Protokoll der Sitzung vom 16.12.2010

(Beifall bei der SPD und des Abgeordneten Flori- an Streibl (FW))

Herr Halbleib, ich kann natürlich gut verstehen, dass Sie so etwas nicht gerne hören. Das weiß ich, das hören wir auch immer wieder im Ausschuss.

(Zuruf des Abgeordneten Ludwig Wörner (SPD) Harald Güller (SPD): Antwort!)

Zu Ihren Hinweisen auf die Finanzsituation: Natürlich ist das im Wesentlichen auf die weltweite Finanzkrise

(Zuruf von der SPD: Ah!)

und auf die weltweite Wirtschaftskrise zurückzuführen. Meine Damen und Herren, das wissen Sie alle genauso gut wie ich. - Das ist der eine Punkt. Letztendlich müssen wir aufgrund der Finanzkrise und auch aufgrund der Wirtschaftskrise sparen.

Als zweiten Punkt haben Sie Finanzämter und Finanzbehörden angesprochen. Da gebe ich Ihnen recht. Da besteht ein gewisser Nachholbedarf. Darüber müssen wir uns Gedanken machen. Aber derzeit haben wir nicht die Möglichkeit, auf diesen Punkt zu kommen, den Sie immer wieder gern haben möchten. Ansonsten kann ich Ihre Aussagen, Herr Kollege Halbleib, nicht nachvollziehen.

(Beifall bei der CSU)

Mir liegt eine weitere Zwischenbemerkung des Herrn Kollegen Pointner vor.

Herr Kollege Herold, ich will nur auf Ihre Aussage, seit 2006 gebe es in Bayern keine Neuverschuldung, hinweisen: Die 10 Milliarden Euro, die wir für die Landesbank gebraucht haben, sind in den Jahren 2008 und 2009 aufgenommen worden. Das zählt doch auch zur Neuverschuldung, oder nicht?

(Beifall bei den Freien Wählern)

Sie sagen ferner, wegen der Finanzkrise usw. brächen die Steuereinnahmen weg: Dabei wissen Sie doch, dass der Freistaat 2010 die zweithöchsten Steuereinnahmen aller Zeiten verzeichnen wird.

(Zuruf)

- Woher diese Steuereinnahmen kommen werden, ist eine andere Frage, aber sie kommen 2010. Die Voraussetzungen dafür, die Wiederbesetzungssperre zu verlängern, sind rechtlich nicht gegeben, weil die Steuereinnahmen weitaus höher sind, als zunächst berechnet und im Haushaltsplan festgesetzt wurde.

Herr Kollege Herold, bitte.

Herr Kollege Pointner, das Thema "Landesbank" höre ich von den Freien Wählern und der gesamten Opposition quasi jeden Tag. Das ist völlig klar.

(Zurufe von der SPD und den Freien Wählern)

Ich bin auch Mitglied im Untersuchungsausschuss. Herr Pointner, ich möchte deutlich sagen: Sie hören es überhaupt nicht gerne, dass es beim Kauf der Hypo Group Alpe Adria seitens der Freien Wähler keinerlei Widerstände gegeben hat. Es gab zum Beispiel keinen Landrat, der gesagt hat: "Liebe Leute, das können wir nicht tun." Ihr Bundesvorsitzender und Ehrenvorsitzender Landrat Armin Grein hat dem Vorhaben auch zugestimmt. Das hören Sie nicht gerne, aber das sind Fakten.

(Beifall bei der CSU - Harald Güller (SPD): Das ist schlicht und einfach falsch! - Weitere Zurufe von der SPD und den Freien Wählern)

- Ich weiß, das hören Sie nicht gerne. Auch die SPD hört das nicht gerne, obwohl sie im Ausschuss dem Kauf der Landesbank zugestimmt hat.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Herr Kollege Pointner, was Ihren anderen Einwand betrifft, diskutieren wir derzeit den Doppelhaushalt 2011/2012 aufgrund der Steuerschätzung vom Herbst 2010. Das sind die Fakten.

(Christa Naaß (SPD): Es gab nie eine Abstimmung! - Harald Güller (SPD): Wollen wir an der Stelle einen Weihnachtskrach machen?)

Es gibt eine Zwischenbemerkung des Herrn Kollegen Hallitzky. Herr Kollege Herold, bleiben Sie bitte am Redepult. Herr Kollege Hallitzky, bitte.

Lieber Herr Kollege Herold, ich erkenne an, dass Sie Ihre Meinung offensichtlich geändert haben und dass Ihre Fraktion - wenn Sie denn für sie reden sollten, wie ich vermute - anerkennt, dass die Finanzverwaltung gnadenlos unterbesetzt ist.

(Hans Herold (CSU): Das habe ich nicht gesagt!)

- Sie haben gesagt: "Da besteht ein gewisser Nachholbedarf." Damit haben Sie es also in der CSU-üblichen Verklausulierung bestätigt. Die Tatsache, dass wir diesen Nachholbedarf haben, kostet uns jedes Jahr einige hundert Millionen Euro. Es ist schön, dass Sie das konzedieren.

Ich will Sie aber etwas anderes fragen: Stellen Sie sich einmal vor, Sie wären ein junger Finanzanwärter und bekämen bei Überlastung von Ihrem Dienstherrn lapidar gesagt: Wir senken jetzt aus Haushaltsgründen Ihr Eingangsgehalt. Wie, glauben Sie, wirkt es

sich auf die Motivation nicht nur der Mitarbeiter bei der Finanzverwaltung, sondern auch auf die Motivation der anderen jungen Beamten dauerhaft aus, wenn sie beim Beginn ihrer Arbeit gezeigt bekommen: Wir sparen bei euch, weil ihr euch am wenigsten wehren könnt?

(Beifall bei den GRÜNEN und den Freien Wäh- lern)

Lieber Herr Kollege Hallitzky, wir sind auch im Haushaltsausschuss Kollegen. Ich möchte nochmals deutlich sagen: Ich habe nicht gesagt, die Finanzbehörden seien gnadenlos unterbesetzt. Das habe ich nicht erwähnt. Ich habe vielmehr gesagt - das kann man eigentlich für alle Behörden sagen -, dass es natürlich immer sinnvoll und durchaus denkbar ist, noch mehr Personal zur Verfügung zu haben. Natürlich sind wir nicht bestens besetzt. Das weiß jeder in diesem Kreis. Dass wir etwas tun müssen, ist völlig klar.

(Christa Naaß (SPD): Und warum?)

Zu Ihrer weiteren Frage: Natürlich ist es nicht unbedingt sehr schön, wenn bei der Stellenbesetzung möglicherweise eine gewisse Reduktion vorgenommen werden muss. Dennoch bin ich der Meinung, dass wir im Freistaat Bayern weiterhin hoch motivierte Beamtinnen und Beamte haben werden.

(Beifall bei der CSU - Florian Streibl (FW): Wie lange noch?)

Ich darf jetzt in der Rednerliste fortfahren und Herrn Kollegen Gehring für die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN das Wort erteilen. Bitte schön, Herr Kollege Gehring.

(Vom Redner nicht auto- risiert) Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kollege Herold, ein Haushalt, der wie der bayerische Haushalt strukturell unterfinanziert ist, muss konsolidiert werden. Über die Einnahmen ist schon gesprochen worden. Aber es braucht noch eine Haushaltskonsolidierung. Da ist die Frage: Machen Sie das intelligent? Machen Sie das politisch? Üben Sie eine Aufgabenkritik, in der belegt wird, welche Aufgaben nötig sind und welche Aufgaben anders und effizienter erledigt werden können? Das ist schwierig und politisch anstrengend; denn entweder müssen Prioritäten und Posterioritäten benannt werden, oder Sie machen es sich einfach und fassen einen Kabinettsbeschluss, aber Sie machen es nicht intelligent. Die Verlängerung der Wiederbesetzungssperre ist zwar einfach, aber alles andere als intelligent,

(Beifall bei den GRÜNEN, bei Abgeordneten der SPD und den Freien Wählern)

um nicht zu sagen: In ihren Auswirkungen ist diese Maßnahme ein Fall von dummem Sparen.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei Abgeordneten der SPD und den Freien Wählern)

Sie machen es sich einfach; denn Sie fassen hier einen Ministerratsbeschluss und knüpfen in der Ausführung dieses Beschlusses an die Ära der Stoiberschen Sparpolitik an. Ich dachte, diese Ära wäre in Ihrer Fraktion überwunden, aber offensichtlich ist sie das noch nicht.

Einfach gestrickt ist Ihr Vorgehen vor allem dann, wenn es bei diesem Thema um die Rolle des Landtags, also um die Legislative geht. In dem Brief des Finanzministers an den Ministerpräsidenten mit der Überschrift "Abstimmung mit dem Landtag" steht - ich darf zitieren -: "Die Fraktionsvorsitzenden und die haushaltspolitischen Sprecher der Regierungsfraktionen haben einen Abdruck dieser Vorlage erhalten." Schön. Es ist doch ein Schlag gegen das Selbstverständnis der Regierungsfraktionen, wenn ihre Spitzenleute als Empfänger von Kopien hingestellt werden. Es ist ein Schlag gegen das gesamte Hohe Haus, denn: Was ist das für ein Respekt vor der Legislative? Wo ist die Rechtsgrundlage für diese Sparbeschlüsse?

(Beifall bei den GRÜNEN und den Freien Wäh- lern)

Sie müssen mit dem Vorwurf leben, dass ein Kabinettsbeschluss keine ausreichende Rechtsgrundlage bietet, um eine frei gewordene Richterstelle nicht zu besetzen. Deshalb ist diese Wiederbesetzungssperre in dieser Form im juristischen Bereich nicht nur sachwidrig, sondern auch nicht verfassungskonform.

Aber nun zu den Auswirkungen: Da ist es tatsächlich eine dumme Politik. Die erste Frage ist: Welches Bild des öffentliches Dienstes transportieren Sie eigentlich in die Gesellschaft, aber auch in den öffentlichen Dienst hinein nach dem Motto: Wenn einer in Pension gegangen ist und keiner mehr da ist, bleibt die Arbeit halt liegen. Es ist eh wurscht, dann macht sie halt keiner. Welches Bild von der Aufgabenerfüllung im öffentlichen Dienst ist das? Das ist eine Personalpolitik nach dem Zufallsprinzip; denn es bleibt dem Zufall überlassen, ob nach der Pensionierung eines Mitarbeiters Stellen besetzt werden oder nicht, ob Arbeiten liegen bleiben oder Aufgaben erledigt werden können oder nicht.

Sie haben die Ausnahmen bei der Bildung angesprochen. Aber ich will hier noch auf die Schulverwaltungen und die Schulsekretärinnen eingehen. Sie wissen alle, dass diese Stellen erstens miserabel bezahlt und zweitens zu wenig ausgestattet sind. Stellen wir uns die Stellensituation eines größeren Gymnasiums mit zwei Schulsekretärinnen vor, in diesem Jahr mit doppeltem Abiturjahrgang, zwei Abiturprüfungen, dem Schreiben und Verschicken der doppelten Anzahl von Abiturzeugnissen, also mit diesem ganzen Verwaltungsaufwand. Da wird eine Stelle nicht wiederbesetzt. Wie soll das gehen? Die gleiche Situation zeigt sich an den Hochschulen, denn wir haben den doppelten Abiturjahrgang und zusätzliche Studenten durch den Wegfall der Wehrpflicht, aber nichtbesetzte Stellen. Wie soll das gehen?

Ein anderes Beispiel sind die Gerichte, die heute ohnehin überlastet sind. Die Regelung wird vor allem in Erstinstanzen zu nichtbesetzten Stellen führen und dazu, dass sich die Dauer von Verfahren verlängert und möglicherweise Entschädigungsleistungen drohen. Ich finde, es ist ein "wunderbarer" Beitrag zur Konsolidierung, wenn zusätzliche Kosten entstehen.

Sehr deutlich zeigt sich diese Situation auch in der Finanzverwaltung. In der Steuerverwaltung werden im nächsten Jahr 288 Beamtinnen und Beamte die gesetzliche Altersgrenze erreichen. Ihre Stellen werden ein Jahr lang nicht besetzt. Dadurch wird nichts eingespart, sondern es entstehen zusätzliche Kosten; denn wir alle wissen, dass jeder Finanzbeamte dem Staat ein Mehrfaches an Geld bringt, was er kostet. Das heißt, die Finanzverwaltung ist ohnehin unterbesetzt. Zudem werden jetzt Stellen nicht besetzt. Dem Staat gehen also wichtige Einnahmen verloren. Was Sie da machen, ist alles andere als eine Sparpolitik das ist zusätzliche Ausgabenpolitik.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir werden dem Antrag der Freien Wähler und auch dem Antrag der SPD zustimmen, der noch ein paar andere Sparbeschlüsse aufgreift. Ich führe nur das Thema Senkung der Eingangsbesoldung an - eine absurde Maßnahme, eine Maßnahme, die die Konkurrenzfähigkeit des öffentlichen Dienstes gegenüber der Wirtschaft schmälert. Gerade in Bereichen, in denen wir Schwierigkeiten haben, junge Bewerber zu bekommen, werden wir feststellen, dass noch weniger Leute zum Staat kommen. Momentan erleben wir ja absurde Geschichten. Sicherlich haben auch Sie die Mails von jungen Gymnasiallehrerinnen- und -lehrern bekommen, die im letzten Jahr nach dem Referendariat keine Stelle bekommen haben. Die Besten, die keine Stelle bekommen haben, haben dann einen Supervertrag erhalten.

Komischerweise sind dann doch noch Personen eingestellt und verbeamtet worden, nämlich Bewerber, die eine schlechtere Abschlussnote hatten. Die Leute mit dem Supervertrag stellen jetzt fest, dass ihre Eingangsbesoldung abgesenkt wird, wenn sie jetzt verbeamtet werden. Das heißt, sie werden doppelt benachteiligt gegenüber Leuten, die schlechtere Noten als sie hatten. Das widerspricht allem, was Sie hinsichtlich Leistungsprinzip und Beamtenbesoldung immer proklamieren.

(Beifall bei den GRÜNEN)