Protokoll der Sitzung vom 10.06.2010

(Zuruf des Abgeordneten Hubert Aiwanger (FW))

Und dass wir von unserem Landesamt aus mit am meisten und intensivsten beproben, was die Republik betrifft, ist auch klar, weil es nämlich andere Bundesländer gibt, die zu dem Thema eine ganz andere Auffassung haben.

Bei dem konkreten Fall, über den wir jetzt reden, ist es natürlich eindeutig so, dass die Niedersachsen zuständig sind. Jetzt kann man über die Frage diskutieren: Haben die zu viel, zu Recht, zu schnell geprüft? Es ist zunächst einmal nicht unsere Aufgabe, das zu beurteilen. Wir können in die Kette, in den konkreten Fall, um den es jetzt geht, erst dann eingreifen, wenn wir die Möglichkeit haben, auch zu ermitteln, wie der gesamte Vermarktungs- bzw. Verunreinigungsweg ist. Das haben wir aus unserer Sicht jetzt gemacht, so schnell es irgendwie ging. Wir haben im Übrigen weitere Kapazitäten an unseren Landesämtern, um diese Proben angemessen zu bearbeiten - bei der Probe in Niedersachsen wurde übrigens bestritten, dass tatsächlich eine Verunreinigung vorliegt.

Wir haben auf Koalitionsebene im Bund Folgendes gemacht: Gerade bei den Verunreinigungen - ich glaube, Kollege Herz hat die Frage angesprochen, wie viel 0,01, 0,1 ist und Ähnliches mehr - stellen wir eines fest: Je besser, Frau Müller, die Nachweismethoden werden, desto schwieriger wird die gesamte Prozedur, darüber zu entscheiden. Beispielsweise betrifft es auch die Frage: Was passiert, wenn eine ganze Wagen- oder Schiffsladung - Sie kennen, glaube ich, die Debatte ganz gut - kommt, die verunreinigt ist? Schickt man sie automatisch zurück? Deswegen hat jetzt der Bund gesagt: Die Nachweismethoden müssen erstens normiert, vereinheitlicht werden, und sie müssen zweitens genauer definiert werden. In dieser Sache steht uns gemeinsam noch ein spannender Prozess bevor.

Ich darf für die bayerischen Behörden sagen: Da haben wir volles Vertrauen. Sie erledigen an der Stelle alle Aufträge, sowohl in den Regierungen als auch an den zuständigen Landesämtern, und leisten gute Arbeit, wie ich meine. Ich möchte Ihnen dafür auch einmal ein herzliches Dankeschön sagen.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Herr Staatsminister. - Weitere Zwischeninterventionen liegen nicht vor. Die Aussprache ist damit geschlossen, und wir kommen zur Abstimmung. Zu dieser Abstimmung liegen vier Anträge vor, die wir einzeln behandeln.

Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 16/5025 - das ist der Antrag des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - seine Zustimmung geben will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Das sind die Kolleginnen und Kollegen der GRÜNEN, der SPD, der Freien Wähler und Kollege Roland Richter von der CSU-Fraktion. Wer ist dagegen? - Das sind die Stimmen von CSU und FDP. Wer enthält sich der Stimme? - Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 16/5047 - das ist der Antrag der Freien Wähler seine Zustimmung geben will, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Das sind wiederum die Abgeordneten von den Freien Wählern, SPD und GRÜNEN. Wer ist dagegen? - Gleiches Bild: CSU und FDP. Stimmenthaltungen? - Niemand. Damit ist auch dieser Antrag abgelehnt.

Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 16/5048 - das ist der SPD-Antrag - seine Zustimmung geben will, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. - Das sind die Stimmen der SPD und der GRÜNEN. Wer will dagegen stimmen? - Das sind CSU und FDP. Wer enthält sich der Stimme? - Das sind die Abgeordneten der Freien Wähler. Damit ist auch dieser Antrag abgelehnt.

Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 16/5051 - das ist der gemeinsame Antrag der CSU- und der FDP-Fraktion - zustimmen will, der möge jetzt sein Handzeichen geben. Das sind CSU, FDP und Freie Wähler und die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Wer stimmt dagegen? Fraktion der SPD. Wer enthält sich der Stimme? Niemand. Damit ist dieser Antrag so beschlossen.

Damit haben wir diese Dringlichkeitsanträge abgehandelt.

Wir kommen zurück zum Dringlichkeitsantrag der Freien Wähler betreffend Direktwahl des Bundespräsidenten, Drucksache 16/5024. Zu diesem Dringlichkeitsantrag war namentliche Abstimmung beantragt worden, die jetzt erfolgt. Deshalb bitte ich, die Wahlurnen an den üblichen Plätzen aufzustellen.

Meine Damen und Herren, wir beginnen jetzt mit der Abstimmung. Ausgezählt wird außerhalb des Saales, und das Ergebnis wird später bekannt gegeben. Die Zeit läuft.

(Namentliche Abstimmung von 16.02 bis 16.07 Uhr)

Meine Damen und Herren die fünf Minuten sind vorüber. Ich schließe den Abstimmungsvorgang und bitte,

die Stimmen außerhalb des Saales auszuzählen. Später geben wir Ihnen dann das Ergebnis bekannt.

Ich rufe den nächsten Dringlichkeitsantrag auf. Es geht um den bundesstaatlichen Finanzausgleich.

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Georg Schmid, Renate Dodell, Karl Freller u. a. und Fraktion (CSU), Thomas Hacker, Karsten Klein, Dr. Franz Xaver Kirschner u. a. und Fraktion (FDP) Anreizgerechte Gestaltung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs auf den Weg bringen (Drs. 16/5026)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Volkmar Halbleib, Susann Biedefeld u. a. und Fraktion (SPD) Reform des bundesstaatlichen Finanzausgleichs (Drs. 16/5035)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Margarete Bause, Sepp Daxenberger, Ulrike Gote u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Perspektiven statt Populismus: Länderfinanzausgleich reformieren (Drs. 16/5046)

Hierzu erfolgt eine gemeinsame Aussprache. Erster Redner ist der Kollege Georg Schmid.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Aus unserer Sicht ist es an der Zeit, dass auch wir uns in diesem Hohen Hause mit dem bundesstaatlichen Finanzausgleich beschäftigen. Eigentlich hatten wir in der CSU die Hoffnung gehegt, dass wir in einem interfraktionellen Antrag und einem einstimmigen Beschluss der Staatsregierung den größtmöglichen Rückenwind für die dann anstehenden Gespräche auf Bundesebene mitgeben können.

Leider haben sich die Oppositionsfraktionen der SPD und der GRÜNEN nicht zu einem gemeinsamen Antrag durchringen können. Ich hoffe aber, dass wir zu unserem Antrag heute die Zustimmung aller erhalten, um entsprechende Verbesserungen auch für den Freistaat Bayern zu erreichen.

In der Sache sind wir nicht so weit auseinander. Ich glaube, dass keine der hier anwesenden Fraktionen für einen uneingeschränkten Fortbestand des aktuellen Finanzausgleichsystems für die Zeit nach 2019 steht.

Ich will an dieser Stelle dieses Ausgleichsystem derzeit gar nicht in toto infrage stellen. Ich spare mir auch Ausführungen darüber, welche Gestaltungsmöglichkeiten Bayern mit den vielen Milliarden gehabt hätte, die in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten in den Länderfinanzausgleich und in den Umsatzsteuerausgleich geflossen sind. Bayern steht zu seinen eingegangen Solidarverpflichtungen und wird diese auch erfüllen, Kolleginnen und Kollegen.

Ich will allerdings doch einmal kurz auf das Ist-Ergebnis des Jahres 2009 für den bundesstaatlichen Finanzausgleich zu sprechen kommen. Die 3,4 Milliarden Euro - ich sage noch einmal: die 3,4 Milliarden -, die Bayern letztes Jahr in den Finanzausgleich gegeben hat, entsprechen annähernd 50 % der bundesweiten Ausgleichssumme von 6,9 Milliarden Euro.

(Zuruf von der CSU: Hört, hört!)

Von 6,9 Milliarden Euro hat der Freistaat also 3,4 Milliarden Euro aufgebracht. Ich glaube, das ist schon eine beachtliche Summe. Daneben haben insbesondere Hessen und Baden-Württemberg nennenswerte Beiträge geleistet, Hessen mit 1,9 Milliarden Euro, Baden-Württemberg mit 1,5 Milliarden Euro. Geringe Leistungen gab es noch von Nordrhein-Westfalen und von Hamburg. Aber elf Bundesländer - das muss zu denken geben - erhalten bereits Transferleistungen. Nur dank der soliden wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen, die wir in Bayern haben, können wir es uns überhaupt leisten, solche Beträge zu erbringen.

Es wird nun oft darüber diskutiert, ob sich Bayern jetzt aus der Solidarität zurückzieht, nachdem es in den vergangenen Jahrzehnten auch Leistungen aus diesem System erhalten hat. Seit 1950 hat Bayern 34 Milliarden kaufkraftbereinigt in den Länderfinanzausgleich einbezahlt, und bekommen haben wir, insbesondere in den Siebzigerjahren, 9,5 Milliarden. Wenn also heute über Solidarität diskutiert wird, liebe Kolleginnen und Kollegen, muss klar sein: 9 Milliarden haben wir erhalten, 34 Milliarden haben wir einbezahlt.

(Zuruf der Abgeordneten Maria Noichl (SPD))

Aber das ist ja noch nicht das Ganze, sondern erst der erste Baustein. Der zweite Baustein ist der Umsatzsteuerausgleich. Da hat Bayern noch einmal 1,7 Milliarden Euro 2009 einbezahlt. Damit haben wir für diese beiden Ausgleichssysteme, Länderfinanzausgleich und Umsatzsteuerausgleich, 5,03 Milliarden Euro an die anderen Länder bezahlt.

Liebe Freunde, das ist eine beachtliche Summe, über die wir zu Recht diskutieren müssen. Weil wir auch in unserem Land momentan spüren, dass wir in einer

schwierigen wirtschaftlichen Situation sind, muss es doch gestattet sein, darüber zu diskutieren, ob dieses Ausgleichssystem für die kommenden Jahre beibehalten werden kann.

Ich will es in diesem Zusammenhang nicht versäumen, auch die dritte und finanzstärkste Stufe des bundesstaatlichen Finanzausgleichs anzusprechen, die Bundesergänzungszuweisungen. Sie betragen insgesamt 13,5 Milliarden Euro. Da sieht man erst, welche Finanzausgleichssysteme in unserem Land bestehen. Wer bekommt aus diesem Topf Geld? Es sind die neuen Bundesländer und insbesondere in überhohem Maß auch unsere Bundeshauptstadt Berlin, 2,7 Milliarden Euro. Da weiß ich nicht, ob es angesichts dieser Zahlen damit getan ist, wenn der Regierende Bürgermeister sagt: "... arm aber sexy". Da sollte man auch anerkennen, welche Leistungen aus den anderen Bundesländern für Berlin erbracht werden, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall des Abgeordneten Prof. Dr. Georg Barfuß (FDP) - Prof. Dr. Georg Barfuß (FDP): Mein geliebtes Berlin, jawohl!)

Bayern hat seit vielen Jahren keinen Euro mehr aus diesem Topf erhalten. Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen von der Opposition, vor allem diejenigen von der SPD, ich möchte Ihnen noch einmal die dringende Bitte mitgeben: Es hilft nichts, wenn Sie krampfhaft die bayerische Haushaltspolitik kritisieren und uns Vorwürfe machen. Wir haben jedenfalls in Bayern immer so gewirtschaftet, dass wir einen guten und erheblichen Teil, aus meiner Sicht manchmal auch zu viel, an andere Länder abgegeben haben.

(Zuruf der Abgeordneten Maria Noichl (SPD))

Ich bitte auch herzlich darum: Sagen Sie das den SPD-Kolleginnen und Kollegen, die in diesen Ländern das Sagen haben. Wenn wir den Finanzausgleich neu machen, sollen auch sie ihren solidarischen Beitrag leisten. Da seid ihr jetzt gefordert.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU und der FDP)

Wir bieten Ihnen mit dem vorliegenden Dringlichkeitsantrag an, schon heute Veränderungen im bundesstaatlichen Finanzausgleich für die Zeit nach 2019 einzuleiten. Die Komplexität der Materie macht es geradezu notwendig, dass wir jetzt schon über diese Fragen diskutieren und nicht zuwarten. Wir werden auch erhebliche Anstrengungen unternehmen müssen, um zu einem Konsens zu kommen. Deswegen ist es wichtig, dass wir jetzt mit dieser Diskussion beginnen.

Wir brauchen zwei Ansätze. Erstens: Wer mehr Steuereinnahmen erzielt, muss auch mehr davon haben. Das ist ein ganz einfaches System. Wenn du immer mehr hast, aber auch immer mehr abgeben musst, dann macht das keine Freude. Dann hast du keinen Leistungsanreiz. Deswegen müssen wir daran arbeiten, dass wir auch mehr Geld behalten dürfen.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU - Prof. Dr. Georg Barfuß (FDP): Devise FDP: Leistung muss sich wieder lohnen!)

Zweitens müssen wir den Empfängern konkrete Vorgaben machen, was sie mit diesem Geld machen sollen. Es kann doch nicht sein, dass andere Länder, die wir mitfinanzieren, ein beitragsfreies Kindergartenjahr einführen, was wir dann nicht machen können, und dass wir von der Opposition auch noch dafür kritisiert werden, dass wir mit dem Geld vernünftig umgehen.

(Beifall des Abgeordneten Prof. Dr. Georg Barfuß (FDP))

Deshalb brauchen wir Vorgaben für die Länder, die Geld bekommen, damit sie mit diesem Geld vernünftig umgehen.

Die SPD hat einen nachgezogenen Dringlichkeitsantrag eingebracht, dem wir nicht zustimmen können. Es wäre vielleicht hilfreicher, werte Kolleginnen und Kollegen von der SPD, uns zu unterstützen, als uns vorzuwerfen, den bundesstaatlichen Finanzausgleich ohne ernsthafte Initiativen verändern zu wollen. Wir haben uns das zum Thema gemacht und wir kämpfen dafür, dass dieser Finanzausgleich verändert wird, weil er so nicht beibehalten werden darf.

Der Dringlichkeitsantrag der GRÜNEN findet ebenfalls nicht unsere Zustimmung. Ich habe mich darüber gewundert, dass wir einerseits heute auf eine Klagemöglichkeit beim Bundesverfassungsgericht verzichten sollen. Liebe Freunde, es war gerade das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das es erst ermöglicht hat, 2005 den Finanzausgleich zu verändern. Deswegen dürfen wir uns dieser Position unter keinen Umständen begeben, sondern müssen darauf beharren.

(Erwin Huber (CSU): Sehr richtig!)