Protokoll der Sitzung vom 04.06.2013

In den letzten beiden Jahren, in denen wieder Ihre Große Koalition am Werk ist, gab es jahresdurchschnittlich 112,9 Milliarden Euro Nettoneuverschuldung; das war ohne Wiedervereinigung.

Sie wollen mit Ihren jetzigen Steuergeschenkvorschlägen – sie wurden in der Debatte eben bereits genannt – den Staat weiter arm machen. Damit erreichen Sie einerseits einen kaum noch handlungsfähigen Staat. Das gilt für die anderen Bundesländer noch viel mehr. Darüber gehen Sie mit großem Zynismus immer hinweg. Aber es gilt auch für Bayern. Denken wir an Bildungsaufgaben und an die Aufgaben des Hochwasserschutzes. Andererseits zeigt es, dass es in historischer Sicht immer wieder zu zusätzlichen Überschuldungen kam, die niemand so brillant schaffte wie eine Regierung, an der die FDP beteiligt war. Das zeigt, wie unsolide Ihre Finanzpolitik ist, wie wenig durchgerechnet sie ist.

Deshalb heißt mein "ceterum censeo": Man kann der FDP, so leid es mir tut, nicht das Geld der Bürgerinnen und Bürger anvertrauen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Kollege Klein, bitte.

Lieber Herr Kollege Hallitzky, vielen Dank, dass Sie mir die Gelegenheit geben, etwas über die Finanzpolitik der GRÜNEN zu sagen. Ich stelle fest, dass auf Bundesebene Schwarz-Gelb – das entspricht der jetzigen Planung - am Anfang der Legislaturperiode eine Neuverschuldungsplanung übernommen hat, die horrend war. Sie wurde gemeinsam mit der Union von Anfang an trotz der Wirtschaftskrise rapide zurückgefahren. Wir peilen auf Bundesebene jetzt einen strukturell ausgeglichenen Haushalt an. Das mag Ihnen völlig fremd sein. Aber das haben wir seit 2009 auf den Weg gebracht.

Sie haben den Zeitraum vor 1998 angesprochen. Dazu gebe ich Ihnen mit auf den Weg, dass wir in dem Zusammenhang eine der größten Herausforderungen der Bundesrepublik Deutschland gemeistert haben, was die Bürgerinnen und Bürger Ihnen nicht zugetraut haben, sonst wären Sie 1990, was die westlichen Länder betrifft, nicht aus dem Bundestag geflogen, lieber Herr Kollege Hallitzky.

Die Steuergeschenke, die Sie angesprochen haben, habe ich hier überhaupt nicht erwähnt. Die stehen

auch nicht im Programm der FDP auf Bundesebene. Aber vielleicht sprechen Sie von einem Steuergeschenk schon dann, wenn wir die Bürger nicht so horrend wie Sie belasten wollen. Das kann ich durchaus verstehen. Die Belastungen, die Sie ab September durchführen wollen, werden wir stoppen, weil wir Ihnen auf Bundesebene die Regierungsverantwortung nicht übergeben werden.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Wie ein Mantra tragen doch gerade die Kolleginnen und Kollegen der GRÜNEN im Haushaltsausschuss vor sich her, dass wir hier in Bayern sind und über bayerische Themen sprechen. Dazu darf ich einfach feststellen: Niemals ging es dem bayerischen Steuerzahler und den bayerischen Bürgerinnen und Bürgern angesichts der soliden Haushaltsführung so gut wie in den letzten fünf Jahren, seit die FDP mit an der Regierung ist.

Deshalb gibt es allen Grund, diese Koalition von FDP und CSU gemeinsam fortzusetzen.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Für die Staatsregierung hat Herr Staatsminister Dr. Söder um das Wort gebeten.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! An sich hatte ich vor, nicht zu sprechen; denn es ist zunächst eine originäre Aufgabe des ORH, dem Landtag zu berichten. Nachdem aber wenig über den ORH gesagt wurde, sondern allgemein mit vielen Vorwürfen operiert worden ist, lassen Sie mich ein paar Sätze dazu sagen.

Mir geht es weniger darum, welche Partei glaubt, dass sie im Herbst bessere Chancen hat. Mir geht es ausschließlich um die Situation des Freistaates Bayern. In diesen Tagen und Stunden schaut das ganze Land darauf, wie ein Parlament in Krisensituationen reagieren kann. Die Menschen erwarten sich von einer Staatsregierung und einem Parlament Verantwortung.

Dem füge ich Folgendes hinzu. Wenn hier der Eindruck erweckt wird, Bayern sei ein katastrophales Land, ein Land, in dem sozusagen alles schiefgeht, in dem nichts funktioniert und in dem Risiko herrscht, dann frage ich: Warum kann Bayern jetzt vielen Menschen Hoffnung geben? Warum kann Bayern vielen Menschen auch finanzielle Leistungen geben? Weil wir stark sind. Darauf müssen wir stolz sein. Bayern ist ein starkes und erfolgreiches Land.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Ich halte mich mit dem Lob an den ORH etwas zurück. Aber ich muss ehrlich sagen: Ich habe es anders verstanden. Die Wahrnehmung des Berichts mit den vielen Empfehlungen begann mit einer Generalaussage. Diese Generalaussage, das Fazit, der Tenor – wenn man das so sagen darf wie bei einem Urteil – bescheinigt nicht nur eine ordnungsmäßige Haushaltsführung. Dies ist in der Tat die Grundvoraussetzung einer modernen demokratischen Struktur. Vielmehr steht darin, dass wir im Vergleich zu fast allen anderen Ländern und in der Entwicklung der letzten Jahre einen beispielhaften Kurs gefahren sind.

Wenn man den ORH schon zitiert, bitte ich, ihn richtig zu zitieren. Bayern ist auf einem beispiellos erfolgreichen Weg. Das wird durch den ORH bescheinigt. Darauf sind wir stolz.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Man muss einen Vergleich der Bilanzen anstellen. Was ist in Nordrhein-Westfalen los? Dort sagt das Landesverfassungsgericht zum zweiten und zum dritten Mal: Der Haushalt ist verfassungswidrig.

In Baden-Württemberg beginnt ein richtiger Haushaltskampf. Beamte gehen auf die Straße. Menschen sind verunsichert. In den Schulen entsteht eine neue Herausforderung. Warum? Weil der dortige Finanzminister, der von der SPD gestellt wird, meine Damen und Herren, nichts anderes macht, als auf der einen Seite Schulden anzuhäufen und auf der anderen Seite Kürzungen vorzunehmen. Dieses Kunststück muss man einmal fertigbringen: In einem erfolgreichen Land Schulden machen und die Menschen trotzdem gegen sich aufbringen! Das tun Sie in BadenWürttemberg; dort haben Sie die Verantwortung.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Wir tilgen. Egal, wie man es dreht und wendet, wir tilgen und zahlen zurück. Da kann man nun versuchen, in der Art eines Hütchenspiels zu sagen: Unser SPDBall liegt unter einem anderen Hütchen. Die Fakten, die die Kollegen Herold und Klein beispielhaft zitiert haben, sind offenkundig. Wer zahlt in Deutschland am meisten zurück? Es ist Bayern, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das können Sie drehen und wenden, wie Sie wollen.

(Beifall bei der CSU)

Zum Thema Beamte. Ich muss Ihnen eines sagen: Wenn die Situation der bayerischen Beamten so katastrophal wäre, wie Sie es andeuten, dann müsste die letzte Hauptausschusssitzung des Bayerischen Be

amtenbundes, bei der alle dabei waren, ein Termin gewesen sein, bei dem man den Finanzminister ausgebuht hätte. Unsere Beamten sind durchaus in der Lage, in der Wahrnehmung ihrer Rechte auch harte Worte zu finden. Ich muss sagen, ich habe diese Veranstaltung nicht schlecht erlebt. Ich kann mich jedenfalls erinnern, dass der Vorsitzende des Beamtenbundes unter großem Beifall der gesamten Verbände, auch der Bayerischen Finanzgewerkschaft, dieser Staatsregierung und, ehrlich gesagt, auch diesem Minister den Titel eines Beamtenchampions gegeben hat. Also, so schlecht kann es in Bayern nicht sein, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Dass wir es besser machen wollen, ist keine Frage. Aber es geht auch um die anderen Bundesländer. Ich nenne ein Beispiel, das mich wirklich umtreibt. Ich persönlich dachte immer – aber das ist wahrscheinlich naiv -, dass die SPD eine Partei ist, die mit der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, sagen wir einmal, besser kann als wir. Das dachte ich immer. Deswegen dachte ich auch, wenn es um die Übernahme von Tarifabschlüssen geht, dass man Lehrer nicht schlechter stellt als andere. Dass es aber Bundesländer in Deutschland gibt, meine Damen und Herren, die bewusst entscheiden, dass bei den Tariferhöhungen eine Zielgruppe, nämlich die Lehrer, auf keinen Fall partizipieren darf, und dass das auch noch die SPD macht, hätte ich nicht erwartet. Eine solche Lehrerfeindlichkeit hätte ich bei der SPD in Deutschland nicht vermutet, wenn ich das sagen darf.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Mein vorletzter Punkt betrifft den Länderfinanzausgleich. Kollege Klein hat das völlig richtig angesprochen. Ich finde das schon beeindruckend, meine Damen und Herren. Wir haben hier öfter diskutiert, und es wurde uns natürlich auch vorgeworfen, wir seien nicht solidarisch, aber man müsse solidarisch sein. Jetzt stellt sich heraus, meine Damen und Herren, dass die Solidarität, um die es im Moment geht, offenkundig keine echte ist, sondern auf Zahlen und Fakten basiert, die nicht nur falsch sind, sondern hinsichtlich der letzten Jahre auch grob unfair.

Deswegen sage ich Ihnen eines: Jetzt müssten Sie auf der anderen Seite des Landtags doch umso entschlossener den Mut und das Engagement dieser Staatsregierung und der Mehrheit des Landtags unterstützen, wenn sie sagen, dass sie diesen Länderfinanzausgleich von Anfang an kritisch bewertet haben. Wir sagen, dass es da Stellschrauben gibt, die nicht funktionieren. Wir sagen, dass wir weniger zahlen wollen. Das betrifft beispielsweise die Stadtstaatenre

gelungen. Jetzt bekommen wir offiziell bestätigt, dass deutlich zu viel gezahlt worden ist. Meine Damen und Herren, wir wollen Geld zurück, am besten mit Zinsen. Das haben die bayerischen Bürgerinnen und Bürger an dieser Stelle verdient. Bitte helfen Sie mit!

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Und ein letztes Argument: Kollegin Stamm hat die Steuerpolitik erwähnt. Ich hätte im Falle des ORH eigentlich gedacht, dass man als GRÜNE, wenn man politisch klug ist, nicht mit der Steuerpolitik anfängt. Aber jeder ist für sein Ergebnis selbst verantwortlich. Sie sprechen von der Steuerpolitik und von unserer Steuerpolitik. Der "Spiegel" hat zu den neuen Steuerplänen der GRÜNEN geschrieben: "Raubzug mit Ansage". Der "Spiegel" ist anders als der "Bayernkurier" unverdächtig, immer die reine Lehre zu vertreten.

(Heiterkeit bei der CSU und der FDP)

Und die rechnen nach. Das sind also nicht die Zahlen des Finanzministeriums, auch nicht die Zahlen der Staatskanzlei oder von den Fraktionen. Der "Spiegel" hat das ausgerechnet für Familien mit einem Einkommen von 90.000 Euro, der Mann 60.000 Euro, die Frau 30.000 Euro. Das sind für mich keine Reichen. Da kann die Frau Verkäuferin sein.

(Ulrike Gote (GRÜNE): Zu versteuerndes Einkommen!)

- Frau Gote, hören Sie zu! Ich weiß, das hat schon sehr weh getan, wenn man von der Öffentlichkeit gesagt bekommt, wie die Realität ist.

(Ulrike Gote (GRÜNE): Zahlen Sie keine Steuern? Sonst müssten Sie das wissen!)

Wir hätten also die Situation, dass ein solches Ehepaar nicht nur höhere Steuern zahlen müsste, meine Damen und Herren. Das Ehepaar müsste aufgrund der Abschaffung des Ehegattensplittings, des Wegfalls der Beitragsfreiheit der Mitversicherung und,

(Zuruf der Abgeordneten Ulrike Gote (GRÜNE))

liebe Frau Gote, wenn es noch in der Nähe von München wohnt, durch eine deutlich höhere Grundsteuer am Ende zusammengerechnet – so sagen die Zahlen dort aus – bis zu 3.500 Euro im Jahr mehr zahlen.

Meine Damen und Herren, die Deutschen können sich die grünen Pläne nicht leisten. Das wäre eine Gefährdung!

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Nicht ohne guten Grund ist auch die SPD auf Distanz gegangen.

Deswegen eines zum Abschluss, meine Damen und Herren. Wir können über alles streiten, aber als letzten Satz möchte ich Ihnen eines sagen, was mich umtreibt: Wir haben derzeit in Deutschland – Bayern ist ein Musterbeispiel dafür – die höchsten Steuereinnahmen in der Geschichte, Herr Halbleib. Das gilt für Deutschland, Bayern, NRW, Baden-Württemberg. Und in einer Zeit, meine Damen und Herren, wo in einem Land die höchsten Steuereinnahmen in der Geschichte zu verzeichnen sind, dürfen die Bürger erwarten, dass die Politiker endlich einmal in der Lage wären, wenn sie schon das meiste haben, damit auszukommen. Wir haben Leute in Deutschland, die trotz höchster Steuereinnahmen entweder neue Schulden oder höhere Steuern fordern. Wir kommen mit dem Geld der Bürger aus, meine Damen und Herren, das unterscheidet die Finanzpolitik dieser Seite von der der anderen Seite.

(Beifall bei der CSU und der FDP - Zuruf des Ab- geordneten Volkmar Halbleib (SPD))

Deswegen ist die Entscheidung der Mehrheit der Fraktionen, nämlich eine Entlastung vorzunehmen, an dieser Stelle genau die richtige Entscheidung. Dafür bedanken wir uns herzlich.

Wie gesagt, meine Damen und Herren, wir erwarten kein überzogenes Lob, aber Fairness in der Argumentation und intellektuelle Redlichkeit.