Protokoll der Sitzung vom 25.01.2011

Nachhaltiges und qualitatives Wachstum hinter Gittern produziert die CSU auch im Strafjustizzentrum in München und bei der JVA Straubing.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Ministerpräsident hat heute eine Regierungserklärung zu dem schnöden politischen Tagesgeschäft gehalten. Die Regierungserklärung glich dem Quartalsbericht eines Investmentbankers, gespickt mit grellen Marketingbotschaften. Aber mit Jubelrhetorik allein organisiert man eben keinen Aufbruch.

(Beifall bei der SPD)

Unabhängig davon, dass in diesem Päckchen nicht viel drin ist und die Schuldscheine dafür in ein paar Jahren an die nächste Generation weitergereicht werden, hat der Ministerpräsident heute keinen einzigen gesellschaftspolitischen Leitgedanken aufgezeigt, wohin er eigentlich mit dem Freistaat Bayern will. Da hat er schon ein 22-köpfiges Beratergremium, den Zukunftsrat, der den Ministerpräsidenten in wichtigen Fragen beraten soll, und heute wird ein Schlagwortekatalog ohne jeglichen inneren Zusammenhang präsentiert.

Uns hätte interessiert: Wie steht Bayern nach den Vorstellungen des Ministerpräsidenten eigentlich im Jahr 2030 da? Wie werden wir angesichts der demografischen Entwicklung und der alternden Gesellschaft das Miteinander der Generationen definieren und organisieren? Wie bewahren wir den Wohlstand, den sich die Menschen in unserer Heimat hart erarbeitet haben? Wie sieht die Arbeitsgesellschaft in Bayern in 20, 25 oder 30 Jahren aus? Wie entwickeln wir jene bayerischen Schlüsselindustrien weiter, die sich in den nächsten Jahren und Jahrzehnten einem dramatischen Wandel unterziehen müssen? Wie begleiten wir das politisch? Ist es das Ziel der Staatsregierung, die Schere zwischen Arm und Reich, die zunehmend auseinander klafft, wieder zu schließen? Kein Wort des Ministerpräsidenten dazu. Oder hat er sich etwa mit der Entwicklung bereits abgefunden? Passt sie möglicherweise sogar ins politische Konzept? Gibt sich der Ministerpräsident damit zufrieden, dass 11 % der Menschen in unserer Heimat unterhalb der Armutsgrenze leben? Wie entwickeln wir den ländlichen Raum im Freistaat weiter?

Zum ländlichen Raum hat der frühere CSU-Landtagsabgeordnete und Handwerkspräsident Heinrich Traublinger gesagt, die Staatsregierung behandle die Regionen stiefmütterlich - ein bemerkenswertes Interview gestern. Wie gehen wir damit um, dass sich manche Landstriche in Bayern in den nächsten zwei Jahrzehnten dramatisch entvölkern, während manche Metropolen, wie zum Beispiel München, geradezu aus allen Nähten platzen? Ist die Staatsregierung wie wir Sozialdemokraten der Auffassung, dass zu einem Dorf mit Lebensqualität neben der Kirche und der Wirtschaft auch eine eigene Schule gehört?

(Beifall bei der SPD)

Oder wird unter ihrer Führung das Schulsterben in Bayern weitergehen? Sieben Schulstandorte haben in einem Zeitraum von zehn Jahren schließen müssen. Verweigert die CSU weiter die Diskussion, wie die Schule mit neuen, innovativen Schulformen im Dorf belassen werden kann? Was tun wir gegen die eklatante Bildungsungerechtigkeit in Bayern, wonach ein Arbeiterkind eine vierfach geringere Chance hat, das Abitur zu machen, als das Kind eines Akademikers? Stattdessen haben wir einen Schlagwortkatalog von Boston Consulting gehört. Das aber ist noch kein Zukunftskonzept.

(Beifall bei der SPD)

Der Aufbruch für das Zukunftsland Bayerns ist allenfalls ein politisches Kosmetikprodukt. Man freut sich zunächst beim ersten Hinhören auf den heißen Flirt mit einer wunderschönen Frau, ergreift dann aber doch bei näherem Hinsehen lieber die Flucht; denn auch aus der elegantesten Parfumflasche entwickelt sich kein erotischer Duft, wenn der Flacon völlig inhaltsleer ist. Die hässlichen Narben der Landesbank und die schwarz-gelben Klientel-Geschenke zulasten des Allgemeinwohls können eben auch von einer Puderquaste nicht verdeckt werden.

Das ist mir wirklich ernst: Politisches Marketing wird dann zu einem Beitrag zur Steigerung der Politikverdrossenheit, wenn sich am Ende das Gegenteil von dem herausstellt, was in den Raum gestellt, versprochen und behauptet wird: Kürzungen statt mehr Investitionen - ein vorgeschalteter Abbruch vor einem Aufbruch, der in Wahrheit keiner ist und der von den künftigen Generationen bezahlt werden soll. Ehrlicher wäre es gewesen, heute den Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes reinen Wein einzuschenken und ihnen zu sagen, was möglich ist und was nicht. Es wäre ehrlicher gewesen, ihnen zu sagen, wo die Probleme liegen, welche davon gegenwärtig und welche davon vielleicht erst in 10 oder 15 Jahren gelöst wer

den können. Sinnvoll wäre es gewesen, Gründe und Lösungswege aufzuzeigen.

Das alles hätte allerdings in vielen Bereichen auch das Eingeständnis politischer Fehlsteuerung von Schwarz-Gelb vorausgesetzt. Dennoch habe ich zum Abschluss wenigstens ein kleines Stückchen Ehrlichkeit im Aufbruch gefunden. Auf der Internetseite heißt es in dem Impressum zum Aufbruch - ich zitiere -: Es wird keine Gewähr für die Aktualität, Richtigkeit, Vollständigkeit oder Qualität der Informationen übernommen.

(Beifall bei der SPD)

Ich sage: Das gilt ausdrücklich auch für die Regierungserklärung des Ministerpräsidenten: Keine Gewähr für Aktualität, keine Gewähr für Richtigkeit, keine Gewähr für Vollständigkeit und auch keine Gewähr für Qualität. Die Regierungserklärung war - wie auch der sogenannte "Aufbruch" - ein Blendwerk, ein Trugbild, ein großer Bluff.

(Anhaltender Beifall bei der SPD und den GRÜ- NEN)

Es geht weiter in der Aussprache. Nächster Redner ist der Vorsitzende der CSU-Fraktion, Herr Kollege Schmid.

Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Rinderspacher, wir haben Ihnen eine gute halbe Stunde zugehört. Ich sage Ihnen: Es war eine verlorene halbe Stunde, kein Blick nach vorne, keine Perspektive und kein Blick auf die Zukunft. Die Menschen im Lande haben es erkannt: Die SPD hat keine Zukunftskompetenz, und Sie haben heute den Beweis dafür erbracht.

(Beifall bei der CSU)

Sie haben am Schluss Ihrer Rede 50 Fragen gestellt und nicht eine einzige Antwort gegeben. Das ist keine gute Politik. Sie haben kein gutes Wort gefunden, sondern nur Negatives erwähnt und nur Kritik geübt. Ich frage Sie: Wie sind wir denn aus der größten Krise dieses Landes herausgekommen? Wir haben ursprünglich noch von der größten Krise seit 1929 gesprochen. Jetzt steht unser Land wie kein anderes da. Bayern ist am besten aus der Krise gekommen.

(Zurufe von der SPD)

Glauben Sie, dass das vom Himmel gefallen ist? Es waren die Bürgerinnen und Bürger, die fleißigen Menschen im Lande. Das waren die starken Unternehmerinnen und Unternehmer. Das war aber auch die Politik, die gute Entscheidungen getroffen hat. Sie hätten

der Ehrlichkeit halber sagen sollen, dass es diese Koalition war, die die richtigen Entscheidungen getroffen hat.

(Beifall bei der CSU und der FDP - Zuruf des Ab- geordneten Markus Rinderspacher (SPD))

Ja, der Steinmeier: "Der Steinmeier hat richtig entschieden und deswegen steht Bayern so gut da." Für wie blöd halten Sie eigentlich die Menschen im Lande? Das glaubt Ihnen doch kein Mensch, Herr Rinderspacher. So ein Unsinn - Entschuldigung. Wir haben 2009 und 2010 einen Investitionshaushalt im Parlament beschlossen, und zwar mit den Stimmen der CSU und der FDP. Sie haben dagegen gestimmt. Dieser Haushalt war der Grund dafür, dass wir heute so gut dastehen. Dieser Haushalt des Jahres 2009/2010 war ein entscheidender Haushalt, und Sie haben Ihre Zustimmung zu dieser guten Entwicklung verweigert, Herr Kollege Rinderspacher. Wo steht Bayern heute? Wie sehen die Realitäten aus?

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Paul Wengert (SPD))

Die Attraktivität Bayerns dokumentiert sich darin, dass dieses Land den Platz 12 unter 25 Top-Regionen belegt. Sechs der zehn deutschen Top-Regionen liegen in Bayern: Regensburg-Cham, Neumarkt, ErlangenHöchstadt, Neu-Ulm, Main-Spessart oder Traunstein Bayern ist top im Norden, im Süden, im Westen und im Osten. Die Arbeitsmarktzahlen sprechen für sich. Welches Land hat die niedrigsten Arbeitslosenzahlen in Deutschland? Es ist der Freistaat Bayern. In Bayern hat jedenfalls die SPD nicht die Politik gestaltet. Dort, wo die SPD regiert, haben wir Schuldenlasten, eine hohe Arbeitslosigkeit und schlechte Wirtschaftsdaten. Das ist die Bilanz der SPD überall in Deutschland.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Deswegen haben Sie kein Recht zu kritisieren.

Sie haben eine negative Zahl vergessen, nachdem wir schon bei den negativen Zahlen sind. Die wichtigste negative Zahl lautet: "Wirklich erfolglos im Lande ist die SPD." "Was uns fehlt, sind die Erfolge," so sagt Johanna Werner-Muggendorfer, und wo sie recht hat, hat sie recht. Es fehlen Ihnen die Erfolge. Wenn es nach dem eigentlichen Willen der Bürgerinnen und Bürger gehen würde, würde jetzt, zu Beginn des Jahres 2011, in diesem Hause nicht Herr Rinderspacher für die Opposition sprechen, sondern Frau Bause. Die SPD ist nicht mehr die führende Oppositionspartei im Lande. Lieber Herr Rinderspacher, wenn es nach den Umfragen geht, sind Sie als Oppositionsführer im Parlament durchgefallen.

(Harald Güller (SPD): Das sagt der Verwaltungsrat Georg Schmid der BayernLB!)

Noch besser ist dies: Herr Güller, Sie sollten einmal auf das hören, was Ihre Jugendorganisation sagt.

"Die bayerische SPD klagt nur Schwarz-Gelb an, statt eigene Konzepte vorzulegen." Wenn wir diese Kritik aussprächen - - na ja. Aber in diesem Fall kommt die Kritik von Ihrer Jugendorganisation, von den Jusos, und wo sie recht haben, haben sie recht. Die SPD hat eben keine Konzepte.

Herr Rinderspacher, ich habe mich auch gewundert, dass Sie darauf gar nicht reagiert haben. Normalerweise reagiert man auf den Vorwurf, kein Konzept zu haben. Sie wissen nicht, wohin der Weg geht. Offensichtlich haben Sie dem zugestimmt. Sie sollten öfter auf Ihre Jusos hören. Sie sollten hier im Parlament nicht nur Fragen stellen, sondern auch Antworten geben. Das erwarten die Menschen von Ihnen. Mit dem Stellen von Fragen überzeugt man die Menschen nicht. Die Menschen wollen Zukunftskompetenz, sie wollen Konzepte.

Bei allen Umfragen haben die Menschen auch klar ausgedrückt, was sie von der SPD halten, Herr Rinderspacher. Sie haben weder Zukunftskompetenz noch Zukunftskonzepte. Deswegen haben die Umfragen genau die Ergebnisse gebracht, die Sie verdienen.

(Zuruf des Abgeordneten Markus Rinderspacher (SPD))

Der stabilste Faktor bei der SPD ist das Umfragetief. Skandalisieren, das Land schlechtreden, den politischen Gegner pauschal verurteilen - das überzeugt die Menschen nicht.

Was den Umgangston angeht, will ich die Gelegenheit der Regierungserklärung des Ministerpräsidenten heute nutzen - Frau Zacharias sehe ich gerade nicht; offensichtlich hält sie es nicht für nötig, hier zu sein -, auch einmal Folgendes zu sagen. Wir müssen hier im Parlament lernen, wieder vernünftig miteinander umzugehen.

(Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

Wir müssen hart diskutieren. Aber das, was Frau Zacharias mit Martin Neumeyer gemacht hat, als sie ihn als netten Knilch und als inkompetenten Mann bezeichnet hat, obwohl er Tag und Nacht für die Integration unterwegs ist, obwohl er fleißig und kompetent ist, darf man nicht machen. Liebe Frau Zacharias, gehen Sie in dieses Parlament und entschuldigen Sie

sich heute für diese Entgleisung, für Ihre Äußerung über unseren Kollegen Neumeyer.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, neben der Tatsache, dass sich Bürgerinnen und Bürger einbringen und sich engagieren, ist es wichtig, dass wir gute Politik machen. Die Politik entscheidet, welche Weichenstellungen vorzunehmen sind. Die Weichenstellungen haben in Bayern nicht nur technischen Fortschritt, sondern gleichzeitig auch sozialen Wohlstand und Arbeit für alle gebracht. Bayern hat sich zum führenden Innovationsland Europas entwickelt.

Wir haben ein Bruttosozialprodukt von über 430 Milliarden Euro. Wir sind eine der größten Volkswirtschaften Europas - vor Österreich, Belgien und Schweden. Dazu hat die Politik beigetragen, insbesondere die Politik der letzten Jahrzehnte. Dieses Ergebnis ist nicht vom Himmel gefallen. Wir haben dafür in den letzten Jahren gute Politik gemacht. Sie wurde federführend von der Christlich-Sozialen Union gestaltet, in den letzten Jahren zusammen mit unserem Koalitionspartner FDP. Das zahlt sich für die Menschen aus.

Bayern hat die höchste Wachstumsrate bei der Schaffung von Arbeitsplätzen. Sie liegt höher als das Zehnfache des Bundesdurchschnitts. Die Arbeitslosigkeit ist doppelt so stark gesunken wie im westdeutschen Durchschnitt.

Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Landes ist keine gegebene Größe; denn für sie müssen wir hart arbeiten. Wenn ich es mir genau anschaue, erkenne ich, dass wir eine Bilanz vorzuweisen haben, die sich sehen lassen kann. Wenn man ehrliche Politik macht, muss man diese Bilanz am heutigen Tag anerkennen. Wir haben mit unserer Politik in den letzten Jahrzehnten dafür Sorge getragen, dass sich dieses Land exzellent entwickelt hat. Darauf können wir stolz sein. Wir haben diese Politik in der CSU und in den letzten Jahren zusammen mit unserem Koalitionspartner gestaltet.

Was bietet die Opposition den Menschen an? Stillstand statt Fortschritt. Sie ist gegen die sicheren bayerischen Kernkraftwerke. Sie gefährdet damit den Produktionsstandort Bayern.

(Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

Was ist denn die Antwort auf eine sichere und wettbewerbsfähige Energieversorgung? Stromimport aus Temelin!

Sie treten hinsichtlich der Erweiterung des Jobmotors Flughafen München auf die Bremse. Sie bieten den Menschen bloß Stillstand an. Stillstand beim Wachstum, Stillstand bei der Arbeit, Stillstand beim Wohl

stand! Kein Wunder, dass die Arbeiterpartei SPD Geschichte ist.

Stillstand statt Fortschritt haben wir aber auch bei den GRÜNEN und den Freien Wählern. Die GRÜNEN und die Freien Wähler sind gegen den Ausbau des Bahnknotens München um die zweite Stammstrecke und gegen die Flughafenanbindung. Dabei habe ich immer gedacht, die GRÜNEN wollen, dass wir mit der Bahn fahren.