Protokoll der Sitzung vom 01.12.2010

Effizienz und Ertrag müssen gesteigert werden, wertvolle Flächen bewahrt und die Züchtung in allen Bereichen verbessert werden. Auch hier ist Bayern gefordert. Agrarforschung und Beratung sind auszubauen und nicht, wie aktuell geplant, zu demontieren. Dabei ist auch Ehrlichkeit in der Kommunikation gefragt. Eine Kuh, die 10.000 Liter Milch im Jahr gibt, erzeugt nun einmal weniger Klimagase als eine 5000-Liter-Kuh. Das ist Fakt. Das müssen wir den Menschen ehrlich sagen. "Ernährung und Energie", nicht "Tank oder Teller" müssen das Leitbild der Zukunft sein.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Ertragreiche Ackerböden sind nicht vermehrbar. Wenn ich mir unseren Umgang mit der wertvollen Ressource Boden so ansehe, dann muss ich feststellen, dass mir diese Erkenntnis noch nicht weit verbrei

tet zu sein scheint. Neben dem Zugang zu ausreichenden Lebensmitteln und sauberem Trinkwasser ist die Versorgung mit Energie die Grundlage eines menschenwürdigen Lebens. Wir in Bayern haben sehr großes Glück, dass uns der Herrgott in eine Region gepflanzt hat, in der gesunde Nahrungsmittel und auch nachhaltige Energieerzeugung in idealer Weise möglich sind. Wir müssen daran gemeinsam arbeiten. Normalerweise sagt man: Niemand sägt den Ast ab, auf dem er sitzt. - Aber manche sägen ihn eben doch ab, um damit den Holzweg zu bauen, auf dem Sie sich befinden. Der Rückfall der Bundesregierung mit CSU- und FDP-Beteiligung im Bereich der Atomenergie ist ein solches Sägen.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Vielen Dank. - Jetzt für die Fraktion der Freien Wähler Kollege Glauber.

(Vom Redner nicht autori- siert) Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Tobias Thalhammer, das war eine tolle Erklärung. Ich glaube, wir haben Sie verstanden. Wir werden den Antrag für Isar 1 umschreiben, wir werden die Restlaufzeiten übertragen und dann schauen, ob ihr zustimmen werdet.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Dem Redebeitrag ist zu entnehmen, dass die FDPFraktion mit der Arbeit des Umwelt- und Lebensministers sehr zufrieden ist. Herr Lebensminister, Sie haben vorhin davon gesprochen, lieber Markus: Erst lesen, dann verstehen. - Ich hoffe, du hast die DIWStudie gelesen und sie verstanden; denn der Rückfall von Platz drei auf Platz sieben ist schon ein Zeichen, auch für einen Lebensminister. Wenn man für sich den Anspruch hat, die beste Politik zu betreiben, dann müsste dir das zu denken geben. Die DIW-Studie schreibt, dass dies seit dem Jahr 2008, genau seitdem der Lebensminister im Amt ist, in Bayern der Fall ist. Von daher müsste der Rückfall zu denken geben.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Eines möchte ich noch sagen - wir haben es heute schon mehrmals gehört -: Wir sprechen von einer Erfolgsgeschichte der erneuerbaren Energien. Diese Geschichte ist im Jahr 2000 begonnen worden. Damals ging man davon aus, dass man im Jahr 2010 bei einem Anteil der erneuerbaren Energien von 12 % landen wird. Wir sind heute bei 19 %, und wir steigen aus einem fahrenden Zug aus. Es ist völlig unverständlich, warum dies von der schwarz-gelben Bundesregierung beschlossen wurde.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Auf Bundesebene haben Sie die Biokraftstoffe beerdigt, die für uns einen Markt darstellen, auf dem wir heute exportieren. Genauso machen Sie es jetzt mit den erneuerbaren Energien. Auch diese werden Sie streichen. Wir werden erleben, dass Sie irgendwann die Vorrangeinspeisung wahrscheinlich streichen wollen. Das aber wäre der Tod für das, was wir auf dem Arbeitsmarkt im Bereich erneuerbare Energien in den letzten Jahren erreicht haben. Im Bereich Kernkraft gibt es 350.000 Arbeitsplätze gegenüber früher 30.000 Arbeitsplätzen. Wenn wir schon davon ausgehen, dass die Laufzeiten der AKWs verlängert werden: Zwei AKWs laufen nicht wegen Revision, vier Atomkraftwerke laufen das ganze Jahr über für den Exportstrom, und Sie sagen, wir müssten diese Lücke füllen. Diese Lücke füllt die Geldbeutel der Oligopolisten und sonst keine Lücke. RWE hat im letzten Geschäftsjahr 12 % Gewinnsteigerung verzeichnet. Erklären Sie mal den Bürgern draußen, warum diese 12 % für die Brückentechnologie nötig gewesen sind.

Wenn Sie mit dem Geschäftsführer der Stadtwerke in München oder auf der "Zeit"-Konferenz mit dem BMW-Chef Reithofer sprechen, hören Sie: Die Zukunft ist erneuerbar. Ich weiß nicht, warum Sie das nicht erkennen wollen. Schauen Sie sich einmal an, was aus den Stadtwerken München, aus einem Unternehmen, das jetzt endlich schwarze Zahlen schreibt, geworden ist. Die Stadtwerke München wollen im Jahr 2035 Strom zu 100 % aus erneuerbaren Energien erzeugen; München will die erste grüne Stadt sein. Das ist ganz wichtig.

Wenn ich auf die Landkreise schaue, sehe ich: Wir versuchen zurzeit über die regionale Energieoffensive, die Gemeinden daran zu beteiligen, dass wir aus der Atomkraft aussteigen und auf die Wertschöpfung vor Ort setzen. Im Landkreis Bamberg - dort ist Heinrich Rudrof Kreisrat - hat man folgende Regelung geschaffen: Dort haben sie die Biomüllentsorgung mit einer Bonus-Malus-Lösung ausgeschrieben. Dadurch haben Sie erreicht, dass ein kommunaler Entsorger den Auftrag bekommt. Das ist schon einmal der erste Erfolg gewesen. Dann haben sie vorgeschrieben, dass diese Entsorgung in einer Biogasanlage erfolgen muss. Ich durfte diese Biogasanlage bauen.

Es ist so: Wir ersetzen für den größten Orchideenzüchter heute 450.000 Liter Heizöl. Wir haben 1,45 Millionen Kilogramm CO2 eingespart. Wir könnten 600.000 Haushalte mit Energie versorgen. Das kostet die Bamberger Bürger nichts; denn der Kreistag hat den Bürgern diese Entsorgung umsonst zur Verfügung gestellt.

Hier zeigt sich hier eine regionale Wertschöpfung. Die regionalen Energieoffensiven bestimmen letztendlich

die Zukunft. Wir brauchen energieautarke Kommunen.

Herr Minister, Sie haben kein Wort über die energetische Sanierung von Gebäuden gesagt. Dieses Thema war Ihnen keine drei Sätze wert. Hier ist auch die Oberste Baubehörde gefragt. Dazu müsste der Innenminister sprechen. Mit den 180 Millionen Euro, um die es da geht, kann man gerade einmal 300 bis 500 Gebäude sanieren.

Wir haben hier im Landtag eine Vorbildfunktion. Die nehmen wir auch wahr. Ich danke dem Präsidium und dem Landtag, dass wir hier vorbildliche Standards zugrunde legen. Ich glaube auch, dass wir unsere Vorbildfunktion dazu nutzen müssen, die 8.000 Gebäude, um die es da in Bayern geht, zu sanieren.

Entscheidende Schritte brauchen wir auch in der Elektromobilität. Da blieben Sie sehr vage. Es gibt keine Absprachen mit den Stadtwerken. Sie haben der Region 115 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, aber keine Absprachen mit den Stadtwerken getroffen, die für eine Teststrecke notwendig wären, um mit diesen Energien voranzukommen.

Sie haben keine Antworten bezüglich des Verkehrs gegeben. Was ist mit dem Bahnland Bayern? Wir brauchen mehr Elektrifizierung. Wir müssen den Schwerlastverkehr auf die Schiene bringen. Das wäre Zukunftspolitik, das wäre Umweltpolitik. Aber dazu haben wir nichts gehört.

Wenn Sie nach Cancún fahren, Herr Lebensminister, dann gebe ich Ihnen eines mit auf den Weg: Sprechen Sie dort die Kerosinsteuer an. In Europa haben leider nur die Holländer eine Regelung für die Kerosinsteuer. Es wäre ein globaler Ansatz, die Kerosinsteuer voranzubringen, also den Flugverkehr zu besteuern.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Ich schließe mit einer Erinnerung an Hermann Scheer, einen Kämpfer für erneuerbare Energien. Er bringt in der Einleitung seines Buches "Der energetische Imperativ" ein Zitat von Gandhi:

Erst ignorieren sie dich; dann belächeln sie dich; dann bekämpfen sie dich; am Ende gewinnst du.

Wenn Sie gewinnen wollen, dann setzen Sie auf erneuerbare Energien!

(Beifall bei den Freien Wählern)

Für die Restredezeit hat Herr Wörner noch einmal ums Wort gebeten.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Mir geht es nur um zwei Punkte, die meiner Meinung nach richtig gestellt werden müssen.

Erstens. Herr Minister Söder hat gesagt, mit 750 Millionen Euro für den Klimaschutz von 2008 bis 2011 sei Bayern Vorreiter. Tatsache ist aber: Laut DIW-Studie belegt Bayern bei den Ausgaben der Bundesländer für Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet der erneuerbaren Energien im Jahr 2010, bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt, den letzten Platz. Klasse! Soviel zu Innovation, Forschung und "Bayern vorn".

Zweitens. Herr Kollege Hünnerkopf, ich weiß, dass die Windenergie ein schwieriges Thema ist; dies bestreite ich nicht. Aber die Frage ist, wie wir es öffentlich angehen.

Ich, aber nicht nur ich, habe die Erfahrung gemacht: Wenn die Menschen die Gewinner sind, dann wollen sie dies auch. Also sorgen wir doch bitte gemeinsam dafür, dass dort, wo wir bei der Entwicklung energieautarker Gemeinden so etwas brauchen, die Menschen von selber darauf kommen, dass sie das brauchen! Dabei sind sie auch noch am Gewinnen, am Geldverdienen; das ist nichts Ehrenrühriges. Wildpoldsried ist dafür das beste Beispiel. Wir müssen solche Dinge fördern. Als wir vor zehn Jahren dort waren, hat man den Wildpoldsriedern noch gesagt, sie spinnen. Heute wissen wir alle, dass nicht gesponnen wird.

(Thomas Kreuzer (CSU): Die haben einen CSUBürgermeister!)

- Das macht doch nichts. Auch bei der CSU soll es doch Gescheite geben, jedenfalls gelegentlich.

Herr Kollege Blume, Sie haben von den Sanierungen gesprochen. Wie Sie wissen, mache ich Wohnungspolitik, und zwar aktiv, also nicht nur politisch. Ich empfehle, dass wir uns einmal in aller Ruhe zusammensetzen mit dem Ziel, dass die Menschen monetär nicht überfordert werden.

Die Kosten für das Erreichen der Standards der EnEV 2011 bei der energetischen Sanierung führen dazu, dass sich das aller Wahrscheinlichkeit nach nur die wenigsten im Mietwohnungsbau leisten können. Das betrifft sowohl die Unternehmen als auch die Mieter. Darüber müssten wir also in aller Ruhe miteinander reden. Die Menschen dürfen nicht sozial überfordert werden. Wir wollen ja nicht lauter Mietbeihilfeempfänger haben, schon weil es die Städte ruinieren würde.

Jedenfalls müssen wir darüber noch einmal nachdenken.

Hier kommen nämlich zwei fatale Dinge zusammen, die unser aller Interesse berühren: die Lärmschutzverordnung und die EnEV, die Energieeinsparverordnung. In der Lärmschutzverordnung wird nämlich davon gesprochen, dass möglicherweise neue Fenster angebracht werden müssen, wenn die Gebäude in die betreffende Zone fallen. Wenn es um die neuen Fenster geht und diese 20 % oder mehr von der Außenwandfläche ausmachen, dann löst man die EnEV automatisch auf, und dann holt Sie der Teufel, was die Kosten angeht.

Meine Bitte wäre: Lassen Sie uns intelligente Lösungen suchen, die die Menschen mitmachen können und durch die wir auf den richtigen Weg kommen. Wir wollen das Thema so schnell wie möglich bewältigen.

(Beifall bei der SPD)

Zu einer zusammenfassenden Stellungnahme hat nun Herr Staatsminister Söder das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Was das Niveau dieser Debatte angeht, kann man sagen, dass dieser Landtag schon andere Sternstunden erlebt hat.

Keiner behauptet, dass wir allein das Land der Glückseligen seien. Aber Herr Kollege Blume hat schön herausgearbeitet: Überall dort, wo Oppositionsparteien sind - die Freien Wähler nehmen wir da einmal aus, weil die irgendwo sind; und wer weiß, wie lange sie noch irgendwo sind -, ist eines klar: In den Orten, wo Oppositionsparteien, die in diesem Saal sitzen, Verantwortung tragen, steht es um das Klima wesentlich schlechter als in Bayern als Ganzem. Das müssen Sie sich gefallen lassen.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Hier wurde herumgemäkelt, unsere Ziele seien nicht ehrgeizig genug. Haben Sie überhaupt eine Vorstellung, wie schwierig es ist, den CO2-Ausstoß pro Kopf in dem geforderten Maß zu senken, wenn man schon auf dem Niveau ist wie wir? Die Amerikaner tun sich schwer, von ihren 19 Tonnen herunterzukommen. Der Bund kämpft darum, die 9 Tonnen zu senken. Wir liegen jetzt unter 6 Tonnen CO2. Wir wollen weitergehen. Das bedeutet für eine Industriegesellschaft dabei schaue ich mir jeden einzelnen Abgeordneten danach an, wie er sein privates Umfeld gestaltet - geradezu einen Quantensprung.

Jeder, der glaubt, das gehe zum Nulltarif, lügt sich in die Tasche. Darum sind unsere Ziele ehrgeizig. Dabei bleiben wir auch.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Nun zu der Studie. Wenn Sie in der DIW-Studie und ihren Grundlagen lesen, stellen Sie Folgendes fest. So übel kann Bayern gar nicht sein. Denn wer ist Nummer eins bei Photovoltaik? Bayern. Wer ist Nummer eins bei der Nutzung von Solarkollektoren? Bayern. Wer ist Nummer eins beim Einsatz von Pelletheizungen? Bayern. Wer ist Nummer eins bei Biomasseheizkraftstoffen? Bayern. Wer ist Nummer eins bei Unternehmen im Bereich erneuerbarer Energien? Bayern. Wer ist Nummer eins bei Wasserkraft? Bayern. Wer ist Nummer eins bei Biomassestrom? Bayern. Wer ist führend bei Wärmepumpen und bei Biogasanlagen? Bayern.

Bitte lesen Sie dies erst, bevor Sie Bayern schlechtmachen!

(Lebhafter Beifall bei der CSU und der FDP - Zu- rufe von der SPD und den Freien Wählern)