Christa Steiger
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Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Der Schwerpunkt unserer Arbeit im sozialpolitischen Ausschuss war die Umsetzung der UNBehindertenrechtskonvention. Wir wissen, dass wir erst am Anfang stehen; denn Inklusion, Selbstbestimmung und gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderung sind ein Menschenrecht und Aufgaben, die die gesamte Gesellschaft fordern, und zwar alle ohne Ausnahme.
Vor einiger Zeit habe ich in einer seriösen Zeitung mit Freude gelesen, dass Sozialministerin Haderthauer bis zum Jahre 2025 ein Sonderinvestitionsprogramm des Freistaats für ein barrierefreies Bayern fordert. Staatliche Investitionszuschüsse sollten bewirken, dass Bayern in allen Landesteilen bis 2025 barrierefrei wird, so die Ministerin. Natürlich sei Barrierefreiheit nicht von heute auf morgen zu erreichen. Umso wichtiger sei ein kraftvoller Einstieg. So wird Frau Haderthauer zitiert. Mit dem Programm will Frau Haderthauer Kommunen und freie Träger dabei unterstützen, Barrieren in Einrichtungen und Gebäuden, auf Straßen und Plätzen und in den Kommunikationssystemen abzubauen. Ich habe mir gedacht: Sehr sinnvoll. Super. Toll. Die Ministerin wird sozialpolitisch. Das ist richtig gut. Das unterstützen wir doch glatt. Vorsichtshalber habe ich in den Aktionsplan geschaut. Das könnte ja schon drinstehen. Im Aktionsplan der Staatsregierung zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention steht dazu aber nichts. Das ist nicht verwunderlich; denn konkrete Zielvorgaben, bis wann etwas zur Umsetzung passieren soll, fehlen weitgehend.
Wenn die Sozialministerin jedoch einmal konkret wird, schreiben wir einen Antrag, der heute zur Abstimmung vorliegt. Wir unterstützen die Staatsregierung, wenn etwas Sinnvolles vorgeschlagen wird. Mit unserem Antrag fordern wir die Staatsregierung auf, ein Sonderinvestitionsprogramm "Bayern Barrierefrei 2025" aufzulegen. Was passiert? - Im Ausschuss lehnen CSU und FDP diesen Antrag ab. Genau das, was die Ministerin fordert, wird von ihrer eigenen Koalition abgelehnt. Was ist das für eine Politik gegenüber den betroffenen Menschen, den Trägern und
den Kommunen? Das ist doch, mit Verlaub, nicht seriös.
Es steht nichts im Aktionsplan. Die Forderung der Ministerin wurde im Rahmen einer Sonntagsrede – es war an einem Sonntag – angekündigt. CSU und FDP haben ein Werktagshandeln an den Tag gelegt. Die Ankündigung zerplatzte wie eine Seifenblase. Kolleginnen und Kollegen, was wäre das für ein tolles Ergebnis am Ende der Legislaturperiode gewesen: ein einstimmiger Beschluss "Bayern Barrierefrei 2025". Noch hätten Sie die Chance, Ihre Ablehnung zu revidieren. Dazu gehört natürlich ein bisschen Mut. Das ist klar. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, diesen Mut – ich sehe schon das große Interesse – haben Sie offensichtlich nicht.
Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Für mich ist es heute der letzte Tag in diesem Landtag. Nach 21 Jahren Landtagstätigkeit regt es mich immer noch auf, dass gute Anträge und wichtige Dinge von Ihnen abgelehnt werden, weil sie von der Opposition kommen.
Ich hoffe, Sie denken endlich einmal um, damit wir gemeinsam etwas für die gesamte Gesellschaft bewirken können. Das wünsche ich mir für diejenigen, die dem neuen Landtag angehören werden.
Frau Kollegin Meyer, Sie verwirren mich schon ein bisschen. Sie sagen, Sie würden unseren Anträgen durchaus zustimmen, wenn sie gut sind.
Diesen Antrag, der Frau Ministerin Haderthauer im Originalton wiedergibt, haben Sie abgelehnt. Wollen Sie damit sagen, dass die Forderung von Frau Ministerin Haderthauer nach einem Sonderinvestitionsprogramm nicht gut ist?
Sie haben auf Bahnhöfe und S-Bahnhöfe verwiesen. In diesem Sonderinvestitionsprogramm geht es explizit um die kommunale Ebene und um die Träger. Bahnhöfe sind ein extra Thema. Der Aktionsplan betrifft nicht nur das Sozialministerium,
sondern geht doch querbeet. Infolgedessen ist die Forderung nach einem Sonderinvestitionsprogramm auch über alle Ministerien gedacht. Das ist doch ganz klar. Irgendwo haben Sie sich mit der Strategie zur Ablehnung unseres Antrags in Widersprüche verwickelt, die Sie bis jetzt nicht auflösen konnten.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Bayerischen Blindengeldgesetz wird die besondere Situation taubblinder Menschen bisher nicht berücksichtigt. Mit diesem Gesetzentwurf soll das geändert werden. Endlich eine Verbesserung für die 114 taubblinden Menschen in Bayern: Sie be
kommen das doppelte Blindengeld. So weit so gut? – Ja und Nein. Ja für die 114 Menschen, aber Nein für die 6.100 hochgradig Sehbehinderten und die 75 hochgradig Sehbehinderten mit gleichzeitiger Taubheit oder großer Schwerhörigkeit. Diese Menschen werden von Ihnen schlichtweg ausgegrenzt.
- Doch! Sie tun das, obgleich Frau Faltl vom Bayerischen Blinden und Sehbehindertenbund und Frau Badura, die Behindertenbeauftragte der Bayerischen Staatsregierung, wirklich deutlich nachvollziehbar begründet haben, dass sowohl taubblinde Menschen ein doppeltes Blindengeld erhalten müssen als auch diese Personengruppe, die Sie ausgrenzen, nämlich die hochgradig Sehbehinderten.
Wir wollen ein abgestuftes Blindengeld von 30 % für die hochgradig Sehbehinderten. Taube, die gleichzeitig hochgradig sehbehindert sind, sollen 60 % des Blindengeldes erhalten. So sah es unser Gesetzentwurf vor, doch den haben Sie von der CSU und der FDP abgelehnt. Das sieht auch unser Änderungsantrag zu Ihrem Gesetzentwurf vor, doch auch den haben Sie in den Ausschüssen abgelehnt. Uns ist es deshalb wichtig, Ihr Abstimmungsverhalten heute mit einer namentlichen Abstimmung noch einmal zu manifestieren. Es geht um 12,4 Millionen Euro. Das ist weniger als die Kürzung im Jahr 2004 in Höhe von 15 Millionen Euro. Das haben Sie zu verantworten. Sie haben zu verantworten, dass diese Menschen ausgegrenzt werden. Herr Unterländer, Sie sollten einmal über die drei Buchstaben C, S und U reflektieren und darüber, was sie bedeuten.
Wir haben Ihnen mit unserem Änderungsantrag eine zweite Chance gegeben, nachdem Sie unseren Gesetzentwurf abgelehnt haben, die Personengruppe von schwerstsehbehinderten und hochgradig schwerhörigen Menschen mit diesem abgestuften Blindengeld auszustatten.
Liebe Brigitte Meyer, lieber Herr Kollege Unterländer, was das Vier-Stufen-Modell angeht, so kann ich nur sagen: Die Worte hör ich wohl, es fehlt mir aber der Glaube. - Sie grenzen aus, trotz der UN-Behindertenrechtskonvention und trotz des Aktionsplans der Staatsregierung. In diesem Aktionsplan steht absolut nichts darüber, dass hier etwas überprüft und vielleicht in der nächsten Legislaturperiode aufgenommen werden soll.
Sie haben unseren Gesetzentwurf 1 : 1 abgeschrieben, was taubblinde Menschen anbetrifft.
Man muss schon sagen, die CSU ist der beste Copyshop aller Zeiten. Hätten Sie unseren Gesetzentwurf doch komplett abgeschrieben, dann wären die Menschen mit dabei, die Sie jetzt ausgrenzen.
Sie lassen 6.200 Menschen schlichtweg draußen vor der Tür stehen. Von einer gleichberechtigten Teilhabe kann hier nicht die Rede sein. Sie, Herr Unterländer, haben bei der Debatte im Ausschuss gesagt, der finanzielle Mehrbedarf wäre angesichts der derzeitigen Situation nicht darstellbar. 10 Milliarden Euro für die Landesbank waren es hingegen ganz schnell! Ich sage das jetzt ganz bewusst so polemisch. Ich frage Sie deshalb auch: Was gilt bei Ihnen eigentlich? Inklusion nach Kassenlage? – Das kann nicht sein.
Es muss gelten: Inklusion nach Menschenrecht. Es muss gefragt werden: Was sind die Bedürfnisse der 6.200 Menschen, die Sie hier ausgrenzen?
Sie wollen in der nächsten Legislaturperiode prüfen, ob das abgestufte Blindengeld möglich wäre. Damit wird es nur hinausgeschoben. Sie wollen es vielleicht irgendwann einmal prüfen. Sie wollen zwar das Merkzeichen "taubblind" für taubblinde Menschen einführen. Im Bundestag stimmen aber – man höre und staune! – die CDU/CSU und die FDP dagegen. Das ist in Anbetracht der UN-Behindertenrechtskonvention und der gleichberechtigten Teilhabe von Menschen mit Behinderung armselig.
Wir stimmen dem Gesetzentwurf zu, weil er ein Schritt in die richtige Richtung ist, um den betroffenen Menschen zu helfen. Trotzdem bleibt unsere Kritik, dass dieser Gesetzentwurf ein Flickwerk und halbherzig ist. Sie hätten die Chance gehabt zu zeigen, welchen Stellenwert die Sozialpolitik im Lichte der Inklusion hat. Es ist traurig, dass Sie diese Chance nicht genutzt haben.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! In Bayern erhalten rund 15.340 Menschen Blindengeld. In Bayern leben derzeit auch 100 taubblinde Menschen, 6.100 hochgradig Sehbehinderte und 75 hochgradig sehbehinderte Menschen, die zugleich taub oder hochgradig schwerhörig sind.
Im Bayerischen Blindengeldgesetz wird die besondere Situation taubblinder Menschen nicht berücksichtigt. Hochgradig sehbehinderte Menschen und hochgradig sehbehinderte Menschen, bei denen zugleich Taubheit vorliegt, erhalten in Bayern im Gegensatz zu Menschen dieser Personengruppe in anderen Bundesländern kein Blindengeld.
Frau Faltl, Vorsitzende des Bayerischen Blinden- und Sehbehindertenbundes, hat im Ausschuss bei der Beratung unseres Gesetzentwurfes sehr beeindruckend geschildert, was hochgradige Sehbehinderung bedeu
tet. Unseren Gesetzentwurf befürwortet auch Frau Badura, die Behindertenbeauftragte der Bayerischen Staatsregierung, in ihrer Stellungnahme mit einer sehr guten Begründung. Unser Gesetzentwurf ist in einer engen Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Blinden- und Sehbehindertenbund entstanden. Wir haben uns für diesen Gesetzentwurf kundig gemacht und uns Zeit gelassen, um zu prüfen, was möglich und was machbar ist. Das Ergebnis ist dieser Gesetzentwurf. Er sieht Folgendes vor: Taubblinde Menschen erhalten ein Blindengeld in doppelter Höhe, für hochgradig sehbehinderte Menschen gibt es ein Blindengeld in Höhe von 30 % des Blindengeldes und für hochgradig sehbehinderte Menschen mit gleichzeitiger Taubheit oder hochgradiger Schwerhörigkeit soll ein Blindengeld in Höhe von 60 % des Blindengeldes gezahlt werden.
Kolleginnen und Kollegen, es geht dabei um 12,39 Millionen Euro. Derzeit werden an Blindengeld rund 80 Millionen Euro gezahlt. Ich sage das deshalb so deutlich, weil die mit dem Gesetzentwurf verbundenen Mehrausgaben von 12,4 Millionen Euro weniger sind als die unrühmliche Kürzung des Blindengeldes im Jahr 2004 in Höhe von 15 Millionen Euro. Das Blindengeld wurde damals radikal gekürzt. Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, haben das damals zu verantworten gehabt.
Bayern war mit seinen Leistungen für blinde Menschen einmal vorbildlich. Andere Bundesländer haben die Notwendigkeit längst erkannt, dass Taubblinde und schwerst sehbehinderte Menschen ebenfalls einen Nachteilsausgleich erhalten müssen, um am gesamtgesellschaftlichen Leben teilhaben zu können, und haben entsprechend gehandelt. Ich verweise auf die UN-Behindertenrechtskonvention und die Umsetzung der Inklusion.
Herr Unterländer, ich wende mich speziell an Sie. Ich möchte Ihre Ausführungen im sozialpolitischen Ausschuss, mit denen Sie unseren Gesetzentwurf abgelehnt haben, hier thematisieren. Sie stellten fest, dass das bayerische Blindengeld eine unverzichtbare Leistung sei; die CSU räume eine Bestandsgarantie ein. So sagten Sie ausweislich des Protokolls. Im Jahr 2004 war das wohl ein bisschen anders. Sie sagten im Ausschuss außerdem, der finanzielle Mehrbedarf von rund 12 Millionen Euro nach unserem Gesetzentwurf sei in der momentanen Situation nicht darstellbar. Das, Herr Kollege Unterländer, ärgert mich über die Maßen. Ich könnte polemisch sagen, dass 10 Milliarden Euro zur Rettung der Landesbank sehr schnell darstellbar waren. Ich bin aber nicht polemisch.
- Wenn Sie die Ironie nicht verstehen, dann tut es mir leid. Da ging es um Banken; hier geht es aber um Menschen, die mit einem Blindengeld einen Nachteilsausgleich erhalten sollen, um ihr Leben gestalten zu können.
Herr Unterländer, Sie haben im Ausschuss einiges angekündigt. Die 627.000 Euro, die für das doppelte Blindengeld für Taubblinde zur Verfügung stehen müssten, sind nach Ihrer Lesart darstellbar, die 11 Millionen Euro aber nicht.
Es gelten dennoch die Inklusion und das Recht zur selbstbestimmten Teilhabe. Das kann nicht nach Kassenlage gehen. Entweder nehmen wir das ernst oder nicht. Frau Meyer hat im Ausschuss tiefstes Verständnis für das Anliegen unseres Gesetzentwurfs gezeigt. Frau Meyer, bei allem Respekt, tiefstes Verständnis allein genügt diesen Menschen in ihrer Situation keineswegs.
Herr Unterländer hat am 11. Oktober im sozialpolitischen Ausschuss einen Gesetzentwurf für ein erhöhtes Blindengeld für taubblinde Menschen angekündigt. Frau Staatsministerin Haderthauer hat am 24. Oktober im Haushaltsausschuss darauf hingewiesen, dass zunächst eine Änderung des Bayerischen Blindengeldgesetzes erforderlich sei. Dieser Gesetzentwurf liegt bis heute nicht vor. Ab nächstem Jahr soll das erhöhte Blindengeld gezahlt werden. Sie wollen wie wir mit unserem Gesetzentwurf ein Blindengeld für taubblinde Menschen in doppelter Höhe einführen. Sie stellen zwar einen Haushaltsantrag, schaffen aber entgegen der Ankündigung keine gesetzliche Grundlage dafür.
Sie spalten und grenzen schwerst sehbehinderte Menschen und schwerst sehbehinderte Menschen, die gleichzeitig taub sind, aus. Wir machen mit unserem Gesetzentwurf deutlich, dass wir zumindest ein abgestuftes Blindengeld für diese Menschen brauchen. Sie lassen sie außen vor und grenzen sie aus. Sie kündigen an − wieder eine Ankündigung -, dass die Einführung eines Blindengeldes für diesen Personenkreis vielleicht im Jahr 2014 zu prüfen sei. Herr Unterländer, das ist inkonsequent und keine durchgängige Sozialpolitik. Sie halten Sonntagsreden.
Sie haben eine Chance: Stimmen Sie unserem Gesetzentwurf heute zu. Dann haben wir für diese Personengruppe etwas in Richtung Inklusion und Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention getan.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Über die Notwendigkeit, dass etwas passiert, gibt es Einigkeit. Ich kann gleich sagen, dass die SPD-Fraktion dem Antrag von CSU und FDP zustimmen wird.
Die Urteile des Bundessozialgerichts betreffend die Investitionen für Instandhaltung und Instandsetzung bei stationären Pflegeheimen bringen wirklich gewaltige Probleme sowohl für die Träger als auch für die Bewohner. Inhaltlich werde ich darauf jedoch nicht eingehen, weil die Dinge schon gesagt worden und im Übrigen unstrittig sind.
Herr Unterländer, ich kann Ihnen die Frage jedoch nicht ersparen: Wer hat im Jahr 2003 den Investitionsaufwand für Pflegeheime gecancelt? Das waren nicht wir. Sie sind es gewesen. Und das alles schlägt sich jetzt bei den Entgelten nieder. Damals hieß es: Bei den Pflegeheimen regelt es der Markt. Aber das regelt eben nicht der Markt.
Wir werden Ihrem Antrag zustimmen; denn aufgrund des Urteils wird es massive Probleme durch das Entstehen stark schwankender Pflegesätze geben. Es wird keine vergleichbaren Entgelte mehr geben, weil sich die Entwicklung in dem einen Jahr bei dem einen und in einem anderen Jahr bei einem anderen Heim niederschlagen wird. Es wird zu einer Ausweitung des Verwaltungsaufwandes, der Bürokratie führen. Die Umsetzung des Urteils ist also nicht besonders praxisorientiert.
Hier ist nicht nur der Bundesgesetzgeber gefragt. Im Bundestag war dazu gestern wohl eine Anhörung. Die Bundestagskoalition aus CDU, CSU und FDP hat einen Änderungsantrag, der dem Ihrigen gleicht, eingebracht. Da ist also etwas auf dem Weg. Aber es schadet nichts, wenn die Entwicklung von Landesseite befördert wird.
Darum stimmen wir Ihrem Antrag zu. Aber wir müssen bedenken: Das ist nicht nur Bundessache, sondern auch Landessache.
Den Satz, den Sie angesprochen haben, können wir nicht streichen. Sie haben ja gesagt, da sei etwas angekündigt. Aber "angekündigt" heißt: Ist noch nicht "passiert". Wir haben auch schon oft erlebt, dass die Staatsregierung etwas angekündigt hat, was aber nicht umgesetzt worden ist. Wir werden den Satz also nicht streichen. Er hat seine Berechtigung, solange die Ankündigung noch nicht umgesetzt ist.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Die Arbeit an diesem Gesetzentwurf kommt einem schon vor wie das Bohren der berühmten dicken Bretter. Die Änderung - sprich: dieser Gesetzentwurf - ist längst überfällig.
Aber ich beginne zunächst einmal mit dem Artikel 17 des Bayerischen Behindertengleichstellungsgesetzes, der Stellung der oder des Behindertenbeauftragten. Es ist erst ein paar Wochen her, da haben Sie von der CSU und der FDP noch einmal die Hauptamtlichkeit der Behindertenbeauftragten - wir hatten dazu einen Gesetzentwurf vorgelegt - zum wiederholten Male abgelehnt.
Jetzt kommt der Gesetzentwurf der Staatsregierung zu dieser Thematik, und anscheinend hat der Engel Aloisius doch die göttlichen Eingebungen von oben nach unten transportiert, möchte man meinen. Im Ernst: Sie tun endlich das, was die SPD-Fraktion seit Langem fordert, und dafür müsste ich Sie loben.
Nun kommt jedoch das große Aber: Durch die Streichung der Sätze 3 und 4 ist die Hauptamtlichkeit noch
nicht gewährleistet. Sie streichen die Ehrenamtlichkeit und schreiben die Hauptamtlichkeit nicht in das Gesetz hinein, obwohl überall verkündet wird: Ja, dieser Aufgabenbereich ist so dringend notwendig, dass es einer Hauptamtlichkeit bedarf. Das ist für uns keine Flexibilität, wie Sie, Frau Ministerin, es ansprechen. Es ist ganz einfach nicht Fisch und nicht Fleisch und eröffnet jedes Mal, wenn es um die Besetzung der Funktion der Behindertenbeauftragten geht, eine neue Debatte um Hauptamtlichkeit und Ehrenamtlichkeit. Das können wir nicht wollen, Kolleginnen und Kollegen!
Sie haben sich bei unserem Gesetzentwurf zur Hauptamtlichkeit leider der ernsthaften Diskussion im Ausschuss nicht gestellt, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU und der FDP. Aber jetzt geht es, wie es immer geht, wir kennen es ja: Die guten Initiativen der Opposition werden erst einmal abgelehnt, dann werden sie aufgegriffen - von der Staatsregierung oder den Koalitionsfraktionen - und werden als eigene Initiative dann beschlossen - noch nicht einmal klar und deutlich. Ich verweise darauf, was die Landtagspräsidentin beim Tag der behinderten Menschen hier im Landtag angesprochen hat, dass jetzt die Hauptamtlichkeit ins Gesetz hineingeschrieben würde - leider eben noch nicht. Das werden wir im Ausschuss diskutieren müssen, und ich kann Ihnen sagen: Es wird ein Änderungsantrag von uns kommen.
In diesem Zusammenhang möchte ich mich sehr herzlich bei Frau Badura für die anstrengende und vielfach fordernde Tätigkeit als Behindertenbeauftragte, die sie bisher ehrenamtlich und ganz hervorragend ausgeführt hat, bedanken.
Nun kommen wir zur Änderung des Artikels 11 des Bayerischen Behindertengleichstellungsgesetzes. Hier gilt Ähnliches. In zahlreichen Debatten um das Behindertengleichstellungsgesetz des Bundes und des BayBGG, die geführt worden sind, in Anhörungen und Petitionen wurde sowohl von den Betroffenen und den Experten als auch von uns darauf hingewiesen, dass die Kommunikation hör- und sprachbehinderter Eltern bereits in den Kindertagesstätten wichtig ist und damit auch die Aufwendungen für die Dolmetscher finanziert werden müssen.
Endlich ist dieses Anliegen hier angekommen. Eine Lösung ist in dem Gesetzentwurf in Sicht. Ob der angenommene Bedarf von zwei Stunden ausreicht, wage ich zu bezweifeln, aber das wird die Erfahrung und die Zeit zeigen. Aber wenn das Bayerische Behindertengleichstellungsgesetz schon geändert wird,
dann gleich richtig, würde ich meinen, und dann auch gleich inklusiv. Deshalb wäre folgende Formulierung im Artikel 11 richtig: "Hör- und sprachbehinderte Eltern … haben einen Anspruch auf Erstattung der notwendigen Aufwendungen für die Kommunikation … mit den Kindertagesstätten, der Tagespflege und mit der Schule ihrer Kinder." Also sollte hier kein Hinweis auf hörende Kinder stehen; denn damit hätten wir schon wieder eine Ausgrenzung, sondern es sollte ganz einfach "ihrer Kinder" heißen, ganz egal, ob sie hörbehindert sind oder nicht.
Wenn wir mit dieser Formulierung zur Klarstellung und zur Umsetzung auch zur Inklusion kämen, dann wäre das ein guter Weg. Aber ich gehe davon aus, dass wir das noch vertieft im Ausschuss diskutieren werden.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Wie in allen anderen Bundesländern besteht auch in Bayern ein Blindengeldgesetz. Aufgrund dieses Bayerischen Blindengeldgesetzes erhalten blinde Menschen zum Ausgleich der ihnen entstehenden Nachteile ein Blindengeld. Das Blindengeld beträgt 85 % der Blindenhilfe nach dem SGB XII.
Nach der Definition des Bayerischen Blindengeldgesetzes ist blind, wem das Augenlicht vollständig fehlt oder dessen Sehschärfe auf dem besseren Auge nicht mehr als ein Fünfzigstel beträgt oder wenn Störungen des Sehvermögens von Schweregraden bestehen, die mit einem Fünfzigstel gleichzusetzen sind.
So weit, so gut, möchte man meinen. Aber es ist leider eben nicht "so weit, so gut". Denn in Bayern leben derzeit 100 taubblinde Menschen, 6.100 hochgradig sehbehinderte Menschen und 75 hochgradig sehbehinderte Menschen mit gleichzeitiger Taubheit oder hochgradiger Schwerhörigkeit.
Diese 6.275 Menschen erhalten kein Blindengeld. Das wollen wir mit unserem Gesetzentwurf ändern.
Die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention bedeutet eben auch, behinderten Menschen eine uneingeschränkte Teilhabe am gesamtgesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. Das ist Inklusion. In Bayern haben wir nun über 6.000 Menschen, die keine Möglichkeit zur gesamtgesellschaftlichen Teilhabe haben. Damit besteht eine Lücke im Gesetz; denn wir haben hier eine Exklusion.
Die besondere Situation von taubblinden Menschen ist im Bayerischen Blindengeldgesetz nicht berücksichtigt. Ebenso erhalten hochgradig sehbehinderte Menschen und hochgradig sehbehinderte Menschen, bei denen gleichzeitig eine Gehörlosigkeit vorliegt, keine Leistungen nach dem Blindengeldgesetz.
Diese Personengruppen haben aufgrund ihrer Sehschädigung bzw. aufgrund der zusätzlichen Gehörlosigkeit oder ihrer hochgradigen Schwerhörigkeit einen außerordentlich großen Hilfebedarf und einen außerordentlich großen Assistenzbedarf zur Kommunikation auf der einen Seite und zur Bewältigung des ganz schlichten alltäglichen Lebens auf der anderen Seite.
Vielleicht kennen Sie die Geschichte der taubblinden Helen Keller. Ansonsten empfehle ich Ihnen, deren Geschichte nachzulesen. Taubblinde Menschen können nur durch Lormen kommunizieren. Diese Kommunikation entsteht durch das in die Hand hineingetippte Alphabet. Ohne einen qualifizierten, geübten Begleiter könnte ein taubblinder Mensch oder ein fast taubblinder Mensch seine vier Wände nicht verlassen. Menschen mit solch ganz massiven Handicaps benötigen oft sehr teure Hilfsmittel und Hilfe durch qualifizierte Assistenz, um ihren Alltag einigermaßen bewältigen zu können, um vor die Türe gehen zu können, um am Straßenverkehr teilnehmen zu können oder auch nur, um kommunizieren zu können, damit sie nicht vereinsamen. Dieser dauerhafte Hilfebedarf bedeutet erhebliche finanzielle Belastungen, die durch die Leistungen der GKV, der Eingliederungshilfe, der Grundsicherung und viele andere Dinge leider nicht aufgefangen werden können.
Es geht hier nicht um Bevorzugung, sondern um einen Ausgleich. Durch die Aufnahme dieses Personenkreises in das Bayerische Blindengeldgesetz kann die selbstbestimmte Teilhabe am gesamtgesellschaftlichen Leben wesentlich gefördert werden. Das zeigen die positiven Erfahrungen, die mit dem Blindengeld gemacht worden sind.
Schauen Sie sich einmal die Blindengeldgesetze der anderen Bundesländer an. Da erkennt man durchaus Möglichkeiten zur Hilfe. Im Rahmen unseres Föderalismus haben zwar alle Bundesländer eigene Regelungen, aber in den meisten Bundesländern gibt es für
die Gruppe der taubblinden Menschen, der schwerst gehörgeschädigten Menschen verbunden mit Blindheit oder hochgradiger Sehbehinderung, gesetzliche Regelungen. Und das wollen wir in Bayern auch.
Deshalb schlagen SPD und GRÜNE mit ihrem gemeinsam eingebrachten Gesetzentwurf, der mithilfe des Bayerischen Blindenbundes erarbeitet worden ist, eine entsprechende Lösung für Bayern vor. Damit sollten wir uns ernsthaft auseinandersetzen.
Diese Lösung sieht in unseren Augen folgendermaßen aus: Blinden Menschen im Sinne des Bayerischen Blindengeldgesetzes mit vollständigem Hörverlust oder an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit, und zwar unabhängig davon, in welchem Alter die Schwerhörigkeit eingetreten ist, soll ein Blindengeld in doppelter Höhe gewährt werden. Wir müssen davon ausgehen - und das zeigen auch die Daten und entsprechenden Prognosen -, dass wir es zunehmend mit Menschen zu tun haben, die schwer sehbehindert und gleichzeitig schwerhörig, die also blind und taub sind. Dem müssen wir gerecht werden.
Für hochgradig sehbehinderte Menschen soll ein Blindengeld in Höhe von 30 % des an blinde Menschen bezahlten Blindengeldes gewährt werden, und für hochgradig sehbehinderte Menschen mit vollständigem Hörverlust oder an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit soll, ebenfalls unabhängig davon, in welchem Alter die Schwerhörigkeit eingetreten ist, ein Blindengeld in doppelter Höhe des verminderten Blindengeldes an hochgradig sehbehinderte Menschen gezahlt werden. Das klingt vielleicht kompliziert, ist es aber überhaupt nicht.
Wir können und müssen das in den entsprechenden Ausschüssen vertieft diskutieren. Ich hoffe sehr, dass wir dann zu einer einstimmigen Zustimmung zu unserem Gesetzentwurf kommen. Das ist zu wünschen und auch zu hoffen im Sinne der Umsetzung der UNBehindertenrechtskonvention, die, wie ich schon erwähnte, den Schwerpunkt eindeutig auf die gesamtgesellschaftliche Teilhabe, die Inklusion, legt.
Jetzt grenzen wir leider noch Menschen aus, die in den Anspruch des Blindengeldes kommen müssen, es aber nicht tun und deshalb in weiten Bereichen nicht am gesamtgesellschaftlichen Leben partizipieren können. Das müssen wir ändern.
Ich bitte um Zustimmung des gesamten Hohen Hauses, um dieses Problem anzugehen und zu lösen. Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Die einen kennen "Lauenstein" als Pralinen, die anderen als Burg, manche als beides. Herr Klein, dort hat nicht nur ein großer Liberaler übernachtet, sondern auch Gabriele Münter hat dort gelebt und gemalt. Das sage ich nur zum geschichtlichen Hintergrund.
Die Geschichte der Gastronomie und des Hotelbereichs der Burganlage Lauenstein entwickelt sich leider nicht zum Ruhme der Schlösser- und Seenverwaltung und der Staatsregierung, sondern wird eher zum Trauerspiel. Nachdem Herr Freller vorhin von gut gepflegten Denkmälern und Herr Heubisch davon gesprochen hat, dass Bayern ein Tourismusland und alles gut gepflegt sei, muss man zur Burg Lauenstein Folgendes sagen: 1962 wurde die Burg vom Freistaat gekauft. Die Burganlage an sich ist wunderbar saniert, hervorragend instandgesetzt und restauriert worden. In das Hotel und in den Gastronomiebetrieb ist seit 1962 aber kaum etwas investiert worden. Die Hotelund Gastronomieanlage - ich muss es so drastisch sagen - sifft vor sich hin.
- Ich buchstabiere Ihnen hernach den Begriff gerne, Herr König.
Vor allem dieser Zustand hat die früheren Pächter dazu gebracht, den Betrieb aufzugeben.
Seit 2007 stehen die Räume leer. Mit der Schlösserund Seenverwaltung, dem Landrat, dem Bürgermeister und uns Landtagsabgeordneten wurden Gespräche geführt. Ein Gutachten darüber, das kommunal mitfinanziert wurde, wurde von der Stadt und dem Landkreis erstellt. Der Stadt und dem Landkreis ist es extrem wichtig, dass der Betrieb weiterläuft. Was nützt eine wunderbar sanierte Burg, wenn ich außen herum keine Gastronomie habe? Der Stadtrat hat eine Resolution beschlossen.
Jetzt gibt es einen Investor aus der Region, der vom Fach ist, aber es gibt noch immer keine Lösung. Auf meine Anfrage von Anfang Mai dieses Jahres nach dem Sachstand und danach, was jetzt passieren solle und was die Gründe dafür seien, dass nichts weitergehe, bekomme ich eine Antwort, die eigentlich keine Antwort ist. Sie ist leider Gottes reichlich nichtssagend.
Dem Antrag der FDP und der CSU werden wir zustimmen, obwohl ich Sie fragen muss: Haben Sie als Koalitionsfraktionen keinen Kontakt zur Staatsregierung?
Sie fordern die Staatsregierung auf, zu berichten. Ich hoffe, dass der Bericht dann wenigstens umfassend und besser als die Antwort auf meine Anfrage ist. Und, man soll es nicht glauben: Heute fand ich in der Landtagspost mit Datum vom 21. Mai eine Einladung von Finanzstaatssekretär Pschierer zu einem Runden Tisch zur Burganlage Lauenstein. Siehe da, es bewegt sich doch etwas.
Wie gesagt, dem Antrag der FDP und der CSU stimmen wir zu. Eventuell ist der Bericht erhellend. Die Frage ist nur, wann er gegeben werden soll - vielleicht schon morgen im Haushaltsausschuss. Was aber passiert dann? Unser Antrag geht deutlich weiter. Wir meinen, dass die Staatsregierung und die Schlösserund Seenverwaltung endlich Farbe bekennen müssen. Was soll denn mit diesen Gebäuden passieren? Die örtliche Presse schreibt schon, der Freistaat schwäche die Rennsteigregion. Kolleginnen und Kollegen, Sie wissen, wir im Norden des Freistaates sind sehr empfindlich. Es darf doch um Gottes Willen nicht der Eindruck entstehen, die Schlösser- und Seenverwaltung gebe der Burg Lauenstein nicht die gleiche Aufmerksamkeit wie staatlichen Gebäuden im Süden. Das darf nicht passieren.
Darauf reagieren die Menschen in der Rennsteigregion äußerst empfindlich.
Dieses Gebäude darf nicht noch mehr herunterkommen. Ich kenne die sogenannte Vorburg von außen und vor allen Dingen auch von innen. Es besteht dringender Handlungsbedarf. Wir haben einen interessierten Investor aus der Region, der in der Stadt Kronach bereits bewiesen hat, was er kann und wie man historische denkmalgeschützte Gebäude saniert und sie als Hotel bzw. als Brauerei und Restaurant betreibt. Wir brauchen dringend eine Lösung und keine weitere Verzögerung. Das Eigentum verpflichtet auch die Staatsregierung und damit die Schlösserund Seenverwaltung zum Handeln. Die Staatsregierung bzw. die Schlösser- und Seenverwaltung muss entscheiden, ob sie bereit ist, dem Investor entgegenzukommen, zu verkaufen oder nicht zu verkaufen oder selbst Geld in die Hand zu nehmen, um zu investieren, damit auf der Burg wieder etwas läuft. Es lohnt sich zu investieren. Die Burg ist eine Perle, aber diese Perle muss aufpoliert werden.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Das VGH-Urteil ist zur Klarstellung wichtig und notwendig gewesen, auch wenn es manchem vielleicht nicht so gut gefällt. Wir stehen dem Gesetzentwurf der GRÜNEN positiv gegenüber; denn wenn man, wie von der Ministerin immer angekündigt, Transparenz will, dann muss man auch handeln. Es bedarf einer Nachbesserung des Bayerischen Pflegeund Wohnqualitätsgesetzes der Bayerischen Staatsregierung. Das hat sich jetzt herausgestellt. Auch wenn viele Träger von Altenpflegeheimen die Prüfberichte freiwillig einstellen, so tun dies doch nicht alle. Transparenz heißt, dass alle ihre Berichte einstellen. Wenn sie das nicht selbst tun, ist es wichtig und notwendig, dass dies die Kreisverwaltungsbehörden tun, auch mit einer entsprechenden Stellungnahme der Träger, wie im Gesetzentwurf geschildert.
Wir stehen dem auch deshalb sehr positiv gegenüber, weil wir bereits am 26. Januar in unserem Antragspaket zum Pflegerettungsschirm für die Pflege einen diesbezüglichen Antrag gestellt haben, mit dem wir die Staatsregierung aufgefordert haben, die Veröffentlichung von Prüfberichten über stationäre Pflegeeinrichtungen auch durch die für die Prüfung zuständigen Behörden zu ermöglichen.
Ich meine, Weiteres ist in der Diskussion im Ausschuss zu erledigen. Wir werden dann schauen, wo wir im Pflege- und Wohnqualitätsgesetz die Stellschrauben drehen müssen. Dafür steht dann auch die entsprechende Zeit zur Verfügung.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! In allen Reden von allen Fraktionen wird die Arbeit der Behindertenbeauftragten der Bayerischen Staatsregierung zu Recht gelobt. Lob alleine genügt aber nicht. Wir wollen die Stärkung des Amtes der Behindertenbeauftragten erreichen. Genauer gesagt: Es geht um die Änderung des Artikels 17 des Bayerischen Behindertengleichstellungsgesetzes, der das Amt der Behindertenbeauftragten in Bayern regelt. Wir wollen die Neufassung. Deshalb haben wir den Gesetzentwurf eingebracht. Er hat drei Schwerpunkte. Ein Schwerpunkt ist die Hauptamtlichkeit; denn die Arbeit der Behindertenbeauftragten ist bisher ehrenamtlich mit hauptamtlichen Mitarbeitern. Das passt nicht mehr in die Zeit und auch nicht zum Aufgabengebiet. Ich kann das unterstreichen, was Kollegin Ackermann gesagt hat.
Spätestens seit der Unterzeichnung der UN-Konvention ist die Aufgabe im Ehrenamt nicht mehr machbar. Das Engagement von Frau Badura ist sehr groß. Die Zeit, die sie zur Verfügung hat, reicht aber nicht aus. Frau Badura ist schon lange nicht mehr nur die Behindertenbeauftragte der Staatsregierung, sondern sie ist schon lange auch die Behindertenbeauftragte des Landtags. Außerdem gehen immer mehr Bürgeranliegen ein.
Wegen der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention haben wir Anhörungen und Beratungen als Querschnittsaufgabe in den Ausschüssen und nicht nur im sozialpolitischen Ausschuss. Frau Badura wird wegen ihrer Fachkompetenz häufig gebraucht,
und ihr Rat ist nötig. Bürgeranliegen gehen zuhauf ein. Es gibt bayernweit Fachkonferenzen, Tagungen und Veranstaltungen. Die Hauptamtlichkeit ist also notwendig.
Die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention ist eine Daueraufgabe. Deswegen brauchen wir jetzt und in dieser Legislaturperiode die Hauptamtlichkeit. Die Argumentation der verschiedenen Vertreter der Regierungskoalition war, das in der nächsten Legislaturperiode zu machen oder wenn das Gesetz ausläuft. Das Bayerische Behindertengleichstellungsgesetz ist zum einen unbefristet, und zum anderen dauert es bis zur nächsten Legislaturperiode zu lange. Beim Büchergeld und beim Atomausstieg haben Sie auch schnell reagiert. Warum ausgerechnet hier nicht?
Der Spagat entsteht einerseits durch die vielen Anforderungen an sie, durch die vielen Anfragen bei der Behindertenbeauftragten und die vielen Initiativen im Landtag und andererseits wegen der wenigen Zeit, die sie dafür zur Verfügung hat. Das ist nachvollziehbar.
Wir werden dem Gesetzentwurf 16/9695 der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN zustimmen und auch deren Antrag auf der Drucksache 16/9699. Der Gesetzentwurf der SPD geht weiter als der Gesetzentwurf der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Wir wollen das Amt der Behindertenbeauftragten wie das des Datenschutzbeauftragten beim Landtag angesiedelt wissen, weil es eine herausragende Funktion hat. Im Freistaat Bayern gibt es rund 1,2 Millionen schwerbehinderte Menschen. Das sind rund zehn Prozent der Bevölkerung, also nicht wenige. Hinzu kommen die Familien, der berufliche und der gesellschaftliche Hintergrund sowie das Umfeld.
Der Landtag ist einerseits der Gesetzgeber, weshalb das Amt der Behindertenbeauftragten beim Landtag angesiedelt sein sollte. Andererseits sind viele Beratungen, Informationen und Stellungnahmen der Behindertenbeauftragten im Landtag nötig. Außerdem wollen wir die Unabhängigkeit des Amts, was damit verdeutlicht werden soll.
In den Bundesländern gibt es bezüglich der Hauptamtlichkeit oder der Ansiedlung beim Landtag unterschiedliche Regelungen. Keine ist wie die andere. Sie reichen von der Hauptamtlichkeit und der Ansiedlung beim Parlament bis zur Ehrenamtlichkeit in ganz wenigen Ländern, zu denen leider Bayern gehört.
Artikel 17 des Bayerischen Behindertengleichstellungsgesetzes beinhaltet die Integration. Wegen der Unterzeichnung der UN-Behindertenrechtskonvention ergibt sich eine Veränderung in der Wertstellung, sodass der Begriff Inklusion hinzu
kommt. Das muss in den Artikel 17 aufgenommen werden, was eine inhaltliche Änderung und eine Klarstellung bedeutet. Deshalb schlägt die SPD-Fraktion die Neufassung vor.
Im sozialpolitischen Ausschuss hatten wir eine ausführliche Debatte. Alle Fraktionen sind für die Hauptamtlichkeit - die einen jetzt, die anderen später. Leider sagen CSU und FDP: Jetzt nicht. Sie verstecken sich hinter Regularien und verschieben die Änderung auf die nächste Legislaturperiode. Wir sagen, dass die Änderung jetzt nötig ist. Wir machen das mit unserem Gesetzentwurf deutlich; denn die hervorragende Arbeit von Frau Badura muss stärker unterstützt werden. Das geht nur mit der Hauptamtlichkeit und der Ansiedlung des Amtes beim Bayerischen Landtag.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Das ist wahrscheinlich wieder ein Reizthema, über das wir uns im Grundsatz alle einig sind und zu dem wir immer wieder große Erklärungen hören. Seit 1992 fordert die SPD-Fraktion in zahlreichen Initiativen immer und immer wieder ein kostenfreies letztes Kindergartenjahr.
In unserem Gesetzentwurf geht es erneut um die Kostenfreiheit, angefangen beim letzten Kindergartenjahr. Wir wollen erst einmal die Kostenfreiheit des letzten Kindergartenjahres vor der Einschulung. Unser Ziel ist selbstverständlich die komplette Freistellung; aber wir müssen anfangen, und Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU und der FDP, müssen Ihren Koalitionsvertrag erfüllen, sonst ist er nur Lyrik. Zur Erreichung einer wirklichen Kostenfreiheit für die Eltern und zur Vorstellung der Staatsregierung von Kostenfreiheit und Umsetzung ihres Koalitionsvertrages komme ich später noch.
Es geht um unseren Gesetzentwurf. Die Eltern in Bayern werden zur Finanzierung im vorschulischen Bereich stärker herangezogen als in anderen Bundesländern. Man mag es nicht glauben, aber es ist tatsächlich so, dass der Freistaat bei den Ausgaben der öffentlichen Hand für kindliche Bildung und Betreuung im Bundesvergleich an vorletzter Stelle steht und damit um rund 16 % unter dem gesamtdeutschen Durchschnitt liegt.
Auf der anderen Seite werden die Eltern zur Finanzierung der kindlichen Betreuung in Bayern deutlich stärker herangezogen als in anderen Bundesländern. Der Anteil der Eltern an der Finanzierung der kindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung war in Bayern der dritthöchste im Vergleich zu den anderen Bundesländern. Für etwas mehr als 21 % der laufenden Betriebskosten aller Kindertagesstätten kamen im Freistaat die Eltern auf, und die Mehrheit der Eltern gehört nicht zu den Gutverdienern. Die Familien in Bayern werden also überdurchschnittlich belastet.
Gerade das letzte Kindergartenjahr trägt erheblich zur Vernetzung von Kindertagesstätten und Grundschulen im pädagogischen Sinne bei. Sicher kann man auch sagen, man könnte im ersten Kindergartenjahr beginnen. Aber das ist in unseren Augen nicht ganz logisch, denn bei der Kostenfreiheit im Kindergarten geht es uns vorrangig darum, die Eltern, die Familien und die Alleinerziehenden finanziell zu entlasten.
Zweitens hat die Kostenfreiheit auch eine generelle Bedeutung. Denn für uns ist der Kindergarten eine Bil
dungseinrichtung. Er ist deshalb eine staatliche Aufgabe. Das betrifft logischerweise auch die finanzielle Seite.
Dazu kommt aber das Trauerspiel Koalitionsvertrag. Im Koalitionsvertrag von CSU und FDP steht, dass das letzte Kindergartenjahr mittelfristig kostenfrei gestellt werden soll. Den Zeitpunkt haben Sie verschoben. Denn die Mitte der Legislaturperiode ist längst vorbei. Sie haben dann den Zeitpunkt auf bis nach den nächsten Steuerschätzungen verschoben. Dann haben wir Ankündigungen gehört. Der Herr Ministerpräsident ist jetzt leider nicht mehr da.
- Ach ja, er ist da; dann kann er es hören. - Dann kamen also Ankündigungen des Inhalts, das letzte Kindergartenjahr werde kostenfrei gestellt. Es hieß: ab September 2012. Aber Näheres muss noch verhandelt und ausgemacht werden.
Herr Ministerpräsident und Frau Sozialministerin, wer den Mund spitzt, muss auch pfeifen.
Deshalb haben wir namentliche Abstimmung beantragt. Man kann nicht immer und immer wieder ankündigen. Dies ist der klassische Fall, wie man Eltern in Bayern Sand in die Augen streuen kann.
Wir halten deshalb an unserem Gesetzentwurf fest, der die komplette Kostenfreiheit für die Eltern herbeiführt.
Dann kam das Argument, einkommensschwache Eltern müssten keine Gebühren zahlen, weil diese Last von den Kommunen - sprich: von der Jugendhilfe übernommen wird. Aber dies belastet die Kommunen, vor allem die finanzschwachen Kommunen, immer mehr. Auf der anderen Seite gibt es zahlreiche Eltern, die knapp über der Einkommensgrenze liegen und deshalb nicht die Aussicht haben, dass die Jugendhilfe die Kosten für den Kindergarten übernimmt. Deshalb ist eine staatliche Finanzierung notwendig und richtig.
Für uns ist die Übernahme der Kosten für das letzte Kindergartenjahr ein erster Schritt. Man kann vom Zukunftsrat der Bayerischen Staatsregierung halten, was man will, aber sicher unterschreibt nicht jeder alles. Allerdings kann man sagen: Wo die Leute recht haben, haben sie recht. So trifft der Einwurf der Kollegin Johanna Werner-Muggendorfer zu, wenn sie sagt: Dies unterschreiben wir; es ist notwendig, hier endlich Nägel mit Köpfen zu machen und in die Finanzierung
des letzten Kindergartenjahres einzusteigen, um die Eltern zu entlasten.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Grundsätzlich, Frau Kollegin Jung, ist der Antrag logisch und entspricht unserer Auffassung; denn frühkindliche, vorschulische und schulische Bildung gehören zusammen. Sie sind vernetzt und sollten in einem Ministerium für Bildung zusammengefasst werden. Dass wir den Antrag trotzdem ablehnen, hat zwei Gründe. Einen davon haben Sie selbst angesprochen. Es geht um die etwas verwaschene und ungenaue Formulierung; denn welches Alter, welches Konzept soll gelten? Soll es ab null Jahren gelten, und sollen alle Kindertagesstätten einbezogen werden, oder soll es nur das BayKiBiG betreffen? Die Antragsformulierung ist zu unklar. Sie selbst haben während der Ausschussberatung diesbezüglich Überlegungen angestellt. Sie haben angesprochen, dass das konkretisiert werden müsste. Das war das eine.
Zum anderen lehnen wir den Antrag ab, weil es rein praktische Überlegungen gibt, die mit dem jetzigen Staatsministerium für Unterricht und Kultus zusammenhängen. Dort ist keine klare Linie in der Bildungspolitik zu erkennen. In regelmäßig unregelmäßigen Abständen wird schulpolitisch - Entschuldigung, dass ich das etwas drastisch ausdrücke - eine andere Sau durchs Dorf getrieben. Die SPD-Fraktion hat begründete Bedenken, dass frühkindliche Bildung, Erziehung und Betreuung bei dem jetzigen Zuschnitt des Kultusministeriums ein Schattendasein führen werden.
Das können wir nicht zulassen; denn gerade in der frühkindlichen Bildung, der vorschulischen Bildung und Betreuung werden die Grundsteine gelegt für die weitere Entwicklung eines Kindes. Anders würde es aussehen, wenn aus dem Staatsministerium für Unterricht und Kultus ein echtes Bildungsministerium werden würde, das für die Bildung von Anfang an bis hinauf zum Abitur zuständig ist. Dann könnte man sagen, dass wirklich alles in einer Hand ist. Die einzelnen Stufen müssen gleichberechtigt nebeneinanderstehen. Darüber reden und entscheiden wir im Herbst 2013. Unser Ansinnen ist es, ein Bildungsmi
nisterium zu schaffen, in dem die frühkindliche Bildung den gleichen Stellenwert hat wie die Grundschule und die weiterführenden Schulen bis zum Abitur. Aus diesen Gründen lehnen wir derzeit den Antrag ab.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Wir behandeln hier zwei Gesetzentwürfe zur Änderung des Bayerischen Behindertengleichstellungsgesetzes in Erster Lesung. Genau genommen geht es um Artikel 17 des Bayerischen Behindertengleichstellungsgesetzes, der das Amt der oder des Behindertenbeauftragten in Bayern regelt. Der Gesetzentwurf der SPD zur Neufassung von Artikel 17 hat drei Schwerpunkte:
Erstens geht es um die Hauptamtlichkeit des oder der Beauftragten für Menschen mit Behinderung. Bislang ist diese Funktion ehrenamtlich besetzt. Künftig soll der oder die Beauftragte für Menschen mit Behinderung nicht mehr nur ehrenamtlich tätig sein, denn nach unserer Auffassung ist die Arbeit im bisherigen Rahmen nicht mehr machbar. Die UN-Konvention ist eine große Herausforderung. Die Anforderungen an
die Position der Behindertenbeauftragten sind sehr groß, und sie sind mit der Dauer des Amtes zunehmend gewachsen. Es gibt viele Anforderungen, Anfragen, Bürgeranliegen, Termine und vor allem die Beratung der Staatsregierung. Auch wir Abgeordnete greifen sehr gerne auf das Wissen und das Können zurück. Das ehrenamtliche Konstrukt wird diesen Anforderungen nicht gerecht.
Kolleginnen und Kollegen, wir hatten mit Frau Stein und Frau Knochner bereits sehr engagierte Behindertenbeauftragte, und wir haben jetzt mit Frau Badura wieder eine äußerst engagierte Frau, die dieses Amt sehr ausfüllt. Die Hauptamtlichkeit ist einfach zwingend geboten. Man kann das Amt in Sonntagsreden nicht immer wieder loben und es werktags im Ehrenamt belassen. Die Arbeit ist im Ehrenamt zeitlich nicht mehr machbar.
Zweitens. Wir wollen, dass das Amt künftig beim Landtag angesiedelt ist, weil es eine herausragende Funktion hat. 1,2 Millionen Menschen in Bayern sind schwerbehindert. Dazu kommen die Angehörigen, die Familie und die Freunde, und das sind nicht wenige Bürger und Bürgerinnen. Wir wollen, dass die Stelle des oder der Behindertenbeauftragten, wie das auch beim Datenschutzbeauftragten der Fall ist, beim Landtag, also beim Gesetzgeber und nicht bei der Exekutive angesiedelt ist. Das wird unserer Auffassung nach der Umsetzung und der Wertigkeit der UNKonvention für die Belange von Menschen mit Behinderung eher gerecht.
Drittens. Kolleginnen und Kollegen, bisher wird in Artikel 17 von Integration gesprochen. Das Behindertengleichstellungsgesetz ist schließlich schon ein paar Tage alt. Wenn wir die UN-Konvention aber ernst nehmen, und das tun wir, dann müssen wir künftig von Inklusion sprechen und das auch so hineinschreiben. Wenn wir Artikel 17 neu fassen, dann sollten wir das auch gleich tun. Dabei handelt es sich nicht nur um eine redaktionelle, sondern vielmehr um eine inhaltliche Änderung. Unser Gesetzentwurf geht deshalb ein Stück weiter als der des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der nur die Ehrenamtlichkeit herausnimmt. Das ist auch richtig, in diesem Punkt stimmen wir überein; das habe ich schon erwähnt. Die zentrale Funktion der Beauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderung bedarf dringend einer Stärkung im Sinne der Hauptamtlichkeit.
Ich darf Frau Badura für Ihr großes Engagement sehr, sehr danken. Der Bericht, den sie gegeben hat, und der uns mittlerweile in schriftlicher Form vorliegt, ist
umfassend und zeigt die ganze Spanne dessen, was sie leistet. Ich will es noch einmal betonen: Diese Arbeit ist ehrenamtlich nicht mehr machbar!
Nach unserer Auffassung ist die Position der Behindertenbeauftragten nicht nur die der Staatsregierung, wie es jetzt formuliert ist, sondern sie ist die Beauftragte des gesamten Freistaats Bayern, und so sollten wir es auch halten. Deshalb ist es richtig und wichtig, dass die Behindertenbeauftragte beim Landtag angesiedelt ist.
Ich denke, wir werden in den Fachausschüssen noch intensiv darüber diskutieren. Wir können dann alle Bereiche ausleuchten. Ich bitte aber schon jetzt, sich ernsthaft mit dem Thema und mit der Änderung des Artikels 17 des Bayerischen Behindertengleichstellungsgesetzes zu befassen, zur Stärkung der Behindertenbeauftragten im und für den Freistaat Bayern, damit wir dahin kommen, wohin wir eigentlich alle wollen, wie immer gesagt wird, zur gleichberechtigten Teilhabe am gesamtgesellschaftlichen Leben von Menschen mit Behinderung. Da ist die Behindertenbeauftragte in Bayern gefordert, und das geht nicht mehr ehrenamtlich.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Was Frau Kollegin Stewens gerade gesagt hat, war lang und ausführlich, hat uns aber nicht unbedingt klüger gemacht.
Der sozialpolitische Ausschuss hat sich dem Beschluss des Ausschusses für Umwelt und Gesundheit einstimmig angeschlossen, dass der Schiedsspruch zur Finanzierung der ambulanten Pflegedienste umzusetzen ist und bis zur gerichtlichen Klärung angewendet wird. Ich glaube, für die Pflegedienste ist die Situation in der Zwischenzeit ausgesprochen schwierig. Wir wissen nicht, wann über die Klage entschieden werden wird; das kann ziemlich lange dauern. Was passiert in der Zwischenzeit mit den Pflegediensten?
Am 23. September hat das Plenum des Bundesrates mehrheitlich eine Initiative beschlossen, die unserer gemeinsamen Auffassung entspricht, dass die Klage keine aufschiebende Wirkung entfaltet. Uns alle interessiert, was die Staatsregierung zu tun gedenkt, um endlich zu einem Ergebnis zu kommen. Denn so kann es nicht weitergehen. Was gedenkt die Staatsregierung zu tun, damit unser Beschluss zur Finanzierung der ambulanten Pflegedienste und zur Akzeptanz des Schiedsspruches endlich umgesetzt wird?
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Zwanzig Minuten Redezeit für eine Interpellation mit 125 Seiten und sehr komplexen Fragen bedeutet, dass die Interpellation heute nur rudimentär debattiert werden kann. Ich weiß nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen, wie es Ihnen damit geht. Nachdem die Staatsregierung die Interpellation erst nach einem Jahr beantwortet hat, stellt sich mir die Frage, wie sinnhaft diese Form ist, und ob die Mannund Frau-Stunden in den Ministerien nicht besser zukunftsorientiert zur realen Umsetzung der UN-Behindertenkonvention eingesetzt worden wären. Wie dem auch sei, ich werde auf ein paar Punkte aus der Landespolitik eingehen. Vieles werden wir an anderer Stelle diskutieren und aufarbeiten müssen, wie die angesprochene Reform der Eingliederungshilfe; denn sie ist wirklich dringend notwendig.
Die UN-Behindertenrechtskonvention ist ein völkerrechtlicher Vertrag und gleichrangig mit einem Bundesgesetz. Sie ist geltendes Recht und bedarf der Umsetzung. Bayern muss handeln. Die UN-Behindertenrechtskonvention betrifft alle gesellschaftlichen Ebenen. Sie stellt eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe dar. In Bayern leben rund 1,2 Millionen Menschen mit Behinderung, das sind rund 10 % der Bevölkerung. Hinzu kommen die Familien, die Angehörigen und die Freunde. Betroffen sind also nicht wenige Menschen. Die UN-Behindertenrechtskonvention fordert von der Politik einen Paradigmenwechsel, nämlich die Inklusion, also die gesamtgesellschaftliche Teilhabe. Sie ist das Ziel am Ende eines langen Weges, kommend von der Exklusion über die Integration zur Inklusion. Nur eine inklusive Gesellschaft kann eine menschliche Gesellschaft sein.
Wie wird der Freistaat Bayern mit dieser Herausforderung umgehen, und wie wird die Bayerische Staatsregierung ihr gerecht? - Herr Unterländer, Inklusion bedeutet mehr als Beteiligungskultur. Inklusion bedeutet gleichberechtigte Teilhabe, nicht nur Beteiligung.
Die Beantwortung der Interpellation zeigt deutlich, dass wir erst am Anfang stehen. Noch einmal, Herr Unterländer: "Step by step" kann nicht Trippelschritte
heißen und kann auch nicht "Echternacher Springprozession" heißen, sondern machen, tun, handeln!
Ich erkenne an, dass die Staatsregierung einiges getan hat. Ist das aber seit 2009 genug? - Nein, es ist nicht genug.
Die nächste Frage: Ist die Inklusion, also die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in allen Köpfen in den Ministerien angekommen? - Ich sage dazu gleich: Nein, sie ist nur teilweise angekommen. In der Antwort trifft die Bayerische Staatsregierung die Aussage, sie setze sich seit vielen Jahren für die gleichberechtigte Teilhabe ein, und es sei im Koalitionsvertrag hervorgehoben, dass von der Fürsorge zur Teilhabe vollzogen werde. Das ist ein gutes Beispiel für das geflügelte Wort, dass "der Wunsch der Vater des Gedankens ist". Ich greife zwei weitere Beispiele heraus: Hier ist die Staatsregierung direkt betroffen. Man reibt sich verwundert die Augen, zumal Staatsregierung und CSU-Fraktion noch im Jahr 2002 das Bayerische Behindertengleichstellungsgesetz abgelehnt haben. Noch im Jahr 2003 wurde unser Antrag abgelehnt, in das Behindertengleichstellungsgesetz die Regelung aufzunehmen, dass Kinder mit und ohne Behinderung in Kindergärten und Schulen gemeinsam betreut und unterrichtet werden. Ebenso wurde abgelehnt, das Wunsch- und Wahlrecht aufzunehmen. Insofern ist der Satz ein Lernprozess sondersgleichen.
Inzwischen stellt die Staatsregierung in der Antwort zur Interpellation fest, dass sie die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention im bayerischen Schulwesen, also die inklusive Schulform, begrüße und ihr die integrative Förderung hin zu mehr inklusivem Unterricht seit Jahren ein Anliegen sei. Ich frage mich, ob ich in der Zwischenzeit geträumt und etwas verpasst habe. Ihr Credo war bisher: Kooperation, Außenklassen, Integration durch Kooperation, und der Begriff "Integration" soll durch den Begriff "Inklusion" ausgetauscht werden. Ich anerkenne durchaus die Lernfähigkeit des Hauses Spaenle. Besser spät als nie! Aber Sie mussten zum Jagen getragen werden. Eigentlich hätten sie an der Spitze der Bewegung sein müssen. Mittlerweile begrüßt die Staatsregierung in der Antwort den interfraktionellen Entwurf zur Änderung des Gesetzes über das Bayerische Erziehungsund Unterrichtswesen. Wir wissen, dass die interfraktionelle Arbeitsgruppe erst den ersten Schritt gemacht hat. Es ist noch viel an Information und Unterstützung zu tun. Es ist noch viel zu tun, die positive Grundeinstellung zu vermitteln und die positive Vorreiterstellung einzunehmen. Nur zu begrüßen, ist leicht. Auch hier mussten Sie wieder zum Jagen getragen werden. Das darf nicht sein.
Sie hätten vermitteln müssen, dass Sie hinter dem Gedanken der Inklusion, hinter der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention stehen. Die Inklusion muss in die Köpfe.
Ein weiterer Blick richtet sich auf die Zeit vor dem Schuleintritt. Beim BayKiBiG verweisen Sie auf den Bildungs- und Erziehungsplan, der sich auf die Inklusion stützt. Das ist gut und schön, aber die Erzieherinnen brauchen Zeit, um den Plan umsetzen zu können.
Diese Zeit wird Ihnen nicht gegeben. Auch hier besteht Handlungsbedarf.
Interessant ist die Beantwortung der Frage zu den Heilpädagogischen Fachdiensten. Die Staatsregierung hält die bestehenden neunzehn Fachdienste für nicht ausreichend und verweist darauf, dass die Städte und Landkreise verbindlich mitfinanzieren müssten, dies aber ablehnten. Damit ist die Sache für die Staatsregierung erledigt. Das kann doch nicht sein. Inklusion bedeutet Teilhabe, nicht ausgrenzen. Neunzehn Fachdienste können den Flächenstaat Bayern nicht abdecken. Viele Kinder und Familien werden ausgegrenzt. Die Staatsregierung tut das damit ab, dass die Kommunen und Landkreise nicht mitfinanzierten, und erklärt das Thema für erledigt.
Kolleginnen und Kollegen! Inklusion bedeutet auch, die kommunale Ebene in die Lage zu versetzen zu handeln. Das Umsetzen der Konvention bedeutet die Zusammenarbeit auf allen Ebenen und die Erarbeitung von Lösungen. Sie bedeutet nicht, nichts zu machen, weil ein Teil nicht kann. Das kann nicht sein!
Ich weiß nicht, wie es Ihnen ergeht. An diesen beiden Beispielen aus dem Katalog der Interpellation ist ersichtlich, dass die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention zwar in der Theorie, sprich in Reden, aber nicht in der Praxis, sprich im Handeln, und nicht unbedingt Chef- oder Chefinnensache in den Ministerien und schon gar nicht in der Staatskanzlei ist.
Die Staatsregierung hat - ich sage das gerne, damit nicht unterstellt wird, man würde alles schlechtreden einige Ansätze zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention gezeigt. Herzblut ist aber nicht dabei. Das gilt auch für das gesamte Feld der Barrierefreiheit. Nicht nur die gedanklichen Barrieren, die Barrieren in den Köpfen sind vorhanden, sondern auch die real existierenden. Ich komme zum Stichwort
Medien, Stichwort Studiengang Architektur und Bauwesen. Es kann nicht sein, dass auch nur ein Student, nur eine Studentin die Universität verlässt, ohne eine entsprechende verbindliche Ausbildung in Sachen Barrierefreiheit zu haben,
ganz zu schweigen vom barrierefreien Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln. Da erwarte ich ganz einfach, dass die Staatsregierung im Bereich DB AG tätig wird. Sie darf nicht nur reden, sondern muss ganz konkrete Zielvereinbarungen zum Thema Barrierefreiheit der Verkehrswege in Bayern, zum Thema Barrierefreiheit der Bahnhöfe oder auch zum Thema Barrierefreiheit in öffentlichen Gebäuden treffen. Was nützt zum Beispiel - selbst erlebt - ein Lift im Gebäude, wenn es davor Treppen gibt, die nicht zu überwinden sind?
Wir wissen alle, dass die Erde keine Scheibe ist und keine ebene Fläche. Wir wissen, dass manches nicht so einfach zu regeln ist, aber es fehlt oft ganz einfach der Wille. Es fehlen die Sensibilität und das Gespür dafür. Und nicht alles kostet Geld; manches wäre mit einfachen Mitteln zu machen. Wenn nun - ich weiß, das hören Sie nicht gerne - 10 Milliarden für die Landesbank locker gemacht worden sind, dann
bedeutet das, dass Jahr für Jahr Millionen Zinsen für die Finanzierung der Landesbank gezahlt werden. Ich meine damit: Das Geld darf nicht Maßstab aller Dinge sein, wenn wir eine humane Gesellschaft haben wollen.
Der Grundtenor der Antworten in der Interpellation ist doch - den kennen wir; denn er ist systemimmanent bei der Staatsregierung -: Wir sind gut. Wo es nicht so gut geht, gibt es den Rückzug auf die Kommunen, die Bezirke, auf den Bund oder die Wirtschaft und sonstige. Und zur Not versteckt man sich hinter einem gewissen Formalismus, nur um die Verantwortung wegzuschieben.
Das geht nicht. Die Staatsregierung ist verpflichtet zu handeln. Die Interpellation und die darin enthaltenen Antworten machen deutlich, dass die Staatsregierung, die sich sonst immer so gerne als Deutschlands beste darstellt, in Sachen der UN-Behindertenrechtskonvention genau das nicht ist.
Der bayerische Aktionsplan muss dringend unter Einbeziehung aller, der Behindertenbeauftragten, die wir zum Beispiel als unabhängige Person beim Landtag ansiedeln wollen, der Interessengruppen und Verbände erstellt werden. Der Entwurf ist nämlich lediglich ein Ansatz einer Situationsbeschreibung. Ich bedanke mich bei allen Behindertenverbänden, der Selbsthilfe und auch bei der Behindertenbeauftragten für ihre Hartnäckigkeit, für ihr immerwährendes Bohren dicker Bretter.
Dieses Bohren dicker Bretter ist für uns hier im Landtag als Unterstützung sehr wichtig; denn ohne diese Ausdauer und Hartnäckigkeit wären wir noch nicht so weit. Und die Staatsregierung braucht das ganz besonders.
Die Staatsregierung hat hier eine wichtige Aufgabe, nicht nur im eigenen Bereich zu handeln - da natürlich auch -, sondern sie hat insbesondere auch die Aufgabe, alle gesellschaftlichen Gruppen und Ebenen dahin zu bringen, dass die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention ernst genommen und gehandelt wird.
Ob es die politischen Ebenen sind, ob es die Wirtschaft ist mit ihren Bereichen Ausbildung und Arbeitsmarkt, ob es Freizeit und Tourismus sind oder Kunst und Kultur, alle gesellschaftlich relevanten Bereiche sind angesprochen, sich mit allen Behindertenverbänden, mit der Selbsthilfe, mit der Behindertenbeauftragten und allen im Behindertenbereich Engagierten zusammenzutun. Es ist notwendig, die Umsetzung dieser Konvention auf allen gesellschaftlichen Ebenen zu erreichen, denn nur eine inklusive Gesellschaft ist eine menschliche Gesellschaft. Der Weg dahin ist weit. Wir sollten die Zeit nutzen. Ich fordere die Staatsregierung noch einmal auf, endlich zu handeln.
Frau Kollegin Ackermann, Sie geben mir zwei Minuten zusätzlicher Redezeit. Natürlich beziehe ich mich auf die Antworten der Staatsregierung zur Interpellation, wenn ich zu dieser rede. Was sollte ich sonst machen? Ich habe nicht das Mittel der Interpellation, sondern das Verfahren infrage gestellt und kritisch bewertet. Denn laut Geschäftsordnung hat die Staatsregierung die freie Möglichkeit zu entscheiden, wann sie die Interpellation beantwortet. Wenn nun zwischen Fragestellung und Antwort ein ganzes Jahr liegt, dann halte ich das nicht für besonders zielführend. Dann ist das nicht mehr aktuell, Frau Kollegin Ackermann.
Ansonsten kann ich Ihnen sagen - das wissen Sie aus der Ausschussdebatte ganz genau -, dass wir einen ganzen Katalog von Anträgen, Anfragen und Initiativen zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention eingebracht haben. Wir brauchen uns deshalb nicht vorzuwerfen, wir hätten nichts oder zu wenig getan, Frau Kollegin Ackermann.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Breitschwert, sich zu wundern gehört im Rahmen des politischen Geschehens und Arbeitens auch zu den Tätigkeiten der Abgeordneten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ein bayerisches Ladenschlussgesetz ist ein Thema, das zu verschiedenen Zeiten ausgesprochen lebhaft diskutiert worden ist und diskutiert wird. Der Ladenschluss in Bayern ist grundsätzlich gut und wir wollen daran auch nicht rütteln. Wir sehen auch keinen Anlass, diese Regelung aufzuweichen. Wir lehnen den Gesetzentwurf der Fraktion der FREIEN WÄHLER deshalb ab. Es gibt keinen Grund, die gegebene Gesetzeslage aufzuweichen, schon gar nicht mit der Begründung einer Entbürokratisierung, weil das keine Entbürokratisierung ist.
Lassen Sie mich bitte noch eine Vorbemerkung machen.
Der Schutz der Sonn- und Feiertage genießt bei uns einen hohen Stellenwert. Der arbeitsfreie Sonntag ist wichtig und notwendig. In dieser Frage besteht ein breiter gesellschaftlicher Konsens. Das muss man im Zusammenhang mit
Ihrem Gesetzentwurf anmerken. Es ist aus den unterschiedlichsten Gründen wichtig und richtig, dass dieser Schutz aufrechterhalten bleibt, seien es religiöse, soziale oder kulturelle Gründe. Die Sonn- und Feiertagsarbeit ist auf das absolut Notwendige zu begrenzen. Hier gibt es eine große Allianz. Außerdem verweise ich auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2009. Trotzdem steigt die Zahl der Beschäftigten, die an den Sonntagen arbeiten müssen, an. Auch die Zahl der genehmigten verkaufsoffenen Sonntage steigt an. Im Jahr 1990 gab es 1.200, weil die vier Sonntage unterschiedlich in den Kommunen verteilt und genehmigt werden. Inzwischen liegt ihre Zahl bei über 2.000 im Jahr 2010.
Vor diesem Hintergrund, weil wir viele verkaufsoffene Sonntage haben, ist der Gesetzentwurf äußerst kritisch zu sehen. Wozu brauchen wir noch Event-Abende? Die Öffnungszeiten sind so großzügig bemessen, dass wirklich jeder einkaufen kann. Niemand steht vor einem leeren Kühlschrank und leidet Hunger. Diese sogenannten Event-Abende sind aber nicht nur aus diesem Grund kritisch zu sehen. Wenn sie auch nur zweimal im Jahr genehmigt werden sollen, kommt es zu einer Konkurrenz unter den Kommunen, wenn sie diese Abenden selbst genehmigen können. Es kommt Konkurrenzdruck auf.
Nach Ihren Vorstellungen hätten wir vier verkaufsoffene Sonntage, vier Event-Abende
- Entschuldigung, zwei. Außerdem hätten wir eine Verteilung über das ganze Land. Das wäre wirklich eine große Belastung. Wenn die bisherige Genehmigungspraxis vom Sozialministerium auf die zuständigen Regierungen verlagert worden ist, dann ist das zu Recht geschehen. Es ist nämlich schwieriger, dort eine Genehmigung zu erhalten als bei den Kommunen, wenn die das selber machen. Die Kommunen sind ausgesprochen kreativ, wenn es um die Genehmigung von Event-Abenden geht.
Sie von den FREIEN WÄHLER sagen, der Gesetzentwurf sei nicht der große Wurf, es handle sich nur um eine Kleinigkeit. In unseren Augen öffnet der Gesetzentwurf aber Tür und Tor für eine weitergehende Aufweichung des Ladenschlussgesetzes.
Wir fangen dann mit zwei Event-Abenden an, bei denen die Läden bis 24.00 Uhr geöffnet sind und die von den Gemeinden genehmigt werden. Das bedeutet, jede Kommune entscheidet. Die Begründungen werden einfacher, sie werden irgendwie konstruiert. Unter den Kommunen findet Konkurrenz statt, darauf habe ich schon hingewiesen. Der Einzelhandel und die kleinen Geschäfte haben Personalprobleme. Angesichts dessen finde ich es bemerkenswert, wenn Herr Breitschwert als Unternehmer das auch aufführt, denn er weiß, wovon er spricht. Wenn es Familienbetriebe sind, wird es noch schwieriger. Der Umsatz wird nicht mehr, das sage ich Ihnen. Die Kaufkraft wird nicht mehr, man kann das Geld nur einmal ausgeben, ganz egal, welche Öffnungszeiten es gibt.
Die Beschäftigten, die hiervon betroffen sind, verlieren an Lebensqualität. Der Gesetzentwurf geht zulasten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, und das sind vor allem die Frauen, denn im Einzelhandel sind überwiegend Frauen beschäftigt, Frauen, die Familie haben, die alleinerziehend sind, die dann Probleme mit der Kinderbetreuung bekommen. Deshalb ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf hier auch anzusprechen. Sagen Sie nicht, diese zwei "Event-Abende" machen nichts, was sind denn schon zwei im Jahr. Ich sage Ihnen: Wehret den Anfängen! - Es gibt keinen Grund, den bisher in Bayern gültigen Ladenschluss zu ändern.
Ja, zum Schluss als Intervention. Wir nehmen die Sorgen der Allianz für den freien Sonntag sehr ernst, das die Regelung der "EventAbende" und der Sondergenehmigungen kritisch beobachtet. Es handelt sich um ein Bündnis aus Gewerkschaften und Kirchen. Auch Sie sollten es sehr ernst nehmen. Wie gesagt, wir lehnen diesen Gesetzentwurf der FREIEN WÄHLER ab.
Herr Kollege Muthmann, mir ist selbstverständlich bekannt, dass der bayerische Ladenschluss mit dem Bundesgesetz deckungsgleich ist.
Wir haben in unserem Gesetzentwurf weder eine Sonderreglung noch eine Aufweichung vorgesehen, Herr Muthmann. Wenn ich das Genehmigungsverfahren herunterbreche, dann ist das eine Aufweichung, weil es leichter ist, auf der kommunalen Ebene eine Genehmigung für Event-Abende zu finden, als das auf der Regierungsebene der Fall ist. Unsere Position ist: Keine Aufweichung des Ladenschlusses. Die jetzt gültige Regelung ist für uns ausreichend. Die Nische, die Sie jetzt mit der sogenannten Entbürokratisierung aufmachen, führt zu einer
Regelung, die keine Entbürokratisierung ist. Das Genehmigungsverfahren muss schließlich trotzdem laufen. Sie verlagern es aber auf die Kommune.
- Doch! Sie verlagern es auf die Kommunen, und das macht die ganze Situation auf der kommunalen Ebene schwierig. Sie sehen, wir kommen nicht zusammen. Sie haben Ihre Position, wir haben unsere Position. Wir lehnen Ihren Gesetzentwurf ab.
Danke schön, Herr Präsident. - Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Mitte der Legislaturperiode lohnt es sich, einen Blick auf die bayerische Sozialpolitik zu werfen, zumal morgen der Einzelplan des Sozialhaushalts beraten wird. Ich greife zwei Schwerpunkte heraus - Schwerpunkte, die wir als SPD-Fraktion als Schwerpunkte genannt haben. Denn das Regierungsprogramm der CSU und der FDP widmet der Pflege von Menschen mit Behinderung gerade einmal jeweils ein Dutzend Zeilen. Das sagt im Grunde genommen
noch gar nichts, aber leider Gottes ist die Umsetzung bis jetzt auch etwas dürftig.
In Ihrem Koalitionspapier steht, Sie wollen für mehr Transparenz, weniger Bürokratie und einen optimalen Schutz in der Pflege sorgen.
Nun ist die Frage: Was haben Sie bisher erreicht, Frau Haderthauer, Herr Dr. Söder? Zum einen haben Sie den Pflegebeauftragten und die 24-Stunden-Hotline installiert, wobei man sagen muss, wenn nachts ein Anrufbeantworter läuft, dann ist das keine 24Stunden-Hotline. Die Pflegekammer, Herr Dr. Söder, ist sicherlich nicht weniger Bürokratie. Und mehr Transparenz? - Das wird sich zeigen. Bis jetzt sicherlich auch nicht.
Glauben Sie denn im Ernst, dass sich die Probleme der Pflege so lösen lassen? Das ist blanker Aktionismus, gleichzeitig auch ein Stück weit Hilflosigkeit und vor allen Dingen eine Konkurrenzrangelei. Sie suchen nicht miteinander nach Lösungen, sondern benehmen sich wie Hase und Igel.
Wenn es eines Beweises bedurft hätte, dass diese Ressorttrennung komplett falsch war, dann ist es dieses Schauspiel.
Natürlich geht das zulasten der Betroffenen, der Pflegebedürftigen, der Beschäftigten, der Angehörigen und der Träger der Heime. Die Pflegebedürftigen brauchen qualitativ hochwertige Pflege und bezahlbare Pflege. Die Pflegekräfte brauchen eine ordentliche Bezahlung und Zeit für die Menschen, die sie betreuen. Die Träger brauchen eine Refinanzierung und Planungssicherheit. Es gibt jede Menge runder Tische, Arbeitskreise, Arbeitsgruppen im Sozialministerium, nicht nur zum Thema Pflege. Die Arbeit aller in den Gremien ist weder Selbstzweck noch eine Beschäftigungstherapie, sondern sie wird von allen Beteiligten sehr ernst genommen. Aber welche Konsequenzen werden aus dem Fachwissen, aus den Vorschlägen für die künftige bayerische Sozialpolitik gezogen?
Lassen Sie mich ein bisschen etwas anreißen. Das Pflege-, Wohn- und Qualitätsgesetz ist über zwei Jahre alt. Manche denken bei zwei Jahre alten Gesetzen schon über Novellierungen nach. Die Ausführungsverordnung zum Gesetz gibt es bis heute noch nicht.
Im Moment gibt es einen Entwurf, der weit über 100 Seiten umfasst. Weniger Bürokratie? - Ich sehe das nicht.
Wo bleiben die geplanten 60 Pflegestützpunkte? Ganze drei gibt es in Bayern. Die Kritik der Sozialministerin, dass die Kommunen einfach nicht so wollen, wie sie will, verfängt nicht. Die Kommunen, die sich beteiligen sollen, brauchen finanzielle Mittel. Wir haben im Land einen Pflegekräftemangel und in manchen Bereichen sogar einen Pflegekräftenotstand. Was haben Sie gemacht? Die Frau Ministerin ist leider Gottes nicht da; der Herr Staatssekretär wird ihr sicherlich berichten. Was ist im Ministerium gemacht worden? Die Staatsministerin hat es nicht fertig gebracht, sich mit ihrem Kollegen Spaenle zu einigen und den Schulgeldausgleich ordentlich zu regeln, und zwar so, dass die Schülerinnen und Schüler kein Schulgeld bezahlen müssen. Auch jetzt reicht der Haushaltsansatz für mehr Pflegekräfte und mehr Auszubildende nicht aus.
In diesem Hause hat die Ministerin gesagt, sie sorge für eine hundertprozentige Refinanzierung. Ansatzweise ist dazu im Einzelplan 10 nichts, aber auch gar nichts zu finden. Was trägt also das Sozialministerium dazu bei? Nichts. Unseren Antrag zur Finanzierung des dritten Ausbildungsjahres haben Sie, Kolleginnen und Kollegen von der CSU, abgelehnt und für viele Altenpflegeschülerinnen und -schüler ist das das Aus ihrer Ausbildung, weil sie die Ausbildung finanziell nicht schultern können, gerade dann, wenn sie Späteinsteiger sind, alleinerziehend sind oder eine Familie zu versorgen haben.
Wo ist zum Beispiel in Bayern eine Analyse des Ausbildungsplatzbedarfs und des Pflegekräftebedarfs für die nächsten zehn oder zwanzig Jahre? Es gibt noch nicht einmal eine für die nächsten fünf Jahre. Auf diese Weise könnte eine Rechtsgrundlage geschaffen werden, um endlich eine Ausbildungsumlage in Bayern auf die Beine zu stellen. Es ist aber nichts geschehen. Wir brauchen in der Altenpflege dringend Fachkräfte. Projekte wie "Herzwerker" scheitern an einer nicht vorhandenen Finanzierungsgrundlage. Eine solche Finanzierungsgrundlage bräuchten die Schülerinnen und Schüler und die Träger dringend.
Seit zwei Jahren mahnen wir eine Erhebung für den Sanierungsbedarf der Pflegeheime in Bayern an. Auf meinen letzten Brief habe ich zur Antwort bekommen, dass das dauere. Bei der Pflege haben wir Baustellen
ohne Ende, aber es passiert nichts. Nicht jeder wird im Alter pflegebedürftig, aber die Anzahl der Pflegebedürftigen wird ansteigen, das heißt, wir brauchen Pflegekräfte und die entsprechenden Rahmenbedingungen. Sie sollten unsere Initiativen ernst nehmen und zustimmen.
Ein zweites Schwerpunktthema ist die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention und die Inklusion. Seit März 2009 ist die UN-Behindertenrechtskonvention geltendes Recht, auch in Bayern. Sie verpflichtet Bund, Länder und die kommunale Ebene zur Umsetzung und geht weit über die schulische Inklusion hinaus. Die Experten haben im Landtag ein zum Teil vernichtendes Urteil über die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in Bayern abgegeben. Die Konvention sieht vor, dass Menschen mit Behinderung wegen ihrer Behinderung nicht vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen werden dürfen, sondern sie müssen gleichberechtigt mit anderen am gesamtgesellschaftlichen Leben teilhaben können.
Das fängt in der frühkindlichen Einrichtung an und hört im Alter nicht auf. Es ist ein Querschnittsthema, das federführend das Sozialministerium betrifft. Die Ministerin ist dafür zuständig, aber wo bleibt die Initialzündung? Wo sind entsprechende Initiativen aus diesem Hause?
In Bayern leben 1,2 Millionen Menschen mit Behinderung. Das sind rund zehn Prozent der Bevölkerung. Dazu kommen die Familien, die Angehörigen, der Freundeskreis und das ganze Umfeld. Es fehlt der geforderte Aktionsplan, den zum Beispiel RheinlandPfalz bereits hat. Es fehlt ein Konzept zur Umsetzung der Inklusion, die vor der Schule beginnt und weit über die Schule hinausgeht. Wo sind die Initiativen, zum Beispiel für eine inklusive Ausbildung, für eine inklusive Arbeitswelt und das Leben im Alter und das Leben mittendrin in der Gesellschaft?
Was passiert stattdessen? Im Doppelhaushalt 2011/2012 werden die Mittel für den bayerischen Landesplan für Menschen mit Behinderung um 3 Millionen Euro gekürzt. Wo bleiben die Menschen mit psychischen Behinderungen? - Ich erinnere an den Streit über die regionale Aufstockung der Sozialhilfe, die die Ministerin in München nicht mehr zulassen wollte. Kritik kam von allen Seiten und gerade aus den Reihen der CSU. Diese Beispiele allein zeigen, dass die Aussage des Diakonie-Präsidenten richtig ist: Die Politik beschränkt sich auf Ankündigungen und findet für
Probleme, die schon seit Jahren bekannt sind, keine Lösungen. Er sagt weiter: Diese Sozialpolitik handelt nicht nachhaltig, sondern nach Kassenlage.
Ich denke, nach zweieinhalb Jahren ist es Zeit, endlich im Ministerium anzukommen. Gerade ist die Frau Ministerin auf der Regierungsbank angekommen. Im Ministerium angekommen zu sein, bedeutet, eine soziale Politik für Bayern zu machen und zu gestalten.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Wer will die Entlastung der Kommunen nicht? - Die SPD-Fraktion will die Entlastung und hat deshalb Jahr für Jahr bei den Haushaltsberatungen deutlich gemacht, dass der Freistaat Bayern in der Verantwortung steht, die Kommunen finanziell so auszustatten, dass sie ihrer Verantwortung nachkommen können.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, auf den ersten Blick könnte man Ihrem Antrag zustimmen aber nur auf den ersten Blick. Ich mache es noch einmal deutlich: Die SPD-Fraktion will die Entlastung der kommunalen Ebene. Die Bezirke müssen konkret entlastet werden und in der Folge die Landkreise, Städte und Gemeinden, die die Erhöhung der Bezirksumlage tragen müssen. Rund 66.000 Menschen in Bayern sind leistungsberechtigt, was jährlich 1,5 Milliarden Euro ausmacht, die im Rahmen der Eingliederungshilfe geleistet werden. Das ist eine große Leistung. Die Frage ist, ob der Dringlichkeitsantrag der Koalitionsfraktionen dem Anliegen der Entlastung gerecht wird. Ich meine, er wird es nicht. Der Dringlichkeitsantrag ist - mit Verlaub - eine nette vorweihnachtliche Absichtserklärung ohne ernsthafte Konsequenz. Er lenkt von dem eigentlichen Problem ab. Kurz und gut, er ist nichts anderes als ein Kilogramm weiße Salbe.
Die kommunale Finanzausstattung ist völlig unzureichend. Das haben Sie zu verantworten. Die Situation, dass die Kosten für die Eingliederungshilfe steigen, kennen wir seit vielen Jahren, weil die Bezirke das immer wieder deutlich gemacht haben. Beide, FDP und Union, sind in der Regierungsverantwortung sowohl in Berlin als auch in München. Fakt ist, dass die Reform der Eingliederungshilfe nicht vorankommt. Bund und Länder sind sich nicht einig, und die auf Bundesebene zuständige Ministerin hat vor einiger Zeit erklärt, sie mache nichts, solange sich die Länder nicht einigen würden. Insofern sieht es nicht besonders gut aus.
Sodann wollen Sie langfristig auf ein Teilhabegesetz hinwirken. Was heißt langfristig? In zehn, zwanzig, fünfzig oder hundert Jahren? In Ihrem gesamten An
trag steht nicht ein einziges Wort zur UN-Behindertenrechtskonvention.
Sie haben sie erst jetzt in der Begründung erwähnt. Die UN-Behindertenrechtskonvention stellt aber einen Paradigmenwechsel dar, sie ist rechtsverbindlich, und Sie können sie nicht ausklammern. Sie fordert eine gleichberechtigte, selbstbestimmte Teilhabe der Behinderten am gesamtgesellschaftlichen Leben und die vollständige Inklusion in allen Bereichen des Lebens. Der Bund hat sie unterschrieben, und sie ist für die Länder mit gültig. Bayern hat sie mit ratifiziert. Aber dazu herrscht Schweigen in dem Antrag. Das können Sie allerdings nicht so einfach ausblenden. Die Eingliederungshilfe und deren Finanzierung sowie ein künftiges Teilhabegesetz sind nur unter Einbeziehung der Konvention möglich. Die jetzige Eingliederungshilfe bzw. die Eckpunkte der Bund-Länder-Arbeitsgruppe sind nicht ausreichend. Das ist ein Mini-Schritt, der überhaupt nicht ausreicht, und die künftige finanzielle Beteiligung des Bundes, wie in Ihrem Antrag gefordert, greift einfach zu kurz. Sie halten wieder einmal die anderen alleine für zuständig, und Sie drücken sich davor, Ihren Teil an der Finanzausstattung der kommunalen Ebene zu leisten und die Bezirke zu entlasten. Wie gesagt: Das ist lediglich ein Kilo weiße Salbe. Wir lehnen Ihren Antrag deshalb ab.
Ich sage es zum dritten Mal: Wir sind für eine Entlastung der Kommunen. Der Bund muss sich künftig beteiligen, und das muss die Bund-Länder-Arbeitsgruppe aushandeln. Insofern sind Sie mit im Boot.
Wir als SPD-Fraktion wollen ein Bundesteilhabegesetz im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention, im Sinne der Inklusion, aber nicht irgendwann, und wir wollen auch eine Staatsregierung, die ihrer Verantwortung gerecht wird und nicht wie durch den Antrag der Koalition zwar den Eindruck vermittelt, dass sie etwas tun will, sich aber vor der Entlastung der kommunalen Ebene und vor allen Dingen vor der Finanzausstattung der kommunalen Ebene drückt.