Protokoll der Sitzung vom 01.12.2010

Da reden Sie nun über den Landwirtschaftsminister, und es ist festzustellen, dass er gar nicht da ist. Was also nun? Wenn wir ihn jetzt fragen wollten, wie richtig Ihre Aussage ist, dann könnten wir das nicht. Wir können auch nicht Minister Söder fragen; denn er ist auch nicht da. Da wäre vielleicht die Frage, ob wir nicht beide zitieren sollten.

(Zurufe von der CSU)

Herr Füracker, Sie haben das Wort.

Herr Kollege Wörner, was soll ich nun zu diesen Vorwürfen sagen? Im Prinzip ist es nicht wert, darauf zu antworten, denn mit der Staatssekretärin, die den Minister hier vertritt, ist das Thema bestens besetzt. Zuständig ist das bayerische Umweltministerium. Da hat auch ein Herr Füracker nicht behauptet, das Landwirtschaftsministerium sei zuständig. Das liegt wohl daran, dass Sie wieder einmal nicht zugehört haben. Ich habe lediglich erklärt, dass wir Herrn Minister Brunner dankbar sind, dass er bei der Eiweißversorgung mit einheimischen Eiweißfuttermitteln neue Wege gehen will. Dafür wiederum ist Staatsminister Brunner zuständig und nicht Staatsminister Söder. Das müssten Sie eigentlich auch wissen, Herr Wörner; denn Sie sind schon länger Mitglied des Parlaments als ich. Allerdings wird das bei den Einlassungen, die Sie machen, manchmal nicht so ganz deutlich.

(Beifall bei der CSU)

Manchmal glaubt man fast, Sie wären ein Neuling hier im Hohen Hause.

(Zuruf der Abgeordneten Christa Naaß (SPD))

- Was regen Sie sich denn schon wieder auf, Frau Kollegin? Zu Ihrer Einlassung in Bezug auf die Begründung kann ich Ihnen keine Antwort geben; denn ich habe zur Begründung überhaupt nicht gesprochen. Ich habe nur gesagt, dass Ihr Antrag mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zunächst einmal nichts zu tun hat. Das ist wahr, und insofern bin ich völlig entspannt. Ich freue mich, dass Sie Ihre Zwischenbemerkung gemacht haben; dadurch konnte ich noch zwei Minuten länger reden. Zur Sache hat es nichts gebracht. Trotzdem vielen herzlichen Dank.

(Zurufe von der SPD)

Ich freue mich, dass ich mich jetzt wieder hinsetzen darf und der nächsten Rednerin zuhören kann.

Stopp, Herr Kollege Füracker, es kommt noch eine Zwischenbemerkung des Kollegen Steiner. Bitte.

Herr Kollege Füracker, ist Ihnen bekannt, dass die SPD-geführte Bundesregierung in den Jahren 2004 und 2005 die Entscheidung getroffen hat, den Anbau von 30 Tonnen Bt-Mais in Deutschland freizugeben, und sind Sie auch der Meinung, dass Herr Kollege Wörner deswegen alles andere als das Recht hat, sich hier als Moralist aufzuspielen?

(Beifall bei der CSU - Zurufe von der CSU: Bravo!)

Ersteres ist mir bekannt. Zweitens urteile ich nicht darüber, wer das Recht hat, sich hier als Moralist aufzuspielen. An Stelle des Herrn Wörner wäre ich allerdings etwas vorsichtiger und würde nicht so forsch argumentieren.

Wir wissen mittlerweile, warum er hier ständig Anträge zu diesem Thema stellt. In der Sache hat Herr Wörner bisher noch nichts verändert, sondern in der Sache hat es etwas bewirkt, dass wir auf europäischer Ebene für ein Selbstbestimmungsrecht gestritten haben. Wir können das in Deutschland machen. Jetzt müssen wir gemeinsam auf Bundesebene dafür kämpfen, hier Änderungen herbeizuführen.

Die Sache ist kompliziert. Kollege Dechant wird dazu noch sprechen. Die Bemerkung hinsichtlich der FDP beeindruckt mich nicht besonders. Wir haben da keinen Streit mit der FDP. Es gibt nun einmal zwei Parteien in der Koalition, die zu dieser Frage eine unterschiedliche Auffassung haben. Ich spreche hier für die CSU und nicht für die Koalition und sage Ihnen, dass wir an dem Ziel festhalten werden, in Bayern einen gentechnikfreien Anbau zu haben, und dafür werden wir in der Koalition, im Landtag und in der Öffentlichkeit kämpfen. Wenn Sie es als störend empfinden, dass wir hier dafür kämpfen und innerhalb der Koalition dafür keine Mehrheit haben, beeindruckt mich das nicht besonders. Wir bleiben auf Kurs.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank. Nächste Rednerin für die Fraktion der Freien Wähler ist Kollegin Müller. Bitte schön.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Die Meinung der Freien Wähler ist allgemein bekannt.

(Tobias Thalhammer (FDP): Ein entschiedenes Sowohl-als-auch!)

Wir haben in Anträgen immer wieder dokumentiert, dass wir für einen gentechnikfreien Anbau in Bayern sind und haben diese Meinung mit Nachdruck immer wieder unterstrichen. Ich gebe dem Kollegen Füracker natürlich darin recht, dass das Urteil des Bundesverfassungsgerichts mit diesem Antrag nichts zu tun hat. Trotzdem hat es mich außerordentlich gefreut, dass wir mit diesem Urteil in unserer Meinung bestätigt worden sind. Ich bin sehr froh darüber.

(Ludwig Wörner (SPD): Aber der Herr Füracker nicht!)

Die Fraktion der Freien Wähler wird dem Antrag der SPD natürlich zustimmen. Wenn Minister Söder der Bevölkerung immer wieder vermittelt, dass Bayern weiterhin gentechnikfrei gehalten wird, dann sollte er diesen Worten auch Taten folgen lassen.

Ich kann der Argumentation des Kollegen Füracker jetzt nicht folgen. Sie haben einen Koalitionsvertrag. Dann sollte sich auch ein Minister an diesen Koalitionsvertrag halten und der Bevölkerung nicht irgendetwas anderes vorgaukeln.

Im Übrigen war ich erst vor Kurzem in Brüssel und habe dort die Argumentation zu diesem Thema sehr genau verfolgt. In Bayern tritt man für eine gentechnikfreie Region ein, und Bundesministerin Aigner stimmt in Brüssel im Ministerrat anders ab. Da kommen wirklich merkwürdige Diskrepanzen zum Vorschein. Das sollte man klar und deutlich sagen. In Brüssel hat man uns ganz klar gesagt, dass sich Bayern an die allgemeine Wortwahl des Bundes halten sollte. Aus der Sicht von Brüssel ist nur vorgesehen, die Regelungen auf die europäischen Länder herunterzubrechen, nicht auf die Bundesländer. Ich bin gespannt, wie weit wir da kommen.

Ich bin generell froh, dass die SPD jetzt diesen Antrag gestellt hat. Wir sollten Minister Söder beim Wort nehmen. Der CSU würde es gut anstehen, diesem Antrag zuzustimmen.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Danke schön. Nächste Wortmeldung: Frau Kollegin Franke für die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr verehrter nicht anwesender Herr Söder! Auch ich hätte gerne persönlich zu Ihnen gesprochen; denn Sie haben mehrfach angekündigt, dass Bayern gentechnikfrei werden soll, und Sie setzen sich dafür ein, dass die Länder selbst darüber entscheiden können, ob sie einen gentechnikfreien Anbau möchten. Sie

sagen uns aber nicht, dass diese freie Entscheidung klammheimlich dadurch erkauft wird, dass die EULänder der Zulassung von Gentechniksorten zustimmen.

Wir haben in der letzten Woche eine Anhörung zur Novellierung des Bayerischen Naturschutzgesetzes im Plenarsaal durchgeführt. Sie hätten alle Möglichkeiten gehabt, die Gentechnikfreiheit in Bayern in die Gesetzesnovelle aufzunehmen. Wir haben davon aber nicht viel gesehen und gehört. Das einzige, was drinsteht, ist der Abstand von 1.000 Metern zu FFHFlächen. Wenn Sie einen gentechnikfreien Anbau in Bayern haben möchten, dann hätten Sie bei dieser Beratung doch genügend Gelegenheiten gehabt, das in den Entwurf hineinzuschreiben. Damit ist Ihre Ankündigung, dass Bayern ein gentechnikfreier Freistaat werden soll, gleich hinfällig geworden.

(Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN)

Das Nachbarland Thüringen ist dem europäischen Netzwerk gentechnikfreier Regionen beigetreten. Sie, Herr Söder, haben im September 2009 angekündigt, den Beitritt Bayerns prüfen zu lassen. Bis heute ist nichts geschehen. Ihre Glaubwürdigkeit schwindet langsam auch noch für den Letzten, der sich an Ihre Aussage klammert. Wir stimmen diesem Antrag zu.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Kollege Dechant steht schon sehr lange bereit. Herr Kollege Dechant, Sie haben für die FDP das Wort.

Sehr verehrtes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe das Gefühl, dass dieser Antrag deshalb gestellt wurde, um zwischen FDP und CSU wieder irgendwo einen Keil zu treiben, um irgendein Versäumnis des Ministers oder irgendeine Einstellung der FDP kundzutun. Wir sollten Ihnen eigentlich dafür dankbar sein, dass Sie uns Gelegenheit geben, das zu tun. Die ganzen Redebeiträge haben darauf abgestellt, einen Keil zwischen die Koalitionsfraktionen zu treiben und den Minister vorzuführen.

Deshalb möchte ich einige Aussagen vorlesen, um klarzumachen, worum es bei der grünen Gentechnik geht, worum es im Antrag geht und worum es uns, der FDP, geht.

Zunächst einmal geht es darum, einem Erkenntnisgewinn in bedeutenden Fragen der Gegenwart aufgeschlossen gegenüberzustehen und darauf zu reagieren.

Die Gentechnologie leistet unter vielfältigen Bedingungen wesentliche Beiträge zur Erhöhung der landwirtschaftlichen Produktivität und Nahrungsqualität, zur Verbesserung des Ertrags und der Nahrungsmittelqualität der Pflanzen durch verbesserte Resistenz gegenüber Schädlingen wie auch durch Erhöhung der Toleranz gegenüber Dürre. Solche Verbesserungen sind weltweit dringend erforderlich, um die Nachhaltigkeit und Produktivität der Landwirtschaft zu erhöhen. Bedeutsam ist auch der Nutzen der Gentechnik für Menschen in armen Regionen. GVO-Pflanzen können große Bedeutung für Kleinbauern und gefährdete Mitglieder armer Landbevölkerung, insbesondere Frauen und Kinder, haben. Insektenresistente GVO-Baumwolle und GVO-Mais haben den Einsatz von Insektiziden stark reduziert und bei den Kleinbauern in Entwicklungsländern zu beträchtlicher Steigerung ihrer Erträge und damit ihres Haushaltseinkommens beigetragen.

(Hubert Aiwanger (FW): Das steht in einer Broschüre von Monsanto!)

- Moment!

Ferner führt in vielen Ländern dieser Welt der großflächige Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen mit Herbizid-Toleranz zu Umweltvorteilen. Durch pflugfreien Anbau kann der Energieverbrauch und die CO2-Emission verringert werden. Durch die Gentechnik kann auf den Klimawandel reagiert werden. Künftig muss es mehr darum gehen, mit rechtlichen Regulierungen nicht mehr zwischen gentechnischen und anderen Züchtungsmethoden zu unterscheiden, sondern ausschließlich das Risiko der jeweils entwickelten neuen Pflanzensorte zur Grundlage der Beurteilung zu machen.

All das, was ich jetzt vorgelesen habe, stammt weder aus einer Monsanto-Broschüre noch aus einem FDPWahlprogramm, sondern aus einer Empfehlung der "Päpstlichen Akademie der Wissenschaften" zur grünen Gentechnik. - So viel zur Tatsache, dass viele Leute in der Gegend herumlaufen und von der Bewahrung der Schöpfung reden.

(Hubert Aiwanger (FW): Da ist die CSU dafür, wenn es vom Papst kommt! - Albert Füracker (CSU): Dieser Aiwanger ist auch so ein Schreier!)

Natürlich - das unterstreiche ich - sind das auch Positionen der FDP. Wir treten auch deshalb dafür ein, weil wir die Forschung in diesem Bereich stärken wollen. Wir wollen die Fachleute hier in Bayern halten; das ist ganz, ganz wichtig. Wir wollen nicht irgendwann ohne eigenes Wissen dastehen, das habe ich

hier schon x-mal betont. Mit eurer Politik vertreibt ihr die Forscher aus unserem Lande, und dann sind wir auf externes Wissen angewiesen. Das wird die FDP nicht mittragen. Wir werden uns dagegen wehren und uns dagegen stemmen. Deswegen bin ich auch dankbar, dass der Antrag gestellt wurde, weil er uns Gelegenheit gibt, das zu unterstreichen und nach außen darzustellen.

Was ich auch schon immer gesagt habe: Sollte sich herausstellen, dass die Gentechnik auch für uns in Bayern Vorteile bringt, dann wollen wir diese nicht von außen einkaufen, sondern die Dinge eigenständig produzieren und im Lande haben und nicht unser Geld nach außen geben. Natürlich sind auch wir für einen verantwortungsvollen Umgang mit dieser Technologie. Wir müssen noch einiges tun, was Patentierung und dergleichen angeht. Aber nichtsdestotrotz: Dies hat nichts mit der Technologie zu tun.

Zum Schluss möchte ich noch sagen: Es gibt keine gentechnikfreien Regionen; zumindest nicht bei uns im Land, und Bayern würde durch einen Beitritt nicht gentechnikfrei werden. Ich erinnere daran: Es gibt die rote Gentechnik und die weiße Gentechnik. All das ist anerkannt, und all das ist im Einsatz. Wer hier über so etwas debattiert und über so etwas beschließen will, gaukelt den Menschen draußen im Lande etwas vor, das es so nicht gibt. Auch dabei wird die FDP nicht mitmachen. Wir werden den Antrag ablehnen.

(Beifall bei der FDP)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen.