Vor einem Jahr stand die CSU vor einem politischen Scherbenhaufen. Damals sind die Teichtrockenleger die großen Wortführer gewesen und sind mit der CSU an die Wand gefahren. Man brauchte dann einen Zickzackfahrer, der diesen Laden wieder einsammelt, der versucht, jedem alles zu versprechen, um die verschiedenen Wählergruppen und Berufsschichten wieder zu beschwichtigen, bevor die CSU auseinanderbricht. Dazu hat man einen Mann auserkoren, den man innerhalb der CSU vorher noch einem Spießrutenlaufen sondersgleichen unterzogen hat. Jetzt, nachdem er die Socken einigermaßen geflickt hat, meine Damen und Herren, geht das Messerwetzen weiter. So sind wir es ja gewohnt, und wir haben eigentlich nichts anderes erwartet.
Diese Zickzackfahrt zwischen den verschiedenen Themen, die wahrscheinlich nötig war, damit Sie heute überhaupt noch hier sitzen, hatte eben den Effekt, dass eine Straßenlaterne umgefahren worden ist, und das war Staatssekretär Weiß.
(Beifall bei den Freien Wählern - Zahlreiche Zurufe von der CSU - Anhaltende Unruhe - Glocke der Präsidentin)
Der Rücktritt von Staatssekretär Weiß ist ganz offensichtlich ein Kollateralschaden einer Zickzackpolitik, die aber nötig war, um die Politik Ihrer Vorgänger wieder auf Linie zu bringen. Meine Damen und Herren, damit ich jetzt die Kurve kratzen kann:
Ich habe Ihnen deshalb diese zahlreichen Anträge aufgezählt. Diese Anträge, die Sie gestern noch abgelehnt haben, verkaufen Sie heute teilweise als Ihre eigenen. Was Sie in den letzten Jahren mit Ihrer Parteipolitik in Bayern kaputtgemacht haben, geht auf keine Kuhhaut.
Deshalb lautet mein politischer Appell nach einem Jahr nach der Regierungserklärung: Damit wir in den nächsten Jahren weiter vorankommen, sollten wir eine Politik des Aufeinanderzugehens betreiben, nicht des stumpfsinnigen Ablehnens von sinnvollen Anträgen, damit wir am Ende dieser Legislaturperiode sagen können: Wir haben für Bayern das Beste herausgeholt. Meine Damen und Herren, das ist mein Appell an Sie. Wenn Sie so weitermachen, versündigen Sie sich an der Zukunft Bayerns.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Der Austausch des bis vor Kurzem weitgehend unbekannten Staatssekretärs Bernd Weiß durch den noch unbekannteren Gerhard Eck wäre normalerweise ein ziemlich unbedeutender Vorgang hier im Hause. Es würde eigentlich nicht lohnen, darüber eine Aussprache zu beantragen. Wir schlagen im Übrigen vor, diesen Posten gleich einzusparen. Er würde niemandem fehlen, und man könnte noch 150.000 Euro jährlich einsparen.
Bei dem Personalwechsel zum jetzigen Zeitpunkt geht es aber in der Tat um etwas völlig anderes. Es geht nicht um die Frage, wer Staatssekretär im Innenministerium ist, sondern dieser Personalwechsel zeigt im Kern das ganze aktuelle Elend des amtierenden Ministerpräsidenten Seehofer.
Die "FAZ" - nicht gerade das Leib- und Magenblatt der GRÜNEN - hat vor Kurzem getitelt: "Es ist was faul im Staate Seehofer". Sehr richtig, es ist was faul im Staate Seehofer. Sie, Herr Seehofer, stehen nämlich für einen dreifachen Verlust in dem knappen Jahr, seitdem Sie hier in Bayern agieren: Verlust an Vertrauen, Verlust an Autorität und, am allerschlimmsten, Verlust an Glaubwürdigkeit. Das haben Ihnen Herr Glück und andere aus Ihren Reihen auch schon ins Stammbuch geschrieben. Das hat auch nichts mit irgendeiner - wie haben Sie unnachahmlich formuliert - strukturellen Niveauabsenkung zu tun. Welches Niveau wollen Sie denn noch absenken, Herr Seehofer? Da sind Sie doch schon längst auf dem Tiefpunkt.
Sie haben ein Glaubwürdigkeitsdesaster Ihrer Regierung und Ihrer Partei zu verantworten, Herr Seehofer. Zu Ihren Gunsten will ich sagen, dass Sie das beileibe nicht alleine angerichtet haben. Viele haben tatkräftig mitgeholfen. In erster Linie waren das Ihr Amtsvorgänger und Ihr Amtsamtsvorgänger. Aber Sie, Herr Seehofer, haben die Unberechenbarkeit, die Beliebigkeit und den rasenden Positionswechsel quasi zum Prinzip erhoben. Sie waren damit "erfolgreich". Die CSU darf sich heute die unglaubwürdigste Partei Deutschlands nennen.
Zu Recht; denn wer gleichzeitig für und gegen Agrogentechnik ist, wer erst den Gesundheitsfonds bejubelt und ihn später als Grundübel bezeichnet, wer demokratische Umgangsformen verspricht und im Kasernenhofton Gehorsam einfordert, ist kein besonders geschickter Taktiker, sondern ein veritabler Totengräber der Glaubwürdigkeit.
Das nächste Begräbnis steht schon vor der Tür. Im Wahlkampf haben Sie sich mit Ihren sonst üblichen Versprechen noch überboten. Versprechen reichte Ihnen nicht mehr aus. Sie haben bemerkt, dass das niemand mehr ernst nimmt, wenn Sie etwas versprechen. Darum haben Sie eins draufgesetzt und Garan
tien abgegeben. Sie haben deutlich gemacht: Wenn das und das nicht im Koalitionsvertrag des Bundes steht, werden Sie nicht unterschreiben. Wir haben Ihre "gesammelten Garantien" zusammengestellt. Ich will sie in Erinnerung rufen: In der "Passauer Neuen Presse" vom 9. September 2009 ist zu lesen:
Die CSU ist die Schutzmacht der kleinen Leute. Darauf können sich die Wählerinnen und Wähler verlassen. Sozialabbau wird es mit uns nicht geben. Dafür verbürge ich mich mit meinem Namen. Ich werde keinen Koalitionsvertrag unterschreiben, der den Abbau von sozialen Leistungen enthält.
Ich werde keine Koalitionsvereinbarung unterschreiben, die keine Steuersenkung beinhaltet, und im Koalitionsvertrag werden 2011 und 2012 als Termine stehen.
Doch, ich mache es jetzt zur Bedingung für meine Unterschrift unter den Koalitionsvertrag einer neuen Bundesregierung, dass die bäuerliche Landwirtschaft in Bayern geschützt wird. Da können sich die Bauern auf mich verlassen. Ich bin zu jedem Kampf entschlossen.
Soweit das "Straubinger Tagblatt" vom 25. September 2009. Interessant ist, dass wir aus Berlin hören, Sie führten noch nicht einmal den Kampf um das Landwirtschaftsministerium. Diesen Kampf haben Sie offenbar schon aufgegeben und wollen das Landwirtschaftsministerium möglicherweise der FDP überlassen. Was die Bauern und die bäuerliche Landwirtschaft von dieser Politik zu erwarten haben, hat Herr Dechant vorhin auf das Schönste demonstriert.
Wir werden Sie beim Wort nehmen, Herr Seehofer. Wir werden genau hinschauen, was Sie unterschreiben und was nicht. Sie müssen sich nicht nur an den Wahlergebnissen für die CSU messen lassen. Als Ministerpräsident müssen Sie sich an Ihrer Politik für Bayern und Ihren Garantien für die Bauern, die Gastronomie und für die sogenannten kleinen Leute messen lassen. Es wird keine Ausflüchte mehr geben.
Vor gerade mal einem Jahr sind Sie hier als großer Hoffnungsträger gestartet und haben von einem absoluten Neuanfang gesprochen. Seither hat Ihre Politik hauptsächlich darin bestanden, unhaltbare Versprechen anzukündigen, auf Disziplin im Kabinett zu pochen, die eigenen Leute zu demontieren und sich ansonsten konzeptionslos durchzuwurschteln. Ach ja, fast hätt’ ichs vergessen: Der Nichtraucherschutz wurde abgeschafft.
Die zentralen Zukunftsaufgaben in der Bildungspolitik, der Integrationspolitik, beim Klimaschutz, bei der Verbindung von Ökologie und Ökonomie, bei der Stärkung des ländlichen Raums - für all diese wichtigen Zukunftsaufgaben haben Sie kein Konzept, keine Strategie, keine Orientierung, keine konkreten Zielvorgaben, keine überzeugenden Antworten, von Innovation oder Vision will ich gar nicht erst reden.
Wenn Sie, Kolleginnen und Kollegen der CSU, ein Zukunftsprogramm für Bayern entwickeln wollen, müssten Sie erst einmal die Gegenwart in Bayern ungeschminkt und ohne Scheuklappen zur Kenntnis nehmen. Davor verschließen Sie immer noch gerne die Augen. Sie müssten sich endlich von Ihren altbackenen und verstaubten Ideologien verabschieden. Sie, Herr Schmid, haben vor Kurzem der "PNP" gesagt, dem Letzten sei mittlerweile klar, dass es so wie bisher nicht weitergehen könne. Wie richtig. Ich habe nur meine Zweifel, ob Sie auch wirklich den Letzten in Ihren Reihen erreicht haben. Dann müssten Sie sich eingestehen, dass zum Beispiel das selektive Bildungssystem in Bayern nicht mehr für die Wissensgesellschaft des 21. Jahrhunderts taugt. Dann müssten Sie sich eingestehen, dass Atomenergie keine Lösung und auch keine Übergangslösung für unsere Energieprobleme ist. Dann müssten Sie die Chance wahrnehmen, die in einem ökologischen Strukturwandel für die Wirtschaft und die Umwelt in Bayern steckt. Dann müssten Sie die zunehmende soziale Spaltung in unserer Gesellschaft zur Kenntnis nehmen. Sie könnten keine Steuersenkung für die Reichen versprechen und keine Erbschaftsteuersenkung für die ganz Reichen. Dann müssten Sie gegensteuern. Dann müssten Sie Zuwanderung und Integration endlich als Chance und nicht länger als Bedrohung begreifen. Um diese zentralen Aufgaben geht es. So, wie Sie es in der Vergangenheit gemacht haben, darf es nicht weitergehen.
Wir stellen uns den zentralen Aufgaben, und wir lassen uns an der Lösung dieser zentralen Aufgaben messen. Wir freuen uns auf einen richtigen Wettbewerb.
Sehr verehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Zur Sache: Im Namen der CSU-Fraktion darf ich unserem Kollegen, dem Innenstaatssekretär Dr. Bernd Weiß, sehr herzlich Dank sagen für seine exzellente Arbeit in den vergangenen zwölf Monaten.
Da die Vertreterin der GRÜNEN Zweifel an der Notwendigkeit eines Staatssekretärs im Innenministerium geäußert hat, spürt man, dass Sie keine Ahnung hat. Das Haus hat 60.000 Kolleginnen und Kollegen, die für dieses Land hervorragende Arbeit leisten: die Oberste Baubehörde, unsere Polizei, unsere Sicherheitskräfte. Lieber Bernd, ich weiß, dass das eine große Aufgabe für dich in den vergangenen zwölf Monaten war. Du hast diese Arbeit hervorragend geleistet. Ich weiß, dass das Thema "Digitalfunk" schwierig ist. Es beschäftigt uns seit vielen Jahren. Du hast es ein gutes Stück vorangebracht. Ich danke dir noch einmal im Namen unserer Fraktion sehr herzlich für deine Arbeit und dein Engagement.
Ich finde es interessant, dass Kollege Gerhard Eck, der seit immerhin über zehn Jahren Mitglied dieses Hohen Hauses ist, hier hervorragende Arbeit geleistet hat, den Landwirtschaftsausschuss geleitet hat und in der dritten Wahlperiode Mitglied dieses Hohen Hauses ist, hier despektierlich behandelt wird. Ich gratuliere dir zu deiner Berufung. Herzlichen Glückwunsch und alles Gute für die Aufgabe als Innenstaatssekretär!
Lieber Kollege Aiwanger, an Sie richte ich nur einen Satz: Sie haben gesagt: "Sie würden schon noch die Kurve kriegen." Ich glaube, Sie hat es ein bisschen aus der Kurve getragen mit Ihrer Argumentation. Wir gehen die Wege mit, die wir für richtig halten, und wir lehnen die Wege ab, die Sie falsch gehen. Die gehen wir nicht mit. So einfach ist das.
Herr Kollege Maget, wenn einer geht, sollte man nur lobende Worte sprechen. Man sollte ihn nicht zu hart kritisieren.