Danke schön, Herr Staatsminister. Ich sehe keine weiteren Fragen mehr. Damit ist die Ministerbefragung beendet. Wir kommen zum nächsten Tagesordnungspunkt.
Erste Lesungen zu Gesetzentwürfen, die ohne Aussprache an die jeweils federführenden Ausschüsse überwiesen werden sollen:
Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Ingenieurgesetzes und des Ge setzes über Zuständigkeiten im Verkehrswesen (Drs. 16/2979)
Gesetzentwurf der Abgeordneten Markus Rinder spacher, Franz Schindler, Horst Arnold u. a. und Fraktion (SPD) zur Änderung des Gesetzes über den Bayerischen Verfassungsgerichtshof (Drs. 16/2985)
In der Tagesordnung sind die zur Überweisung anste henden Gesetzentwürfe mit den als federführend an gesehenen Ausschüssen aufgeführt.
Gibt es hinsichtlich der Überweisungsvorschläge noch Änderungswünsche? - Das ist nicht der Fall. Dann kom men wir zur Beschlussfassung über die Überweisung. Wer mit der Überweisung an die als federführend vor geschlagenen Ausschüsse einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktionen der
CSU, der FDP, der Freien Wähler, der SPD und der GRÜNEN. Gegenstimmen? - Sehe ich nicht. Stimmen thaltungen? - Auch nicht. Damit sind die Gesetzentwür fe -
- Frau Pauli. Entschuldigung. Dann darf ich feststellen, dass bei Gegenstimme von Frau Pauli die Gesetzent würfe -
Dann darf ich erwähnen, dass auch Frau Pauli zuge stimmt hat. Damit haben wir das Thema erledigt. Die Gesetzentwürfe werden damit an diese Ausschüsse fe derführend überwiesen.
Gesetzentwurf nach Art. 74 der Bayerischen Verfassung zum Schutz der Gesundheit (Gesundheitsschutzgesetz - GSG) (Drs. 16/3158) - Erste Lesung
Volksbegehren sind gemäß § 57 Absatz 2 der Ge schäftsordnung wie Regierungsvorlagen zu behandeln. Eine Begründung des Gesetzentwurfs ist nicht vorge sehen. Ich eröffne daher sofort die Aussprache. Im Ältestenrat wurde hierzu eine Redezeit von 15 Minuten pro Fraktion vereinbart.
Erster Redner ist Herr Staatsminister Dr. Söder. Herr Staatsminister, Sie haben das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben heute zu debattieren, wie sich der Bayerische Landtag insbesondere mit den Herausforderungen und mit der Frage beschäftigt, wie er mit der Entscheidung zum Volksbegehren umzugehen hat. Seit 2007 beschäftigt den Landtag, beschäftigt den Gesetzgeber - übrigens nicht nur in Bayern, sondern überall in Deutschland die Frage eines effektiven Nichtraucherschutzes in
grundlegender Form. Es gibt unterschiedliche Debatten und unterschiedliche Modelle. Wichtig und entschei dend ist dabei immer gewesen, einen Prozess eines gesellschaftlichen Ausgleiches zwischen scheinbar wi derstreitenden Interessen vorzunehmen: Nichtraucher schutz als wichtige gesundheitliche Herausforderung auf der einen Seite, Freiheit und Individualität auf der anderen Seite, aber auch Traditionen wie die bayeri sche Wirtshaus-, aber auch die bayerische Festkultur. Dies alles soll dann nach einer jeweiligen Güterabwä gung zu einem praktikablen Verfahren führen.
Ziel der jetzigen Staatsregierung war es dabei, einen fairen Ausgleich gesellschaftlicher Interessen bei Bei behaltung eines sehr hohen Niveaus des Nichtraucher schutzes zu erreichen. 2007 gab es schon einmal einen theoretisch sehr konsequenten Ansatz, der aber in der Praxis zu erheblichen Problemen geführt hat. In der Praxis hat dies dazu geführt, dass beispielsweise Rau cherclubs en masse entstanden sind. Der Ansatz hätte auch zu erheblichen Vollzugsproblemen in bestimmten Bereichen der Wirtshauskultur und auch der Bierzelte und Festzelte geführt.
wählten Bayerischen Landtag entschieden, einen neuen und ausgewogenen Entwurf einzubringen, der die praktischen Herausforderungen annimmt und trotz dem die Zielrichtung eines hohen Nichtraucherschut zes einhält. Unser Ziel war und ist es, den höchsten Nichtraucherschutz zu erhalten, insbesondere dort, wo die Menschen keine Möglichkeit haben, selbst zu ent scheiden, ob sie dort sein wollen.
Wir wollten aber auch einen fairen Ausgleich im Hinblick auf die Erhaltung bayerischer Traditionen und die Le benswirklichkeit dieses Landes erreichen. Dies sollte so geschehen, dass die Regelungen im Detail prakti kabel umsetzbar sind. Die Praktikabilität wurde meiner Meinung nach erreicht. Dies zeigt sich an der Anzahl der Beschwerden, die in der letzten Zeit deutlich zu rückgegangen sind. Die geltende Rechtslage hat das grundsätzliche Rauchverbot in öffentlichen Gebäuden bestätigt, zum Beispiel in Einrichtungen für Kinder und Jugendliche, Bildungseinrichtungen, Einrichtungen des Gesundheitswesens sowie Heim-, Kultur- und Freizeit einrichtungen.
Zusätzlich haben wir - was sehr wichtig war - für Bier-, Wein- und Festzelte eine Ausnahme gemacht, weil der Besuch dieser Zelte eine temporäre und freiwillige Ent scheidung der jeweiligen Persönlichkeiten ist. Die Aus nahmen für die Gastronomie waren einfach, verständ lich und selbstbestimmt. Jeder Bürger hat die Möglichkeit, sich selbst für oder gegen den Besuch zu entscheiden. Diese Regelung hat sich in der Praxis be währt.
Heute stehen wir vor der Entscheidung, wie wir mit dem Ergebnis des Volksbegehrens umgehen. Ich möchte ausdrücklich sagen, dass ich vor den Bürgerinnen und Bürgern, die sich hier engagiert haben, Respekt habe. Die Volksgesetzgebung ist ein fester Bestandteil unse rer bayerischen Tradition und der bayerisch-demokra tischen Kultur. Insofern ist nicht nur zu akzeptieren, sondern auch zu respektieren, dass ein Volksbegehren stattgefunden hat. Wir müssen heute im Landtag ent scheiden, ob wir dieses Volksbegehren automatisch annehmen, was einige fordern, oder ob wir dem Volk die Möglichkeit geben, selbstständig alle Aspekte ab zuwägen und darüber zu entscheiden.
Aus fachlicher Sicht enthält der Entwurf des Volksbe gehrens herausfordernde Punkte. Ein totales Rauch verbot könnte nicht ganz konsequent durchgehalten werden; denn in kulturellen Einrichtungen und Freizeit einrichtungen könnte es wieder zu einem Wildwuchs und Raucherclubs kommen. Unklar ist auch, wie sich ein totales Rauchverbot in den Bier-, Wein- und Fest zelten auswirken würde. Die Stadt München hat zu diesem Thema bereits eine klare Aussage gemacht. Der zuständige Referent, Herr Dr. Blume-Beyerle, sieht sich außerstande, ein Rauchverbot umzusetzen und hat angekündigt, auf Bußgelder und entsprechende Vollzugsmaßnahmen zu verzichten.
Hier deuten sich bereits erhebliche Probleme an, die berücksichtigt werden müssen. Wir halten deshalb un seren Gesetzentwurf für einen praktikablen und ver nünftigen Entwurf, weil darin genau diese Abwägungen getroffen wurden.
Entscheidend ist folgende Frage, die keine Fachfrage, sondern eine Frage der politischen Kultur ist: Sollen wir das Volksbegehren, an dem sich über 13 % der Bevöl kerung beteiligt haben, annehmen und seine Ziele für alle für verbindlich erklären, oder sollten wir den übrigen 86 % der Bevölkerung die Chance zur Entscheidung geben? Ich persönlich vertrete die feste Überzeugung: Da das Volk die Gesetzgebung, die ihm nach unserer Verfassung zusteht, in die Hand genommen hat, muss dem Volk die Möglichkeit der Entscheidung gegeben werden. Meine sehr verehrten Damen und Herren, die ses Thema ist in ganz Deutschland umstritten. Forde rungen der bayerischen SPD - bei einer klaren Abgrenzung in Sachen Gastronomie - stoßen bei der neuen Regierungskoalition im Saarland auf gegenteili ge Auffassungen. Die SPD im Saarland vertritt die Auf fassung, ein Rauchverbot wäre ein Anschlag auf die saarländische Wirtshauskultur.
In Hamburg sind die GRÜNEN in ihrer Koalition bereit, Ausnahmen zu beschließen, wie sie in Bayern beste
hen. Hier ergibt sich ein sehr differenziertes Bild. Ich spreche niemandem ab, dass er den Versuch unter nimmt, einen gesellschaftlichen Ausgleich zu finden. Ich glaube aber, dass ein solcher Ausgleich nur durch einen Volksentscheid herbeigeführt werden kann. Es wäre der falsche Weg, 86 % der bayerischen Bevölke rung von diesem demokratischen Prozess auszuschlie ßen.
Wir sagen deshalb: Die Staatsregierung und die Parla mentsmehrheit haben ihre Aufgabe erfüllt und einen Entwurf vorgelegt, der eine deutliche Verbesserung zur vorherigen gesetzlichen Situation darstellt. Das gilt so wohl für die Praktikabilität als auch für die Effektivität. Die Effektivität wurde durch das Schließen der Lücken bei den Raucherclubs erreicht. Die Praktikabilität be zieht sich auf die Überwachung und den Vollzug, zum Beispiel in den bayerischen Festzelten. Jetzt stellt sich die Frage: Was kommt und was bleibt? Ich hielte es für einen Fehler und für den Ausdruck mangelnden Res pekts gegenüber den demokratischen Institutionen und der Verfassungswirklichkeit Bayerns, wenn wir den Bürgerinnen und Bürgern nicht die Möglichkeit gäben, über dieses Thema abzustimmen.
Deshalb empfehlen wir, dass sich die Politiker, wenn sie gefragt werden, einbringen und über dieses Thema diskutieren sollen. Sie sollen sagen, wie sie dieses Thema bewerten. Wichtig ist aber, dass die Bayern ab schließend in dieser Sache entscheiden. Die Bayern haben diese Möglichkeit. Dann ist dieses Thema end gültig geregelt. Dann wird ein mehrjähriger Diskussi onsprozess enden, der mit unterschiedlichen Facetten und Betroffenheiten geführt worden ist.
Der letzte und entscheidende Souverän dieses Landes ist das Volk. Jede Interessengruppe Bayerns muss die vom Volk getroffene Entscheidung akzeptieren. Das gilt auch für das Parlament und die Staatsregierung. Das Volk ist der Souverän und weiß am besten, was das Beste ist. Wir haben unsere Aufgaben erfüllt. Jetzt ist das Volk dran. Das Volk soll entscheiden.
Herr Präsident, Kol leginnen und Kollegen! The same procedure as last year. The same procedure as every year. Herr Staats minister, hier bin ich mit Ihnen einer Meinung! Schon wieder stehen wir hier und diskutieren über die never ending Story des Gesundheitsschutzgesetzes. Herr Mi nisterpräsident, welche wunderbare Symbolik: Sie haben dieses Volksbegehren heute, am Weltkrebstag, vorgelegt. Das ist beachtlich und sollte Sie und alle, die
Anlässlich des Weltkrebstages hat die WHO gestern noch einmal die Risiken des Tabakkonsums und des starken Alkoholkonsums ins Bewusstsein gerufen. Hier zeigt sich, worum es geht: Tabakkonsum ist immer schädlich, unabhängig von der Menge. Deshalb kann ich es Ihnen nicht ersparen, Sie noch einmal mit einigen Zahlen zu konfrontieren. Ich kann Ihnen auch die Be merkung nicht ersparen, dass Sie, was den starken Alkoholkonsum angeht, am letzten Donnerstag im Aus schuss ein relativ schlechtes Bild abgegeben haben, insbesondere der Herr Kollege von der FDP.
Daran sieht man, welche Gruppen hier etwas anderes als in Berlin sagen. Ihre Parteifreunde in Berlin schei nen schon sehr viel weiter zu sein als Sie hier in Mün chen.
Heute geht es jedoch ums Rauchen. Ich möchte Ihr Au genmerk auf neuere Studien richten, die das Thema "Frauen und Rauchen" beleuchten. Bei den Vierzehn jährigen rauchen 18 % der Mädchen und 13 % der Jungen. Bei den Fünfzehnjährigen rauchen 31 % der Mädchen und 25 % der Jungen. Bei den Siebzehnjäh rigen gleichen sich die Zahlen ungefähr an, wobei sie bei den jungen Männern und insgesamt sinken. Bei den Mädchen und den jungen Frauen steigen die Zahlen hingegen. In einer neuen dänischen Studie wird ein deutig belegt, dass Frauen sensibler auf die im Rauch enthaltenen toxischen Substanzen reagieren und dass Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Frauen schon bei sehr leichtem Rauchen steigen, selbst dann, wenn der Rauch nicht inhaliert wird.