(Beifall bei der CSU - Lebhafter Widerspruch bei der SPD und den GRÜNEN - Glocke des Präsi- denten - Prof. Dr. Peter Paul Gantzer (SPD): So werden Sie nie Major! - Weitere anhaltende Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)
Herr Staatsminister, der Herr Kollege Strobl hat sich zu einer Zwischenfrage gemeldet. Lassen Sie diese zu?
Herr Staatsminister, wären Sie bereit, sich für diese Entgleisung bei den Oppositionsparteien zu entschuldigen?
Ich stelle auch heute wieder fest, dass die GRÜNEN beantragen, das gesamte Gesetz außer Kraft zu setzen.
Wenn Sie die Begründung der Verfassungsklage anschauen - ich könnte es im Einzelnen ausführen, aber dafür ist heute nicht die Zeit -, sehen Sie, dass Grundtatbestände angegriffen werden, die auch schon im bisherigen Bundesversammlungsgesetz standen. Ich bin eigentlich bisher davon ausgegangen, dass diese unstrittig sind. Sie werden aber angegriffen und genau in diesen Punkten folgt das Bundesverfassungsgericht eben nicht Ihrem Antrag auf einstweilige Anordnung, diese außer Kraft zu setzen. Dies ist die Realität. Darüber reden Sie in der Öffentlichkeit kaum. Aber so ist das nun in der Tat.
Meine Damen und Herren, wir sind uns einig in der Bedeutung des Rechts auf Versammlungsfreiheit. Aber klar ist auch, dass wir den Missbrauch bekämpfen müssen und dass wir vor allem rechtsextemistische Umtriebe bis an die Grenzen des Möglichen begrenzen sollten. Und dazu stehe ich.
Genau auf diese Weise wirkt übrigens dieses Gesetz, liebe Kolleginnen und Kollegen. Seit dieses Gesetz am 1. Oktober in Kraft getreten ist, gibt es verwaltungsgerichtliche Auseinandersetzungen ausschließlich hinsichtlich von Versammlungen der NPD oder anderer Neonaziorganisationen. Es gibt keine einzige Auseinandersetzung im Vollzug des Gesetzes mit irgendjemand anderem, der in den letzten Monaten demonstriert hat und die Versammlungsfreiheit in Anspruch genommen hat.
Also: Verwaltungsgerichtsprozesse in diesem Zusammenhang - ob Eilanträge oder Hauptsacheprozesse gibt es nach meiner Kenntnis nur hinsichtlich der Rechtsradikalen. Und das ist genau richtig.
Wir haben in den Koalitionsverhandlungen vereinbart, dieses Gesetz zu überarbeiten. In vielen Punkten sind wir uns bereits einig und wir werden die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sorgfältig dahin auswerten, ob es darüber hinaus noch Änderungsbedarf
gibt. Ich bin völlig einig mit den Kollegen Fischer und Heike, dass wir jetzt sehr schnell einen entsprechenden Änderungsgesetzentwurf vorlegen werden.
Zu den aufgeworfenen Fragen werden wir dem Landtag noch ausführlich antworten. Ganz kurz sage ich aber Folgendes.
Erstens. Wir haben am vergangenen Freitag sofort alle Kreisverwaltungsbehörden und Polizeidienststellen in Bayern über die Gerichtsentscheidung informiert und angewiesen, entsprechend der Entscheidung des Gerichts zu verfahren.
Zweitens. Ich habe kurzfristig telefonisch abfragen lassen, wie es hinsichtlich des Vollzugs bei Ordnungswidrigkeiten aussieht. Es gab telefonische Abfragen jedenfalls bei der Landeshauptstadt München und der Stadt Nürnberg, wegen entsprechender Versammlungen vor allen Dingen auch bei der Stadt Passau und dem Landratsamt Forchheim, das wegen Gräfenberg zuständig ist.
Das hat ergeben: Seit Inkrafttreten des Gesetzes ist von all diesen Behörden - in München finden ja die allermeisten Versammlungen statt - kein einziger Bußgeldbescheid erlassen worden, weder zu den aufgehobenen noch zu den nicht aufgehobenen Vorschriften.
Es sind zwei Verfahren eingeleitet worden, eines in München und eines in Passau. Aber inzwischen sind sie von den Stadtverwaltungen eingestellt worden.
In den nächsten Tagen werden wir noch eine bayernweite Abfrage bei sämtlichen Kreisverwaltungsbehörden und allen Polizeidienststellen machen. Nach meiner derzeitigen Kenntnis ist von keiner Polizeidienststelle ein Ordnungswidrigkeitenverfahren durchgeführt worden; es ist jedenfalls kein Bußgeldbescheid erlassen worden. Wir machen aber eine vollständige Erhebung und werden den Landtag darüber insgesamt informieren.
Ich bin sicher, dass wir uns in Bälde im Plenum mit dem Entwurf zur Änderung des Versammlungsgesetzes befassen werden. Wir respektieren, was das Bundesverfassungsgericht entschieden hat. Aber ich sage auch klar: Die Entscheidung, die am vergangenen Freitag veröffentlicht worden ist, besagt klar, dass unser Gesetz in seiner Grundkonzeption in Ordnung ist. Genauso werden wir weiter agieren.
Es sind eine Zwischenfrage und zwei Zwischenbemerkungen angemeldet. Zunächst hat Herr Arnold das Wort.
Herr Staatsminister, wir haben soeben den Ausführungen des Kollegen Dr. Fischer entnommen, dass Herr Dr. Fischer von der FDP, also von Ihrem Koalitionspartner, die Einschätzung teilt, dass dieses Gesetz auch in der Hauptsache zumindest teilweise verfassungswidrig ist. Gehe ich recht in der Annahme, dass in der Koalition diesbezüglich ein unauflöslicher Dissens besteht?
Sie gehen recht in der Annahme, dass ich nach wie vor dazu stehe, dass ich das Gesetz für verfassungsmäßig halte. Sonst hätte ich es im vergangenen Jahr so nicht eingebracht. Ich bringe hier kein Gesetz ein, das ich auch nur in einem Satz für verfassungswidrig halte. Dass ich die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts respektiere und wir sie in einem Änderungsgesetz umsetzen, ist auch selbstverständlich.
Herr Innenminister, ich verstehe, dass die Enttäuschung bis hin zur Wut nach der Entscheidung vom Freitag tief sitzt. Es steht mir nicht zu, Ihnen einen Ratschlag in Richtung mehr Souveränität zu geben. Aber ich denke: Wenn Sie schon jetzt in dieser Art und Weise die Fassung verlieren, werden die folgenden Debatten sehr lustig werden. Ich weiß nicht, ob Sie der Sachdebatte damit einen großen Gefallen tun.
Ich weise auf das hin, was das Gericht zur Aussetzung einzelner Punkte selbst gesagt hat. Es hat nicht deswegen nicht mehr ausgesetzt, weil der Rest verfassungskonform sei, sondern die Begründung für die Aussetzung war: Bis zur Entscheidung über die Hauptsache fehlte es dann an zentralen Vorschriften, zum Beispiel zu einer generellen Anzeigepflicht, wenn man kein Versammlungsrecht mehr hätte. Damit wäre eine sichere Wahrnehmung des Versammlungsrechts zumindest erheblich gefährdet. Das heißt: Die Richter und Richterinnen wollten schlicht und einfach nicht Gefahr laufen, dass es gar nichts mehr gibt. Das sagt über die weitere Entscheidung überhaupt nichts aus.
Für die CSU-Landtagsfraktion sage ich, damit sie weiß, worüber sie abstimmt: In unserer Begründung ist zu lesen, dass Teile des Bayerischen Versammlungsge
setzes betroffen sind. Ich habe sie aufgelistet. Das betrifft auch das Militanzverbot und die Beschränkungen für die polizeilichen Beobachtungs- und Dokumentationsmaßnahmen. Der Vorwurf, wir übertrieben hier, greift nicht. Denn wir haben genau das zum Gegenstand unseres Antrags gemacht, was das Gericht verlangt hat. Ich warne also vor weiteren Geschichtsklitterungen, auch wenn Ihnen solche natürlich auf der Seele brennen.
Frau Kollegin, Sie brauchen sich um meine Fassungslosigkeit keine Sorgen zu machen. Ansonsten darf ich Ihnen versichern: Ich habe die Entscheidung aufmerksam gelesen, und wir werden daraus die notwendigen Konsequenzen ziehen.
Aber eines rufe ich an diesem konkreten Beispiel in Erinnerung. Als es die zahlreichen antiisraelitischen Demonstrationen während des Gaza-Konflikts gab, habe ich persönlich eine Reihe von Zuschriften erhalten. Das geschah nach verschiedenen Demonstrationen, wie sie auch in München stattgefunden haben. Dort sind antisemitische Parolen gerufen worden. Dort hat es auch antisemitische Schriften gegeben. Das Hakenkreuz ist mit oder ohne Einschränkungen gezeigt worden und dergleichen mehr. Ich kann Ihnen anhand dieses Beispiels sagen: Wenn die Polizei davon keine Aufnahmen macht, kann ich anschließend auch nichts verfolgen lassen.
Ich sage Ihnen klar: Was das Bundesverfassungsgericht dazu formuliert hat, ist für die Polizei kein Problem. Dann werden wir das eben in das Gesetz hineinschreiben. Aber Sie erwecken hier den Eindruck, als ob in Bayern irgendeine Polizeibehörde Aufnahmen machen wollte, um irgendjemanden in unserem Land einzuschüchtern. Das ist dummes Zeug. Wir machen es ausschließlich deswegen, um zum Beispiel Vorwürfen nachzugehen und gegebenenfalls Strafverfahren einzuleiten. Frau Kollegin, das sollten Sie zur Kenntnis nehmen. Deswegen werden wir an dem eingeschlagenen Weg, Missbrauch der Versammlungsfreiheit einzuschränken, festhalten.
Ich mache eine letzte Bemerkung. Ich bin - das habe ich Ihnen schon in der letzten Debatte gesagt - sowohl