Protokoll der Sitzung vom 18.06.2009

Uns geht es lediglich darum zu sagen: Verhindert die Strafzahlungen. Niemand - nehmen Sie das zur Kennt

nis -, niemand führt eine Neiddebatte. Niemand neidet den Bäuerinnen und Bauern das Geld, das sie bekommen, überhaupt niemand, ganz sicherlich nicht, und schon gar nicht Minister Brunner.

(Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN und der SPD - Dr. Linus Förster (SPD): Jawohl!)

Aber klar ist - und deshalb ist die Veröffentlichung gut und richtig und sinnvoll -, dass man dann erst erkennen kann, dass dieses Agrarsystem falsch ist. Sie selber haben gerade gesagt, dass da vieles falsch läuft. Wenn zum Beispiel 2.700 Bauern im Landkreis Weilheim miteinander so viel EU-Gelder bekommen wie ein großer Konzern in Deutschland,

(Christa Naaß (SPD): Ist das richtig?)

und wenn die 4.600 Bauern im Landkreis Rosenheim miteinander so viel Geld bekommen wie die zehn größten Betriebe, dann ist das System ganz einfach falsch.

(Beifall bei den GRÜNEN - Dr. Linus Förster (SPD): Oder die CSU weiß, was gut für die Großbetriebe ist!)

Wenn wir wollen - und das habe ich bei Ihnen herausgehört -, dass sich an diesem System etwas ändert, dann ist die erste Voraussetzung dafür, die Fehler dieses Systems zu kennen. Die Veröffentlichung ist ein wichtiger Baustein, um die Fehler des Systems auch einer breiten Öffentlichkeit klarzumachen. Dann werden wir zusammen mit der Gesellschaft, den Bäuerinnen und Bauern darangehen können, dieses System zu ändern.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Aber dafür braucht es Offenheit, Klarheit und Transparenz, und die verweigert ihr leider Gottes.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor der Kollege Füracker antwortet, gebe ich bekannt: Für beide Dringlichkeitsanträge ist namentliche Abstimmung beantragt worden.

Bitte schön, Herr Kollege Füracker.

Sie nehmen durch die Veröffentlichung dieser Zahlungen billigend in Kauf, dass auch all das, was ich gerade geschildert habe an Gemeinwohlleistungen der kleinen bayerischen Bauern, in der Öffentlichkeit in ein ganz anderes Licht kommt, als es kommen müsste.

(Christa Naaß (SPD): Was soll denn das?)

Wenn die Agrarpolitik der EU falsch ist und renovierungsbedürftig sein sollte, worüber man diskutieren kann, dann sollte man das tun. Was das allerdings mit der Veröffentlichung der Direktzahlungen zu tun hat, das bleibt mir nach wie vor verborgen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich sage eines noch einmal ganz offen: Die Frage, wer mehr Bauern in der Landtagsfraktion hat, entscheidet Gott sei Dank nicht darüber, wie Wahlen ausgehen, lieber Sepp Daxenberger. Offensichtlich haben die bayerischen Bäuerinnen und Bauern nach wie vor die Meinung vertreten, auch bei der letzten Wahl, dass auch dann, wenn für die bayerische Landwirtschaft nicht der Himmel auf Erden entstehen konnte,

(Ulrike Gote (GRÜNE): Minus 18 % im Landkreis Bayreuth!)

die bayerische CSU am meisten für die - - Angenommen, die SPD hätte in meinem Landkreis minus 18 % gehabt, dann hätte sie minus 11 % bei der Europawahl gehabt, meine sehr verehrten Damen und Herren. Ich möchte also schon für ein bisschen Sachlichkeit werben.

(Ulrike Gote (GRÜNE): Sie sollten wieder in die Schule gehen! - Alexander König (CSU): Die Frau Gote hat eine schlechte Kinderstube!)

Warum darf diese Frau immer dazwischenschreien?

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie den Herrn Füracker reden.

Wir haben nicht den Nebenkriegsschauplatz eröffnet, Sepp Daxenberger. Wir haben eigentlich nichts getan, was für großes Aufsehen sorgen müsste. Wir haben lediglich gesagt, wir warten ab, bis der Europäische Gerichtshof entschieden hat, wie diese Angelegenheit letztlich beurteilt wird. Das ist ein ganz korrektes Vorgehen. Keiner - das hat Minister Brunner x-Mal erwähnt - riskiert Strafzahlungen auf Kosten der bayerischen Bauern.

Wir haben doch jetzt Zeit abzuwarten. Ich habe bisher noch nichts gesehen, dass der Drohbrief aus Berlin oder aus Brüssel angekommen wäre. Wir haben jetzt Zeit, die Situation in Ruhe zu besprechen, immer im Lichte dessen, was zum Schluss der Europäische Gerichtshof beschließen wird.

Warum sind Sie so aufgeregt? Warum wollen Sie über die Behauptung, die CSU würde den bayerischen Bauern Schaden zufügen, unbedingt eine Debatte führen?

Deshalb bitte ich um mehr Sachlichkeit. Ich bitte, zu erkennen, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

Wir werden die beiden Anträge wie angekündigt ablehnen.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Die nächste Wortmeldung kommt von Frau Kollegin Müller.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Transparenz ist wichtig. Unsere Bürgerinnen und Bürger wollen und sollen wissen, wofür ihre Steuergelder verwendet werden.

Daher ist im Grundsatz der Ansatz der EU-Kommission richtig, dass die Empfänger von Zahlungen veröffentlicht werden sollen. Mancher Wildwuchs würde vermieden, wenn unsere Wähler immer genau darüber informiert wären, was mit ihren Steuergeldern gerade mehr oder weniger Sinnvolles gemacht wird.

Ich bin überzeugt, dass die ganz überwiegende Mehrzahl der Menschen in unserem Land die Zahlungen, die unsere Landwirte erhalten, als sinnvoll und richtig einschätzen, vorausgesetzt, dass ihnen zugleich mit der Höhe der Zahlungen die Begründungen dafür klar mitgeteilt werden. Kein Euro Steuermittel wird unseren Bauern ohne Grund überwiesen. Entweder handelt es sich um absolut berechtigte Ausgleichszahlungen für preissenkende politische Vorgaben der Vergangenheit oder um Ausgleichsleistungen für besondere Bewirtschaftungsauflagen.

Transparenz ist wichtig, und zwar in allen Bereichen. Aber es ist nicht nachvollziehbar, dass ich mit wenigen Mausklicks aus dem Internet Listen ausdrucken kann, in denen die Bauern ganzer Gemeinden sauber nach Adresse und Höhe der Zahlungen aufgeführt sind, ohne dass auf dem Ausdruck zugleich genannt wäre, wofür der Bauer die einzelnen Zahlungen erhält.

Wo sind eigentlich die Listen bereitgestellt, in denen die Subventionen der restlichen Wirtschaft schön nach dem Alphabet geordnet dargestellt sind? Warum fordern hier einige Parlamentarier vehement die Veröffentlichung der Bauerngelder, ohne zugleich denselben Maßstab auch für die restliche Wirtschaft anzulegen?

Es mag sein, dass man manches über die Wirtschaftssubventionen mit viel Geduld und Übung aus dem Netz herausziehen kann. Aber das ist mit der Vorgehensweise im Agrarsektor nicht zu vergleichen. Wie es bisher gehandhabt wird, handelt es sich um ein An-denPranger-Stellen der Bauern ohne Aufklärung der Bevölkerung über die Hintergründe der Zahlungen.

Davon abgesehen gibt es noch den Aspekt des Datenschutzes. Herr Staatsminister Brunner hat unsere Unterstützung, wenn er zunächst Rechtssicherheit einfordert. Auch wir wollen natürlich nicht, dass Strafzahlungen an die EU geleistet werden müssen. Aber vorauseilender Gehorsam ist aus unserer Sicht nicht angebracht.

Die Aufregung der Medien in den letzten Tagen hat deutlich gezeigt, dass noch großer Aufklärungsbedarf besteht. Jeder, der das System der Agrarzahlungen kennt, wird kaum überrascht gewesen sein, dass die sogenannten "Top Ten" der Empfänger bekannt gegeben wurden. Es ist schon ein wenig verwunderlich, wenn hier SPD und GRÜNE von skandalösen Zuständen sprechen. Zur Erinnerung: Die Umsetzung der Agrarzahlungen in dieser Finanzperiode wurde von der rot-grünen Regierung unter Renate Künast beschlossen. Aber jetzt empört man sich über die großen Empfänger.

Noch in diesem Jahr sollen die Grundzüge des EU-Agrarhaushalts ab 2013 festgelegt werden. Da müssen die Weichen richtig gestellt werden, damit eine Umschichtung der Zahlungen hin zur echten bäuerlichen Landwirtschaft stattfindet. Hier erwarte ich Vorstöße der SPD in der Großen Koalition. Dazu braucht es aber eine Politik aus einem Guss.

Wenn ich den Anträgen der GRÜNEN und der SPD etwas Positives abgewinnen kann, dann das, dass ich unterstelle, dass man mit diesen Mitteln die Diskussion in diese Richtung lenken will. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, dazu müssen wir nicht Neid und Missgunst in die Dörfer tragen. Aufklärung über das System ist richtig.

Übrigens erhielt ich auch bei den Biobauern große Zustimmung zu unserer Haltung. Lieber Adi Sprinkart, ich fordere dich auf, das Gleiche zu tun wie ich. Ich habe kein Problem, meine Zahlungen hier offenzulegen. Bekanntlich ist die zweite Säule jetzt bereits veröffentlicht.

Wir bewirtschaften zu Hause in unserem Betrieb 56,5 Hektar. Es ist reines Berggebiet, Grünland auf 1.000 Meter Höhe. Dafür bekomme ich aus dem Kulturlandschaftsprogramm 8.720 Euro in einem Jahr und eine Ausgleichszulage von 8.869 Euro im Jahr.

Ich bitte dich, Adi, hier auch deine Betriebszahlen darzulegen.

Ich habe keine Probleme, meine Zahlungen darzulegen. Ich kann Ihnen auch sagen, was ich an Betriebsprämie für die erste Säule bekomme. Im Übrigen hätte ich die Zahlen auch bei Beckmann genannt, zumal man mich hier so vorführen möchte. Ich glaube nämlich

schon, dass man mit diesen Zahlen offen und ehrlich argumentieren kann.

Als Betriebsprämie bekommen wir 14.962 Euro im Jahr. Das ist ganz leicht zu rechnen. Es handelt sich um 3,55 Cent pro Liter Milch. Je Quotenhöhe, die wir in den letzten Jahren hinzugekauft haben, bekommen wir noch die Ausgleichsleistungen. Die 3,55 Cent wurden beschlossen, um die Preisrückgänge auszugleichen. Leider reicht das Geld hinten und vorn nicht. Sie alle wissen, dass die Preisabschläge bei Milch ein Zigfaches betragen.

Die Betriebsprämie pro Hektar beträgt 89 Euro. So also ergeben sich diese Zahlen.

Wohlgemerkt, dieses System wurde unter Rot-Grün beschlossen, das heißt unter Renate Künast.

Die Aufklärung darüber wäre richtig und wichtig. Die Missstände kann man aufzeigen, ohne den einzelnen Bauern an den Pranger zu stellen.

Wenn jemand sagt, die Diskussion in den Dörfern werde so nicht geführt, dann muss ich widersprechen. An den Stammtischen wird darüber diskutiert. Gegenteilige Behauptungen sind nicht wahr.

Da ich bei meinen persönlichen Zahlen bin, muss ich hinzufügen: Selbst die Ausgleichszahlungen reichen im Moment nicht aus, den Milchpreisverfall auszugleichen. Wir müssen in unserem Betrieb leider die Rücklagen von 2007 und 2008 allmonatlich dafür verwenden, um unseren Betrieb wirtschaftlich fortführen zu können. Auch dies hätte ich öffentlich gern gesagt, wenn ich es hätte sagen dürfen.