Protokoll der Sitzung vom 01.04.2009

Von 2009 auf 2010 wird der Sozialhaushalt noch einmal auf rund 2,36 Milliarden Euro steigen. Das bedeutet, verehrte Kolleginnen und Kollegen, dass wir uns trotz der zweifellos immer schwieriger werdenden finanziellen Rahmenbedingungen über Steigerungsraten von 3,9 % bzw. 2,5 % jeweils gegenüber dem Vorjahr freuen können.

Ich möchte in diesem Zusammenhang auch gleich meinen Dank an den Vorsitzenden des Haushaltsausschusses, Georg Winter, und natürlich auch an die zuständige Staatsministerin Christine Haderthauer aussprechen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, Sie wissen, dass es uns bereits in den letzten Jahren gelungen ist, das Mittelvolumen des Sozialhaushalts stetig anzuheben. Mit dem jetzt vorliegenden Doppelhaushalt 2009/2010 können wir nun auch, denke ich, wichtige politische Akzente verstärken. Bevor ich auf manche Ansätze näher eingehe, möchte ich noch auf den Bereich Soziales und auf wichtige Maßnahmen des Konjunkturpakets II des Bundes zu sprechen kommen.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, in den Jahren 2009 bis 2011 stehen für insgesamt sechs Maßnahmen aus diesem Konjunkturpaket zusätzlich 45 Millionen Euro zur Verfügung. Sie werden insbesondere zur Förderung von Werkstätten für behinderte Menschen, von Wohnheimen für Werkstattbeschäftigte, von Einrichtungen für Menschen mit Behinderung sowie von Heimen und heilpädagogischen Tagesstätten eingesetzt.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen, entsprechend der eingangs zitierten Leitlinie ist der Schwerpunkt des Sozialhaushalts ganz deutlich bei den familienpolitischen Leistungen angesetzt. Hierfür sind in den Haushaltsjahren 2009 und 2010 insgesamt mehr als 1,8 Millionen Euro veranschlagt.

(Erwin Huber (CSU): 1,8 Milliarden Euro!)

- 1,8 Milliarden Euro, genau, vielen Dank, Herr Huber, lieber Kollege. - Dies entspricht einem Anteil von knapp 40 %.

Dabei liegt uns natürlich eine gute Betreuung unserer Kinder besonders am Herzen. Den weitaus größten Anteil innerhalb dieses Bereichs und auch an der Steigerung des Sozialhaushalts insgesamt weist deshalb, wie schon im letzten Doppelhaushalt, der Bereich der Kindertagesbetreuung aus. Hier liegen die Schwerpunkte beim Ausbau der Betreuungsangebote, bei der Verbesserung des Anstellungsschlüssels von 1 zu 12,5 auf 1 zu 11,5 ab dem Betreuungsjahr 2008/2009 sowie beim verstärkten Einsatz von Sprachberatern und Sprachberaterinnen zur Fortbildung des pädagogischen Personals.

Werte Kolleginnen und Kollegen, ein, wie ich meine, weiterer wesentlicher Baustein der bayerischen Familienpolitik ist unser Landeserziehungsgeld, das Bayern übrigens als eines von nur noch vier deutschen Ländern gewährt. Wir verfolgen hier aber einen klaren Kurs: Wir wollen die Wahlfreiheit der Eltern auch in der Zukunft beibehalten. Auch darin zeigt sich, meine ich, die große Bedeutung, die wir der Förderung unserer Familien und unserer alleinerziehenden Mütter und Väter beimessen.

Zwei weitere familienpolitische Leistungen möchte ich trotz der gebotenen Kürze nicht unerwähnt lassen, weil sich die CSU für sie besonders eingesetzt hat. Denn durch den Änderungsantrag der CSU/FDP-Koalition können wir den Ansatz für die Familienhilfe erfreulicherweise um eine halbe Million Euro aufstocken. Damit kann die Förderung der Ehe- und Familienberatungsstellen verstärkt werden. Das war uns besonders wichtig. Außerdem werden wir die Förderung für weitere Mütter- und Familienzentren um knapp 200.000 Euro erhöhen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, um junge Menschen gezielt zu fördern und ihnen so die Chance zu eröffnen, später im Erwachsenenalter selbstständig, eigenverantwortlich und unabhängig von staatlichen Leistungen ihr Leben gestalten zu können, bauen wir ganz bewusst die Jugendsozialarbeit an unseren Schulen massiv aus. Wir leisten dadurch, meine ich, einen wichtigen Beitrag zum

sozialen Frieden, zur Vermeidung von Jugendkriminalität und von jeder Form von Extremismus und Radikalismus. Die Devise lautet: Prävention vor Reparatur.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Mit einer Mittelerhöhung von rund 1,5 Millionen Euro im Jahr 2009 und von rund 2,2 Millionen Euro im Jahr 2010 können bereits ab dem Schuljahr 2009/2010 - und damit drei Jahre früher als ursprünglich vorgesehen insgesamt 350 Stellen an 489 Schulen in die staatliche Förderung aufgenommen werden.

Dazu muss ich auch noch einmal ergänzen. Allein aufgrund des Änderungsantrages von CSU und FDP in Höhe von 1,2 Millionen Euro zusätzlich zu den bereitgestellten Mitteln wird es möglich sein, summa summarum 350 plus 44, also insgesamt 394 Stellen auszubauen,

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

den derzeit noch bestehenden Antragsstau abzubauen und den erforderlichen Förderungsbedarf sicherzustellen. Ich denke, wir haben allen Grund, uns darüber zu freuen.

(Beifall bei der CSU und Abgeordneten der FDP)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, unser gesellschaftliches Leitbild ist die Partnerschaft der Generationen. Ich weiß, dass sich dem viele anschließen können; denn wir spüren alle, dass wir in diesem unserem Land nicht noch mehr Gegen- und Nebeneinander, sondern ein verstärktes Miteinander brauchen. Deshalb freue ich mich sehr, dass mit zusätzlichen Mitteln in Höhe von jährlich knapp 1 Million Euro gerade das Ehrenamt und die Selbsthilfe im Pflegebereich gefördert werden können. Damit unterstreichen wir, dass uns die permanente Verbesserung der Pflege unserer älteren Mitbürgerinnen und Mitbürger besonders am Herzen liegt.

Ich möchte in diesem Zusammenhang aber auch einmal sagen: Pflege und Innovation sind unserer festen Überzeugung nach Begriffe, die in der Zukunft zum Wohle unserer Senioren vielleicht noch enger zusammengeführt werden müssen. Es geht zum Beispiel um die weitere Erprobung und um den Ausbau innovativer Wohn- und Pflegeformen im ambulanten Bereich. Es geht letztlich, unterm Strich betrachtet, um die Verbesserung der Lebensqualität unserer Mitmenschen.

Mir ist es ein großes Anliegen, an dieser Stelle ein ganz herzliches Dankeschön an die Abertausende von ehrenamtlich Tätigen im Sozialbereich zu sagen, ohne die viele soziale Leistungen wohl nicht erbracht werden könnten.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU sowie der Ab- geordneten Christa Steiger (SPD) und Tobias Thalhammer (FDP) )

Mein herzlicher Dank gilt aber auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des bayerischen Sozialministeriums für ihr Engagement und ihre Arbeit für die Menschen unter uns, die nicht so sehr auf der Sonnenseite des Lebens stehen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich möchte abschließend hervorheben, dass der bayerische Sozialhaushalt 2009/2010 erfreulicherweise Steigerungsraten von 3,9 % bzw. 2,5 % jeweils gegenüber dem Vorjahr enthält. Das spiegelt die großen Anstrengungen wider, die der Landtag unternimmt, damit wir auch in Zukunft einen leistungsfähigen Sozialstaat haben, auf den sich die Menschen in unserem Land verlassen können.

Warum? Weil wir stets im Auge behalten haben und auch in Zukunft mehr denn je im Auge behalten müssen: Sozial ist, was Arbeit schafft.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU und des Abge- ordneten Tobias Thalhammer (FDP))

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, Bayern steht auch im Sozialbereich besser da als alle anderen deutschen Länder - machen Sie konkrete Vergleiche. Diesen Vorsprung wollen wir in der Zukunft halten, auch wenn die Dinge im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise sicherlich nicht leichter werden. Umso wichtiger ist es, dass wir die Fragen rund um die soziale Gerechtigkeit, rund um die soziale Marktwirtschaft mehr denn je im Blick behalten.

(Allgemeine Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Unsere Sozialpolitiker, allen voran unser Vorsitzender im zuständigen Ausschuss, Joachim Unterländer, werden dies mit Leben erfüllen.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU und des Staats- ministers Joachim Herrmann)

Vielen Dank, Herr Kollege Rudrof. Für die SPD-Fraktion darf ich Frau Kollegin Steiger das Wort erteilen.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Rückblick auf die vorige Diskussion zum Landwirtschaftshaushalt möchte ich Folgendes anfügen: Herr Eck von der CSU hat gesagt, er sei dankbar, für die Staatsregierung und seine Partei arbeiten zu dürfen. Kolleginnen und Kollegen, ich denke, wir alle in diesem Haus arbeiten für die Menschen in diesem Land,

(Beifall bei der SPD)

und zwar ohne Ansehen einer Parteizugehörigkeit und ohne Ansehen der Person. Das möchte ich dem Sozialhaushalt voranstellen.

Herr Ministerpräsident, Sie haben gestern in der Haushaltsdebatte viel über Zukunft, Aufbruch, sogar visionär anmutende Themen gesprochen. Im Lichte des heutigen Tages stellt sich die Frage nach der Zukunft des sozialen Bayern im Hinblick auf den Sozialhaushalt. Hier muss man einfach konstatieren:

Erstens: Die Wunden des Kürzungshaushalts 2004 sind noch nicht verheilt, auch nicht mit der Nachschubliste und auch nicht mit dem Geld, das Sie aus dem Konjunkturpaket nehmen und für Versäumnisse im Bereich des Landesplanes für Menschen mit Behinderungen hineinstecken. Sie müssen den Haushalt 2009 und 2010 mit dem von 2004 vergleichen und nicht mit dem Jahr zuvor.

Zweitens: Die Vorgaben des Koalitionsvertrages werden nicht erfüllt, Stichwort beitragsfreies Kindergartenjahr.

Drittens. Vor dem Hintergrund des Sozialberichts und der demografischen und der wirtschaftlichen Entwicklung müsste ein Sozialhaushalt zukunftsweisender ausschauen. Dabei stelle ich fest - und will das auch nicht verschweigen -, dass Sie einigen unserer Forderungen langsam nachgekommen sind so nach dem Motto: Kaum vergehen zwei Doppelhaushalte oder vier Jahre, schon tun wir was, zum Beispiel bei der Insolvenzberatung, zum Beispiel bei den Betreuungsvereinen, zum Beispiel bei der Familienberatung.

Der jetzige Anstieg des Doppelhaushalts 2009/2010 gleicht aber bei Weitem nicht einmal das aus, was gekürzt wurde und was an Strukturen aufgrund der Kürzungen weggebrochen ist. Jetzt verwenden Sie verstärkt Mittel aus dem Konjunkturpaket II - ich habe es angesprochen - für dringende Maßnahmen der Sanierung und des Baus von Behinderteneinrichtungen und Heimen.

Wo fehlt es unserer Meinung nach im Sozialhaushalt an einer zukunftsorientierten, innovativen Landespolitik eines sozialen Bayern? Lassen Sie mich ein paar Punkte ansprechen.

Erstens: die Kinderbetreuung, der Ausbau für Kinder unter drei Jahren. Hier nehmen Sie gern das Geld vom Bund, reichen es durch, verkaufen immer wieder die 100 Millionen Euro Landesgeld, von denen bisher noch kein einziger Cent ausgegeben wurde. Ich zitiere aus den Zeitungen vom Januar dieses Jahres: "Der Herr Ministerpräsident will einen schnelleren Ausbau für

unter Dreijährige" - wunderbar, hier haben wir nämlich ein gewaltiges Defizit -, "und das soll schon innerhalb der nächsten zwei Jahre geschafft werden." Da müssen Sie sich aber sputen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD - Georg Schmid (CSU): Schaffen wir!)

Wir wollen den beitragsfreien Kindergarten, angefangen mit dem ersten Jahr - oder mit dem letzten Jahr, darüber kann man diskutieren. Das steht bei Ihnen im Koalitionsvertrag. Wir haben auch einen Gegenvorschlag zur Finanzierung gemacht. Das Landeserziehungsgeld wurde 2004 zum Steinbruch gemacht. Mit den Mitteln des Landeserziehungsgeldes kann niemand ein Kind aufziehen. Mit einem beitragsfreien Kindergarten ist allen gedient.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Es kann nicht angehen, Frau Ministerin Haderthauer, dass Sie jetzt plötzlich Qualität gegen Kostenfreiheit stellen und das als Luxusproblem abtun. Nach Ihrer Aussage bezahlt für bedürftige Familien sowieso die Jugendhilfe. Das sind die Kommunen. Sie verlagern wieder einmal auf andere. Aber es gibt genügend Familien, die gerade an der Grenze sind, wo es nicht finanziert wird. Um die müssen wir uns kümmern.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Für uns heißt das nicht "Entweder - oder", sondern "Sowohl - als auch". Zum Koalitionsvertrag muss man nach Ihren Aussagen konstatieren: Versprochen - gebrochen, nicht: versprochen - gehalten, wie Sie es gestern bei verschiedenen Themen ausgedrückt haben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Frühkindliche Bildung und die Unterstützung von Familien sind staatliche Aufgaben.

Zweitens: Weiter geht es mit dem kostenfreien Mittagessen. Wir wollen es für alle Kinder. Es gehört zur ganzheitlichen Erziehung, Bildung und Betreuung in Kindergarten und Schule. Der erste Schritt ist getan. Dagegen haben wir in keiner Weise etwas.