Drittens geht der Antrag auch mit Blick auf die Haltung der Europäischen Kommission in die falsche Richtung. Bitte setzen Sie sich mit den Entscheidungen, zum Beispiel bezogen auf die LBBW in Stuttgart, auseinander. Dort werden gerade eine Reduzierung des staatlichen Einflusses und eine Angleichung an die Strukturen der Privatwirtschaft gefordert.
Weitere Wortmeldungen im Rahmen der Aussprache liegen nicht vor. Die Beratung ist damit geschlossen.
Zu einer persönlichen Erklärung nach § 112 der Ge schäftsordnung hat sich Herr Kollege Dr. Beckstein zu Wort gemeldet.
Herr Vizepräsident, Hohes Haus! Herr Abgeordneter Aiwanger hat behauptet, ich hätte mich nur als nominales Mitglied des Verwaltungsrats der Bayerischen Landesbank bezeichnet. Diese Behauptung ist falsch, zumindest irreführend. Meine Bewertung, ich sei nur nominales Mitglied gewesen, betrifft ausschließlich solche Sitzungen, in denen ich nicht persönlich anwesend war, sondern, wie es die Rechtsvorschriften für den Fall der Abwesenheit vorsehen, durch den Amtschef des Staatsministeriums des Innern vertreten war.
Ich lege Wert auf die Feststellung: In Sitzungen, in denen ich anwesend war, habe ich meine Funktion und darüber hinaus auch meine dortige Tätigkeit insgesamt keineswegs als nur nominal angesehen, sondern als eine sehr wichtige Aufgabe des Ministers und des Staatsministerium des Innern.
Wir kommen damit zur Abstimmung über den Dringlichkeitsantrag der Freien Wähler, die in namentlicher Form erfolgen soll. Sie haben für die Stimmabgabe wie immer die Namenskarten. Die Urnen sind aufgestellt. Mit der Stimmabgabe kann sofort begonnen werden. Dafür stehen fünf Minuten zur Verfügung.
Die fünf Minuten sind vorbei. Ich schließe die Stimmabgabe. Das Ergebnis wird außerhalb des Saales ermittelt. Ich gebe es später bekannt.
Zu Ihrer Information teile ich mit: Es werden noch drei Dringlichkeitsanträge zur gemeinsamen Beratung aufgerufen. Wir haben also noch einen Tagesordnungspunkt vor uns, bevor die Schlussworte gesprochen werden.
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Margarete Bause, Sepp Daxenberger, Ulrike Gote u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Hans-Ulrich Pfaffmann, Martin Güll u. a. und Fraktion (SPD) Q-11-Schülerinnen und -Schüler sind keine Versuchskaninchen - Sofort die Lernbedingungen in der G-8-Oberstufe verbessern (Drs. 16/2976)
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Georg Schmid, Karl Freller, Georg Eisenreich u. a. und Fraktion (CSU), Thomas Hacker, Renate Will, Julika Sandt u. a. und Fraktion (FDP) Neue Oberstufe am Gymnasium begleiten (Drs. 16/2978)
Ich eröffne die gemeinsame Aussprache zu den drei Dringlichkeitsanträgen. Erster Redner ist Herr Kollege Gehring.
(Vom Redner nicht auto- risiert) Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn man sich als Testperson an einem Versuch beteiligt, wird man gemeinhin um eine Einverständniserklärung gebeten, die man unterschreibt. Die Schülerinnen und Schüler des G 8 haben aber keine Einverständniserklärung unterschrieben. Sie sind auch nicht gefragt worden. Dennoch werden sie als Testpersonen in einem groß angelegten Feldversuch missbraucht.
Der erste G-8-Jahrgang geht jetzt in die 11. Klasse; aus K 12 wurde jetzt sozusagen Q 11, die erste Klasse der Oberstufe. Nach wenigen Wochen dieses Schuljahres bekommen wir Rückmeldungen und Klagen von Schülerinnen und Schülern, von Eltern und von Lehrerinnen und Lehrern. Wir müssen sie in diesem Hause sehr ernst nehmen.
Das sind Klagen über eine große Arbeitsbelastung, über hohen Druck und über unangemessene Leistungsanforderungen. Wir erleben wieder dieselbe Situation, die wir beim G 8 bisher immer erlebt haben: Es wird versucht, einen Stoff für neun Jahre mehr oder weniger auf acht Jahre zu pressen und in einem Zeitraum von acht Jahren durchzudrücken. Zumindest ist
Schülerinnen und Schüler in der 11. Klasse haben oft 36 Pflichtwochenstunden, die sie belegen. Das hat etwas mit der Methodik zu tun, aber nicht mit der Unfähigkeit dieser Schülerinnen und Schüler. Wir wissen alle, dass die Arbeitswoche eines Schülers nach 36 Stunden nicht beendet ist, sondern dass auch zu Hause gearbeitet werden muss. Wir erleben, dass die W- und P-Seminare viel Arbeit machen. Eigentlich sind sie eine gute Geschichte, aber der Aufwand für die W- und P- Seminare steht in keinem Verhältnis zu deren tatsächlicher Anrechnung.
Wir müssen uns einfach klarmachen, dass das alte System der Leistungskurse verändert worden ist. Während Leistungskurse früher 6- und 5-stündig waren, gibt es jetzt Pflichtkurse mit vier Stunden, und während früher die Gruppen klein waren, sind heute 30 Schülerin nen und Schüler in solchen Gruppen. Die Lernbedingungen sind also wirklich schlechter.
Die Abituraufgaben, die im Netz sind, sind zu schwer und werden von den Lehrerinnen und Lehrern als zu schwer beurteilt. Solange wir ein Zentralabitur haben, können Sie in jeden Lehrplan hineinschreiben, was Sie wollen - das Abitur gibt den heimlichen Lehrplan vor. Alle schauen, was im Abitur steht und organisieren den Unterricht dementsprechend. Deswegen müssen wir an den Stellschrauben dieser Schulart drehen und brauchen einen Maßnahmenkatalog, um diese Schulart zu verändern.
Ein Wort zu den Lehrkräften. Die Lehrkräfte am G 8 kommen mir vor wie Piloten, die ein Flugzeug ohne Navigationsinstrumente durch die Nacht und zur sicheren Landung bringen müssen. So sind sie vorbereitet.
Wir haben deswegen einen Antrag vorgelegt, in dem gefordert wird, dass die Lehrpläne neu überarbeitet werden und dass im Landtag bis zum März ein neues Konzept vorgelegt wird. Es ist notwendig, dass es für die Q-11-Schüler Sofortlösungen gibt, dass realistische Abituraufgaben ins Netz gestellt werden und dass das
Wir bitten Sie, unserem Antrag zuzustimmen. Wir werden dem Antrag der SPD zustimmen. Dem Antrag der CSU und der FDP werden wir nicht zustimmen, weil er das suggeriert, was der Kultusminister immer sagt, dass das G 8 ein Schiff in ruhigen Gewässern sei. Liebe Kolleginnen und Kollegen, erstens ist Ruhe keine Bürgerpflicht für Eltern und Lehrer an Gymnasien, und zweitens ist das G 8 allenfalls ein Schiff in Schieflage mit Konstruktionsfehlern; es fährt durch ein Gewässer mit Strudeln und Untiefen und Klippen. Es ist unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass der erste Jahrgang des G 8 nicht auf die Klippe Oberstufe fährt, sondern dass die Schülerinnen und Schüler die Klippen meistern können.
Herr Kollege, Sie haben jetzt sehr eindrucksvoll ausgeführt, wo die Schwächen dieses Feldversuchs liegen. Man muss ja auch daran denken, dass das Ganze nicht nur leistungsmäßig eine große Belastung darstellt, sondern dass es auch zu psychischen Belastungen der Schüler führt und dass auch die Lehrerinnen und Lehrer und die Eltern mit ihren Kindern unter der Unsicherheit und der Ungewissheit, was kommen mag und was man mit dem Abitur noch anfangen kann oder wie man durch das Abitur kommt, sehr leiden. Vielleicht können Sie noch ausführen, ob Sie das auch so sehen und wie denn die Schule aussehen müsste oder was man konkret tun müsste, um das G 8 doch noch in besseres Fahrwasser zu bringen.
(Vom Redner nicht auto- risiert) Nachdem sich der Präsident bedankt hat, muss ich mich nicht mehr bedanken. Liebe Kollegin, es ist interessant, dass gerade Eltern von leistungsstarken und ehrgeizigen Schülerinnen und Schülern berichten, wie sehr sie unter den Belastung leiden und wie groß der Druck ist. Gerade Schülerinnen und Schüler, die ein gutes Abitur erreichen wollen, empfinden den Druck als sehr stark. Gerade Schülerinnen und Schüler, die in den neuen Seminarkursen, den W- und P-Seminaren gute Arbeit abliefern wollen, stöhnen über die damit verbundene große Belastung.
Wir haben ein Grundproblem beim G 8, das sich von unten bis oben durchzieht - wir hatten sechs Jahre Zeit, um es besser zu machen -, nämlich, dass das G 8 eine Schule ist, die den ganzen Tag stattfindet, die die ganztägige Anwesenheit und die ganztägige Arbeit der Schülerinnen und Schüler erfordert, das G 8 aber nach wie vor eine Halbtagesschule mit den entsprechenden Verdichtungen und dem entsprechenden Druck einer Halbtagesschule ist. Möglichkeiten für ganztägiges Arbeiten an der Schule fehlen; es fehlt die Rhythmisierung des Unterrichts, die notwendig wäre, und es fehlt das neue Lernen, das für eine neue Schule notwendig wäre. In die Lehrpläne kann man zwar leicht Kompetenzorientierung des Unterrichts schreiben; wenn der Unterricht aber wirklich so stattfinden soll, dass anders gelernt wird, müssen die Lehrpläne anders gestaltet und überarbeitet werden
und die Lehrerinnen und Lehrer müssen darauf besser vorbereitet werden. Deswegen ist die Situation beim G 8 eben nicht ruhig, sondern es besteht großer Hand lungsbedarf. Wir müssen ihn zur Kenntnis nehmen.