einen Teil ihres Lebens einbringen, und wenn wir der Meinung sind, dass das aus dem Nukleus der Wehrpflicht heraus geschehen soll, die nach wie vor einen wichtigen Mosaikstein darstellen muss, vor dem Hintergrund der größtmöglichen Wehrgerechtigkeit aber nicht mehr die sicherheitspolitische Bedeutung haben kann, dann lasst uns neben der Wehrpflicht Überlegungen zu zivilen oder sozialen Aspekten, Überlegungen zu ökologischen Aspekten und Überlegungen bis hin zu THW, Feuerwehr oder Entwicklungshilfeaufgaben einbringen. Lasst uns dies verpflichtend mit einbringen. Diese Diskussion gilt es anzustoßen, gilt es vor diesem Hintergrund zu führen, statt mit opportunistischem Gerede zu palavern oder nur den einen oder anderen Detailpunkt einzufahren.
Herr Kollege, Ihre Leidenschaft hat Sie etwas fortgetragen und die Zeit überziehen lassen. Als nächster Redner, jetzt in der richtigen Reihenfolge, ist Kollege Joachim Unterländer dran. Bitte schön, Herr Kollege.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich halte es schon für merkwürdig und für einen Höhepunkt an Scheinheiligkeit, wenn sich jene Parteien, die in den vergangenen Jahrzehnten Probleme mit der allgemeinen Wehrpflicht hatten, jetzt in der Diskussion plötzlich als Retter aufspielen.
Meine Damen und Herren, wir müssen im Zusammenhang mit der Debatte, was die Verkürzung des Grundwehrdienstes und damit auch die Verkürzung des Zivildienstes anbelangt, zwei grundsätzliche Diskussionen führen. Die erste grundsätzliche Diskussion geht um die Frage: Können wir es uns leisten, in unserem Gemeinwesen gemeinschaftsstiftende Institutionen und Projekte wie die Wehrpflicht infrage zu stellen? Die zweite grundsätzliche Diskussion ist darüber zu führen, ob wir den Zivildienst als Bestandteil unseres Sozialstaates insgesamt in Zukunft so bewerten können, wie es in der Vergangenheit der Fall gewesen ist. Ich glaube, diese Diskussionen müssen wir
als solche gesellschaftspolitisch in unserem Lande unabhängig von der Frage führen, wie es mit der Bundeswehr weitergeht.
Herr Kollege Hintersberger und auch Kollegin Brendel-Fischer sind vorhin auf den Grundwehrdienst eingegangen. Ich persönlich bin ein Anhänger der allgemeinen Wehrpflicht. Ich bekenne mich aus diesem Gesichtspunkt, den ich gerade angesprochen habe, nämlich des Bekenntnisses zu unserem Gemeinwesen und der Gemeinschaftsstiftung dazu, diese Struktur, in welcher Form auch immer, aufrechtzuerhalten.
Was die Zukunft unseres Sozialstaates und den Stellenwert des Zivildienstes anbelangt, Herr Kollege Dr. Beyer, müssen wir uns in der Tat schon gemeinsam fragen, welchen Stellenwert der Zivildienst bisher hatte. Sie wissen, wo ich sozialpolitisch stehe, und Sie wissen, welchen Stellenwert die Wohlfahrtspflege für mich hat. Wir müssen uns aber fragen, ob es immer sinnvoll war, Zivildienstkräfte stärker einzusetzen, als dies vorübergehend notwendig gewesen wäre.
Deshalb glaube ich, dass wir unabhängig von der Fragestellung, wie es mit dem Zivildienst und mit dem Wehrdienst weitergeht, eine Diskussion intensivieren müssen, in der wir nicht Zivildienst und Ehrenamt durcheinanderbringen dürfen und in der wir die verschiedenen Angebote, die es alternativ gibt, nicht kleinreden dürfen. In der Diskussion ist deutlich geworden, was an Angeboten bereits vorhanden ist, Frau Kollegin Brigitte Meyer: das Freiwillige Soziale Jahr und die Freiwilligendienste. Die Diakonie bietet zum Beispiel das Kompassjahr an, um junge Menschen an soziale Berufe heranzuführen und dafür zu interessieren. Das sind Dinge, die in Zukunft möglicherweise einen wesentlich höheren Stellenwert in der Struktur eines zukunftsorientierten Sozialstaats haben.
Herr Kollege Thalhammer, ich gebe Ihnen völlig recht: Ich halte es für einen falschen Ansatz, ehrenamtliches und freiwilliges Engagement schlechtzureden. Das ist nicht billig, sondern das ist aller Ehren wert. In unserer Gesellschaft muss es eine stärkere Diskussion über eine Anerkennungskultur des sozialen Engagements geben.
Wir sind darauf angewiesen, nicht nur im Hinblick auf die Dienstleistung. Ehrenamtliches und freiwilliges Engagement ist eine eigenständige Säule unseres Sozialstaates. Wir müssen die Wohlfahrtspflege mit diesen Strukturen noch besser verknüpfen. Lassen Sie uns diesen Dialog gemeinsam führen. Ich meine damit nicht, dass wir hier zwangsläufig Gegensätze hätten. Vielmehr haben wir einen gemeinsamen politischen Auftrag, daran zu arbeiten. Ich halte das für notwendig.
Für die Wohlfahrtsverbände darf ich noch ein zweites Mal die Innere Mission München nennen, die in Zukunft das Freiwillige Soziale Jahr stärker in Anspruch nehmen wird. Dies ist ein Anstoß und eine gesellschaftspolitische Herausforderung, die wir offensiv nutzen sollten. Deshalb lohnt sich auch diese Diskussion.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon deutlich geworden, dass die Debatte über die Verkürzung des Wehrdienstes und damit des Zivildienstes von vielen wichtigen Gründen geprägt ist. Diese Gründe sind aber vor allem sicherheitspolitischer Art. Lieber Herr Kollege Dr. Beyer, um diese Einordnung deutlich zu machen, habe ich den zugegebenermaßen markigen Spruch geprägt: Die Träger haben keinen Anspruch auf die Zivis. Das war der Beginn einer wundervollen Freundschaft. Nein - wir haben uns schon vorher gut verstanden. Mit dieser Debatte haben wir aber begonnen, uns der Situation zu stellen.
Erstens. Junge Männer, die Zivildienst leisten müssen, sind keine billigen Arbeitskräfte. Sie dürfen auch nicht in dieser Weise eingesetzt werden. Damit würden wir der Wertigkeit der sozialen Berufe, um die wir gemeinsam kämpfen, keinen Gefallen tun.
Zweitens. Herr Kollege Aiwanger - er ist jetzt nicht da -, ich möchte mich im Namen derer, die jeden Tag diese schwere Arbeit leisten, gegen die Aussage verwahren: Wenn es keine Zivis mehr gibt, gibt es in Bayern keine Lebensqualität mehr. Diese Aussage ist ein starkes Stück. Die Versorgung, die Pflege und die Begleitung hilfsbedürftiger Menschen wird in Bayern von Fachkräften sichergestellt. Nichtsdestotrotz hat die Mithilfe der Zivildienstleistenden eine zusätzliche
Wie sieht es aus? Im Jahr 2008 gab es in stationären Einrichtungen für ältere Menschen 848 Zivis, davon 484 in der Pflege und der Krankenversorgung. Ich sage dies nur, um die Relationen deutlich zu machen. In Relation zu allen Beschäftigten in stationären Einrichtungen - insgesamt sind es 62.476 Fachkräfte in der Betreuung und der Pflege - machen diese 848 Zivis nicht mehr als 0,77 % aus. Ich sage das, damit die Größenordnung ein bisschen deutlicher wird. Überdies gab es im gleichen Jahr über 3.000 FSJler, also junge Menschen, die das Freiwillige Soziale Jahr abgeleistet haben.
Eine zweite Bemerkung: Die Kürzung des Wehrdienstes und des Zivildienstes war nicht unsere Idee. Wir tragen sie aber mit. Sie wurde im Koalitionsvertrag vereinbart und wir haben uns damit arrangiert. Bayern hat die Zustimmung zu dieser Verkürzung von der Bedingung abhängig gemacht, dass gleichzeitig die Bedingungen für eine freiwillige Verlängerung des Zivildienstes geschaffen werden. Das wurde durchgesetzt, und zwar unter der Übertragung der entsprechenden Mittel für die Verlängerung.
Infolge dieser Möglichkeit der Verlängerung ist jetzt für Zivildienstleistende sogar eine ganzjährige Tätigkeit möglich. Sie können flexibel verlängern und abwarten, ob eine Verlängerung in ihren weiteren Lebenslauf mit einer Ausbildung oder einem Studienplatz passt. Bisher gab es diese Möglichkeit zur Verlängerung nicht. Ich glaube, damit haben wir einen guten Beschluss gefasst. Die Träger gehen davon aus, dass ein Drittel der Zivildienstleistenden diese Verlängerung wahrnehmen wird. Damit hätten wir vielleicht sogar mehr abgeleistete Zivildienst-Monate in Bayern als vor der Verkürzung des Zivildienstes. Das nur, um die Emotionen etwas zu ordnen.
Eine dritte Bemerkung: Uns allen müssen junge Menschen, die freiwillig diesen Dienst leisten, ganz besonders am Herzen liegen. Deshalb lautete unsere nächste Bedingung für die Zustimmung zur Verkürzung des Wehrdienstes und des Zivildienstes, dass die Bedingungen für alle, die ein Freiwilliges Soziales oder ein Freiwilliges Ökologisches Jahr leisten, verbessert werden müssen. Hier handelt es sich um eine Bildung, die außerhalb der Schule läuft. Der Mensch wird im Laufe seines Lebens durch vieles gebildet, auch dadurch, dass er sich einmal in einem ganz anderen Bereich engagiert. In Bayern gibt es sehr viele junge Menschen - mehr, als Stellen zur Verfügung stehen -, die in diesem Bereich tätig sein wollen. Wir wollen in Zukunft noch mehr Stellen schaffen und
Herr Kollege Thalhammer, Sie haben vorhin gesagt, zu diesem Zweck sei eine Million Euro in den Haushalt eingestellt worden.
Wir haben es glücklicherweise im Bund geschafft, wesentlich mehr Mittel freizumachen. Der Bund wird 35 Millionen Euro, die durch die Verkürzung frei geworden sind, zur Finanzierung der Jugendfreiwilligendienste umschichten. Damit haben wir unsre zentralen bayerischen Forderungen durchgesetzt. Wir haben als Koalition miteinander dafür gekämpft, dass die Folgen, die im sozialen System entstehen, abgefedert werden. Vielleicht entstehen daraus sogar Chancen, die vorher nicht bestanden haben.
Wir müssen aber vorrangig die jungen Menschen und das, was sie erleben und gewinnen, im Blick haben. Erst an zweiter Stelle darf es um die Träger gehen. Herr Kollege Dr. Beyer, ich glaube aber dennoch, dass wir insgesamt eine Lösung gefunden haben, mit der auch die Träger gut zurechtkommen.
Fazit: Im Landtag wurde gesagt, dass sich das Parlament um dieses Thema kümmern werde. Manchmal arbeitet die Staatsregierung ein bisschen schneller, als es der Landtag mitbekommt. Wir haben uns erfolgreich um dieses Thema gekümmert und haben eine hervorragende Lösung gefunden.
Vielen Dank, Frau Staatsministerin. Das war ein mutiges Wort, das Sie eben dem Landtag entgegengeschleudert haben. Die Aktuelle Stunde ist damit beendet.
Erste Lesungen zu einem Gesetzentwurf und einem Staatsvertrag, die ohne Aussprache an die jeweils federführenden Ausschüsse überwiesen werden sollen:
Gesetzentwurf der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Ludwig Wörner, Christa Steiger u. a. und Fraktion (SPD) zur Änderung des Bayerischen Immissionsschutzgesetzes (Drs. 16/5176)
Antrag der Staatsregierung auf Zustimmung zum Vierzehnten Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge
In der Tagesordnung sind die zur Überweisung anstehenden Beratungsgegenstände mit den als federführend angesehenen Ausschüssen aufgeführt. Gibt es hinsichtlich der Zuweisungsvorschläge noch Änderungswünsche? - Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zur Beschlussfassung über die Zuweisungen.
Wer mit der Überweisung an die zur Federführung vorgeschlagenen Ausschüsse einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktionen der CSU, der FDP, der SPD, der Freien Wähler und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? - Ich sehe keine. Enthaltungen? - Auch keine. Der Gesetzentwurf und der Staatsvertrag werden damit diesen Ausschüssen zur Federführung zugewiesen.
Gesetzentwurf der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Tanja Schweiger, Alexander Muthmann u. a. und Fraktion (FW) über den Ladenschluss im Freistaat Bayern (Bayerisches Ladenschlussgesetz - BayLadSchlG) (Drs. 16/5177) - Erste Lesung
Der Gesetzentwurf wird vonseiten der Antragsteller begründet. Ich eröffne die Aussprache. Als Erster hat Kollege Muthmann das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gilt gewiss nicht für alle Bereiche, dass die Staatsregierung so schnell arbeitet, dass der Landtag das gelegentlich gar nicht mitbekommt. In manchen Bereichen ist das sicherlich auch umgekehrt. Es gibt auch Konstellationen, bei denen der Landtag - oder Teile davon - vernünftige Dinge präsentiert. Jetzt gerade haben wir einen solchen Fall. Ich hoffe, dass die Staatsregierung das auch mitbekommt und mitträgt.
Der Gesetzentwurf, den wir heute hier vorstellen, hat deswegen Charme und Chancen, weil es etwas Vernünftiges zu machen gibt, ohne dass das Geld kostet, was sehr selten und an dieser Stelle bemerkenswert ist.