Protokoll der Sitzung vom 16.07.2009

In den letzten Jahren hat es auf EU-Ebene - wir sind mit diesem Problem keineswegs allein - intensive Bemühungen zum Abschluss eines Rückübernahmeabkommens mit der Volksrepublik China gegeben.

Klar ist jedenfalls, dass die Ausländerbehörden nach der geltenden Rechtslage in der Bundesrepublik Deutschland verpflichtet sind, die Identität abgelehnter, vollziehbar ausreisepflichtiger Asylbewerber aufzuklären, um die Rückführung zu ermöglichen. Wenn die Betroffenen vorgeben, keinen Pass oder keine Identitätspapiere zu besitzen, wenn sie sich weigern, zur Identitätsfeststellung bei der Botschaft oder dem zuständigen Generalkonsulat ihres Landes vorzusprechen, und wenn der Antrag auf Passausstellung dort wegen ungeklärter Identität und Herkunft keinen Erfolg hat, bleibt den Behörden letztlich nur ein Ausweg: Sie müssen die Vorsprache auch gegenüber ausländischen Delegationen durchsetzen, die zum Zwecke der Identitätsklärung entsandt werden. Genau solche Anhörungen finden seit einer Weile statt. Das machen alle Bundesländer. Das geschieht in enger Zusammenarbeit, weil das mit einem hohen organisatorischen Aufwand verbunden ist. Dazu werden - hier gibt es eine Absprache mit der Volksrepublik China - Experten aus China von der Volksrepublik nach Deutschland entsandt, die überprüfen, ob es sich um Personen handelt, die tatsächlich aus China stammen, aus welcher Region sie stammen und dergleichen mehr. Solche Anhörungen haben in den letzten Monaten bzw. in den vergangenen Jahren auch in Baden-Württemberg oder Rheinland-Pfalz, welches SPD-regiert ist, - auch wenn die Betroffenen in Bayern ansässig sind - stattgefunden. In den letzten Wochen erfolgen solche Anhörungen auch in Bayern, auch für chinesische Bürger, die in anderen Bundesländern untergebracht sind.

Ich sage Ihnen ganz klar: Es handelt sich um ein Sicherheitsrisiko ersten Ranges, wenn sich eine Vielzahl von Personen in Deutschland oder Bayern aufhält, deren Identität wegen verweigerter Mitwirkungsbereitschaft ungeklärt ist. Es handelt sich um Personen, von denen wir nicht wissen, woher sie kommen, wie sie heißen, was sie bisher gemacht haben und dergleichen mehr. Ein Staat kann doch nicht akzeptieren, dass sich auf Dauer solche Leute bei ihm aufhalten. Es muss

doch geklärt werden, um welche Personen es sich handelt und wo sie hingehören.

(Beifall bei der CSU)

Wenn das Bundesamt festgestellt hat, dass kein Asylgrund vorliegt, dann ist eine Ausländerbehörde dazu verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass diese Personen das Land auch wieder verlassen. Die Kooperation mit den chinesischen Vertretern der Ämter für Aus- und Einreise ist deshalb ohne Alternative. Nur diese Stellen können naturgemäß beurteilen, ob die von den Ausreisepflichtigen angeführten Angaben zu ihrer Herkunft zutreffend sind. Bei den Anhörungen ist eine Teilnahme von durch die Betroffenen beigezogenen Rechtsanwälten möglich. An den Anhörungen nehmen jeweils die Mitarbeiter der Zentralen Rückführungsstelle sowie ein externer unabhängiger Dolmetscher teil. Auch der Vorwurf, dass chinesische Asylantragsteller, über deren Asylantrag noch nicht entschieden worden ist, mit chinesischen Behördenvertretern zusammentreffen, ist unberechtigt. Die Stellen befinden sich zwar in München - in der Boschetsrieder Straße - im gleichen Gebäude, aber auf verschiedenen Etagen des Gebäudes. In einer Etage ist die Zentrale Rückführungsstelle untergebracht, während die Außenstelle des Bundesamtes sich in einer anderen Etage befindet. Die Außenstelle des Bundesamtes hat sorgfältig dafür gesorgt, dass die Asylbewerber, die bei ihnen vorsprechen - es handelt sich dabei nicht ausnahmslos um Chinesen - nicht in Kontakt zu den wenigen chinesischen Regierungsvertretern gekommen sind, die bei der Zentralen Rückführungsstelle in dem genannten Zeitraum von zwei Wochen zugange waren. Es handelt sich dabei nur um einen sehr überschaubaren Zeitraum.

Aus meiner Sicht ist die Vorgehensweise der Zentralen Rückführungsstelle Südbayern unter keinem Gesichtspunkt zu beanstanden. Sie erfüllt mit den Anhörungen nur die gesetzliche Pflicht, die Identität abgelehnter ausreisepflichtiger Asylbewerber aufzuklären und deren Rückführung sicherzustellen.

Für die Aussetzung der Abschiebung nach China von Personen, die keine Flüchtlinge sind, besteht keinerlei Anlass. Wenn der Rechtsweg ausgeschöpft ist, muss es möglich sein, den Aufenthalt abgelehnter Asylbewerber - erforderlichenfalls zwangsweise - zu beenden. Dies liegt letztendlich auch im Interesse derjenigen, die tatsächlich schutzbedürftig sind. Natürlich gehören zu diesem Personenkreis auch Personen aus China. Genau diesen wollen wir auch in Zukunft Asyl gewähren. Das ist ein vernünftiges Vorgehen, und deshalb bitte ich Sie herzlich, dem Dringlichkeitsantrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN nicht zu folgen. Ich bitte Sie, letztendlich zu bestätigen, dass das Verfahren unserer Zentralen Rückführungsstelle sinn

voll ist. Es gibt für die Aufregung, die Sie in den letzten Tagen in diesem Zusammenhang verbreitet haben, nicht den geringsten Grund, Frau Kollegin.

(Beifall bei der CSU)

Ich erteile zu einer Zwischenbemerkung Frau Kollegin Ackermann das Wort.

Zunächst die Frage: Warum finden diese Anhörungen nicht - wie es rechtsstaatlich geboten wäre - in der Botschaft statt?

Ist Ihnen bekannt, dass es ein Schreiben der Regierung von Oberbayern gibt, in dem steht, die geladenen Personen hätten grundsätzlich alleine, insbesondere ohne Anwalt, zu erscheinen? Können Sie ausschließen, dass der chinesische Geheimdienst derzeit in München diese Menschen verhört?

Bei diesen Gesprächen sind - wie ich Ihnen gerade gesagt habe - grundsätzlich die Mitarbeiter der Zentralen Rückführungsstelle anwesend.

(Renate Ackermann (GRÜNE): Das habe ich nicht gefragt!)

Insofern kann ich ausschließen, dass in diesem Sinne derartige Verhöre stattfinden.

(Zurufe von den GRÜNEN)

- Entschuldigung, macht es nicht Sinn, dass ich zu nächst die drei gestellten Fragen beantworte, bevor Sie dazwischenrufen?

(Beifall bei der CSU - Zurufe von den GRÜNEN)

- Das wäre jetzt mein nächster Satz gewesen, eines nach dem anderen.

Ich kann nicht ausschließen - wie dies entsprechend auch bei anderen ausländischen Vertretern der Fall ist -, dass jemand als Vertreter der chinesischen Einund Ausreisebehörde teilnimmt und gleichzeitig Mitglied eines Nachrichtendienstes in China ist. Das kann ich in diesem Falle nicht ausschließen, das kann ich auch bei Vertretern anderer Staaten nicht ausschließen. Ich kann es nicht ausschließen, weil ich diese Personen nicht einzeln identifizieren kann. Die Betroffenen treten als Vertreter der Ein- und Ausreisebehörden auf. Bei den Gesprächen ist ein Vertreter der deutschen Behörde anwesend, der auf die Gesprächsführung achtet, nachdem von den Dolmetschern entsprechend übersetzt worden ist. Deshalb kann ich sagen: Ein Verhör - wie Sie das suggerieren - durch einen Vertreter des chinesischen Geheimdienstes kann

nicht stattfinden. Was ich Ihnen aber nicht sagen kann, ist, ob jemand, der hier tätig ist, auch Mitarbeiter eines Geheimdienstes ist. Was die Begleitung durch einen Rechtsanwalt anbelangt, mag es sein, dass dies zunächst anders gehandhabt worden ist. Ich habe Ihnen klar gesagt, dass nunmehr sichergestellt ist, dass Rechtsanwälte teilnehmen können.

Was war nun die dritte Frage? Sie hatten noch etwas angesprochen.

Frau Kollegin Ackermann, wenn Sie eine Zwischenbemerkung machen, dann müssen Sie aufpassen.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Entschuldigung, da kann ich Sie überhaupt nicht verstehen, Frau Kollegin Ackermann. Es ist doch völlig unlogisch. Sie erklären, es handle sich um eine große Belastung, wenn die Betroffenen überhaupt mit Vertretern des chinesischen Staates in Kontakt kommen, und dann fragen Sie, warum wir die Betroffenen nicht dazu zwingen, in die chinesische Botschaft nach Berlin zu gehen. Das ist doch völlig widersinnig. Wenn ich die betroffenen Personen verpflichten würde, in die chinesische Botschaft nach Berlin zu gehen, nachdem sie aus China geflüchtet sind, würde das doch Ihrem Anliegen noch viel stärker widersprechen. Die Logik dieser Frage - Entschuldigung, Frau Ackermann - kann ich überhaupt nicht verstehen. Es ist doch ein größeres Entgegenkommen, wenn ich die Vertreter der chinesischen Behörde in eine deutsche Dienststelle hole und dort den Betroffenen die Möglichkeit gebe, ihre Identität offenzulegen. Wenn Sie meinen, es wäre besser, die Betroffenen in die chinesische Botschaft zu schicken, werde ich das gerne offen prüfen, wenn Sie ernsthaft der Meinung sind, dass ein solches Vorgehen den Betroffenen besser gefällt.

Herr Minister, vielen Dank. Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Fischer.

(Vom Redner nicht auto- risiert) Herr Präsident, Herr Staatsminister, Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zunächst den GRÜNEN dafür danken, dass sie hier ein wichtiges Menschenrechtsthema im Landtag zur Abstimmung gestellt haben. Das Thema verdient eine Debatte. Ich sage ganz klar: Ja, die Volksrepublik China ist ein Unrechtsstaat. Ja, in der Volksrepublik China findet Verfolgung statt. Ja, Sie haben recht, die Umstände der Anhörungen verdienen Beachtung. Trotzdem sage ich: Der Antrag der GRÜNEN ist für mich nicht zustimmungsfähig, und ich möchte Ihnen das auch erläutern. Das ist ganz einfach zu erklären.

Zum einen fordern Sie einen Bericht, nehmen aber das Ergebnis schon vorweg. Das passt meines Erachtens nicht. Was schwerer wiegt, ist, dass Sie mehrere Dinge vermischen. Wenn Sie fordern, dass Abschiebungen in die Volksrepublik China komplett gestoppt werden, dann meine ich, übersehen Sie, dass dem sehr unterschiedliche Sachverhalte zugrunde liegen und dass man differenzieren muss zwischen Menschen, die politisch verfolgt sind, und Menschen - in diesem Punkt kann ich dem Staatsminister recht geben -, die als Wirtschaftsflüchtlinge hierher kommen.

Ich möchte aber auch sagen, dass ich mit Ihrem Bericht, Herr Staatsminister, nicht zufrieden bin.

(Beifall bei der SPD)

Ich möchte auch ganz klar sagen, dass einige Fragen für mich offen bleiben.

Zunächst möchte ich aber noch einmal auf das Thema an sich eingehen. Worum geht es bei der Beschaffung von Heimreisepapieren? Es geht um eine Anhörung, und diese Anhörung ist grundsätzlich in Ordnung, sie ist sogar notwendig. Es ist auch in Ordnung - und darin unterscheidet sich meine Auffassung von der der GRÜNEN -, dass Menschen dabei mit Vertretern des Staates konfrontiert werden, aus dem sie geflohen sind. Das ist nicht vermeidbar. Es handelt sich um abgelehnte Asylbewerber. Ich gehe davon aus, dass ein rechtsstaatliches Asylverfahren stattgefunden hat. Wenn ein Asylantrag aber abgelehnt worden ist, muss eine Möglichkeit bestehen, dass diese Menschen zurückgeführt werden.

Nicht für in Ordnung halte ich es - das sage ich in aller Deutlichkeit -, dass die Anhörungen im gleichen Ge bäude stattfinden. Herr Staatsminister, dabei ist es mir egal - das muss ich auch ganz deutlich sagen -, ob die Anhörung in der gleichen oder in einer anderen Etage stattfindet. Wenn Menschen, die in Deutschland Zuflucht gesucht haben, im gleichen Gebäude mit den Menschen zusammentreffen, die Repräsentanten des Staates sind, aus dem sie geflohen sind - so ganz ist es nicht geklärt, welche Repräsentanten des Staates sie sind -, dann halte ich das für nicht akzeptabel.

Sie haben einige Fragen beantwortet. Trotzdem möchte ich klarstellen, dass für mich dieser Antrag noch nicht erledigt ist. Sie haben zwar gesagt, dass mit chinesischen Behörden eine Zusammenarbeit stattfindet. Ich möchte trotzdem genauer wissen, um welche Behörden es sich dabei handelt. Nachvollziehbar ist, dass sie nicht beantworten können, ob jemand verdeckter Mitarbeiter eines Geheimdienstes ist. Das ist logisch. Ich möchte aber trotzdem wissen, welche Vertreter welcher Behörde es sind. Ist es die Polizei? Ist es das Außenministerium, oder welche Behörde ist es? Ich sage auch

ganz klar: Ich halte es nicht für richtig zu sagen, es sei ein größerer Aufwand, Menschen zur Botschaft zu bringen. Das wäre der richtige Ort für solche Anhörungen. Ich würde mir wünschen, dass diese Anhörungen in der Botschaft stattfinden.

Ich möchte ganz klar sagen, dass die FDP ihrem Ruf als Rechtsstaatspartei gerecht bleiben wird. Wir werden uns dieser Themen weiter annehmen. Wir werden ganz genau hinschauen, was beantwortet wird, wenn wir Berichte bekommen.

(Beifall bei der FDP)

Herr Kollege, Sie müssen bitte wieder zurück ans Pult kommen. Eine Zwischenbemerkung: Frau Kollegin Bause.

Herr Fischer, es freut mich, dass Sie sich des Anliegens ernsthaft annehmen und offensichtlich auch nicht ganz der Linie folgen, die das Innenministerium vertritt. Würden Sie bitte den Innenminister darauf hinweisen, dass auch abgelehnte Asylbewerber hierbleiben können, wenn sie geduldet sind und aus bestimmten Gründen nicht abgeschoben werden dürfen? Würden Sie den Innenminister auch darauf hinweisen, dass es hier Tibeter gibt, die geduldet sind und nicht abgeschoben werden dürfen?

Ein zweiter Punkt. Ich empfinde es wirklich als einen Skandal, dass wir in einem demokratischen Staat mit Geheimdienstbeamten aus China, also einer Diktatur, kooperieren,

(Peter Winter (CSU): Haben Sie das bereits geprüft?)

um bestimmte Flüchtlinge unter Druck zu setzen. Vor ein paar Wochen haben wir eine sehr erregte Debatte über das Thema "Unrechtsstaat DDR" geführt. Diesen Unrechtsstaat gibt es nicht mehr. Vielleicht sollten wir die Grundsätze, die die CSU damals aufgestellt hat, auf die aktuelle Situation in China übertragen. Ich halte es für unerträglich, dass bayerische Beamte mit chinesischen Beamten kooperieren, die möglicherweise Beamte des chinesischen Geheimdienstes sind, um Flüchtlinge unter Druck zu setzen und sie zur Ausreise zu zwingen. Wir wissen nicht, was mit diesen Menschen in China passiert, wenn sie zur Ausreise gezwungen werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

So etwas geht in einem demokratischen Land überhaupt nicht. Das ist mit unseren rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht vereinbar.

(Beifall bei den GRÜNEN)

(Vom Redner nicht auto- risiert) Ich möchte ganz kurz dazu Stellung nehmen. Zunächst zum zweiten Punkt: Das können Sie auch bei einer Anhörung in einer Botschaft nicht vermeiden. Sie wissen nicht, welche Leute für den Geheimdienst arbeiten und welche nicht. Ich kann nur das wiederholen, was ich schon gesagt habe. Ich sehe in Ihrem Antrag schon einen gewissen Aktionismus.

Ein Zweites sage ich auch ganz deutlich. Dass Menschen trotz abgelehnten Asylantrags hierbleiben können, ist mir bekannt. Ich gehe davon aus, dass es auch dem Staatsminister bekannt ist.

(Beifall bei der FDP)

Ich gebe bekannt, dass das BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eine namentliche Abstimmung zu seinem Antrag verlangt hat. Nächste Wortmeldung: Frau Kollegin Guttenberger.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Mit diesem Dringlichkeitsantrag soll wieder einmal mehr der Eindruck erweckt werden, es gehe im Freistaat Bayern inhuman zu, es gehe nicht rechtsstaatsgemäß zu, Bayern mache sich zum Helfershelfer chinesischer Geheimdienste und setze sich über deutsches Recht hinweg. Das ist die Ausgangslage. Diese Art der Stimmungsmache ist absolut inakzeptabel. Sie ist absolut nicht hinnehmbar.