Protokoll der Sitzung vom 21.02.2013

Mittelfristig ist das wiederum eine große Gefahr für die Steuerehrlichkeit und die Steuermoral aller bayerischen Bürgerinnen und Bürger. So schafft das CSU-geführte Ministerium den Nährboden für viele, die ihre Gelder am Fiskus vorbei auf ausländische Konten schleusen. Das ist nicht bloße Theorie: Ich weiß nicht, wer von Ihnen heute schon das Glück hatte, in der Zeitung zu lesen, dass Starbucks beispielsweise im Windschatten der unterbesetzten bayerischen Finanzverwaltung jährlich Millionengewinne ins Ausland transferiert.

Ohne Personal, liebe Kolleginnen und Kollegen, geht nichts. Es geht aber auch nichts ohne politischen Willen − für einen guten und einheitlichen Steuervollzug in Deutschland, für Initiativen zur Steuerharmonisie

rung in Europa und das Austrocknen von Steueroasen, für die klare Ansage, dass kriminelle Steuerhinterziehung nicht durch ein Abkommen mit der Schweiz auch noch belohnt werden darf. Deshalb braucht Bayern einen Finanzminister, der seine Aufgaben und seine Arbeit ernst nimmt

(Beifall der Abgeordneten Claudia Stamm (GRÜ- NE))

und dem es eben nicht genug ist, wenn er auf Fotoshootings starke Sprüche und neue T-Shirts präsentiert. Wir stimmen dem Antrag der SPD deswegen zu, der genauso gut von den GRÜNEN, vom Bayerischen Obersten Rechnungshof oder von den steuerehrlichen Bürgerinnen und Bürgern in diesem Land hätte geschrieben werden können. − Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD)

Danke schön, Herr Kollege. Als Nächster hat Herr Kollege Karsten Klein von der FDP das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Pointner hat schon zu Recht darauf hingewiesen, dass wir den aufgerufenen Dringlichkeitsantrag im Haushaltsausschuss schon behandelt haben. Nach meiner Auffassung ist dem, was da protokollarisch hinterlegt ist, nicht viel hinzuzufügen. Aber dann frischen wir die Diskussion halt auf; sie ist ja schon ein paar Wochen her.

Sachstand ist, dass wir 188 Millionen Euro für Betrieb und Ausstattung der EDV ausgeben, dass wir in der Steuerverwaltung 200 zusätzliche Stellen neu geschaffen haben und dass wir 600 zusätzliche Anwärterstellen geschaffen haben. Im Jahr 2012 haben wir schon 950 zusätzliche Anwärterstellen geschaffen. Damals, im letzten Jahr also, hatten wir schon 1.800 Anwärter ausgebildet. Das heißt im Umkehrschluss: Man kann die Situation unterschiedlich bewerten, entweder so wie Sie oder so wie wir. Fakt ist auf jeden Fall, dass wir uns in diesem Bereich auf einem Kurs befinden, um die Personalausstattung zu verbessern. Leider ist Ihrem Dringlichkeitsantrag nicht zu entnehmen, dass das bei Ihnen schon angekommen ist.

Große Unternehmen werden lückenlos überprüft, 80 % der Unternehmen werden bei der Mehrwertsteuer überprüft. Die Effizienz − hier muss ich dem Kollegen Hallitzky widersprechen − der bayerischen Betriebsprüfer und auch der Umsatzsteuerprüfer liegt

deutlich über dem Bundesdurchschnitt. All das spricht nicht für die Auffassung, dass die Lage der bayerischen Steuerverwaltung so katastrophal ist, wie Sie sie zeichnen. Aber es ist nichts Neues, dass Bayern von der Opposition immer etwas schlechter dargestellt wird, als es tatsächlich ist.

(Volkmar Halbleib (SPD): Schlecht genug ist es ohnehin!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, auch wenn Sie einen Spiegelstrich aus Ihrem Antrag gestrichen haben, kann ich es Ihnen jetzt nicht ersparen, unsere Auffassung zum Vorgehen Ihrer Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat zum Steuerabkommen mit der Schweiz deutlich festzuhalten: Wenn hier von einem geradlinigen Verhalten Ihrer Kollegen gesprochen wird, ist das wirklich unangemessen.

Wir haben eine Situation, die völkerrechtlich höchst problematisch ist, weil in einem Land sogenannte Steuer-CDs erstellt werden, und das ist dort ein kriminelles Verhalten. Wir benutzen diese Daten, auch wenn das höchstrichterlich genehmigt ist, ohne dass dazu eine Aussage getroffen worden wäre, wie sich das im völkerrechtlichen Rahmen verhält. Hier ist deshalb Handeln geboten. Ich möchte Ihnen eines sagen: Den Kompromiss mit der Schweiz kann man sich vielleicht schöner vorstellen, vielleicht auch besser, aber er hätte die aktuelle Situation verbessert. Sie haben diese Verbesserung der Situation im Bundesrat verhindert,

(Zuruf der Abgeordneten Christine Kamm (GRÜ- NE))

und zwar ausschließlich aus wahltaktischen und parteipolitischen Gründen. Aus keinem anderen Grund!

(Beifall bei der FDP)

Es fehlen dem Freistaat Bayern damit 200 Millionen Euro in diesem Jahr. Den bayerischen Kommunen fehlen 30 Millionen Euro und der gesamten Bundesrepublik 10 Milliarden Euro. Das verschulden Sie. Das haben Ihre Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat zu verantworten. Das ist ein unverantwortliches Verhalten.

(Beifall bei der FDP)

Lassen Sie mich kurz auf Ihre Forderungen für die bayerische Steuerverwaltung zurückkommen. Ich bin zu der Auffassung gekommen, dass Sie dieses enorme Antragswerk nur deshalb geschaffen haben, weil Sie für eine etwaige Regierungsübernahme in Berlin die aber nicht eintreten wird - enorme Steuerausweitungen planen. Die FDP fordert ein Moratorium. Die

CDU konnte sich immerhin zu dem Satz durchringen, dass sie weitere Steuererhöhungen für nicht notwendig hält. Sie von der SPD fordern aber die Abschaffung des Ehegattensplittings, eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes, die Wiedereinführung der Vermögensteuer, die Gewerbesteuerpflicht auch für Freiberufler, eine Erhöhung der Unternehmensteuer und der Mehrwertsteuer, die Streichung der reduzierten Sätze, eine Erhöhung der Erbschaftsteuer und die Abgeltungsteuer. Damit sind Sie allerdings noch ein Waisenkind gegenüber den Forderungen der GRÜNEN. Die GRÜNEN fordern: Vermögensabgabe, Spitzensteuersatzerhöhung, Abschaffung des Ehegattensplittings, Vermögensteuer, die Einführung einer EUSteuer, die Einführung einer Steuer für den Ressourcenverbrauch, eine Tütensteuer − das ist auch ganz wichtig −, Entfernungspauschale, Mehrwertsteuer, Unternehmensteuer, Ökosteuer, Kerosinsteuer, Erbschaftsteuer, Grundsteuer, Gewerbesteuer, Dieselsteuer, Heizölsteuer und so weiter und so fort. Das lässt sich ewig fortsetzen. Das ist Ihr Verständnis, und dafür brauchen Sie auch eine deutlich aufgeblähte Steuerverwaltung, die die ganzen Steuern, die Sie einführen wollen, dann auch bearbeitet.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Wir lehnen das ab, wir sind der Meinung, bei der Steuerverwaltung sind wir in Bayern auf einem guten Weg. Wir brauchen auch keine zusätzlichen Steuerquellen in Zeiten von Rekordsteuereinnahmen.

(Beifall bei der FDP)

Herr Kollege Klein, bleiben Sie bitte am Redepult, Herr Kollege Halbleib hat sich für eine Zwischenbemerkung gemeldet. Bitte schön Herr Kollege, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst möchte ich die Möglichkeit nutzen, Ihre Rüge, Herr Präsident, anzunehmen und mich auch beim Herrn Finanzminister zu entschuldigen. Das ist mir einfach herausgerutscht. Das ändert aber nichts an der harten Kritik, die ich geäußert habe. Den namensbezogenen Satz bedauere ich aber.

Ich bedanke mich auch im Namen des Hauses.

Herr Klein, ich will auf zwei Dinge hinweisen. Zum einen müssten Sie der Ehrlichkeit halber schon sagen, dass auch der Oberste Rechnungshof in den aktuellen Bewertungen vom Januar dieses Jahres massiv die Unterbesetzung kritisiert. Die neuen Stellen sind diese stellenplanmäßig im Haushalt enthalten. Das Problem ist doch, dass

selbst der gültige Stellenplan mit 2.000 nicht ausgefüllten Stellen versehen ist. Außerdem müssten Sie sehen, dass wir die 42-Stunden-Woche auf die 40Stunden-Woche zurückführen. Im Augenblick haben wir also nach wie vor eine massive Verschlechterung an den Finanzämtern und bei der Steuerverwaltung. Das will ich an dieser Stelle doch einmal festhalten. Auch der Oberste Rechnungshof hat gerügt, dass die betriebsnahe Veranlagung Anfang 2013 noch schlechter ist, als sie es Anfang 2010 war. Auch zur Betrugsbekämpfung gibt es vom Obersten Rechnungshof Anregungen. Sie kennen sie, und wir werden sie nächste Woche im Haushaltsausschuss beraten. Das bestätigt unsere Auffassung, dass hier viel zu wenig getan wird. So viel zum ersten Punkt.

Zweitens. Wenn Sie auf das Steuerabkommen abstellen - in diesem Zusammenhang wurde auch Hans Eichel genannt -, dann liegt der entscheidende Unterschied doch darin, dass die Decke der Anonymität über die Steuerhinterzieher gelegt wird. Darüber muss man sich im Klaren sein. Ich kann nicht verstehen, Herr Kollege Klein, dass Sie als Finanzpolitiker 550 Millionen Euro Mehreinnahmen akzeptieren, die darauf zurückzuführen sind, dass Steuerdaten-CDs aufgekauft worden sind. Die dadurch verursachten Selbstanzeigen haben zu diesen Mehreinahmen geführt. Ich meine, der normale, der ehrliche Steuerzahler versteht sehr wohl, dass hier mit allen legalen Mitteln gegen Steuerhinterziehung vorgegangen wird.

(Thomas Hacker (FDP): Von Kriminellen erworbene CDs sind nicht legal! Da haben wir ein anderes Rechtsstaatsverständnis!)

Der zentrale Kritikpunkt an dem Abkommen mit der Schweiz ist doch der, dass Europa ganz andere Orientierungen im Hinblick auf den Austausch von Steuerdaten hat. Auch die USA, nicht das Nachbarland Deutschland, haben ganz andere Regelungen in ihrem Steuerabkommen durchgesetzt, als das die Bundesregierung bei ihren Verhandlungen mit der Schweiz vorgelegt hat. Das sind unsere Kritikpunkte. Die Anonymität der Steuerhinterziehung wird ganz anders geschützt als bei einer Amnestie. Die Regelungen, die Europa mit der Schweiz will, sind von der Bundesrepublik Deutschland unterlaufen worden.

Herr Klein, Sie haben das Wort. Bitte schön.

Herr Kollege Halbleib, zu dem letzten Punkt darf ich noch einmal ausführen, dass es unser gemeinsames Ziel ist, die Steuerhinterziehung zu bekämpfen. Das ist eine kriminelle Handlung. Dahinter stehen, so denke ich, alle Parteien, in jedem

Fall aber die FDP. Steuerhinterziehung ist zu verfolgen.

Zu dem Abkommen mit der Schweiz möchte ich Folgendes sagen: Man kann sich jedes Abkommen noch schöner vorstellen. Ich stelle jedenfalls fest, dass wir ein Verhandlungsergebnis hatten, das hätte umgesetzt werden können und das mit Sicherheit eine Verbesserung gegenüber der jetzigen Situation gewesen wäre. Ihre Kolleginnen und Kollegen haben diese Verbesserung der Situation aber verhindert. Sie werden in den nächsten Jahren ein solches Steuerabkommen nicht aushandeln können. Ich bin sehr gespannt, wie Ihre konstruktiven Beiträge sein werden, nicht Ihre persönlichen Beiträge, sondern die von Ihren Parteifreundinnen und -freunden. Ich jedenfalls sehe nichts, was auf dem Weg wäre.

Zur Situation der Steuerverwaltung habe ich vorhin bereits ausgeführt, dass wir im Haushalt eine Verstärkung vorgenommen haben; so viel zu der von Ihnen skizzierten Situation. Wir haben aus diesem Grund auch die Anwärterstellen angehoben. Ich bin nach wie vor der Meinung: Wir sind auf einem guten Weg. Vielleicht kann das Sie oder den Obersten Rechnungshof noch nicht befriedigen, aber ich bin der Meinung, dass die Situation keinesfalls so negativ ist, wie Sie das darstellen. Ich bin deshalb nach wie vor davon überzeugt, dass der Aufschlag, den Sie hier machen, eigentlich einer anderen Sache dient, nämlich dem Ziel, die Steuer zu verwalten, die Sie einnehmen möchten, die wir hingegen nicht einnehmen wollen.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Als Letzter hat nun Herr Staatsminister Dr. Markus Söder das Wort. Bitte schön, Herr Staatsminister.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Halbleib, ich nehme Ihre Entschuldigung an. Ich weiß, dass im Parlament im Eifer des Gefechts das eine oder andere passiert. Wir sollten aber im nächsten halben Jahr darauf schauen, dass wir als Parlament den Eindruck erwecken, dass wir zwar hart debattieren, die Person aber respektieren.

(Volkmar Halbleib (SPD): Das gilt für beide Seiten!)

Es gilt auch, lieber Herr Hallitzky, dass wir nicht immer den Eindruck erwecken, wir seien nur beleidigt, wenn etwas einmal nicht so funktioniert, wie wir uns das vorstellen. Hier geht es nämlich nicht um Söders Bayern oder ein rot-grünes Bayern. Hier geht es um unser Bayern, meine Damen und Herren, es geht um

unsere Beamten, und die leisten in unserem Land hervorragende Arbeit.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Vor einigen Wochen habe ich eine Pressekonferenz von Peer Steinbrück, dem Kanzlerkandidaten der SPD, erlebt, die unmittelbar mit dem zu tun hat, was wir hier diskutieren. Herr Steinbrück hat zum Thema Steuer vorgeschlagen, eine Bundesverwaltung daraus zu machen. Die Lösung, die die SPD vorschlägt, würde also nicht bedeuten, die Steuerverwaltung in Bayern mit mehr Stellen zu verbessern, sondern bei einem vermeintlichem Regierungswechsel im Herbst soll die Steuerverwaltung nicht mehr bayerisch sein, sondern deutsch werden. Das hätte zwei Nachteile. Erstens, meine Damen und Herren, würde eine Art Mammutbehörde entstehen. Das wäre, gerade was die Bezahlung unserer bayerischen Beamten betrifft, ungut; denn wir zahlen im Schnitt besser und sind ein besserer Dienstherr als der Bund. Noch schlimmer aber wäre: Glauben Sie im Ernst, alle Dienststellen, die wir heute im ländlichen Raum haben, könnten erhalten werden, wenn wir eine Bundessteuerverwaltung hätten? Wir wollen, dass die Steuerverwaltung bayerisch bleibt, meine Damen und Herren! Sie soll nicht auf den Bund übertragen werden.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Herr Hallitzky, Sie sprechen von Tabellen. Die Statistik ist aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, nicht nur eine Frage der Ausstattung. Lassen Sie uns die Tabelle einmal vom Ergebnis her ansehen. Es zeigt sich: Die bayerische Steuerverwaltung weist überragende Ergebnisse auf, und dabei ist ihre Leistung sogar doppelt so hoch zu bewerten, weil sie gleichzeitig für eine verbesserte Ausstattung kämpft. Das betrifft auch Betriebsprüfungen. Im Jahr 2011 lag Bayern beim Ergebnis pro Prüfer rund 20 % über dem Bundesdurchschnitt. Oder nehmen wir die Umsatzsteuersonderprüfung: Dort war das bayerische Mehrergebnis pro Prüfer mit 2,1 Millionen Euro sogar doppelt so hoch wie im Bundesdurchschnitt. Drittes Beispiel: die bayerische Steuerfahndung. Auch die bayerische Steuerfahndung, die Sie angesprochen haben, ist besonders effizient. Beim Mehrergebnis pro Prüfer liegt sie 25 % über dem Bundesdurchschnitt.

Meine Damen und Herren, wenn Sie also die Ergebnisse ansehen, werden Sie feststellen: Wir haben eine hocheffiziente und erfolgreiche Steuerverwaltung. An dieser Stelle dafür ein herzliches Dankeschön.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Im Übrigen ist die Argumentation, dass mehr Prüfer automatisch zu einer grundlegenden Verbesserung des Ergebnisses führten, nicht glaubhaft; denn 80 % der Mehrsteuern stammen aus der Prüfung der großen Fälle, die ohnehin in Form von Anschlussprüfungen lückenlos geprüft werden. Wir wollen nicht für jeden Bürger einen eigenen Steuerfahnder oder Steuerprüfer. Nicht jeder Kleinstbetrieb muss dreimal im Jahr geprüft werden. Hier gilt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und der Entbürokratisierung. Nicht jeder Kleinbetrieb oder Mittelständler muss wie ein großer Konzern geprüft werden.

(Beifall bei der CSU und der FDP)