Herr Kollege, ich denke, der Datenschutz gebietet es, einen Unterschied zu machen zwischen den Schutzrechten der Bürgerinnen und Bürger und den Schutzrechten einer GmbH. Es ist falsch, Bürgerinnen und Bürger genauso zu behandeln wie GmbHs.
Das Zweite, was ich Ihnen sagen möchte: Auch das Interesse eines Gläubigers ist natürlich ein berechtigtes Interesse. Das ist unstrittig. Daher gehen Ihre Ausführungen ins Leere. Das andere: Darüber, ob es so lustig ist oder eben nicht, zu seinem 80. Geburtstag einen Brief von sämtlichen regionalen CSU-Abgeordneten zu bekommen, kann man schon geteilter Auffassung sein.
Sie haben das Melderecht falsch verstanden. Darin steht nicht, dass nur CSU-Abgeordnete Auskünfte erhalten. Das gilt für Sie genauso.
Aber abgesehen davon zu Punkt 1: Es geht mir um den Wertungswiderspruch, nämlich möglichst Publizität zu erreichen aus der Sicht von Gläubigern - völlig richtig - bei den GmbHs. Dass wir bei Einzelpersonen nicht lauter Schuldner haben, die nicht bezahlen, ist mir auch klar. Darum ist auch in der aktuellen Fassung des Gesetzes eine Abstufung vorgesehen, wonach ich bei einfachen Anfragen auch nur die einfache Auskunft bekomme, nämlich Name und Anschrift. Ich sehe überhaupt kein Problem, warum man seinen eigenen Namen und seine Anschrift nicht der Öffentlichkeit zugänglich machen sollte. Für weitere Auskünfte - Familienstand, Einzug, Auszug, Staatsangehörigkeit -, brauchte man auch bisher schon ein berechtigtes Interesse. Ich halte also schon etwas davon, das Regel-Ausnahme-Verhältnis zu haben, aber eben nicht, es umzukehren.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Der Ratschlag, gesetzgeberische Zurückhaltung zu üben, wenn es um den Grundrechtsschutz geht, zeigt das, wie ernst Grundrechtsschutz von der Mehrheit des Hauses offensichtlich genommen wird. Die Verfügbarkeit über die eigenen Daten ist ein zentrales Recht, das auch von der höchstrichterlichen Rechtsprechung immer mehr ausgebaut worden ist. Das heißt nichts anderes, als dass die eigene Verfügbarkeit vorhanden ist.
Herr Dr. Herrmann, es ist klar, dass ich mit Gläubigerschutz möglicherweise Maßnahmen erreichen kann. Aber ich war lange genug Staatsanwalt, um zu wissen, dass die ihre 15 oder 50 Euro Strafe für eine Ordnungswidrigkeit gerne in Kauf nehmen, weil sich die wirklichen Lumpen und die Straftäter überhaupt nicht anmelden. Das ist das Entscheidende. Hier von Gläubigerschutz zu sprechen ist zu kurz gegriffen. Wir müssen die freie Selbstbestimmung, das Potenzial des Menschen, selbst über sich zu bestimmen, in den Vordergrund stellen und nichts anderes.
Ich darf die Aussage Ihres Ministerpräsidenten von heute Nachmittag zitieren: Zutrauen statt Misstrauen. Ich habe Zutrauen, dass sich die Menschen anmelden und, wenn sie von Wahlkreis- oder Stimmkreisabgeordneten eine Gratulation haben wollen, sagen: Ich bin damit einverstanden. Aber wenn einer von vornherein seine schriftliche Missbilligung bezüglich der Weitergabe der Daten ausdrückt, dann sollte es der Respekt vor der Person gebieten. Zutrauen statt Misstrauen und insbesondere auch Partizipation und Beteiligung - das ist auch ein Stichwort Ihres Ministerpräsidenten von heute Nachmittag. Nur so bekommen wir überhaupt die Möglichkeit, dass die Bürgerinnen und Bürger von diesem Datenschutz und von der Möglichkeit der Preisgabe der Daten in irgendeiner Art und Weise erfahren und damit insoweit auch das Problembewusstsein gesellschaftlich gesteigert wird, was notwendig ist.
Natürlich ist es so, dass viele in Facebook oder sonst wo erkennbar sind und alles preisgeben. Aber das ist auch eine persönliche Entscheidung. Wenn ich diese persönliche Entscheidung als Maßstab nehme, dann heißt das: Frei sein in Bayern.
Deswegen muss das Meldegesetz aus meiner Sicht geändert werden. Das Regel-Ausnahme-Prinzip ist in diesem Bereich von gestern. Zutrauen statt misstrauen.
Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Dass wir ein neues Bundesmeldegesetz brauchen, darüber könnten wir d’accord sein. Das muss man auch angehen, denn das alte Meldegesetz hat viele Lücken und Fehler. Es muss deshalb überarbeitet werden.
Das gilt zum Beispiel für den Gläubigerschutz. Ich selbst habe es als Anwalt erlebt, dass es eine schwer
fällige Sache ist, überhaupt Daten zu bekommen. Diejenigen, die man suchen will, sind meistens ohnehin nicht gemeldet.
Das andere ist die Frage, ob die Selbstbestimmung über alles gestellt werden soll. Das gilt vielleicht, wenn ich auf einer einsamen Insel lebe wie Robinson Crusoe. Aber wenn ich in einer Gesellschaft lebe, muss ich mich anpassen und auch für die Gesellschaft greifbar sein. Denn die Menschen sind keine Monaden. Der Philosoph Leibniz hat gesagt: Monaden habe keine Fenster. Aber wir haben Fenster. Wir sind auf eine Gesellschaft, auf das Du auch angewiesen.
So hat auch das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 21. Juni 2006 gesagt: Der Einzelne darf sich nicht ohne triftigen Grund seiner Umwelt gänzlich entziehen, sondern er muss erreichbar bleiben.
- Aber auch der, der einen triftigen Grund hat, jemanden zu suchen, vielleicht auch einen positiven Grund.
Deswegen muss dieses Gesetz nach meiner Meinung noch etwas mehr differenziert werden. Der Ansatz ist vielleicht interessant und richtig. Aber wir müssen daran weiterarbeiten. Nach meiner Meinung ist dieses Gesetz noch etwas zu kurz gesprungen.
Aber ich glaube, wir können das im Ausschuss diskutieren, können dort auf ein Ergebnis hinarbeiten. Wir wissen auch, wie die Mehrheit hier entscheiden wird. Aber eine reine Nur-Zustimmungs-Lösung wie sie jetzt drinsteht, ist mir zu viel.
Ich denke, wo es berechtigte Interessen gibt, an eine Adresse zu kommen, weil ich jemanden suche, nicht um ihn zu belästigen, sondern meinetwegen um irgendwelche familiären Bezüge wieder herzustellen, muss das auch möglich sein. Außerdem muss es möglich sein, dass man das nicht nur in einer Heimatgemeinde bekommt, sondern dass man wirklich schauen kann, dass man an die Leute kommt, die man sucht und braucht. Ich denke, es gibt Gründe, bei denen es ein berechtigtes Interesse gibt. Auch das müssen wir im Blick haben. Nicht jeder, der jemanden sucht, führt Übles im Schilde. Schon jetzt darf für eine Direktwerbung keine einfache Auskunft erteilt werden. Das hat das Bundesverwaltungsgericht am 1. Juni 2006 festgestellt. Insofern ist schon jetzt ein Schutz vorhanden. Für die Praxis muss die Regelung jedoch besser ausgefeilt werden. Wir brauchen ein neues Gesetz, ein Bundesgesetz, das eine einheitliche bundesweite Lösung bringt, mit der die Belange des Datenschutzes berücksichtigt werden. Wir
brauchen aber nicht eine ausgeprägte Form, wie sie in dem vorliegenden Gesetzentwurf vorgesehen ist, weil darin die gesellschaftlichen Belange nicht gesehen werden.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Es gibt einige Gründe, die für den vorliegenden Gesetzentwurf sprechen; denn natürlich stellen die umfangreichen Daten des Meldegesetzes erhebliche Eingriffe in die informationelle Selbstbestimmung dar. Das gilt nicht nur für eine Vielzahl von Bürgern, das gilt für alle Bürger, in deren Recht auf informationelle Selbstbestimmung eingegriffen wird.
Zu bedenken ist auch, dass weitreichende Zugriffsmöglichkeiten nicht nur für öffentliche Nutzer bestehen, was zunehmend ausgebaut wird, sondern auch für nichtöffentliche Nutzer. Ich bin mir nicht sicher, ob es tatsächlich für alle Bürgerinnen und Bürger eine Beglückung wäre, wenn sie ein Schreiben einer Partei oder Wählergruppe bekommen, ganz gleich welche Partei oder Wählergruppe es ist.
Trotzdem gibt es eine ganze Reihe von Gründen, die gegen den Gesetzentwurf sprechen. Einige wurden schon angesprochen. In zahlreichen Fällen ermöglicht erst das Melderegister die Rechtsverfolgung, auch wenn das nicht immer funktioniert. Der Rechtstaat ist es seinen Bürgern schuldig, ihnen Möglichkeiten zur Verfolgung ihrer Ansprüche einzuräumen. Dazu gehört auch der Zugang zu Meldedaten. Sie können nun einwenden, dem stünde Ihr Gesetzentwurf nicht entgegen, da er bei berechtigtem Interesse einen Auskunftsanspruch vorsieht. Aber natürlich ist es mit einem erheblichen Verwaltungsaufwand verbunden, dieses berechtigte Interesse zu prüfen.
Mein Haupteinwand ist aber ein anderer: Die Gesetzgebungszuständigkeit für das Meldewesen befindet sich seit der Föderalismusreform beim Bund. Das Bayerische Meldegesetz ist ein Auslaufmodell. Es gilt vielleicht noch für eine Übergangszeit von einem oder zwei Jahren. Deswegen meine ich, dass statt einer bayerischen Zwischenlösung das Anstreben eines zeitgemäßen Bundesmeldegesetzes sinnvoller wäre. Dies gilt umso mehr, als wir nicht wissen, wie die Situation auf Bundesebene sein wird, nachdem wir ein Gesetz beschlossen haben. Wenn wir hier etwas beschließen - was auch mit erheblichen Kosten für die rechtliche und technische Umstellung verbunden ist -, dann wären dieses Geld und dieser Aufwand vergeudet, wenn es danach wieder anders käme.
Fazit: Ich meine, wir sollten uns auf Bundesebene für eine datenschutzfreundliche Regelung im Rahmen des Bundesmeldegesetzes einsetzen. Näheres werden die Beratungen im Ausschuss ergeben.
Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aussprache ist damit geschlossen. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? - Ich sehe keinen Widerspruch. Damit ist das so beschlossen.
Der Ausschuss für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie hat sich mit der Eingabe in seiner Sitzung am 25. November 2010 befasst und beschlossen, die Eingabe gemäß § 80 Nummer 4 der Geschäftsordnung aufgrund der Stellungnahme der Staatsregierung für erledigt zu erklären. Den Petenten ist die Stellungnahme der Staatsregierung zu übersenden.
Die SPD-Fraktion hat gemäß Artikel 5 Absatz 2 Satz 2 des Bayerischen Petitionsgesetzes fristgerecht beantragt, die Eingabe auf die Tagesordnung des Plenums zu setzen.
Ich eröffne hiermit die Aussprache. Die Redezeit beträgt fünf Minuten pro Fraktion. Ich darf darauf hinweisen, dass die SPD-Fraktion zu dieser Eingabe namentliche Abstimmung beantragt hat. Erste Rednerin ist Frau Kollegin Kohnen.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Diese namentliche Abstimmung sollte die Kollegen der CSU und der FDP dazu bewegen, in den Plenarsaal zu kommen. Vielleicht könnten Sie Ihren Kolleginnen und Kollegen ausrichten, dass weit über 100 Petenten auf dem Podium zu begrüßen sind und dass dies für ein Interesse sorgen sollte, diese Debatte heute noch einmal zu führen. Wir diskutieren über das Thema Atomausstieg nicht zum ersten Mal. Heute sprechen aber nicht nur wir Politiker, sondern es wenden sich 31.454 Menschen in ganz Bayern an Sie.
Diese Menschen lehnen eine Laufzeitverlängerung ab. Sie wollen, dass die Atomkraftwerke abgeschaltet werden, wie das unter Rot-Grün im Jahr 2000 beschlossen wurde. Dafür setzen auch wir uns ein.
Als ich heute die Petenten begrüßt habe, fiel mir kein plausibler Grund ein, warum Sie von Schwarz-Gelb eigentlich die Laufzeitverlängerung wollen. Gehen wir einmal Ihre Argumente durch. Einmal behaupten Sie, Atomstrom sei sicher. Herr Huber stellt sich gerne mit dieser Aussage hin. Herr Ministerpräsident Seehofer hat heute gesagt: Atomstrom ist sicher. Klar ist: Es gibt keine Sicherheit für Atomenergie. Es gibt keine Versicherung, die Ihnen dieses Risiko geldlich absichert. Grafenrheinfeld - ein aktueller Anlass - sollte Sie nachdenklich machen.
Eines der Lieblingsargumente des Umweltministers Dr. Söder lautet: Atomstrom ist billig. Ich weiß nicht, wie oft wir dem Umweltminister noch erklären müssen, dass Atomstrom nicht billig ist, weil er den Strompreis auf dem Markt überhaupt nicht diktiert. Vielleicht kann das der Wirtschaftsminister, der anscheinend an dieser Debatte auch kein Interesse hat, Herrn Dr. Söder erklären. Frau Hessel, Sie sollten ihm das ausrichten. Diktiert wird der Strompreis von der teuersten Stromsorte. Der Atomstrom hat darauf keine Auswirkungen. Würde man die Endlagerung einrechnen, wäre Atomstrom die teuerste Stromsorte.
Schließlich noch ein Argument, das Herr Dr. Söder immer gerne verwendet: Wenn man klimarelevant sein wolle, müsse man die Atomenergie nützen; denn sie sei die Stromsorte, die am wenigsten CO2 emittiert. Das ist eine Lüge.
Denn es verhält sich so, dass bei der Urananreicherung mehr CO2 als bei der Windenergie, der Wasserenergie oder bei der Stromerzeugung aus Biomasse freigesetzt wird. Diese Aussage ist einfach nicht korrekt.