Protokoll der Sitzung vom 23.06.2010

ebenfalls der Erweiterung der kommunalen Handlungsmöglichkeiten. Die Zahl der Spielhallen steigt in den bayerischen Kommunen seit einigen Jahren deutlich an. Ein Ende dieses Trends ist nicht abzusehen. Durch das Baurecht des Bundes sind den Kommunen die Hände gebunden, stärker reglementierend einzuschreiten. Außerhalb von allgemeinen oder reinen Wohngebieten haben die Kommunen kaum Möglichkeiten, den Betrieb von Spielhallen, die komischerweise als reguläres Gewerbe und nicht als Glücksspiel angesehen werden, zu verhindern, obwohl das Suchtpotenzial bei Spielautomaten wesentlich höher ist als bei Toto oder Lotto und die Zahl der Spielhallen nach wie vor steigt.

Besonders ärgerlich ist in dem Zusammenhang, dass die Betreiber von Spielhallen als Standorte Bahnhöfe oder Haltestellen mit einem hohem Anteil an Schülern im Verkehr wählen, um mehr Schüler und Jugendliche zum Spiel zu bringen. Bedauerlich ist, dass dabei auch die DB Station & Service AG sehr stark mitwirkt. An Bahnhöfen, an denen es bisher noch eine kleine Bahnhofsgaststätte oder Bahnhofskneipe gab, werden die Mieten durch die DB Station & Service AG so gestaltet, dass der Pächter der Gaststätte aufgeben muss. Wer zieht ein? - Eine Spielothek.

Mit der Zahl der Spielhallen steigt auch die Zahl der Spielerinnen und Spieler. Nach Angaben der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung hat sich die Zahl der Automatenspielerinnen und -spieler im Alter zwischen 18 und 20 Jahren in den letzten Jahren mehr als verdoppelt. Ganz offensichtlich reichen die jetzigen bundesgesetzlichen und landesgesetzlichen Regelungen nicht aus, um Jugendschutz und Spielerschutz in ausreichender Form zu gewährleisten. Hierfür sind ordnungspolitische Maßnahmen erforderlich.

Zusätzlich wollen wir mit der Änderung des Kommunalabgabengesetzes für die Kommunen einen Handlungsspielraum schaffen. Wir wollen, dass die Bestimmungen des Kommunalabgabengesetzes gelockert werden. Den Kommunen soll erlaubt werden, den Umsatz der Spielhallen zu besteuern. Wir bitten um Ihre Zustimmung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Jetzt darf ich Frau Kollegin Schmitt-Bussinger um die Begründung für den SPD-Gesetzentwurf bitten.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Wir beschäftigen uns heute gleich mit zwei Gesetzentwürfen, die sich im Kern beide mit der Eindämmung von Spielhallen auseinandersetzen. Beide Gesetzentwürfe wollen in ähnlicher Weise den Städten und Gemeinden bes

sere Möglichkeiten an die Hand geben, in ihrem örtlichen Bereich die Ausbreitung von Spielhallen einzudämmen. Die kommunalen Spitzenverbände, insbesondere der Bayerische Städtetag, fordern uns auf, für die Einführung der kommunalen Spielhallensteuer Sorge zu tragen. Den Städten soll damit die Möglichkeit gegeben werden, wenn sie es wollen, eine kommunale Satzung zu erlassen, sodass Glücksspielautomaten besteuert werden können. Ich sagte bewusst: Wenn die Kommunen dies wollen. Keine Kommune wäre gezwungen, diese Steuer zu erheben. Das verhält sich in etwa so wie bei der Zweitwohnungsteuer. Es ist Sache des Gemeinderates oder des Stadtrates, die entsprechenden Weichen zu stellen. Die kommunalen Spitzenverbände wollen diese Steuer, wie gesagt.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die Diskussion um Spielhallen oder um Geldgewinnspielgeräte ist fast die gleiche wie die beim Alkoholverkaufsverbot zur Nachtzeit. Auch hier geht es um Suchtbekämpfung, das darf nicht aus den Augen verloren werden. Wir haben am 22. April dieses Jahres hier im Plenum bereits über das Thema gesprochen. Es gab von allen Fraktionen Anträge zu dieser Frage. Die Mehrheit in diesem Haus hat unserem Dringlichkeitsantrag damals leider nicht zugestimmt. Der Bayerische Städtetag fordert jetzt genau das, was wir damals in unserem Dringlichkeitsantrag formuliert haben. Verabschiedet wurde damals nur ein windelweicher Berichtsantrag der CSU-Fraktion. Berichten kann man immer, wenn man ein Thema auf die lange Bank schieben will.

Ich möchte noch einmal an die Diskussion im April erinnern. Innenminister Herrmann hat Wert darauf gelegt, die Position der kommunalen Spitzenverbände zu kennen. Wir kennen diese Position jetzt, auch der Minister kennt sie jetzt. Deshalb spricht eigentlich nichts mehr dagegen, ein Gesetz auf den Weg zu bringen.

Es ist angebracht, noch einmal zu verdeutlichen, wie sich die Zahlen in Bayern verändert haben: In den letzten Jahren haben wir mehr als eine Verdreifachung der Spielhallen in Bayern zu verzeichnen. In München haben wir derzeit fast 1.800 aufgestellte Spielautomaten. Es gibt 190 Konzessionen. Vor 10 Jahren gab es in München lediglich 64 Konzessionen. Hier zeigt sich, welchen Unterschied es heute beim Vergleich der Zahlen von vor 10 Jahren gibt.

Welche Möglichkeiten gibt es, diese Entwicklung zu bremsen? - Frau Kollegin Kamm hat es deutlich gemacht: Über die Bauleitplanung, über die Vergabe gewerberechtlicher Konzessionen ist kaum etwas machbar. Deshalb muss ein anderer Ansatz gesucht

werden. Wir glauben, diesen mit der Möglichkeit der Erhebung einer Spielhallensteuer gefunden zu haben. Diese Steuer gibt es übrigens bereits in vielen anderen Bundesländern, beispielsweise in Baden-Württemberg.

Tun wir etwas, versuchen wir, etwas auf den Weg zu bringen. Es geht nicht darum, das möchte ich deutlich sagen, mehr Geld für die Kommunen zu generieren, obwohl die Kommunen mehr Geld bräuchten. Doch das soll nicht in erster Linie unser Ziel sein. In erster Linie geht es darum, junge Menschen vor Sucht, vor Spielsucht zu schützen. Zum Zweiten wollen wir den Kommunen eine Möglichkeit an die Hand geben, die Spielhallen zu verhindern, die wie Pilze aus dem Boden schießen.

Herr Innenminister Herrmann hat, das habe ich vorhin deutlich gemacht, in seiner Rede im April 2010 zugesagt, wenn die kommunalen Spitzenverbände eine Position bezogen haben - und das haben sie getan -, dann müsse gehandelt werden, es gebe dann keinen Hinderungsgrund, zu handeln.

(Jörg Rohde (FDP): Einen gibt es noch!)

- Vielleicht gibt es für Sie noch einen, für den bayerischen Innenminister gab es im April keinen weiteren Hinderungsgrund mehr. Die Position des Bayerischen Städtetags liegt vor, lassen Sie uns jetzt handeln. Unser Gesetzentwurf gibt Ihnen die Möglichkeit dazu.

(Beifall bei der SPD)

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache und darf Herrn Kollegen Zellmeier das Wort erteilen.

Frau Präsidentin, Hohes Haus! Die beiden Vorrednerinnen, Frau Kollegin Kamm und Frau Kollegin Schmitt-Bussinger, haben es bereits gesagt: Wir haben uns am 22. April dieses Jahres eingehend mit vier Dringlichkeitsanträgen zum Thema Spielhallen befasst. Damals haben wir den Berichtsantrag von CSU und FDP beschlossen. Diesen Bericht sollten wir uns mit einer entsprechenden Bewertung genau zu Gemüte führen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Entwicklung zeigt, dass Spielhallen und Spielgeräte tatsächlich mehr geworden sind. Ich habe das in Straubing selbst erlebt. Frau Kollegin Kamm, der Bahnhof und der Gaststättensaal solltlen zu Spielhallen umfunktioniert werden. Es gab einen öffentlichen Aufschrei deswegen. Ich weiß also, wovon ich spreche. Wir sollten uns aber aufgrund des Berichts, der noch folgen wird, genau ansehen, welche Möglichkeiten es gibt, Spielhallen und Spielgeräte ganz konkret zu besteuern. In

diesem Berichtsantrag haben wir nicht nur die anderen Bundesländer mit der Spielhallensteuer angesprochen, wir haben auch die rechtlichen Möglichkeiten wie die Baunutzungsverordnung oder die Gewerbeordnung angesprochen. Man muss sich schon die Frage stellen, ob eine Steuer das richtige Instrument ist, um die Ansiedlung von Spielhallen zu verhindern oder zu begrenzen.

(Alexander König (CSU): Sehr richtig! - Jörg Rohde (FDP): Oder ist es ein Anreiz?)

- Es könnte, Herr Kollege Rohde, ein Anreiz für die Gemeinden sein, zu sagen: Siedeln wir Spielhallen an, dann bekommen wir nicht nur Gewerbesteuer, sondern auch Spielgerätesteuer. Man muss das also sehr genau bewerten, man muss die Erfahrungen der anderen Bundesländer ernsthaft betrachten. Man kann nicht im Schnellschuss, so wie das hier passiert, einfach sagen: Wir wollen eine kommunale Bagatellsteuer, wie wir sie in vielen Fällen abgeschafft haben, hier auf die Schnelle wieder einführen. Ich plädiere deshalb für etwas mehr Geduld und dafür, abzuwarten und alles genau zu bewerten. Das werden wir auch in der Koalition tun. Ich sage hier einmal für mich: Ich kann mir eine Besteuerung durchaus vorstellen, ich will aber nicht sagen, dass sie kommen wird. Erst muss man noch mehr dazu wissen.

Im Übrigen könnte auch ein Abdrängen in die Illegalität stattfinden. Auch das muss uns bewusst sein. Wenn es teurer wird, wird dann vielleicht in der Illegalität mehr gespielt als auf dem legalen Weg. Etwas, das man überwachen und kontrollieren kann, weil man es kennt, ist mir immer noch lieber als eine verdeckte, eine schwarze Spielhölle, die wir schließlich nicht wollen.

(Zuruf von den GRÜNEN: Eine schwarze Spiel- hölle! Schwarz ist immer schlecht!)

- Liebe Frau Kollegin, ich spreche von einer schwarz betriebenen Spielhölle. Im Übrigen, nicht alles, was schwarz betrieben ist, ist falsch. In der Landespolitik beispielsweise ist schwarze Politik eher positiv, das haben wir schließlich in vielen Fällen erlebt.

(Beifall bei der CSU)

Sie haben sicher von der neuesten Auswertung im nationalen Schultest gehört: Hier zeigt sich wieder einmal, wie gut schwarz betriebene Politik sein kann. So wird es auch bei den Spielhallen sein: Wir werden eine schwarze Lösung, eine schwarz-gelbe Lösung finden, die den Kommunen gerecht wird und denjenigen, die spielsüchtig sind. Dafür werden wir gemeinsam das Richtige tun. Zunächst aber wollen wir die

Ergebnisse des Berichtes ausgiebig diskutieren und auswerten.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Hanisch. Bitte schön.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir haben uns bereits im April positiv zu einer Spielhallensteuer geäußert. Es sind die Umstände, die uns dazu zwingen. Spielhallen wachsen wie Pilze aus dem Boden. Die Anzahl der Spielhallen hat sich in den letzten 10 Jahren von 7.000 auf 14.000 erhöht. Wir haben eine drastische Zunahme zu verzeichnen. Das ist eine ungünstige Entwicklung. Hierzu ist ein Bericht angefordert. Es wird sich dann hoffentlich etwas bewegen. Der Bericht sollte uns so schnell wie möglich vorgelegt werden.

Wir von den Freien Wählern bedauern die Situation. Den Gemeinden sollten mehr Möglichkeiten an die Hand gegeben werden, Spielhallen zu verbieten. Das wäre der erste Schritt. Da reicht die Baunutzungsverordnung in vielen Fällen nicht aus. In großen Städten mag sie ausreichen, aber in kleinen Städten gibt es wenige Möglichkeiten. In allgemeinen Wohngebieten mag die Verordnung ausreichen, aber nicht in Mischgebieten. Die Kommunen sind auch gezwungen, die Lage nach der Gewerbeordnung zu beurteilen, nicht allein nach dem Baurecht.

Bezüglich einer Verbesserung der Möglichkeiten hatten wir schon einmal einen Antrag gestellt. Er hatte mit großer Mehrheit die Zustimmung des Hauses bekommen. Es war der Antrag, die Baunutzungsverordnung so zu ändern, dass die Situation der Kommunen verbessert wird.

Was sind die Probleme bei den Spielhallen? Die Abhängigkeit nimmt zu. Die Spielsucht nimmt zu. Das lässt sich statistisch relativ leicht beweisen. Auch die Therapiekosten nehmen gravierend zu.

Wir hatten in Bayern schon einmal die Möglichkeit, die Spielhallen mit der Vergnügungsteuer zu besteuern. Von dieser Möglichkeit sollte man wieder Gebrauch machen können. Den Gemeinden muss ein Instrument an die Hand gegeben werden, die Spielhallen zu besteuern. Das bedeutet nicht, dass jede Gemeinde diese Besteuerung vornehmen müsste. Aber man sollte den Gemeinden die Möglichkeit geben, weitere Ansiedlungen von Spielhallen zu verhindern. In vielen anderen Bundesländern gibt es diese Möglichkeit bereits. Daher meine ich, dass das auch für Bayern der richtige Weg ist.

Bayern hat in den letzten Jahren nicht nur eine absolute Zunahme der Anzahl der Spielhallen zu verzeichnen. Vielmehr hat sich im Vergleich mit den anderen Bundesländern die Situation ergeben, dass Bayern derzeit an fünfter Stelle steht. Bayern war schon einmal auf einem schlechteren Platz. Jedenfalls ist hier Handlungsbedarf gegeben.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Die nächste Wortmeldung kommt von Herrn Kollegen Rohde.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Als Erstes möchte ich die Ungeduld der Antragsteller kritisieren. Es wurde schon darauf hingewiesen: Wir haben das Thema im April diskutiert. Die Positionen der Fraktionen sind bekannt. Wir haben gemeinsam einen Bericht angefordert. Er liegt noch nicht vor. Ihnen scheint der Bericht über die Realität der in Bayern bestehenden Möglichkeiten nicht so wichtig zu sein. Eher klingt die Marschrichtung an: Bitte, verschonen Sie uns mit Fakten; wir haben bereits unsere Meinung gefasst. - Aber so geht es nicht, werte Antragsteller!

Ungeachtet dessen fordert die SPD zum Beispiel die Einführung einer Steuer von bis zu 15 % auf den Umsatz. Um wie viel Geld wird es dabei denn gehen? Im Glücksspielsuchtreport 2010 der Landesstelle "Glücksspielsucht Bayern" finden wir unter anderem den Umsatz von Geldspielautomaten im Jahr 2009 in Höhe von 258 Millionen Euro. Bei einer Besteuerung mit bis zu 15 % ergäben sich bis zu 38,7 Millionen Euro. Ich runde einmal auf: Das wären 40 Millionen Euro Einnahmen für die Kommunen.

Herr Kollege Zellmeier hat bereits darauf hingewiesen, dass wir uns eigentlich gegen Bagatellsteuern wehren. Man müsste, wenn man der Idee folgen wollte, eine Bürokratie aufbauen, die diese Steuer erhebt. Es wäre interessant, die Kosten für die Steuererhebung zu ermitteln. Sicher ist jedenfalls: Die Erhebung gibt es nicht zum Nulltarif.

(Christine Kamm (GRÜNE): Die Kommunen brauchen doch das Geld!)

- Die Kommunen bekommen zwar das Geld, aber sie haben dafür auch einen Aufwand. Vielleicht haben die Kommunen sogar mehr Aufwand, als sie dadurch an Geld einnehmen. Frau Kollegin Kamm, dies würde doch in eine falsche Richtung führen.

Aus den Berichten der anderen Bundesländer wissen wir, dass die Einführung einer solchen Steuer eine Klagewelle auslösen würde, sodass sich auch unsere Gerichte damit beschäftigen müssten. Auch hierbei

würde es sich um gesellschaftliche Kosten handeln. Die sollten wir vermeiden.

Ganz abgesehen davon würde eine solche Steuer massiv in die Eigentumsrechte der Betreiber eingreifen. Diese haben langfristige Mietverträge und müssen vielleicht auch noch Kredite bedienen. Da kommt dann die SPD daher - die GRÜNEN gehen in die gleiche Richtung, aber die SPD beziffert das auch noch und möchte abkassieren. Das darf nicht die bayerische Politik werden.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Ich rechne noch einmal nach: Bei 8.000 bis 9.000 Spielhallen in Deutschland kommt man auf circa 10.000 Bewohner je Spielhalle. In Bayern gab es im Jahr 2009 1.343 Spielhallen. Bei 12,5 Millionen Einwohnern liegt Bayern nur ganz leicht über dem Durchschnittswert des Bundes. Das kann man mit unserem Status als Flächenland begründen.

Herr Kollege Hanisch, ich habe auch in der zweiten Recherche nur die Zahl 8.000- bis 9.000 gefunden, nicht die Zahl 14.000. Umso wichtiger ist es natürlich, aus dem Bericht zu erfahren, wie viele Spielhallen es wirklich gibt.