Protokoll der Sitzung vom 15.12.2010

ab haben die Kommunen große Schwierigkeiten, der Ausweitung der Zahl der Spielhallen Einhalt zu gebieten. Sie haben an die Kommunen zwar eine wunderbare, zehnseitige Anleitung verschickt, was sie alles tun können, um der Ansiedelung von Spielhallen mithilfe des Baurechts Einhalt zu gebieten. Das ist aber nur dann möglich, wenn es sich um reine Wohngebiete handelt. Wenn schon eine Spielhalle vorhanden ist, ist es sicherlich sehr schwierig, die vierte bis sechste an demselben Eck oder in demselben Viertel zu verhindern. Wenn man ein Mischgebiet hat, hat man auch schlechte Karten. Bei den Spielhallenbetreibern sind meist Umsteigestellen sehr beliebt, an denen viele Schüler umsteigen. Gerade diese Umsteigeorte, insbesondere kleine Bahnhöfe, kleine Busbahnhöfe, liegen häufig in reinen Wohngebieten. Das Problem ist dort mithilfe des Baurechts nicht lösbar.

In diesem Zusammenhang sind natürlich Handlungen des Bundesgesetzgebers erforderlich. Der Bundesgesetzgeber muss dafür Sorge tragen, dass durch entsprechende Auflagen der Spielanreiz nicht mehr in dieser Höhe besteht. Außerdem wollen wir den Kommunen gestatten, eine Vergnügungssteuer auf Glücksspiel zu erheben. Wir schlagen Ihnen daher vor, das Kommunalabgabengesetz zu ändern und den Kommunen zu ermöglichen, eine Vergnügungssteuer zur Besteuerung der Umsätze von Spielgeräten zu erheben. Ich bitte um Ihre Zustimmung. Das tut den Kommunen gut und wird ein Baustein in Sachen Glückspielpolitik sein.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die nächste Rednerin ist Frau Kollegin Schmitt-Bussinger. Ihr wird Herr Kollege Zellmeier folgen.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Kamm hat die Situation hinreichend und ausführlich dargestellt. Wir vonseiten der SPD-Fraktion wollen ebenfalls, dass den Kommunen eine Möglichkeit an die Hand gegeben wird, die Flut neuer Spielhallen zu reduzieren. Das ist eine Plage für viele Kommunen. Mit den bisher vorhandenen Mitteln der Bauleitplanung und des Baurechts insgesamt sind zu wenige Möglichkeiten gegeben, dieser Plage Einhalt zu gebieten.

In unserem Gesetzentwurf gibt es einen kleinen Unterschied zum Gesetzentwurf der GRÜNEN: Wir wollen eine Vergnügungssteuer, begrenzt auf 15 % vom Umsatz der Spielgeräte einführen. Diese 15 % halten wir für ausreichend, um dämpfend oder regulierend einzugreifen.

In diesem Jahr haben wir dieses Thema bereits zum dritten Mal auf der Tagesordnung. Im April hieß es seitens der Staatsregierung: Wir warten einmal, bis die Stellungnahme der kommunalen Spitzenverbände kommt; dann können wir entscheiden. Als diese Stellungnahme da war und wir das Thema Besteuerung wieder auf die Tagesordnung gebracht haben, gab es eine andere Ausrede: Wir wollen uns erst einmal einen Bericht geben lassen, wie denn die bisherigen gesetzlichen Möglichkeiten gehandhabt werden und wie es in den anderen Bundesländern aussieht. Diesen Bericht haben wir inzwischen auch.

Jetzt bin ich gespannt, wie die Abgeordneten der Regierungsfraktionen bei diesem dritten Anlauf abstimmen werden bzw. welche neue Ausrede Ihnen einfällt, um nicht zustimmen zu müssen. Ich möchte deutlich machen, dass Herr Kollege Zellmeier bei der Beratung im Innenausschuss durchaus Sympathie für eine Besteuerung geäußert hat.

Herr Kollege Rohde, ich weiß, dass Sie um eine Erklärung nicht verlegen sein werden, wenn es gilt, eine ablehnende Haltung zu begründen.

(Jörg Rohde (FDP): Sicher nicht!)

Beim Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN werden wir uns der Stimme enthalten, da wir der Auffassung sind, dass in diesem Gesetzentwurf eine Umsatzbesteuerung angestrebt wird. Diese wird jedoch auf Bundesebene geregelt.

Ich bitte um Zustimmung zu unserem Gesetzentwurf; denn wir halten es für sinnvoll, den Kommunen eine Handhabe zu geben, um der großen Flut der neuen Spielhallen und Spielgeräte entgegenzuwirken.

(Beifall bei der SPD)

Der nächste Redner ist Herr Kollege Zellmeier. Herr Pohl, Sie können sich auch schon warm machen.

Herr Präsident, Hohes Haus! Unbestritten ist, dass die Zahl der Spielhallen deutlich zugenommen hat. Unbestritten ist auch, dass dieses Thema durchaus geeignet ist, bei der Bevölkerung und bei den kommunal Verantwortlichen Emotionen zu wecken. Ich habe, wie schon mehrfach ausgeführt, am Bahnhof in Straubing erlebt, welche Wellen und Wogen Spielhallen und Spielautomaten auslösen können.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, unbestritten ist außerdem, dass es Steuerungsmöglichkeiten im Baurecht gibt, die aber nicht immer greifen und vor allem im Vorfeld, bevor eine Spielhalle kommt, nicht präven

tiv angewandt werden können. Liebe Frau Kollegin Schmitt-Bussinger, Sie haben recht: In der CSU-Fraktion gibt es durchaus Sympathien für die Spielgerätesteuer, auch wenn wir uns dazu noch nicht abschließend positioniert haben. Allerdings gibt es auch Bedenken, die ich kurz formulieren möchte. Wir wollen nicht, dass eine Spielgerätesteuer zu einer Art Einnahmequelle für die Kommunen wird. Andernfalls könnten manche klammen Kommunen auf die Idee kommen, Zentren für Spielhallen zu schaffen.

(Jörg Rohde (FDP): Las Vegas in Bayern!)

Dieser Gedanke liegt nicht so fern, wenn man damit Geld machen kann. Fehlentwicklungen sind durchaus möglich.

Außerdem stellt sich die Frage, ob nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts die Vergnügungssteuer auf Spielautomaten überhaupt noch der richtige Weg ist; denn eine pauschale Steuer nach der Zahl der Geräte ist künftig nicht mehr möglich. Hier müsste ein differenzierter Erhebungsmodus angewandt werden, der sicherlich auch verwaltungsaufwendig ist. Des Weiteren besteht bei einer zu hohen Spielgerätesteuer die Gefahr, dass ein Abdrängen in die Illegalität erfolgt.

Eine Neuregelung des Glückspielmonopols steht an. Frau Kollegin Schmitt-Bussinger, Sie werden jetzt sagen: Uns fallen immer wieder Argumente gegen ihre Entwürfe ein. Aber es steht tatsächlich eine Neuregelung bevor, bei der wir das Thema Spielautomaten nicht ausklammern können, weil der Europäische Gerichtshof gerade darauf abgestellt hat, dass bei Spielhallen das Monopol nicht greift und damit eine Begründung für das Monopol hinfällig ist. Im Übrigen haben wir die Bagatellsteuern bis auf zwei - die Hundesteuer und die Zweitwohnungssteuer - abgeschafft. Beide sind vom Ertrag her nicht besonders hoch; sie liegen bei 20 Millionen Euro. Ich bezweifle, dass wir eine Vergnügungssteuer einführen sollten; denn die Flut von Steuern ist ohnehin beachtlich.

Die beiden Gesetzentwürfe enthalten handwerkliche Fehler. Im Gesetzentwurf der GRÜNEN ist von einer Umsatzbesteuerung die Rede. Ich halte es für zweifelhaft, ob das zulässig ist; denn das Umsatzsteuergesetz des Bundes regelt diese Materie abschließend. Im Gesetzentwurf der SPD ist etwas zweideutig von einem Umsatzbezug und von einer Beschränkung auf 15 % die Rede. Wie Sie alle wissen, lehnt der Städtetag eine Begrenzung nach oben ab. Hier wollen die Kommunen Freiheit haben. Das ist auch ein Argument, um diese beiden Gesetzentwürfe abzulehnen. Ich bin aber überzeugt, dass die Diskussion damit

nicht beendet ist. Mein Fazit: Wir können den beiden Gesetzentwürfen so nicht zustimmen.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Der nächste Redner ist Herr Kollege Pohl. Ihm folgt Herr Kollege Rohde.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Zellmeier, was ist mit der CSU los? Wir befinden uns in der Zweiten Lesung. Sie haben gerade erklärt, dass Sie gewisse Sympathien für die beiden Gesetzentwürfe hätten, Sie könnten sich aber im Ergebnis nicht mit ihnen anfreunden. Warum hat Ihre Fraktion dann keinen eigenen Gesetzentwurf vorgelegt?

(Beifall bei den Freien Wählern - Jörg Rohde (FDP): Weil keiner notwendig ist!)

Das wäre doch die logische Schlussfolgerung aus Ihren Ausführungen.

Ich halte es für durchaus bedenkenswert, ob die Erhebung einer derartigen Steuer auf Glückspielgeräte der richtige Weg ist. Der Königsweg wäre in der Tat, auf Bundesebene im Baurecht klare Regelungen zu schaffen. Das mahnen wir an, aber das haben wir als Landesgesetzgeber nicht in der Hand. Deshalb ist der Vorwurf nicht ganz von der Hand zu weisen, den man uns hier macht: Wenn sie schon dem Recht nicht dienen, dann wollen sie wenigstens am Unrecht verdienen, indem sie eine solche Steuer einführen.

Meine Damen und Herren, das ist aber nun einmal die einzige Möglichkeit, die wir haben, um regulierend einzugreifen. Deswegen werden wir den Gesetzentwurf der GRÜNEN unterstützen, die diese Steuer einführen wollen. Von dieser ungezügelten Anzahl von Spielhallen und Glückspielgeräten gehen nämlich Gefahren aus, gerade für junge Menschen. Diesem Problem können wir uns einfach nicht verschließen, weder in Straubing noch anderswo, in Kaufbeuren, in München, in Augsburg, in diesem gesamten Freistaat Bayern.

Wir wollen deshalb den Kommunen eine Handhabe geben, um gegen diese Auswüchse vorzugehen. Das ist aus unserer Sicht die von den GRÜNEN beantragte Steuer.

Die SPD hat einen ähnlichen Antrag gestellt, leider Gottes mit der Beschränkung auf 15 % der Umsätze. Das lehnt der Städtetag zu Recht ab.

(Zuruf des Abgeordneten Eberhard Sinner (CSU))

Das ist systemwidrig; das gibt es sonst nirgendwo. Deswegen werden wir dem SPD-Antrag nicht zustimmen können, auch wenn der Ansatz richtig ist.

Ich werbe dafür, den Kommunen diese Möglichkeit zu geben. Dort, wo Kommunalpolitiker der Meinung sind, dass das nicht erforderlich ist - Herr Kollege Rohde, zum Beispiel dort, wo die FDP das Sagen hat -, wird es möglicherweise nicht zu solchen Verordnungen kommen. Wenn die Bürgerinnen und Bürger in den Kommunen mehrheitlich der Meinung sind, dass Ihr Weg der richtige ist, dann werden Sie bei der nächsten Kommunalwahl sicher bahnbrechende Erfolge erzielen.

Wir wollen die Kommunen stärken und sie mit dem Problem nicht allein lassen, sondern ihnen eine Handhabe geben, damit sie effektiv gegen die Auswüchse des Glücksspiels vorgehen können. Deswegen stimmen wir dem Antrag der GRÜNEN zu. Den Antrag der SPD müssen wir trotz unserer Sympathie für das gemeinsame Ziel wegen der 15-%-Grenze leider ablehnen.

Danke, Herr Kollege. Herr Rohde, Sie sind der nächste Redner. Dann hat sich noch Frau Kamm zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Kollege Rohde.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Pohl, bahnbrechende Erfolge bei der Kommunalwahl zeichnen sich ohnehin ab, weil wir soeben das Kommunalwahlrecht geändert haben. Dafür brauchen zumindest die Liberalen keinen zusätzlichen programmatischen Punkt.

Sie ahnen es: Wir werden den beiden Gesetzentwürfen heute nicht nähertreten. Die FDP spricht sich natürlich gegen zusätzliche Steuern aus, explizit gegen eine Bagatellsteuer. Wir haben in den Debatten schon erörtert, dass wir in Bayern durch die neue Steuer vielleicht ungefähr 40 Millionen Euro zu erwarten hätten. Die nächste Bagatellsteuer läge bei 20 Millionen. Das ist ein sehr kleiner Betrag, der mit sehr viel Bürokratie eingetrieben werden müsste.

In der Ersten Lesung habe ich offen gefragt, wie es mit dem europäischen Recht aussieht. Darauf habe ich bisher von Ihnen keine Antwort bekommen. Der EuGH hat gesagt: Steuerfreiheit für die Veranstalter von Glücksspielen. Selbst wenn wir diese Steuer wollten - und ich will sie ja noch nicht einmal -, hätten wir dazu nicht die Möglichkeit. Sie haben noch nicht einmal geklärt, ob wir sie überhaupt erheben dürfen.

Daher wird es heute nichts mit einer Zustimmung der Liberalen.

Bei diesen Gesetzentwürfen wird ab und zu vorgetragen, dass dadurch die Spielsucht bekämpft würde. Kollege Güller - er ist jetzt leider nicht da - hat einmal in einer Debatte im Hause gesagt, man irrt sich, wenn man glaubt, dass man die Alkoholsucht mit einer Alkoholsteuer bekämpfen kann. Damals habe ich ihm schon angedroht, ihn zu zitieren, und gesagt, dass es bei der Spielsucht genauso ist.

(Zuruf des Abgeordneten Bernhard Pohl (FW))

- Das haben die Kollegen in Berlin gemacht. Normalerweise werden die Steuern erhöht, weil ein Finanzminister Geld für den Etat braucht. Wir versuchen zuallererst, Ausgaben zu vermeiden und gar nicht erst weitere Steuern zu erheben.

Kollege Zellmeier hat darauf hingewiesen, dass ein bisschen Illegalität drohen könnte. Ich denke, die Gefahr ist da in Bayern nicht sehr groß. Auch deswegen wäre es nicht unbedingt erforderlich, eine neue Steuer zu erheben.

Der Anstieg der Zahl der Spielhallen in Bayern ist zum Teil einfach Ausfluss der Regelungsänderung auf Bundesebene. Wenn die Räume für eine Spielhalle kleiner werden, dann gibt es eben zwei nebeneinander, und die Frage ist, wie man sie zählt. Daneben gibt es natürlich die Eröffnung neuer Spielhallen in Bayern in einem modernen Standard. Ich bin mir sicher, dass an anderer Stelle die eine oder andere Spielhalle zumachen wird.

Wenn eine Kommune bei der Regulierung neuer Spielhallen tätig werden will, kann sie weiterhin mit dem Baurecht arbeiten. Das Innenministerium hat einen über zehn Seiten umfassenden Leitfaden erarbeitet. Damit besteht eine Handhabe, um ein Überborden von Spielhallen vor Ort zu verhindern. Eine Erhebung weiterer Steuern - so etwas macht die FDP nur im äußersten Notfall.

(Beifall bei der FDP und Abgeordneten der CSU)

Danke schön. Frau Kollegin Kamm, Sie wollten noch einmal zu diesem Thema sprechen. Anschließend hat sich Herr Staatssekretär Eck gemeldet.

Ich wollte einige Ausführungen richtig stellen. Herr Kollege Rohde, 40 Millionen sind nicht wenig. Wir haben uns in diesem Hause schon über weit geringere Summen gestritten; ich denke dabei an die Altenpflegeschulen.

Sie sagen, die Spielsucht wird durch eine weitere Steuer nicht bekämpft. Momentan erscheint es aber als außerordentlich attraktiv, Spielhallen zu eröffnen. Die Attraktivität von Spielhallen und Glücksspiel würde durch die Steuer reduziert, was erforderlich sein wird, weil an sehr vielen Standorten neue Spielhallen eröffnet werden, vor allem an Bahnhöfen. Ich habe mich durch den Leitfaden zum Baurecht gearbeitet und weiß daher, dass er schon aufzeigt, wo es nicht geht. Es geht in sehr vielen Gebieten nicht, beispielsweise nicht in Misch- und Gewerbegebieten. Fast kein Umsteigebahnhof befindet sich in einem reinen Wohngebiet.