Protokoll der Sitzung vom 23.11.2010

Für die SPD-Fraktion hat jetzt Frau Kollegin Stachowitz das Wort, bitte schön.

Frau Präsidentin! Herr Minister, die SPD steht hinter den Olympischen Spielen. Das ist uns ein ganz wichtiges Anliegen. Wir haben uns dafür ganz klar ausgesprochen.

Als Erstes möchte ich mich nochmals bei Ihnen persönlich, aber auch insgesamt dafür bedanken, dass zwischen dem rot-grün-regierten München und der aus CSU und FDP bestehenden Staatsregierung eine so gute Zusammenarbeit stattfindet. Das zeigt: Der Sport schafft es, dass man über die Grenzen hinweg zusammenarbeitet.

Ich möchte als sportpolitische Sprecherin nochmals auf den Breitensport eingehen. Der Breitensport muss natürlich davon profitieren. Das ist uns allen klar. Auch im Landessportbeirat ist dies immer wieder ein Thema. Im Bereich Paralympics, gerade beim Behindertensport, kann es durch die Olympischen Spiele einen immensen Schub geben, auch in Bezug auf die Investitionen. Wir wissen, der Breitensport ist die Grundlage für den Spitzensport, der durch die Olympischen Spiele entsprechend ausgestaltet wird. Wie können wir damit rechnen, dass die Unterstützung des Breitensports auch hier in den Finanzmitteln eine Grundlage findet? Vielleicht stellen Sie nochmals den Integrationsfaktor Sport dar, nicht nur für die Migranten, die sozial Schwachen und die Reichen, sondern auch für die Behinderten.

In Richtung der GRÜNEN möchte ich sagen: Bedenkenträger können Probleme der Zukunft nicht lösen.

(Beifall bei der SPD, den Freien Wählern und der FDP)

Wir haben bei der Fußball-WM gesehen, wie ein Volk von einer solchen weltweiten Sporteuphorie getragen wird. Sie sind grundsätzlich ein Gegner von Großsportveranstaltungen und des Wintersports. Dann sagen Sie es einfach.

Zur Frage der Nachhaltigkeit und zum sozialen Wohnungsbau haben Sie schon etwas gesagt. Hier fließen 114 Millionen Euro in die Ökologie und die Nachhaltigkeit. Vielleicht können Sie noch einmal sagen, was der geplante Ausbau der Zugstrecke in diesem Bereich an Ökologie und Nachhaltigkeit bedeutet. Diese Vorlagen - ich kann es mir nicht verkneifen - habe ich schon als Stadträtin in München bearbeitet. Das ist kein neues Thema, sondern wird schon lange behan

delt. Vielleicht können Sie nochmals darstellen, wie lange dieses Thema schon auf der Tagesordnung steht und welche Gremien hier schon entschieden haben. Der Zug ist abgefahren. Leider bleibt mir wahrscheinlich nicht mehr die Zeit darüber zu reden.

(Zuruf)

Nein, Sie haben keine Zeit mehr, Frau Kollegin.

Oh, ich habe ein Minus, schade.

Ich war mit Ihnen sehr großzügig.

Ich verweise nur noch auf das Feuilleton in der heutigen "Süddeutschen Zeitung", einen lesenswerten Artikel zu den Olympischen Spielen 2018.

(Beifall bei der SPD)

Herr Staatsminister, bitte.

Verehrte Frau Kollegin, zunächst einmal herzlichen Dank für das Lob, auch für die gute Zusammenarbeit mit Rot-Grün in München. Ich möchte aber deutlich machen, das hat nichts mit anderen Themen zu tun. Hier arbeiten wir sehr, sehr gut zusammen, und das ist auch notwendig. Ich bedanke mich auch dafür, dass wir im Bayerischen Landtag eine breite Mehrheit haben, weil das Vorhaben für Bayern wirklich Chancen eröffnet. Und: Wenn man ein großes Projekt erfolgreich durchziehen will, braucht man ein hohes Maß an Übereinstimmung in unserer Gesellschaft. Das ist im Bayerischen Landtag und, davon bin ich überzeugt, auch in der Bevölkerung gegeben.

Das Thema wird bereits lange diskutiert, Sie haben es angesprochen. Trotzdem müssen wir auf die Fragen der Menschen Antworten finden, natürlich kritische Rückmeldungen ernst nehmen und in unsere Überlegungen einbeziehen. In Garmisch-Partenkirchen war eines der wichtigsten Themen, dass man die Menschen ernst nimmt und nicht sagt: Das ist schon mal beschlossen worden, darüber brauchen wir nicht mehr zu reden. Es gilt vielmehr, die Themen abzuarbeiten, und das passiert hier bei uns, das passiert im Rathaus der Landeshauptstadt und auch vor Ort, wie es notwendig ist.

Zum Thema Breitensport: Wir haben gemeinsam mit dem DOSB und damit auch mit dem Bayerischen Landessportverband intensiv über die Frage diskutiert, was wir beitragen können. Allein die Vorfreude auf ein solches Ereignis wird natürlich auch den Sportvereinen Türen öffnen und Möglichkeiten schaffen, junge Menschen sozusagen von der stationären Freizeitgestaltung vom Bildschirm wegzubekommen und sie zu veranlassen, Sport zu treiben. Es ist ein ganz wichtiger gesellschaftspolitischer und gesundheitspolitischer Aspekt, die Verbindung ernst zu nehmen und behinderten Kindern und Jugendlichen Sportmöglichkeiten zu zeigen und zu eröffnen. Wer selbst einmal bei den Paralympics war und gesehen hat, wie Mono-Skifahrer, Blinde oder Behinderte mit Arm- oder Beinamputationen auf höchstem Niveau Sport treiben, stellt fest: Das macht auch jungen Menschen, die möglicherweise durch einen Unfall an einer Querschnittslähmung leiden, wieder mehr Mut. Wenn sie mit jungen paralympischen Sportlern sprechen, spüren Sie, mit welcher Lebensfreude diese Menschen von ihrem Sport berichten und was ihnen der Sport wieder gegeben hat. Das müssen Sie der Bevölkerung vermitteln. Ich denke an unsere Olympiasieger, zum Beispiel an Frau Bentele, die zeigt, was ein blinder Mensch alles leisten kann, oder an unsere Skifahrer, die exzellente Leistungen erbracht haben. Das sind riesige Chancen für unsere gesellschaftliche Entwicklung, die weit über den Sport hinausgehen.

Ich will an einem Beispiel deutlich machen, was Nachwuchsarbeit und Nachwuchsgewinnung bedeuten: Ich war in Ohlstadt bei einer Diskussion. Dort waren drei Olympiasieger dabei: Zimmerer, Utzschneider und Gaisraiter. Der eine oder andere kennt sie noch. Ich bin davon überzeugt, dass sie unsere jungen Abgeordneten vielleicht nicht mehr kennen. Sie sind aber in ihrer Gemeinde präsent. Es war ein Jubel, als die 60und 70-jährigen Medaillengewinner aufgestanden sind. Das war ein Schub für das Dorf, das wünsche ich mir auch bei der Bewerbung für 2018.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, wir werden im Winter 2011 die Skiweltmeisterschaft in GarmischPartenkirchen, die Weltmeisterschaft im Eisschnelllauf in Inzell und die Bob- und Skeleton-Weltmeisterschaft am Königssee erleben. Dabei werden auch Emotionen freigesetzt. Ich bin davon überzeugt, dass diese Sportereignisse auch die ideellen Werte in unserer Gesellschaft stärken werden.

Zur Zuganbindung, dem Thema, das Sie angesprochen haben: Wer dafür ist, Verkehr von der Straße wegzubringen, muss attraktive andere Angebote machen. Der teilweise zweigleisige Ausbau und die Taktverdichtung werden dazu führen, dass wir auf der Autobahn weniger Verkehr haben. Die Menschen, die

beruflich in München tätig sind, müssen daher nicht auf den Münchner Wohnungsmarkt drängen, sondern können sich ein Stück Heimat bewahren, weil sie eine attraktive, schnelle und umweltschonende Anbindung an ihren Arbeitsplatz im Großraum München haben.

Jetzt darf ich für die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Herrn Kollegen Hartmann das Wort erteilen.

Sehr geehrter Herr Staatsminister, Sie haben vorher erwähnt, dass es nie ein Defizit für ein Organisationskomitee der Spiele gab. Würden Sie mir zustimmen, wenn ich sage, dass es dort nie ein Defizit geben kann, weil in allen Ländern der Steuerzahler haften und ein Defizit ausgleichen musste? Würden Sie mir zustimmen, wenn ich darauf verweise, dass deshalb in Turin vorher circa 20 % staatliche Mittel geflossen sind?

Vorher haben Sie erwähnt, dass temporäre und dauerhafte Anlagen gebaut werden. Das ist vollkommen richtig. Meine Frage war: Wo werden diese Kosten verbucht? Das gilt auch für die Ausgaben für die Sicherheit. Das Non-OCOG-Budget zahlt der Steuerzahler. Bei diesem wird man die Kosten kaum aufschlüsseln können, während man sie beim OCOGBudget einigermaßen nachvollziehen kann. Ich habe das Gefühl, dass die Sicherheitsausgaben auf den Steuerzahler verlagert werden, um die Kosten gering zu halten.

Eine dritte Frage noch: Thomas Bach hat gestern in der Presse geäußert, dass die Einnahmen des IOC höher sein werden, als es eingeplant war. Er nennt Einnahmen für Fernsehrechte in Höhe von 440 Millionen US-Dollar und Einnahmen aus dem Topsponsorenprogramm in Höhe von 200 Millionen US-Dollar. Stimmen Sie mir zu, wenn ich sage, dass Sie mit diesen Einnahmen in der Kostenschätzung bereits rechnen?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Staatsminister.

Herr Kollege, Sie stellen zum Teil Fragen, die sehr suggestiv sind und die man nicht beantworten kann, weil keiner Garantien geben kann. Die bisher angestellten Berechnungen weisen aus, dass das OCOGBudget ausgeglichen ist. Ich habe die einzelnen Zahlen nicht parat, aber in den zurückliegenden Jahren war es immer ausgeglichen. Auch in Vancouver geht man davon aus, dass es ausgeglichen sein wird.

Temporäre Anlagen werden über das OCOG-Budget finanziert. Sie werden aus den Einnahmen von rund

1,3 Milliarden Euro finanziert, die jetzt geschätzt und mit bestimmten Wechselkursen zum US-Dollar auf das Jahr 2018 hochgerechnet wurden. In diesen Einnahmen sind unter anderem auch Einnahmen vom IOC enthalten. Nach unseren Auflistungen sind es etwa 318 Millionen Euro. Das entspricht 440 Millionen US-Dollar. Auf die einzelnen Punkte kann ich jetzt nicht eingehen. Diese Berechnungen haben Fachleute durchgeführt. Ich kann sie nicht verifizieren. Wenn Sie mich fragen, ob ich nachweisen kann, dass es genauso ist, muss ich Nein sagen. Wir können nach dem Wissen, das wir jetzt haben, und aus der Verantwortung, die wir für unseren Freistaat tragen, nur sagen: Die Einnahmen sind gut durchgerechnet, man kann davon ausgehen, dass die Prognosen erfüllt werden. Mehr kann Ihnen niemand sagen. Es wird immer ein Restrisiko bleiben, und es ist auch richtig, dass dieses Restrisiko benannt wird. Darum haben wir die Bürgschaft übernommen. Wenn es nicht reichen sollte, was wir aber nicht glauben, müssten der Freistaat Bayern, der Bund und die Landeshauptstadt das Defizit mittragen. Zur Seriosität gehört, dass man diesen eventuellen Fall öffentlich benennt. So wird es auch in dem von uns eingebrachten Olympiagesetz definiert.

Jetzt hat noch Herr Kollege Piazolo für die Freien Wähler das Wort.

Herr Staatsminister, wie Sie wissen, stehen die Freien Wähler uneingeschränkt hinter der Olympiabewerbung 2018. Wir wissen Ihre Bemühungen zu schätzen, insbesondere auch Ihre Bemühungen für Garmisch-Partenkirchen. Nun war in den letzten Tagen zu lesen, dass Sie eine neue Herausforderung suchen. So sehr wir Verständnis dafür haben, dass Sie diese Regierung verlassen wollen, so groß ist unsere Sorge, weil dieser Ausstieg exakt in der heißen Phase der Olympiabewerbung erfolgen wird. Offensichtlich soll er im Februar erfolgen. Deshalb meine Frage: Ist es richtig, dass Sie sich um das Amt des Präsidenten der BLM bewerben wollen?

(Beifall bei den Freien Wählern)

Wie schätzen Sie die Folgen ein, wenn nun auch Sie als Koordinator ausscheiden, nachdem schon Herr Bogner aus dem Organisationskomitee ausgeschieden ist? Glauben Sie nicht, dass es im Ausland einen schlechten Eindruck macht, wenn in einer so wichtigen Phase zwischen der Einreichung des Bid Books und der Entscheidung das zuständige Regierungsmitglied ausgewechselt wird?

(Beifall bei den Freien Wählern - Alexander König (CSU): So ein Schmarrn!)

Weit ausgeholt, Herr Kollege! Herr Staatsminister.

Ich beantworte die Fragen zur Olympiabewerbung gerne. Zunächst einmal ein herzliches Wort des Dankes für das Lob, das Sie ausgesprochen haben. Die Bewerbung wird vom DOSB, der Landeshauptstadt und den jeweiligen Kommunen getragen. Der Freistaat Bayern ist zu wenigen Anteilen daran beteiligt. Ich danke Ihnen, dass Sie mir diese herausragende Bedeutung bei der Olympiabewerbung zumessen.

(Beifall bei der CSU)

Herr Staatsminister, es besteht im Hohen Haus kein Bedürfnis mehr für Nachfragen. Damit ist die Ministerbefragung beendet. Vielen Dank, Herr Staatsminister. Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 auf:

Aktuelle Stunde gem. § 65 GeschO auf Vorschlag der SPD-Fraktion "Jetzt handeln - Verjährungsfristen für Verwaltungsräte und Vorstände von Banken verlängern"

Die Regularien der Geschäftsordnung kennen Sie. Sie wissen, dass wir uns an die Redezeiten zu halten haben. Das brauche ich jetzt nicht mehr zu erwähnen. Als Ersten darf ich Herrn Kollegen Güller für die SDPFraktion ums Wort bitten.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Die SPD lässt beim Thema Verjährung und Verhinderung der Verjährung von zivilrechtlichen Ansprüchen unserer Bürgerinnen und Bürger in Bayern gegen Verwaltungsräte und Vorstände der BayernLB nicht locker.

(Beifall bei der SPD)

Wir werden Sie bei diesem Thema in den nächsten Monaten weiter und weiter treiben, wenn Sie, CSU und FDP, sich weiterhin verweigern. Heute haben Sie aber die Möglichkeit, auf einem, wie ich glaube, eleganten Weg Ihren bisherigen Worten in diesem Haus auch Taten folgen zu lassen. Um es vorweg zu sagen: Der sicherste Weg, eine Verjährung zu verhindern, wäre der Verzicht aller Verwaltungsräte und des Vorstands auf die Einrede der Verjährung. Das wäre der einfachste Weg.

(Beifall bei der SPD)

Das ist keine versicherungsrechtliche Angelegenheit, sondern das hat schlicht mit Anstand zu tun. Wenn man sich nichts hat zuschulden kommen lassen, wie alle Zeugen im Untersuchungsausschuss bisher so wortreich beteuert haben, kann es kein Problem sein, auf die Einrede der Verjährung zu verzichten; schließlich hat man nichts falsch gemacht.

(Beifall bei der SPD)