Protokoll der Sitzung vom 01.12.2010

Ich habe die Sorge, dass am Ende die Verbraucherinnen und Verbraucher die Dummen sind. Sie geben viel Geld für neue Geräte aus. Sie kaufen sich den neuesten Standard. Aber schließlich wird man sehen, dass man entweder nicht empfangen kann oder sich ein anderer Standard durchsetzen wird.

Deshalb werden wir diesen Antrag ablehnen. Wir sind zwar nicht gegen das Digitalradio, aber gegen die von Ihnen betriebene Förderung des Digitalradios.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für die Staatsregierung wird sich Herr Staatsminister Schneider äußern.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! In aller Kürze darf ich mich für diesen Dringlichkeitsantrag bedanken, weil er unsere Position verdeutlicht und uns bei den Verhandlungen unterstützt. Es geht darum, dass man gerade das Thema des digitalen Radios nach vorn bringt. Bayern hat diese Entwicklung von Anfang an unterstützt. Wir brauchen aber noch eine stärkere Marktdurchdringung. Das ist bereits angesprochen worden.

Ich möchte nicht dezidiert auf die Vorteile eingehen. Aber gerade in Bezug auf das Webradio ist zu sagen, dass bei Nachfrage riesiger Datenmengen durch zahlreiche Nutzer weitere Empfänger blockiert werden können. Das analoge UKW-Radio wiederum steht dem Digitalradio nach, weil auf einem Kanal statt einem UKW-Programm sieben Programme in DAB oder gar 14 bei DAB+ laufen können.

Für uns ist ganz wichtig, bei Neugeräten darauf zu achten, dass digitaler Empfang möglich ist. Sonst gelingt die Durchdringung nicht.

Bezüglich des Zeitfaktors wurde etwas aneinander vorbeigeredet. Es geht darum, dass nach 2015 nicht noch eine längere Phase kommt, bis die Durchdringung gelungen ist. Letztlich muss das Recht der Kunden bedacht werden. Wenn man die Lösung verwirklicht, muss das schnell geschehen. Dabei geht es auch um die Sicherheit von Investitionen. Diese darf man nicht bis auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschieben.

Liebe Frau Gote, wir wissen von der Problematik der Marktdurchdringung in Bayern. Das Digitalradio wird auch von Privaten gemacht. Ich erinnere an Rockantenne, Radio Fantasy; ich will jetzt nicht alle aufzählen. Man kann die Sender nachschauen.

In den Metropolen und Regionen wie Nürnberg, München, Augsburg, Ingolstadt ist ein guter Empfang bereits möglich. Diesen müssen wir weiterentwickeln. Dafür bitte ich um Unterstützung. Das dient der Position Bayerns bei den Verhandlungen. Für diese Unterstützung darf ich mich im Voraus bedanken.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen.

Damit kommen wir zur Abstimmung. Diese führen wir digital durch.

(Allgemeine Heiterkeit)

Das lateinische Wort "digitus" heißt ja "Finger".

Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 16/6471 seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das digitale Handzeichen. - Das sind die Fraktionen der CSU, der FDP und der SPD. Wer ist dagegen? - Die Fraktionen der Freien Wähler und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gibt es Enthaltungen? - Keine. Damit ist der Antrag angenommen.

Ich gebe die Ergebnisse der vorhin durchgeführten namentlichen Abstimmungen bekannt, zunächst zum Dringlichkeitsantrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 16/6470. Mit Ja haben 66, mit Nein 74 Abgeordnete gestimmt; es gab 11 Stimmenthaltungen. Damit ist der Dringlichkeitsantrag abgelehnt.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 1)

Ich komme zum Dringlichkeitsantrag der SPD-Fraktion auf Drucksache 16/6477. Mit Ja haben 66, mit Nein 75 Abgeordnete gestimmt; es gab 10 Stimmenthaltungen. Damit ist auch dieser Dringlichkeitsantrag abgelehnt.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 2)

Schließlich gebe ich das Ergebnis der Abstimmung über den Dringlichkeitsantrag der Fraktion der Freien Wähler auf Drucksache 16/6478 bekannt. Mit Ja haben 66, mit Nein 76 Abgeordnete gestimmt; es gab 8 Stimmenthaltungen. Damit ist ebenfalls dieser dritte Dringlichkeitsantrag abgelehnt.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 3)

Wir kommen jetzt zum

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Christa Naaß, Dr. Thomas Beyer u. a. und Fraktion (SPD) Beitritt des Freistaats Bayern zum Netzwerk gentechnikfreier Regionen in Europa (Drs. 16/6472)

Ich eröffne die Aussprache. Der erste Redner ist Herr Kollege Wörner. - Er ist nicht im Saal. - Ach, jetzt kommt er doch.

Herr Präsident, entschuldigen Sie bitte, ich wurde aufgehalten von Dingen, die unbedingt nötig waren.

Meine Damen und Herren, bei diesem Dringlichkeitsantrag geht es um den Beitritt des Freistaats Bayern zum Netzwerk gentechnikfreier Regionen in Europa. Wir wollen damit den nicht anwesenden Herrn Staatsminister daran erinnern, dass er selbst bereits zugesagt hat, diesem Netzwerk beitreten zu wollen; er wolle es prüfen, und er wolle beitreten.

Nachdem jetzt Thüringen als erstes deutsches Bundesland dem Netzwerk beigetreten ist, waren wir der Meinung, dass es an der Zeit sei, den Herrn Minister daran zu erinnern, diesen Beitritt endlich zu vollziehen; denn sonst muss er sich die Frage gefallen lassen - wie auch die CSU und der Landwirtschaftsminister -, wie ernst sie es mit der Gentechnikfreiheit in Bayern wirklich meinen. Wenn ich das Zögern sehe, wenn es um die Beantwortung der Frage geht, wie viel Gentechnik enthalten sein darf und wie viel nicht, dann befällt mich die Befürchtung - nicht nur mich, sondern auch viele andere, die dieses Thema verfolgen -, dass die CSU sonntags für gentechnikanbaufreie Regionen plädiert, dann aber, wenn es am Montag zum Schwur kommt, zumindest aus dem Landwirtschaftsministerium anderslautende Papiere auftauchen, die hoch peinlich sind und aus dem Verkehr gezogen werden.

Wenn man es nun ernst damit meint, ein gentechnikanbaufreies Land zu sein, muss das auch gemacht werden. Damit wäre dann das Thema beendet, und der Herr Minister entginge dem Vorwurf: Reden tut er viel, aber machen tut er weniger. Das kann ihm erspart bleiben, wenn Sie, meine Damen und Herren, heute diesem Antrag Ihre Zustimmung geben.

Um es kurz zu machen, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir bitten Sie darum, Ihren Minister nicht im Regen stehen zu lassen, sondern diesem Antrag zuzustimmen und dem Netzwerk beizutreten, wie es viele andere Länder auch getan haben. Damit kann sichergestellt werden, dass weite Teile Europas ernsthaft daran gehen, gentechnikanbaufrei zu bleiben oder zu sein.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. Der Herr Kollege Füracker steht schon bereit als Redner für die CSU-Fraktion.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Herr Staatsminister konnte natürlich nicht wissen, dass Sie fast pünktlich kamen, Herr Kollege Wörner, um heute zu diesem Antrag zu sprechen. Vielleicht ist er deshalb gerade nicht da. Aber so dringlich ist das Ganze für Sie wahrscheinlich auch nicht, sonst wären zumindest Sie rechtzeitig da gewesen.

(Zurufe von der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Antrag der SPD ist nachvollziehbar, hat aber mit dem Verfassungsgerichtsurteil nichts zu tun. Das Verfassungsgericht hat in seinem Urteil unsere Haltung bestätigt. Das Ziel ist bekannt, und die Intention der CSU-Fraktion ist auch bekannt. Das alles wurde hier mehrfach diskutiert und beschlossen und auch dokumentiert. Wir wollen ein gentechnikanbaufreies Bayern, was die kommerzielle Nutzung anbelangt. Was könnte man dazu Erfreulicheres berichten, meine Damen und Herren, als die momentane Situation in Bayern? Bayern ist nämlich im Moment gentechnikanbaufrei. Es gibt jedenfalls bei uns keine bekannten Pflanzen, die gentechnisch verändert wären.

Herr Kollege Füracker, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein. - Meine Damen und Herren, wir müssen uns jetzt die Frage stellen, was wir tun müssen, damit das so bleibt. Bayern kämpft für ein Selbstbestimmungsrecht und hat auf EUEbene schon ein positives Signal erhalten. Wir werden weiter für dieses Selbstbestimmungsrecht kämpfen, sowohl was den Anbau generell als auch was die Regionalisierung der Abstände anbelangt. Unser Ziel ist es, auch andere davon zu überzeugen, dass das der richtige Weg ist.

Das Europäische Netzwerk gentechnikfreier Regionen ist eine respektable Einrichtung. Deswegen hätte ich persönlich kein großes Problem damit, heute den Beitritt Bayerns zu beschließen. Zeitgleich weise ich dennoch auch auf die damit verbundenen Widersprüche hin. Gentechnikanbaufrei ist nicht gleich gentechnikfrei. Auch in Thüringen werden nach dem Beitritt zum Netzwerk noch große Mengen an eiweißhaltigen Futtermitteln verfüttert, die gentechnisch verändert sind. Außerdem bedeutet ein Beitritt alleine - im Antrag wird sogar gefordert, umgehend beizutreten - noch lange keine Änderung der aktuellen Situation. Ich habe es schon angesprochen. Wir sind aktuell frei vom Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen, haben aber auch bei uns sehr viele Futtermittel im Einsatz, die diesen Anspruch nach wie vor nicht erfüllen.

Also, meine Damen und Herren, lassen Sie uns glaubwürdig bleiben. Wir werden unser Ziel beharrlich verfolgen. Ich bedanke mich bei Minister Brunner. Er hat klar angekündigt, dass Bayern all das, was man tun darf und kann, auch machen wird, um die eigene Eiweißversorgung zu stärken. Leider können wir hierbei nicht Soja extra fördern, da das nach der Entkoppelungsstrategie der Europäischen Union nicht möglich ist. Allerdings gehört zur Eiweißstrategie genauso

die Unterstützung von Erbsen, Luzerne, Grünfuttertrocknung sowie alles, was damit zusammenhängt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Situation in Bayern ist momentan sehr gut. Es ist keine Eile geboten. Was an Ihrem Antrag dringlich sein soll, ist mir ein Rätsel. Das Ziel ist klar. Die Erfolge geben uns recht.

Es ist Ihnen auch bekannt, dass unser Koalitionspartner eine um 180 Grad gedrehte, andere Meinung vertritt als wir. Deswegen tue ich Ihnen heute den Gefallen nicht, wegen einer Formalität des Beitritts einen Koalitionsstreit auszulösen.

(Christa Naaß (SPD): Wie schade!)

Das ist es mir nicht wert. Wir bleiben dennoch auf einem klaren Kurs. Wir kämpfen für ein gentechnikanbaufreies Bayern und können dennoch Ihren Antrag heute besten Gewissens ablehnen.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Herr Füracker. Jetzt kommen wir zur Zwischenbemerkung des Kollegen Wörner. Er ist wieder rechtzeitig da.

Herr Kollege Füracker, es gibt bei Ihnen einen Widerspruch in sich. Sie wollen Ihrem Koalitionspartner nicht wehtun, tun es aber doch mit Ihrer Erklärung, Sie wollten gentechnikfrei sein. Irgendwie passt das nicht zusammen. Das müssen Sie mit sich selber ausmachen. Da Sie ein Widerspruch in sich selbst sind, macht das allerdings auch nichts.

Ich möchte Sie gleichzeitig darauf aufmerksam machen, dass das Urteil zwar in der Begründung enthalten ist, dass Begründungen aber nicht mitbeschlossen werden. Es wird lediglich der Antrag beschlossen. Wenn Sie sich an der Begründung stören, ist das nebensächlich; denn die ist nicht zu beschließen.

Noch ein zweiter Punkt, Herr Kollege Füracker. Der Antrag zielt darauf ab, Herrn Minister Söder an sein Versprechen zu erinnern, und da lassen Sie ihn jetzt im Regen stehen. Das müssen Sie schon mit ihm selbst ausmachen. Wenn Sie meinen, dass der Landwirtschaftsminister für dieses Thema zuständig sei, dann sagen Sie mir doch bitte, wo er ist. Schauen Sie sich übrigens auch mal die Ministerriege an. Da sitzt zu diesem Zeitpunkt nur eine einzige Staatssekretärin auf der Bank. Gut, dafür können Sie nichts. Aber man darf das ruhig einmal feststellen. Wo sind denn die Herrschaften alle? Ich sehe das, was hier abläuft, als eine Missachtung des Parlaments an.

(Beifall bei der SPD)

Da reden Sie nun über den Landwirtschaftsminister, und es ist festzustellen, dass er gar nicht da ist. Was also nun? Wenn wir ihn jetzt fragen wollten, wie richtig Ihre Aussage ist, dann könnten wir das nicht. Wir können auch nicht Minister Söder fragen; denn er ist auch nicht da. Da wäre vielleicht die Frage, ob wir nicht beide zitieren sollten.