren, Freiheit und Gerechtigkeit in diesem Land als allererstes auf dem Panier zu führen.
Der Richterverein geht aber noch weiter und sagt, es darf kein Konstrukt sein, das parteipolitisch motivierte Einflussnahme nicht ausschließbar entfaltet. Was haben wir in diesem Bereich festzustellen? − Ich sage
es noch einmal: Vakanzen von über neun Monaten. Einmal ist es jemand, der nicht von der FDP befürwortet wird, einmal wird er von der CSU nicht befürwortet. Herr Kollege Fischer, Sie wissen ganz genau, dass das so ist. Wenn Sie es aber persönlich nicht wissen, dann fragen Sie doch die Kolleginnen und Kollegen in der Justiz, die tagtäglich persönlich davon betroffen sind. Die können Ihnen das dann sagen.
Die Enttäuschung über die Vorgehensweise der Bayerischen Staatsregierung ist in diesen Kreisen riesengroß. Nicht einmal für die Leute innerhalb der Justiz ist transparent, nach welchen Gesichtspunkten vorgegangen wird. Das kann nur dadurch geändert werden, dass man jetzt den letzten Schritt geht und das, was man sonst immer als Lippenbekenntnis vor sich herträgt, nämlich Transparenz zu schaffen, in die Tat umsetzt, und zwar in Form einer klaren Ausschreibung.
Die Gerichte und Staatsanwaltschaften sind nur dann wirklich unabhängig, wenn sie aus der Verwaltung durch die Exekutive in eine nur der parlamentarischen Kontrolle unterliegende Selbstverwaltung entlassen werden. So sagte das der Vorsitzende Groß in der Vertreterversammlung des Richtervereins am 17.04.2012. Er geißelte das bisherige Verfahren als ein intransparentes Ausguckverfahren. Ich muss Ihnen sagen, da hat er mit Häme noch sehr gespart angesichts der Enttäuschung, die im Kreise der Kolleginnen und Kollegen vorherrscht. In diesem Bereich ist nämlich null Komma null an dem vorhanden, was man an Vertrauen gewinnen kann. Doch dieses Vertrauen ist bitter notwendig. Natürlich wollen wir Vertrauen schaffen. Wenn heutzutage Ministerpräsidenten froh darüber sind, dass Wiederaufnahmeverfahren wieder in Gang gesetzt werden und das möglicherweise auf die Bevölkerung missverständlich zurückwirkt, dann ist doch klar: Wir dürfen uns hier noch nicht einmal den Anschein eines Verdachts geben, dass diese hohen und wichtigen Ämter nur mit denen besetzt würden, die den politisch Verantwortlichen kommod sind.
Um Missverständnisse von vornherein auszuräumen: Hier geht es nicht um die derzeitigen Besetzungen. Das ist nicht das Thema. Das Thema ist vielmehr eine unappetitliche Diskussion über die Beförderungen in einem verfassungsrechtlich hoch geschützten Bereich. Das Thema ist auch, inwieweit Parteien unmittelbar in diese höchsten Richterämter hineinbestimmen. Das Thema ist also Transparenz und das Schaffen von Vertrauen in die Gerichtsbarkeit in unserem Lande. Die Stellensituation muss deshalb so be
wältigt werden, wie wir das in unserem Gesetz vorschlagen. Wir fordern, für die Präsidentinnen und Präsidenten, für die Generalstaatsanwälte in diesem Land eine Ausschreibung durchzuführen, sodass sich jeder und jede bewerben kann auch zur Präsentation der breiten Fähigkeiten, die wir in unserer hochgeschätzten Justiz haben. So kann es dann zu keiner Bevorzugung kommen, weil irgendwo ein politisches Wort gefallen ist, das nicht gefällt. So gäbe es auch keine Taktiken im Hinblick auf irgendeine Wahl, sondern eine Ewigkeitsgarantie der richterlichen Unabhängigkeit und damit der dritten Säule der Verfassung in diesem Staat.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! In dem Gesetzentwurf steht unter "A) Problem", die fehlende Transparenz des Verfahrens bei der Besetzung von Spitzenämtern in den Gerichtsbarkeiten in Bayern erwecke nicht nur in der Öffentlichkeit, sondern auch in Fachkreisen den Eindruck von Ämterpatronage und politischer Einflussnahme der jeweiligen Fachminister. Im Text heißt es außerdem recht schön, die Besetzung nach einer Ausschreibung behebe den bisherigen Mangel an Transparenz bei der Besetzung von Spitzenämtern in den Gerichtsbarkeiten in Bayern.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es handelt sich um zehn Spitzenpositionen, und diese zehn Spitzenpositionen werden nach Eignung, Befähigung und Leistung besetzt. Ich weiß nicht, wie man einerseits sagen kann, es geht nicht um die derzeitige Besetzung, wenn andererseits von Postengeschacher und Ähnlichem abwertend und abfällig gesprochen wird.
Für diese zehn Spitzenpositionen kommt nur eine kleine Personengruppe in Betracht, und diese ist dem Hauptstaatsanwaltsrat und dem Präsidialrat, also den Personalvertretungen, bekannt und ebenso den betreffenden Fachkreisen. Auch ohne Ausschreibung handelt es sich also um ein transparentes Verfahren, denn nicht nur die Fachminister und die -ministerinnen, sondern auch die Personalvertretungen werden beteiligt. Wie gesagt, es geht um zehn Posten, und in den Fachkreisen ist bekannt, um wen es sich handelt. Ich wüsste also nicht, wo hier Transparenz fehlt. Für mich ist das reine Polemik.
Die Zahl der Personen, die für eine solche Spitzenposition infrage kommen, wird durch eine Ausschreibung auch nicht größer, weil eben nur wenige nach Eignung, Befähigung und Leistung überhaupt in Betracht kommen. Der Mehrwert einer Ausschreibung ist deshalb in keiner Weise klar. Die Zahl derer, die infrage kommt, lässt sich schließlich nicht künstlich vergrößern. Wie gesagt, wir sind der festen Überzeugung, dass die Positionen in Bayern mit Leuten besetzt sind, die sich nach Eignung, Befähigung und Leistung ausgezeichnet haben und die deshalb an diese Stellen gehören.
Wir wissen nicht, warum der Eindruck entsteht, dass nicht die geeignetsten und am besten qualifizierten Kandidatinnen und Kandidaten zum Zuge gekommen sind. Dieser Eindruck soll wohl mit dem Wort "Postengeschachere" erzeugt werden.
Wir sehen keine mangelnde Transparenz und deshalb keinerlei Bedürfnis, anders zu verfahren. Transparenz bedeutet, dass es den entscheidenden Gremien bekannt sein muss, welche Personen in Betracht kommen. Das ist der Fall und deshalb wird wohl, wie auch 2009, die Entscheidung 2013 ähnlich sein.
Herr Präsident, Frau Staatsministerin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mit dem beginnen, was Sie, Frau Kollegin Guttenberger, zum Schluss gesagt haben. Wir stellen nicht in Zweifel, dass die höchsten Stellen in der bayerischen Justiz qualifiziert besetzt sind. Wenn das nach draußen ginge, wäre das ein falsches Signal. Ich glaube aber kaum, dass die Kollegen der SPD ein solches Signal aussenden wollten.
Die SPD unternimmt zum zweiten Mal den Versuch, das Verfahren transparenter zu machen. Das kann und muss man aus meiner Sicht grundsätzlich begrüßen. Das hat nichts damit zu tun, dass das Ergebnis bei einem weniger transparenten Verfahren unter Umständen das gleiche wäre. Das Verfahren und das Ergebnis sind zwei Dinge, die völlig voneinander zu trennen sind. Das wissen Sie genauso wie ich. Ein Bescheid kann verfahrensrechtlich fehlerhaft, aber materiell-rechtlich trotzdem korrekt sein. Genauso ist es auch bei einem Ausschreibungsverfahren oder dem hier gängigen Verfahren.
Zum Zweiten ist sicherlich nicht zu bestreiten, dass das Gezerre und Gerangel um Spitzenämter in dieser Legislaturperiode nicht eben förderlich war. Sie haben
zu Recht darauf hingewiesen, dass Positionen über einen längeren Zeitraum nicht besetzt wurden und dass der Koalitionsvertrag zumindest den Anschein erweckt, dass sachfremde Erwägungen eine Rolle spielen könnten. Das ist abträglich. Deswegen begrüßen wir den Gesetzentwurf.
Ein wenig habe ich allerdings Probleme, weil aus meiner Sicht das richtige Anliegen nicht ganz zur Begründung passt, denn auch bei einem transparenten Verfahren, Herr Kollege Arnold, sind wir gegen das von Ihnen angesprochene Gezerre nicht gefeit. Es ist zwar richtig, dass dann noch andere beteiligt sind und die Justiz einen stärkeren Einfluss auf das Verfahren nehmen kann, aber die letzte Entscheidungskompetenz ändert sich nicht. Ob Sie damit das Ziel erreichen, wage ich zu bezweifeln. Wir müssten dabei ein Stück weitergehen. Der Ansatz ist aber begrüßenswert, denn er schafft mehr Transparenz und stärkt das Vertrauen der Bevölkerung in derartige Auswahlverfahren und damit auch in die Spitzen der Justiz.
Ich möchte an dieser Stelle darauf hinweisen, dass nicht nur die SPD am 20.05.2009 einen derartigen Gesetzentwurf eingebracht hat. Auch die FREIEN WÄHLER haben im Juni 2009 einen ähnlichen Gesetzentwurf ins Parlament eingebracht. Ob den Initiativen jetzt im Wahljahr mehr Erfolg beschieden sein wird als damals, wird man sehen. Das ändert aber nichts daran, dass die Forderung im Grunde genommen zu begrüßen ist. Sie können davon ausgehen, dass wir dieses Gesetzgebungsverfahren konstruktiv und positiv begleiten werden.
Herr Präsident, meine Herren und Damen! Zum wiederholten Mal sind wir in dieser Legislaturperiode gezwungen, uns mit Stellenbesetzungen bei der Justiz zu befassen, und zwar aus dem einfachen Grund, weil die Staatsregierung − nennen wir Ross und Reiter, ganz aktuell Sozialministerin Haderthauer − es nicht lassen kann, sich unprofessionell in eine solche Stellenbesetzung einzumischen.
Wir müssen feststellen, dass die CSU aus den Debatten der letzten Jahre überhaupt nichts gelernt hat. Das Theater ist bereits 2006 im Zusammenhang mit der Besetzung der Stelle des Generalstaatsanwalts in Bamberg angesprochen worden. Bereits im Jahr 1994 ging es darum, einen CSU-Adlaten auf die Stelle des Präsidenten des Landesarbeitsgerichts Nürnberg zu
setzen, und zwar gegen den Widerstand aller Beteiligten und unter großer Anteilnahme der Öffentlichkeit. Jetzt erleben wir dasselbe wieder. Qua Federstrich wird vonseiten des Sozialministeriums beschlossen: Diejenigen, die eigentlich infrage kämen, nehmen wir nicht. Ich sage Ihnen, liebe Frau Guttenberger, lesen Sie einmal den Beschluss des Verwaltungsgerichts München, der hier in Rede steht, durch. Es gab Konkurrentenklagen der Mitbewerber, weil man gesagt hat, das könne so wohl nicht wahr sein. Lesen Sie diesen Beschluss durch. Er ist eine deutliche Watschn für das Sozialministerium, sodass es für mich von der Opposition eine Freude war, diesen Beschluss zu lesen.
Der Gesetzentwurf der SPD wird von uns unterstützt, auch wenn wir natürlich ein bisschen die Einwände von Herrn Pohl sehen und sich dieser Gesetzentwurf in einem systemstützenden Rahmen bewegt, während wir eine wirklich unabhängige Justiz in Bayern installieren wollen. Dennoch wird dieser Gesetzentwurf auf jeden Fall für mehr Transparenz sorgen und zur Mitsprache weiterer Beteiligter führen.
Dabei kann es natürlich auch so ablaufen wie im konkreten Fall, dass es nämlich für die Frau Ministerin überhaupt keine Rolle gespielt hat, was der Präsidialrat dazu sagt. Sie hat die Einwände des Präsidialrats schlicht und einfach vom Tisch gewischt. Auch das kann trotz Ausschreibung passieren. Die Stellenbesetzung wird aber in einer anderen Art und Weise diskutiert und es werden andere beteiligt sein.
Wir haben diesen konkreten Fall im Sozialministerium mit einer Anfrage begleitet und nach der Antwort auf die Anfrage vom 4.12. haben wir einen Antrag am 6.12. eingereicht, in dem die Staatsregierung aufgefordert wird, umgehend in einem ordentlichen Verfahren für eine Besetzung der Stelle des Landesgerichtspräsidenten oder der Landesgerichtspräsidentin zu sorgen.
Frau Ministerin Haderthauer hat es zu verantworten, dass die Stelle bis zum heutigen Tag seit nunmehr einem Jahr vakant ist. Es handelt sich um eine wirklich wichtige Stelle und ich frage mich, ob das überhaupt noch verfassungsmäßig oder rechtmäßig ist. Es handelt sich um eine Stelle, die maximal sechs Monate unbesetzt sein darf.
Wenn ich von einem ordentlichen Verfahren rede, dann meine ich damit ein rechtsfehlerfreies Verfahren. Das ist schon einmal dahin, weil sie ein solches leider nicht zustande gebracht hat. Ich will aber auch ein
transparentes Verfahren. Ich will selbstverständlich auch, dass offengelegt wird, in welcher Weise sich Gewerkschaften und Arbeitgeber dazu verhalten haben; nicht nur der Präsidialrat, denn das kann ich in dem Beschluss lesen.
Die Frau Sozialministerin hat Ihnen diese Suppe eingebrockt, Frau Merk − Sie sind da, und ich weiß nicht, ob Sie das heute ausbaden müssen; deswegen tut es mir auch leid. Es ist eine weitere unschöne Geschichte. Ich weiß nicht, ob sie überhaupt gemerkt hat, was sie angerichtet hat. Sie stellt sich stur, will nicht aufklären und tut so, als ob sie das überhaupt nichts anginge.
Ich meine, wir müssen dem einen Riegel vorschieben − wir haben das schon mehrmals angemerkt -, dass sich CSU und Staatsregierung diesen Staat zur Beute machen. Genau in diesem Falle haben sie es wieder getan. Der Gesetzentwurf der SPD und der vormals von den FREIEN WÄHLERN eingebrachte Gesetzentwurf wären zumindest eine Möglichkeit, einen kleinen Riegel vorzuschieben. Insofern werden wir das unterstützen.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Wenn man die Begründung des Gesetzentwurfs und die Argumentation der Redner der Opposition hört, hat man den Eindruck, in Bayern gebe es über weite Strecken keine Ausschreibungen. Aber das Gegenteil ist richtig. Im Grundsatz des Artikels 15 Absatz 2 des Bayerischen Richtergesetzes heißt es: "Freie Planstellen für Richter und Staatsanwälte sind auf Grund einer Ausschreibung zu besetzen." Das ist richtig und vernünftig.
Aber davon gibt es zwei Ausnahmen, nämlich für die Eingangsstellen und die Richter, die von der Staatsregierung ernannt werden. Das betrifft − Frau Kollegin Guttenberger hat darauf hingewiesen − genau zehn Stellen, nämlich zehn Spitzenämter. Das zeigt: Das Problem, über das wir heute sprechen, ist zahlenmäßig zumindest überschaubar.
Lassen Sie mich auf einen zweiten Gesichtspunkt hinweisen. Darüber, ob man diese Stellen ausschreibt oder nicht, kann man streiten. Ich persönlich hätte mit einer solchen Ausschreibung kein Problem. Aber ein Argument lasse ich nicht gelten, dass nämlich wegen der Tatsache, dass nicht ausgeschrieben wird, die Transparenz fehle. Denn der Kreis der möglichen Kandidaten oder Kandidatinnen für solche Spitzenämter ist nun einmal überschaubar. Deshalb kann mir
niemand erzählen, es gebe Bewerber, die nicht wüssten, dass eine Stelle zu besetzen sei, und deshalb am Ende nicht berücksichtigt würden. Wer das behauptet, kennt die Strukturen in der Gerichtsbarkeit überhaupt nicht.