Protokoll der Sitzung vom 06.02.2013

Nun kommt die große Tarnung: die Auflagen der EUKommission. Natürlich kann man das so darstellen, wie Sie es machen, aber ich sage Ihnen eines: Die Staatsregierung, CSU und FDP verstecken sich in dieser Frage hinter der EU-Kommission; denn die EUKommission verlangt den Rückzug von Mitgliedern der Staatsregierung aus dem Verwaltungsrat der Landesbank überhaupt nicht. Dass Sie das machen, ohne dass eine solche Auflage besteht, zeigt, dass Sie unabhängig von der Marschrichtung der EU-Kommission eine bestimmte Richtung verfolgen, nämlich die Flucht aus der politischen Verantwortung, und dafür eine gesetzliche Grundlage schaffen.

(Beifall bei der SPD - Inge Aures (SPD): Rolle rückwärts!)

Das Zweite: Bei den Auflagen der EU-Kommission muss man einmal genau hinschauen. Wir haben diesen Verhandlungsprozess mitverfolgt. Er ist für uns nach wie vor eine Blackbox; wir wissen nicht, welche Auflagen in diesem Bescheid originär der Intention der EU-Kommission entsprechen und welche sozusagen auf Vorschlag der Staatsregierung und der Landesbank hineingeschrieben wurden. Das bleibt im Dunkel, im Nebel. Bisher wurde nicht aufgeklärt, was da Sache ist.

(Beifall bei der SPD)

Ich sage Ihnen eines: Bei dem jetzt vorgesehenen Rückzug der Vertreter der Staatsregierung geht die Transparenz verloren, und es stellt sich die Frage: Es wird informell Einfluss ausgeübt, aber hinterher, wenn es schiefgeht, müssen Ministerialbeamte den Kopf hinhalten, und die politische Führung wäscht ihre Hände in Unschuld. Dieses Konzept wollen Sie die

sem Haus und der Öffentlichkeit verkaufen. Dabei machen wir definitiv nicht mit.

(Beifall bei der SPD)

Der nächste Punkt ist die Beteiligung des Landtags. Was der Gesetzentwurf vorsieht, ist nach unserer Auffassung die Fortsetzung der völlig unzureichenden Beteiligung des Landtags bei der Landesbank. Die Beteiligung, die Sie neu in dieses Gesetz hineinschreiben, ist ein reines Placebo, weil es nicht das Erfordernis der Zustimmung und der Einwilligung enthält, sondern es bleibt bei einer Erörterungsnotwendigkeit des Landtags, es gibt aber keinen Zustimmungsvorbehalt. Und die Rechte des Landtags darauf zu beschränken, ob die EU-Kommission bestimmte Geschäfte zu genehmigen hat oder nicht, also den Vorbehalt der Parlamentsrechte dieses Landtags unter den Vorbehalt der Genehmigung der EU-Kommission zu stellen, halte ich im Hinblick auf ein selbstbewusstes, föderales Landesparlament für eine Bankrotterklärung, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD)

Klar ist auch, dass eines mit uns nicht passieren wird: dass wir den Erwerb unter das Beteiligungsrecht stellen, aber nicht den Verkauf der Beteiligungen, die jetzt anstehen. Es wäre ein Treppenwitz in der Geschichte der Bayerischen Landesbank, gerade jetzt, wo es schwerpunktmäßig um Veräußerungen gehen wird, dem Landtag die Beteiligungsrechte vorzuenthalten. Ich kündige schon heute an: Wenn sich die CSU- und FDP-Mehrheit im Landtag nicht bewegt, werden wir diesem Gesetzentwurf definitiv nicht zustimmen.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön, Herr Kollege. − Als Nächster hat Kollege Bernhard Pohl von den FREIEN WÄHLERN das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn Sie − ich sage das in Anlehnung an die vorherige Diskussion zum Thema Schule − einem Schüler das Wort "Euphemismus" erklären wollen, dann sollten Sie ihm die Begründung zu diesem Gesetzentwurf vorlegen. - Die existenzielle Bedrohung der BayernLB im Jahr 2008 mit der allgemeinen Weltwirtschaftkrise und der allgemeinen wirtschaftlichen Lage begründen zu wollen, ist ein sehr kühner Schritt. Ich wüsste nicht, was der Kauf der Hypo Group Alpe Adria − Schaden 3,725 Milliarden Euro plus eventueller weiterer Milliarden in der Zukunft − mit der Weltwirtschaftskrise zu tun hat. Der Erwerb der ABS-Portfolios in den Vereinigten Staaten zu einem Zeitpunkt,

als die Deutsche Bank diese Papiere abgestoßen hat, zählt sicherlich nicht zu den Glanzstücken und Meisterleistungen von Vorstand und Verwaltungsrat dieser Bank.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der SPD)

Meine Damen und Herren! Nun legen Sie einen Gesetzentwurf vor, der einige Punkte enthält, die wir begrüßen. Ich sage es ganz offen: Es ist überfällig, dass Sie in Artikel 8 Absatz 8 hineinschreiben: "Eine satzungsmäßige Beschränkung des Haftungsmaßstabs für Mitglieder des Aufsichtsrats auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit ist unzulässig." − Das haben Sie übrigens von unserem Gesetzentwurf abgeschrieben. Aber es ist unser Gesetzentwurf gewesen, und deswegen finden wir das natürlich nach wie vor gut.

Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist schon dreist, dies zu einem Zeitpunkt in den Gesetzentwurf hineinzuschreiben, in dem sich die Staatsregierung aus der Verantwortung zieht und dafür Vertreter des Freistaates Bayern, sprich Beamte, in dieses Gremium entsendet. Das heißt, Sie schaffen Sonderrechte für Politiker, Sonderrechte für Mitglieder der Staatsregierung. Eine Vorbildfunktion erfüllen Sie damit nicht.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der SPD)

Meine Damen und Herren, es ist bezeichnend, wenn die Europäische Union verlangt, dass im Gesetzentwurf steht, dass die Landesbank künftig nach wirtschaftlichen Grundsätzen zu führen ist und die der Landesbank obliegenden Aufgaben zu berücksichtigen sind. Man sieht, die Europäische Kommission hat den Abschlussbericht unseres Untersuchungsausschusses gelesen und seine Umsetzung der BayernLB als Hausaufgabe aufgegeben. Vielen Dank von dieser Stelle aus!

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der SPD)

Meine Damen und Herren, ich komme zur Neubesetzung des Verwaltungs- bzw. Aufsichtsrats. Man kann darüber diskutieren, ob es sinnvoll ist, dass nur noch die Hälfte der Vertreter vom Freisaat Bayern kommt und die andere Hälfte externer Sachverstand sein muss. Die EU-Kommission hat aber nicht verlangt, dass die Vertreter des Freistaates Bayern Mitglieder der Staatsregierung sein müssen. Diesbezüglich frage ich mich schon − Herr Kollege Kreuzer, Sie waren Vorsitzender des Untersuchungsausschusses −: Warum setzt man in das künftige Gremium Beamte, anstatt es bei den Mitgliedern der Staatsregierung zu belassen? Natürlich schreiben Sie hinein: Die Beam

ten sind nicht weisungsunterworfen. Aber trotzdem gibt es ein faktisches Weisungsrecht, auch wenn es rechtlich nicht begründet wird. Ich kann mir kaum vorstellen, dass ein Spitzenbeamter des Freistaates Bayern im Gremium nicht die Linie der Staatsregierung, also die Linie, die ihm vorgegeben wird, vertritt. Ich muss ganz ehrlich sagen: Es ist richtig so; denn natürlich muss auch die Staatsregierung, die hierbei die Anteilseignerseite vertritt, die entsprechenden Linien einziehen können. Sie muss dann aber mit ihren Vertretern dafür auch weiterhin die Verantwortung haben.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der SPD)

Meine Damen und Herren, Verantwortung bedeutet auch, dass derjenige an der Macht und damit an der Verantwortung beteiligt ist, der letztlich über die Gelder zu entscheiden hat, die im Freistaat Bayern verteilt werden, nämlich der Bayerische Landtag mit seiner Budgethoheit. Wir haben diese Auffassung von Anfang an vertreten und gesagt: Nicht nur die Exekutive, nein, auch der Bayerische Landtag, der den Haushalt zu verabschieden hat, der durch die Landesbank maßgeblich beeinflusst wird, muss am Verwaltungsrat beteiligt werden. Auch das ist leider nicht umgesetzt worden.

Wie gesagt, ein paar Dinge gefallen uns, aber die wesentlichen Hausaufgaben sind nicht gemacht worden. Ich hoffe, dass im Zuge der Gesetzesberatungen dieser Gesetzentwurf in unserem Sinn noch etwas verbessert werden wird.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der SPD)

Danke schön, Herr Kollege. − Als Nächster hat Kollege Eike Hallitzky vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! CSU und FDP zeigen mit ihrem Gesetzentwurf wieder einmal, dass sie bei der Landesbank zu allem bereit sind, nur nicht dazu, Verantwortung zu übernehmen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Zu dem Rahmen, in dem die jetzige Debatte stattfindet, möchte ich drei Vorbemerkungen machen: Erstens. Es ist eine Frechheit, dass wir hier einen Gesetzentwurf in Erster Lesung behandeln sollen, dessen Grundlage ein EU-Beihilfebeschluss ist, der nicht einmal den Abgeordneten dieses Hohen Hauses zugänglich ist. Wir als Mitglieder des Ausschusses haben ihn nur in nicht autorisierter Fassung und unter dem Siegel der Verschwiegenheit erhalten, das heißt,

wenn ich diesen jetzt kommentiere, begebe ich mich mit einem Bein ins Gefängnis. Es kann nicht sein, dass wir über einen Gesetzentwurf, der darauf aufsetzt, heute debattieren müssen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Zweitens. Der EU ist bekanntlich der öffentlich-rechtliche Bankensektor ein Dorn im Auge. Dennoch ist aus diesem Text, den ich nicht zitieren darf, nicht erkennbar, dass die EU Deutschland in irgendeiner Form gezwungen hätte, der Landesbank eine privatrechtliche Struktur zu geben. Das lässt sich aus dem Beihilfebeschluss nicht herauslesen. Vielmehr hat, wenn ich den Text richtig verstehe, die Staatsregierung selbst darauf gedrängt, eine Privatstruktur zu bekommen.

Drittens. Die BayernLB ist das größte finanzielle Desaster der bayerischen Nachkriegsgeschichte. Über 11 Milliarden Euro haben wir mittlerweile reingebuttert. Sie musste von den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern Bayerns mit rund 1.000 Euro pro Person gestützt werden. Was heute an Rückzahlhoffnungen besteht, beruht im Wesentlichen auf dem Verkauf des Tafelsilbers, das die BayernLB vorher schon besessen hat: der GBW, der LBS und anderen Vermögenswerten.

Die Mitglieder der CSU-geführten Staatsregierung sind die Hauptverantwortlichen an diesem Desaster, an dieser größten Kapitalvernichtungsaktion Bayerns. Nicht nur durch ihre politischen Vorgaben, sondern auch durch ihr dramatisches Kontrollversagen − wir kennen ja Innenminister Herrmann −, durch die Kontrollverweigerung trugen und tragen sie maßgeblich dafür Schuld.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Insoweit ist es aus der Sicht der Staatsregierung durchaus konsequent, einen Gesetzentwurf vorzulegen, mit dem sie sich endgültig jeder rechtlichen Verantwortung für das, was mit der BayernLB passiert, entledigen will. Ihr Zauberwort heißt "Entpolitisierung" des Verwaltungsrates und der Bank. Dahinter verbirgt sich aber nichts anderes als die Fortsetzung dessen, was man mit dem Haftungsprivileg nach der KirchPleite schon begonnen hatte, nämlich des konsequenten Abspatzens aus jeder juristischen Verantwortung − egal, in welches Abenteuer die Staatsregierung die Bank getrieben hat und künftig noch treibt.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Doch egal, wie Sie sich drehen und wenden: Die BayernLB ist und bleibt eine politische Bank trotz des Zauberworts "Entpolitisierung". Sie ist eine Anstalt des öffentlichen Rechts. Sie gehört zu über 75 % dem

Staat. Sie hat einen öffentlichen Auftrag. Und für diese Bank stehen die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler Bayerns gerade. Sie ist eine politische Bank. Was wäre sie denn sonst?

Deswegen halten wir es für unsäglich, dass sich die Vertreter des Eigentümers, des Staates, ihrer ureigenen Eigentümerverantwortung, ihrer Kontrollverantwortung, entledigen wollen. Diese Absicht präsentieren Sie mit dem heutigen Gesetzentwurf.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Wer Eigentümer einer Bank ist, liebe Kolleginnen und Kollegen, der hat die verdammte Pflicht, sich dieser Verantwortung zu stellen, auch im rechtlichen Sinn.

(Inge Aures (SPD): Genau!)

Es ist eigentlich noch viel schlimmer; denn Finanzminister Söder hat bei verschiedenen Anlässen bereits gesagt, dass er bei der Ausrichtung der Landesbank und bei ihrer Geschäftstätigkeit weiter mitmischen wolle. Er hat beispielsweise erzählt, jetzt wolle er den US-amerikanischen Energiemarkt aufrollen. Das ist aber ein hochpolitischer Markt, und das in einem Land, in dem die Ortskenntnis der BayernLB bekanntlich relativ begrenzt ist und wir deshalb schon milliardenschwer auf die Nase gefallen sind. Dem bayerischen Finanzminister geht es einzig und allein darum, sich aus der Verantwortung zu stehlen, wenn etwas schiefläuft. Diese Art von Entpolitisierung, diese Konstruktion lehnen wir ab.

Wir haben uns aber erstens der Tatsache zu stellen, dass die Mitglieder der Staatsregierung offensichtlich kontrollunwillig und kontrollunfähig sind. Das hat die Vergangenheit gezeigt. Diesbezüglich unterscheidet sie sich im Übrigen von der Opposition. Wir haben im Gegensatz zu Innenminister Herrmann immer wieder bewiesen, dass wir kontrollwillig und kontrollfähig sind und nur durch Ihre Strukturen ausgebremst wurden.

Wir haben uns zweitens der Tatsache zu stellen, dass die BayernLB aufgrund ihrer Größe die einzige Beteiligung des Freistaates ist, die geeignet ist, das Budgetrecht, das Königsrecht des Parlamentes, auszuhebeln, was ja auch schon traurige Wirklichkeit geworden ist.

Aus diesen beiden Tatsachen ist nur eine Konsequenz zu ziehen: Künftig sollen dem Verwaltungsrat auch Vertreter des Parlaments angehören. Das, was Sie hier vorschlagen, dass nämlich der Haushaltsausschuss an der Entscheidung über Käufe beteiligt wird − nicht mitbestimmt! −, ist ein billiger Witz von parlamentarischer Beteiligung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Aus Sicht des Bayerischen Landtags halten wir es für unverantwortlich, dass Sie nicht bereit sind, aus der Geschichte der Bank zu lernen.

Noch ein paar Anmerkungen zum Haftungsprivileg, das von Ihnen infolge der Kirch-Pleite eingeführt wurde, um dem Bedürfnis Ihrer Politiker, die im Verwaltungsrat saßen, nach Selbstschutz Rechnung zu tragen. Menschen mit geradem Rücken hätten dieses Haftungsprivileg nie eingeführt, und Menschen mit geradem Rücken hätten es sofort wieder abgeschafft.