Protokoll der Sitzung vom 26.03.2009

turen zu beantragen, und dann hätte die Gemeinde die planerischen Voraussetzungen schaffen können. Wenn aber dieses Vorgehen, wie es geschehen ist, nachträglich geheilt wird: Ein Schelm, der Böses dabei denkt! Das können wir nicht hinnehmen. Wir sind deshalb dankbar, dass wir mit dieser Behandlung im Plenum nochmals die Gelegenheit bekommen haben, unseren Standpunkt hier klar zu vertreten. Ein solches Beispiel darf auf keinen Fall Schule machen. Wer Kohle hat, kann zahlen, und der andere schaut mit dem Ofenrohr ins Gebirge.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin. Als nächster Rednerin erteile ich für die Fraktion der Freien Wähler Kollegin Claudia Jung das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Heimat von Georg Hackl und Kathrin Hölzl im wunderschönen Bischofswiesen sorgt seit Monaten der Bau eines neuen Firmengebäudes für helle Aufregung in der Bevölkerung und bei den Behörden. Das dreiste Vorgehen der örtlichen Baufirma mitsamt seinen Architekten bringt nicht nur die Gemüter der Bischofswiesener in Wallung; es beschäftigt auch ausgiebig die lokale Presse, den Gemeinderat sowie das Landratsamt Berchtesgaden. Selbst die Regierung von Oberbayern musste aufgrund einer Aufsichtsbeschwerde tätig werden.

Das Interesse der Öffentlichkeit an diesem Bauvorhaben war von Anfang an sehr groß, nicht zuletzt deswegen, weil sich das Firmengelände mitten im Ort befindet, gleich gegenüber von Kirche und Rathaus. Da man städtebauliche Verträglichkeit besonders berücksichtigt sehen wollte, wurde schon der ursprüngliche Bauantrag wegen der Länge und Größe des Gebäudes kontrovers diskutiert, aber letztlich doch genehmigt. Für Hochspannung und Misstrauen allerdings sorgte der Bau des Bischofswiesener Handwerksbetriebs erst, als er zusehends größer wurde als genehmigt. Aus der genehmigten Dachterrasse wurde plötzlich ein Restaurant. Ein Gebäudeteil für die Haustechnik und ein Schulungsraum kamen auch noch gleich hinzu. Aber damit längst noch nicht genug, liebe Kolleginnen und Kollegen: Trotz des verordneten Baustopps und angedrohter Zwangsgelder wurde, wie wir schon von Frau Scharfenberg hören durften, munter und kontinuierlich in den nicht genehmigten Bereichen weitergebaut, was sich übrigens auf der Homepage der Unabhängigen Bürgervereinigung Bischofswiesen dank einer Fotodokumentation sehr gut nachvollziehen lässt. Es ist schon faszinierend zu sehen, wie ein Gebäudekomplex quasi fertiggestellt werden kann, bei dem für große Bereiche überhaupt kein Baurecht besteht. Ein Blick in die Chro

nologie eines Schwarzbaues in Bildern und Zitaten lohnt sich auf jeden Fall.

Vor einigen Wochen sorgte die Eingabe der Bürger aus Bischofswiesen auch in unserem Petitionsausschuss für Unverständnis und, mit Verlaub, für eine gehörige Portion Unmut. Jetzt ist der Bischofswiesener Schwarzbau nun auch noch in dieser Plenarsitzung gelandet, und zwar aus gutem Grund, wie ich finde. Beim Lesen der Petitionsunterlagen verschlug es mir im wahrsten Sinne des Wortes die Sprache

(Lebhafte Zurufe von der CSU: Das ist nicht wahr!)

angesichts eines so unverfrorenen und respektlosen Verhaltens der Bauherren.

(Unruhe bei der CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wie würden Sie es denn bezeichnen, wenn jemand auf seiner Bautafel, für alle Interessierten sehr gut sichtbar, ein nicht genehmigtes Restaurant ankündigt, obwohl nur ein Ausstellungscenter genehmigt war? Für mich ist dieses Verhalten ein Beweis dafür, dass der Bauantrag von Anfang an nicht mit dem übereinstimmte, was der Bauherr in Wirklichkeit plante.

(Beifall bei den Freien Wählern, der SPD und den GRÜNEN)

Frau Kollegin, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Runge?

Nein, im Moment nicht. - Dann ist es wohl auch nicht abwegig, wenn man in aller Deutlichkeit Vorsatz unterstellt, also das Wissen und Wollen der Tatbestandsverwirklichung.

Dass im Petitionsausschuss etliche Eingaben landen, in denen Häuslebauer um Unterstützung bitten, weil ihnen zum Beispiel wegen ein paar Zentimeter der Ausbau einer Garage nicht genehmigt wird oder weil aufgrund von Flächennutzungsplänen eine Viehschutzhütte wieder abgerissen werden muss, liegt auf der Hand. In nahezu allen Fällen müssen wir aufgrund der eindeutigen Rechtslage die Petition abweisen, auch wenn uns das, offen gesagt, manchmal schwerfällt. In diesem Fall aus Bischofswiesen geht es aber nicht um kleine Häuslebauer oder um Landwirte, die aus Unwissenheit oder aufgrund schlechter Beratung gegen Baugesetze verstoßen und nun mit einer Geldstrafe und einem Baustopp kämpfen müssen; hier geht es um etwas ganz anderes, um etwas Grundlegendes, nämlich um Baugerechtigkeit.

(Beifall bei den Freien Wählern, der SPD und den GRÜNEN)

Hier geht es eindeutig um Rechtsgleichheit. Wir sprechen über einen Bauherren, der sich, aus welchen Beweggründen auch immer, mit seinen Änderungen über den hart erkämpften, genehmigten Bauplan bewusst hinwegsetzt und vollendete Tatsachen schafft. Dies kann den politischen Vertretern genauso wenig recht sein wie dem Landratsamt, ganz zu schweigen von den ortsansässigen Häuslebauern, denen in der Vergangenheit vielleicht ein Umbau oder ein Neubau verweigert wurde.

(Ludwig Wörner (SPD): Wie heißt da der Landrat?)

- Das lassen wir doch einmal offen. - Die seit vierzig Jahren in Bischofswiesen ansässige Firma ist gewiss ein wichtiger Handwerksbetrieb und Arbeitgeber für die Gemeinde. So ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass in der öffentlichen Diskussion immer wieder zu hören war, dass mit dem neuen Gebäude schließlich auch vierzig neue Arbeitsplätze entstehen. Das ist ein Aspekt, der legitimerweise auch eine Rolle spielte, als der Bischofswiesener Bauausschuss schließlich doch noch den für das Technikgebäude nachgereichten Tekturplan genehmigte, wenn auch nur knapp, nämlich mit 5 zu 4 Stimmen. Auch wenn es knapper nicht mehr geht, die örtliche Firma zumindest hat mit ihrem Seminarraum und dem Raum für die Haustechnik bekommen, was sie wollte. Jetzt stünde nur noch die nachträgliche Genehmigung für das Restaurant aus. Liebe Kolleginnen und Kollegen, erlauben Sie mir an dieser Stelle eine provokante Frage: Gibt es eine Regel, ab wie vielen Arbeitsplätzen das Baurecht nicht mehr einzuhalten ist?

(Beifall bei den Freien Wählern, der SPD und den GRÜNEN)

Bitte verstehen Sie mich nicht falsch: Ich möchte damit keinesfalls das Verhalten des Gemeinderats und schon gar nicht das Vorgehen des Landratsamtes beanstanden; denn mit einem derartigen Vorgehen des Bauherren konnte wirklich niemand rechnen, schon gar nicht angesichts der angewandten Zwangsmittel. Allerdings ist der Bischofswiesener Bauskandal Anlass genug, um sich Gedanken über eine adäquate und Erfolg versprechende Höhe von Zwangsgeldern zu machen.

Frau Kollegin, Ihre Zeit ist abgelaufen. Ich darf Ihnen aber andeuten, dass Sie gleich noch zwei Minuten geschenkt bekommen.

Von wem? - Also darf ich nun, oder darf ich nicht?

(Allgemeine Heiterkeit)

Einen Satz vielleicht noch.

- Okay, noch einen Satz, weil wir zu diesem Thema eigentlich schon alles gehört haben.

(Zustimmung und Beifall bei der CSU)

Dennoch möchte ich an dieser Stelle die Aufsichtsbehörden des Landratsamtes, also die Regierung von Oberbayern und das bayerische Innenministerium, auffordern, sich dieser Sache unverzüglich anzunehmen und hier für Recht und Ordnung zu sorgen,

(Zurufe von der CSU - Unruhe - Glocke des Präsi- denten)

und zwar in einer Art und Weise, wie wir das sonst vom Herrn Innenminister auch gewohnt sind. - Er ist jetzt leider nicht da, ich hätte mich gerne an ihn direkt gewendet. Was zu tun ist, wissen Sie ganz genau.

(Beifall bei den Freien Wählern, der SPD und den GRÜNEN - Zurufe von der CSU)

Frau Jung, Herr Dr. Runge will noch eine Zwischenbemerkung machen, nur einen Satz, so hat er versprochen.

Frau Kollegin Jung, ich habe schon gewusst, dass Sie mit Ihrer Zeit nicht zurechtkommen; deswegen schenken wir Ihnen auch die Zeit. Ich stelle Ihnen eine ganz leicht zu beantwortende Frage: Interpretieren Sie die teilweise überaus unflätigen Zwischenrufe der Herren rechts vor Ihnen als Ausdruck einer großen Betroffenheit und eines tiefen Schmerzes deswegen, weil ihnen ein typischer Fall von CSU-Filz vor Ort vorgetragen wird?

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Genau das ist es.

(Beifall bei den Freien Wählern, der SPD und den GRÜNEN)

Wir haben noch eine Zwischenbemerkung. Bitte schön, Herr Kollege Weidenbusch.

Wenn das wirklich so einfach ist, dann würde ich Sie bitten, uns am Rednerpult ganz kurz zu sagen, was genau das Innenministerium Ihrer Meinung nach tun soll.

Gerne, eingreifen und für Recht und Ordnung sorgen.

(Lebhafter Widerspruch bei der CSU)

- Moment, ich rede jetzt. Mit geht es nicht einfach darum, dass in der Petition das Landratsamt angeprangert wurde. Das hat sich gewiss nicht falsch verhalten. Die Petition wurde aber vielleicht völlig falsch gestellt. Für mich geht es letztendlich darum, dass im Nachhinein Dinge genehmigt werden, die vorher so niemals genehmigungsfähig gewesen wären.

(Peter Winter (CSU): Das ist ja das Problem, Sie haben keine Ahnung! - Zuruf von der CSU: Was wissen Sie denn von der kommunalen Planungshoheit?)

- Die kommunale Planungshoheit kenne ich sehr wohl. Über die setzt man sich sehr oft in dem Moment hinweg, in dem ein Bürgermeister und ein Landrat der CSU da sitzen. Das wissen wir doch alle.

(Lebhafter Beifall bei den Freien Wählern, der SPD und den GRÜNEN)

Es ist nur eine Zwischenbemerkung pro Fraktion zulässig. Deswegen erteile ich als letzter Rednerin in der Debatte Frau Julika Sandt für die FDP-Fraktion das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich bedaure, dass es jetzt zu Verzögerungen gekommen ist und dass wir deshalb jetzt nicht mehr abstimmen können.

Grundsätzlich gilt natürlich: kein Bau ohne Genehmigung. Das ist eine klare Sache. Sonst hätten wir einen Wildwuchs im Baubereich. Leider kommt es immer wieder aufgrund von Unwissenheit, sicherlich auch aufgrund von Dreistigkeit, zu einem Bauen ins Blaue. Es gibt aber entsprechende Stellen, die derartige Verstöße bestrafen. Bei der vorliegenden Petition handelt es sich um einen solchen Fall. Die Kritik der Petentin richtet sich nicht gegen den Bau an sich, sondern gegen das Landratsamt Berchtesgadener Land, das gegen einen teilweise ungenehmigten Bau eines Ausstellungscenters in Bischofswiesen nicht vehement genug eingeschritten sein soll.

(Fortgesetzte Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Nach den uns vorliegenden Akten können wir diese Kritik nicht teilen. Das Landratsamt hat im rechtlichen Rahmen gehandelt. Es hat Zwangsgelder in Höhe von 4.500 Euro, dann in Höhe von 20.000 Euro und schließlich in Höhe von 30.000 Euro angedroht und auch vollstreckt. Schließlich musste die Baustelle versiegelt werden. Im Moment ist sie versiegelt. Der Bauherr muss laut Landratsamt weiterhin mit einem hohen Bußgeld rechnen.

Wenn ich Gemeinderätin wäre oder im Landratsamt arbeiten würde, würde ich die Prüfung der nun zu bewertenden Bauten ganz genau durchführen. Ich appelliere auch an das Verantwortungsbewusstsein aller Beteiligten, den rechtlichen Rahmen und die Spielregeln hier einzuhalten.

Die kommunale Prüfung kann auch zu einer Abrissverfügung führen, wenn ein Gebäude nicht zu legalisieren ist. Die Prüfung obliegt der Kommunalaufsicht und ist keine unmittelbare Entscheidung des Landtags.