Kollege Fahn, die Verfassung ist eine Regelung von Grundsätzen. Neben Ihnen oder vor Ihnen sitzt ein Jurist, der sich immer sehr deutlich äußert. Ich kann nur Folgendes sagen: Bei der Verfassungsfeier mit unserem Präsidenten des Verfassungsgerichtshofs haben Sie sicher genau zugehört, und Kollege Pohl auch. Da war nämlich ausdrücklich vom Recht des Gesetzgebers zur Veränderung der Verfassung die Rede. Der von mir und, wie ich glaube, von uns allen hoch geschätzte Präsident Dr. Huber hat ausdrücklich
gesagt und gemahnt, die Verfassung dürfe vom Gesetzgeber nicht überfrachtet werden. Sie sei kein Dokument des jeweiligen Zeitgeistes. Genau das, verehrter Kollege Fahn, ist jetzt leider zu erkennen. Sie haben mit Ihrer Überlegung, dass wir das Klima besonders achten und schützen müssen, recht. Das ändert aber nichts daran, dass diese Absicht nicht unbedingt in die Verfassung aufgenommen werden muss. Man könnte alles Mögliche, was heute wichtig und für uns von Bedeutung ist, in die Verfassung setzen. Dafür ist aber die Verfassung zu wichtig und zu wertvoll. Sie soll auch nicht vom heutigen Zeitpunkt aus, sondern allgemein gesehen werden.
Artikel 141 der Bayerischen Verfassung schützt schon jetzt die natürlichen Lebensgrundlagen und verlangt auch den schonenden Umgang mit Naturgütern. Der Ausbau der erneuerbaren Energien funktioniert schon heute, und auch immer besser, weil die Bevölkerung akzeptiert, dass er notwendig und richtig ist. Auch insoweit gibt es keinen Handlungsbedarf. Die Freiwilligkeit ist gut und zielführend. Wir sollten sie beibehalten.
Ein Verfassungsgrundsatz ist auch die gemeindliche Selbstverwaltung. Ein Zwang zur dezentralen und regionalen Energieversorgung mit erneuerbaren Grundstoffen wird auch an der Verpflichtung der Gemeinden zu wirtschaftlichem Handeln scheitern. Im Rahmen der Einzelfallprüfung wird jede Gemeinde das Recht haben, zu entscheiden, auf welchem Wege sie ihre Überlegungen voranbringen will.
Wir werden in den einzelnen Ausschüssen sicher sehr intensiv über den Gesetzentwurf diskutieren. Wir halten die von Ihnen vorgeschlagene Ergänzung im Sinne der Achtung vor unserer Verfassung weder für notwendig noch für gerechtfertigt.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Gesetzentwurf hat in seinem ersten Absatz einen gewissen Charme. Da können wir mitgehen, denn das Klima gehört nun einmal dazu. Beim zweiten Absatz haben wir schon Probleme, weil damit eine Zersplitterung erfolgt. In eine Verfassung gehören aber nach meinem juristischen Laienverstand nur Kernaussagen, aber keine kleinteiligen Regelungen. Man hätte sonst möglicherweise unter der Ägide der CSU die Kernenergie aufgenommen. Deshalb warne ich vor einer solchen Entwicklung. Wir sollten den Gesetzentwurf unter diesem Aspekt diskutieren, um sicherzustellen, dass der Klimaschutz aufgenommen wird. Wir sind der Mei
nung, dass dies nötig ist, weil wir nicht sehen, dass die Natur so gepflegt worden wäre, wie das schon heute die Verfassung vorsieht; denn sonst würden sich die roten Listen nicht fortlaufend verlängern, würde das Land nicht zersiedelt, wäre das Trinkwasser nicht nach wie vor gefährdet und ginge die Bodenerosion aufgrund von unsachgemäßem Gebrauch des Bodens nicht weiter vor sich.
Angesichts dessen und des Klimawandels ist es dringend geboten, die Kernaussage zu verstärken. Ich bin fasziniert, weil in der Zeitung zu lesen war, dass Staatsminister Dr. Söder angeblich - nichts Genaues weiß man nicht - in Cancún Einfluss genommen habe, dass es in Zukunft - man höre und staune - mit der Freiwilligkeit vorbei sein müsse und die EU Sanktionen und Restriktionen verhängen können müsse, wenn jemand gegen diese Ziele verstößt. Gerade habe ich vom Kollegen Heike anderes gehört, nämlich die Partnerschaft, das Miteinander, das Füreinander und das bayerische Paktieren. Was denn nun? - Weltweit werden Restriktion und Reglementierung gefordert, aber in Bayern geht man aus Feigheit vor den Bürgerinnen und Bürgern auf Tauchstation - wobei diese weiter sind als wir, weil sie mit diesen Dingen besser umgehen, als wir glauben.
Die SPD ist der Meinung, dass es angesichts der Gesamtsituation nötig ist, den Begriff "Klima" aufzunehmen. Wir sollten in den Ausschüssen in diese Richtung diskutieren. Über die Ziffer 2 müssen wir reden. Die SPD ist der Meinung, dass die Zersplitterung der Bayerischen Verfassung nicht gerecht wird. Auch darüber sollten wir reden.
Der nächste Redner ist wie angekündigt Herr Hartmann. Ihm folgt Herr Dr. Fischer. Bitte schön, Herr Hartmann.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Beobachtung des Klimagipfels in Cancún hat relativ schnell gezeigt, dass es darum ging, der Weltöffentlichkeit nicht erneut ein Scheitern wie nach dem Klimagipfel in Kopenhagen zu präsentieren. Wirkliche Lösungen und verbindliche Zusagen sind aber nicht erfolgt. Ein Jahr nach der Klimakonferenz in Kopenhagen stellt sich die Frage, ob wir auf eine internationale Lösung warten können oder ob einzelne Länder als Vorreiter vorangehen müssen.
Die GRÜNEN sind der Meinung, dass die Bundesrepublik inklusive Bayerns eine Vorreiterrolle übernehmen muss. In vielen Bereichen in Deutschland hat die
Vorreiterrolle gut funktioniert. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz - EEG - hat eine Vorreiterrolle gespielt. Das Gesetz ist in seiner Grundkonstruktion mehr als ein Dutzend Mal von anderen Ländern kopiert worden und hat gut funktioniert. Das war der Grund dafür, dass die deutschen Unternehmen im Bereich der erneuerbaren Energien weltweit zu den Spitzenreitern gehören und hier Arbeitsplätze geschaffen haben. Meine sehr geehrten Damen und Herren, es lohnt sich also, Vorreiter zu sein und diesen Weg zu gehen.
Mit dem Vorschlag der Freien Wähler geht es uns ähnlich wie der SPD. Wir hatten vor zweieinhalb Jahren einen ähnlichen Gesetzentwurf eingereicht. Mit dem ersten Teil des Gesetzentwurfs, der besagt, dass der Klimaschutz aufgenommen werden soll, können wir gut leben. Zum zweiten Teil, der konkreten Umsetzung, meinen wir, dass das Landesentwicklungsprogramm - LEP - das richtige Instrument ist, in das Vorschläge, die weitere Landesentwicklung betreffend, aufgenommen werden sollen. Hierher gehört das Thema "dezentrale Energieversorgung". Wir wünschen uns, dass wir diesmal sachlich und um einiges inhaltlich fundierter debattieren werden als vor zweieinhalb Jahren. Ich habe das Protokoll gelesen und bin auf einen Satz gestoßen. Der damalige stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CSU hat damals geäußert: Lange Reden erhöhen den CO2-Ausstoß. Das war eine Zwischenbemerkung der CSU.
Ich wünsche mir eine ehrliche und fundierte Debatte. Den ersten Bereich können wir unterstützen. Zum zweiten Bereich sollten wir darüber diskutieren, ob die konkreten Umsetzungen bei anderen Instrumenten besser aufgehoben wären als in der Verfassung. Ich kann mich der Meinung anschließen, dass in der Verfassung nur die Kernaufgaben stehen sollten. Der Klimaschutz gehört dazu.
Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Klimawandel ist unbestritten eine große Herausforderung unserer Zeit. Deshalb ist der Klimaschutz für uns alle eine zentrale Verpflichtung. Das ist völlig unbestritten. Bei diesem Thema stellt sich dieselbe Frage wie bei vielen anderen Themen. Die Frage lautet nicht, ob das Thema wichtig ist, sondern ob es in die Bayerische Verfassung aufgenommen werden muss. Das, Kolleginnen und Kollegen, ist etwas völlig anders.
Ich möchte dazu einige Aspekte ansprechen. Eine Verfassung ist nicht die Satzung eines Geflügelzuchtvereins. Dieses Zitat ist nicht von mir, sondern von
Altkanzler Gerhard Schröder. Um aber kein Missverständnis aufkommen zu lassen: Weder er wollte noch ich will die wertvolle und gute Arbeit der Geflügelzuchtvereine abwerten. Ein Verein kann und darf detailreich alles regeln. Eine Verfassung soll das nicht tun. Sie hat eine völlig andere Aufgabe. Sie soll unabhängig vom Zeitgeist und unabhängig von aktuellen Diskussionen Leitlinien für eine lange Zukunft darstellen. Ich sehe einen ganz entscheidenden Unterschied - um den ersten der beiden Aspekte anzusprechen zwischen Boden, Wasser und Luft und Klimaschutz. Für Boden, Wasser und Luft liegen unsere Einflussmöglichkeiten zentral in Bayern. Klima ist dagegen etwas Globales.
Ja, wir haben Mitverantwortung. Ich meine aber nicht, dass dieser Hinweis in der Verfassung richtig aufgehoben ist.
Dann stellt sich die Frage, welche Rechtswirkung damit verbunden ist. Mit der Aufnahme des Klimaschutzes in die Verfassung wäre gar keine Rechtswirkung verbunden; denn schon jetzt haben wir die Formulierung, dass die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen sind und mit Naturgütern schonend und sparsam umzugehen ist. Eine konkrete Rechtswirkung ist in der Tat mit dem zweiten Teil verbunden. Diesen Abschnitt halte ich wie meine Vorredner für zu kleinteilig.
Das letzte Argument ist das Entscheidende. Kolleginnen und Kollegen, wie ändert man eine Verfassung? Nicht nur mit qualifizierter Mehrheit, sondern mit einem Volksentscheid. Die Kosten für einen Volksentscheid liegen bei 13 Millionen Euro. So viel war im Haushalt für den Volksentscheid zum Rauchverbot veranschlagt. Ich sage Ihnen: Diese Kosten wären im Klimaschutz besser aufgehoben
Sehr geehrter Herr Präsident, Herr Ministerpräsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Die bisherigen Wortbeiträge zeigen, dass das Thema noch nicht richtig angekommen und noch nicht ins Bewusstsein gedrungen ist; denn Klimaschutz, Herr Kollege Dr. Fischer, ist etwas anderes als der Schutz von Geflügel. Hier geht es um existenzielle Lebensgrundlagen und nicht um einen Geflügelzüchterverein. Da Deutschland 160 Milliarden Euro pro Jahr an das Ausland für fossile Brennstoffe abgibt, ist eine regenerative Wertschöpfung im eigenen Land dieses Geld wert. Dieses Geld im Lande zu halten, wäre die beste Wirtschaftspolitik, die wir in Bayern betreiben
Die Freien Wähler habe sehr bewusst Artikel 152 der Bayerischen Verfassung gewählt, um zu verankern, dass die regenerative Wertschöpfung und Energieschöpfung im Land und in den Regionen bleiben sollen. Dieser Artikel wurde für Energie geschaffen. Mit der Änderung des Artikels 152 wird die ökonomische Relevanz des Klimaschutzes deutlich gemacht. Mit den regenerativen Energien, die bei uns entwickelt werden, können wir uns bei der Energieerzeugung, aber auch als Technologiestandort als Vorbild zeigen und in die Welt wirken. Deswegen ist es sinnvoll und richtig, diesen Satz als Staatsziel in die Bayerische Verfassung aufzunehmen.
Der Behauptung, wir würden die Situation einer Verfassung verkennen, ist zu entgegnen, dass wir darin die Aufgabe einer Verfassung sehen. Denn genau die regionale Wertschöpfung war für die Mütter und Väter unserer Verfassung ganz normal. Damals gab es noch keine zentralen Energieversorger aus dem Ausland, sondern hat man noch die Energie vor der Haustüre erwirtschaftet, in der Kommune, in der Gemeinde. Deswegen steht es auch nicht drin. Aber jetzt holen wir nach, was notwendig ist.
Meine Damen und Herren, wir müssen Importe an fossilen Brennstoffen generieren, und wenn wir die nicht mehr brauchen, sind wir nicht gezwungen, Geld ins Ausland zu transferieren, sondern können es hier bei uns verwenden. Für diese Technologien brauchen wir auch Arbeitskräfte. Es muss installiert werden, es muss betrieben werden, es muss gewartet werden. Das ist letztlich auch ein Top-Motor für Deutschland.
Hier können wir mit gutem Gewissen vorangehen. Dass es beim Klimaschutz eine Übereinstimmung zumindest aufseiten der Opposition gibt, ist erfreulich. Wir müssen aber das Augenmerk darauf legen und mit der Bayerischen Verfassung ein Zeichen in die deutsche Verfassungslandschaft hinein setzen. Wir sind nämlich nicht nur aufgefordert, unsere Schöpfung zu bewahren, sondern auch, an der Schöpfung teilzuhaben, an der Schöpfung mitzugestalten und sie verantwortlich nachhaltig zu gestalten. Wir können nur im Einklang mit der Schöpfung diese weiter fortführen. Wir können nicht gegen sie arbeiten. Das können wir am besten durch erneuerbare, dezentrale, regenerative Energien. Und die gehören nach unserer Auffassung in die Bayerische Verfassung.
Sehr geehrter Herr Kollege Heike, Sie sagen, das sei zu kurz gesprungen für eine Verfassung und das gehöre eher in ein ausführendes Gesetz. Na ja, die Babypflege im Unterrichtsplan für Jugendliche steht auch
in der Bayerischen Verfassung oder auch der Auftrag an die Kommunen, für die Denkmalpflege zu sorgen. Da ist dieses Ziel hier wesentlich höher und wichtiger.
Es ist klar, wir müssen behutsam mit unserer Verfassung umgehen. Deswegen ist das Volksreferendum vorgesehen, und das ist gut so. Aber wenn das Volk, der Souverän erkennt, dass etwas wichtig genug ist, aufgenommen zu werden, und dass das in diese Zeit hineingehört, weil es eine der größten Herausforderungen unserer Zeit ist, dann sollte der Souverän dazu auch das Recht haben. Diesen Weg sollten wir ihm ermöglichen. Denn dieses Thema wird immer drängender und immer wichtiger.
Es ist letztlich nicht nur vom Klima her existenziell wichtig, sondern es ist auch für Bayern eine Chance, hier wieder Vorreiter zu werden, sich einen Standortvorteil für die Zukunft zu sichern. Das bitte ich, zu bedenken.
Die rechtlichen Aspekte werden wir dann im Ausschuss in aller Breite genüsslich debattieren. Ich freue mich schon, wenn wir dann die Klingen kreuzen können. Ich hoffe aber, dass wir vielleicht doch ein Stück weit aufeinander zugehen können, um etwas für Bayern erreichen zu können.
Danke schön, Herr Kollege Streibl. Sie haben jetzt die Staatsregierung doch herausgefordert. Frau Staatssekretärin Huml hat ums Wort gebeten. Bitte, Frau Staatssekretärin.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Selbstverständlich ist der Schutz des Klimas auch für uns als Bayerische Staatsregierung ein wichtiges Anliegen. Wenn man sich aber die Bayerische Verfassung genau anschaut, dann wird dort bereits seit 1984 ausdrücklich zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen und zum sparsamen Umgang mit der Energie aufgefordert.
Der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen ist, auch eingedenk der Verantwortung für die kommenden Generationen, der besonderen Fürsorge jedes einzelnen und der staatlichen Gemeinschaft anvertraut.
In der amtlichen Begründung für die Verfassungsänderung von 1984 ist das Klima explizit als natürliche Lebensgrundlage und als Schutzgut genannt. Das heißt, unsere Verfassung schützt das Klima bereits jetzt.
In Ihrer eigenen Begründung zum Gesetzentwurf, lieber Herr Fahn, schreiben Sie, dass Sie sich davon keine größere Durchschlagskraft erwarten, was den Bereich der erneuerbaren Energien betrifft. Ich darf darauf verweisen, was wir gerade schon gehört haben, dass die Bayerische Verfassung einen Rahmen bietet, in den nicht jedes kleine Detail aufgenommen wird.
Wir wissen heute noch nicht, wie es in fünf, zehn, 15 oder 20 Jahren aussieht, ob wir dann nicht andere Technologien haben.