Wir wissen auch, wer die politische Verantwortung übernommen hat. Bereits im vergangenen Jahr sagte Horst Seehofer, er trage die volle politische Verantwortung für diese Wahlkampfstudie. Er persönlich war der Auftraggeber. Er persönlich kannte die Fragen. Er selbst hat veranlasst, dass die FDP im Vorfeld nicht eingebunden war. Er selbst war derjenige, der veranlasst hat, dass der Koalitionspartner FDP auch im Nachgang, als die Ergebnisse vorlagen, nicht über diese Studie informiert wurde. Das alles sagte er in seinem Sommerinterview beim ZDF und bei RTL im O-Ton. Das sagt im Übrigen auch ziemlich viel über den Zustand der schwarz-gelben Koalition in Bayern aus. Aber das alleine kann es nicht sein.
Meine Damen und Herren, ich bin mir sicher: Der Bundestagspräsident wird bei dieser erdrückenden Fakten- und Beweislage zu keinem anderen Ergebnis kommen können, als den ORH-Bericht zu bestätigen. Das Ergebnis lautet nämlich: Verdeckte Parteienfinanzierung und Strafzahlung in Millionenhöhe für die CSU.
Ich frage, wie im Übrigen auch der Ministerpräsident diese ganze Sache den Menschen in Bayern erklären will, war er doch der doppelte Nutznießer dieser Umfragen. Er hat sich wertvolle Tipps zum Machterhalt geben lassen, und seine Parteikasse hat er dabei geschont.
Es geht um einen Regierungschef, dem das Wohl seiner Partei in diesem Zusammenhang zumindest wichtiger ist als das Wohl des Landes, ein Regierungschef, der den Griff in die Staatskasse offensichtlich angeordnet hat, damit seine Partei Kosten spart! Deshalb fordern wir heute für die Steuerzahler in Bayern das Geld zurück, das die CSU der Staatskasse entnommen hat. Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag. Wir dürfen es nicht zulassen, dass sich die CSU den Freistaat Bayern und unsere Heimat zur Beute macht.
Vielen Dank, Herr Kollege Rinderspacher. Nächste Rednerin ist Frau Kollegin Bause. Ihr folgt dann Herr Kollege Schmid. Bitte sehr, Frau Kollegin Bause.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Oberste Rechnungshof hat deutlich gemacht, dass er das Verhalten, die jahrelange Praxis der Staatskanzlei in keiner Weise unterstützen kann. In einer an Deutlichkeit nicht zu übertreffenden Stellungnahme hat er gesagt: Das Verhalten der Staatskanzlei war erstens unzulässig; zweitens ist es verfassungsrechtlich nicht haltbar, und drittens hat die Staatskanzlei gegen ihre eigenen Richtlinien verstoßen, die sie selber für die Vergabe von Gutachten und Stellungnahmen erlassen hat.
Der Oberste Rechnungshof hat der Bayerischen Staatskanzlei Nachhilfeunterricht im Verfassungsrecht gegeben und dankenswerterweise auf die verfassungsrechtlichen Grundlagen im Verhältnis von Regierung und Parlament sowie im Verhältnis von Regierung und Partei hingewiesen. Er hat deutlich gemacht, wie wichtig die Neutralitätspflicht ist, und er hat die Verpflichtung zur Chancengleichheit unterstrichen und der Staatskanzlei noch einmal unmissverständlich vorgelegt.
Der Oberste Rechnungshof bezieht sich auf ein grundlegendes Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 1977. Interessanterweise ist dieses Urteil damals von der CDU erstritten worden. Die CDU hat damals gegen die Öffentlichkeitsarbeit der sozialliberalen Regierung in Bonn geklagt und dieses
grundlegende Urteil erstritten. Heute muss die CSU in Bayern vom Bayerischen Obersten Rechnungshof an die Grundlagen verfassungsmäßigen Verhaltens im Umgang mit öffentlichen Mitteln im Zusammenhang mit der Trennung von Staat und Partei erinnert werden. Liebe Staatskanzlei und liebe CSU, wir fordern Sie daher auf: Begeben Sie sich wieder auf den Boden der Verfassung!
In Feierstunden halten Sie die Verfassung gerne hoch und beweihräuchern sie. In der Praxis Ihres Regierungshandelns scheint es aber, als würden Sie gerne darunter hinwegtauchen. Wir fordern Sie auf: Achten Sie die Grundsätze der Verfassung nicht nur in Sonntagsreden, sondern auch in Ihrer täglichen Regierungspraxis.
Ihre Rechtfertigungsversuche in der Stellungnahme zum ORH-Bericht sind genauso dreist wie blamabel. Was Sie hier von sich geben, ist in gar keiner Weise haltbar. Das sind unakzeptable Ausflüchte. Ich fordere Sie auf: Hören Sie damit auf. Sie blamieren nur die angeblichen Einser-Juristen in der Staatskanzlei. Sie machen alles nur noch schlimmer. Sagen Sie: Hier haben wir falsch gehandelt. Diese Praxis wird sofort unterbunden. Wir werden die entsprechenden Strafen zahlen und die notwendigen Konsequenzen ziehen. Das ist es, was das Parlament und die Öffentlichkeit jetzt von Ihnen erwarten.
Sie haben über Jahre hinweg schamlos Steuergelder für CSU-Parteizwecke missbraucht. Sie haben die Grundregeln der staatlichen Neutralität und der Chancengleichheit mit Füßen getreten. Sie haben auch noch versucht, diese Praxis jahrelang dreist zu vertuschen. Jahrzehntelang haben Sie Ihre Mehrheit missbraucht, um Steuergelder für Parteizwecke abzuzweigen.
In den Jahrzehnten Ihrer absoluten Mehrheit haben Sie sogar jegliches Gefühl dafür verloren, dass es eine verfassungsmäßige Trennung zwischen Staat und Partei geben muss. Sie haben jegliches Unrechtsbewusstsein - eigentlich müsste ich Rechtsbewusstsein sagen - dafür verloren, dass es hier eine verfassungsmäßige Grundlage gibt. Deswegen ist es gut, dass Ihnen der Oberste Rechnungshof die Leviten liest. Sollten Sie das nicht akzeptieren, kündige ich Ihnen jetzt schon an, dass wir, m diesen Grund
sätzen Nachdruck zu verleihen, eine Verfassungsklage vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof prüfen werden, damit Ihnen endlich Grenzen aufgezeigt werden. Das ist längst überfällig.
Offenbar haben Sie immer noch nicht kapiert - auch nicht nach dem Wahlergebnis des Jahres 2008 -, dass die Zeiten der Staatspartei auch in Bayern längst vorbei sind. Die Zeiten der Selbstbedienung sind vorbei. Herr Seehofer hat einen Neuanfang beschworen. Tatsächlich praktiziert er aber den gleichen alten schwarzen Filz, der Bayern in Ihrer Regierungszeit über Jahrzehnte geprägt hat.
Wie verhält sich die FDP? - Sie haben, als diese Sache ruchbar wurde, sehr deutliche Worte gefunden und Konsequenzen gefordert. Sie haben auch personelle Konsequenzen gefordert. Als ich mir aber die gestrige Pressemitteilung von Herrn Hacker angesehen habe, hatte ich den Eindruck, dass die FDP zuerst starke Worte gebraucht hat und dann ziemlich kleinlaut abgetaucht ist. Sie sagen, es gebe Wichtigeres als das und der Bundestagspräsident sollte bitte schön diese Arbeit erledigen, zu der Sie offenbar nicht in der Lage sind.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, ich fordere Sie auf: Machen Sie deutlich, dass Sie diese Praxis so nicht akzeptieren und dass Sie die Grundsätze, die der Oberste Rechnungshof angemahnt hat, respektieren. Das muss im Parlament unterstützt und bestätigt werden. Unterstützen Sie unseren Missbilligungsantrag, der sich auf die Aussagen des Obersten Rechnungshofs bezieht. In diesem Antrag ist festgestellt, dass diese Praxis falsch war und in Zukunft nicht fortgesetzt werden darf. Sie sind es sich selbst schuldig, dass Sie hier klare Worte finden und nicht abtauchen. Ich glaube, Sie werden in unserem Antrag keinen Spiegelstrich finden, den Sie nicht unterschreiben können. Stimmen Sie unserem Antrag zu und machen Sie deutlich, dass Sie für politische Hygiene eintreten.
Herr Schneider, es wurde bereits gesagt, dass Sie völlig ungeeignet seien. Sie sind allein schon als Chef der Staatskanzlei ungeeignet, in die Position des obersten Medienwächters in Bayern zu wechseln, weil dafür die Staatsferne eine ganz wichtige Voraussetzung ist. Jetzt sind Sie noch sehr viel ungeeigneter. Das wird Ihnen und den sogenannten Grauen im Me
dienrat immer bewusster. Herr Schneider, ich fordere Sie vielleicht auch in Ihrem eigenen Interesse auf: Ziehen Sie Ihre Kandidatur zurück. Ich glaube, Sie tun sich und Bayern damit einen großen Gefallen.
Viel schlimmer finde ich die Stellungnahme des Ministerpräsidenten. Der Ministerpräsident hat gesagt, er könnte hier überhaupt kein Problem sehen und würde es sofort wieder so machen. Ich verlange vom bayerischen Ministerpräsidenten eine klare Stellungnahme, dass er die Grundsätze der Verfassung achtet und diese Praxis sofort beendet. Als Ministerpräsident und Parteivorsitzender sollte er sagen, dass die Gelder zurückgezahlt würden und diese Praxis nicht fortgesetzt werde. Die Konsequenzen müssen gezogen werden. Das erwarte ich vom bayerischen Ministerpräsidenten und nicht, dass er diese Praxis in Zukunft fortsetzt und rechtfertigt.
Falls Sie selbst nicht in der Lage sein sollten, eine politische Hygiene walten zu lassen, werden wir eine Verfassungsklage prüfen, damit der Bayerische Verfassungsgerichtshof Recht spricht, für Ordnung sorgt und Ihnen deutlich die Grenzen aufzeigt.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Herr Rinderspacher, Sie versuchen schon wieder, durch Skandalisierungen von Ihrer eigenen Unfähigkeit abzulenken.
Jede Woche wollen Sie einen anderen Skandal in diesem Haus zur Sprache bringen. Kümmern Sie sich endlich um gute politische Arbeit. Herr Rinderspacher, Sie können noch nicht einmal Ihren politischen Nachwuchs von Ihrer Arbeit in diesem Parlament überzeugen.
Sehen Sie sich einmal an, wie weit Sie mit Ihrer Politik kommen. In keinem einzigen Politikfeld haben Sie noch die Zustimmung der Bevölkerung dieses Landes. Wie weit ist die Sozialdemokratie in diesem Lande gekommen?
(Beifall bei der CSU - Harald Güller (SPD): Sie trauen sich nicht einmal, uns in die Augen zu sehen!)
Ich sage Ihnen eines: Die Menschen werden auch heute dieses Ablenkungsmanöver durchschauen. Herr Rinderspacher, wo ist denn der Skandal? Ist es ein Skandal, dass der Landtag seit Jahren im Staatshaushalt Mittel für Umfragen bereitgestellt hat? Ist es ein Skandal, dass die Verwendung der Mittel stets klar begründet wurde? Nein. Diese Ausgaben - so heißt es - dienen einer allgemeinen Meinungsforschung als Unterlage für die politische Arbeit der Staatsregierung. So steht es hier. Was wird denn Herrn Kollegen Schneider vorgeworfen? Das war doch klar und offen.
Ist es ein Skandal, dass die Bewilligung dieser Haushaltsmittel vom ORH und der Opposition nie beanstandet wurde? Wo ist hier der Skandal? Wo ist hier der Vorwurf?
Ist es ein Skandal, dass der Oberste Rechnungshof sogar ausdrücklich feststellte, ich zitiere: Die Erforschung der öffentlichen Meinung durch demoskopische Umfragen im Auftrag der Staatsregierung sei grundsätzlich zulässig. Davon haben Sie nicht gesprochen. Das ist eine einseitige Darstellung.
Unterschiedliche Auffassungen gibt es nur in Bezug auf die Sonntagsfrage, auf die Frage nach den Kompetenzen der Parteien und zur Frage nach der Bekanntheit der Politiker. Das sind drei von insgesamt 30 Fragen. Wir sollten die Kirche im Dorf lassen.
Die Sonntagsfrage wurde nie isoliert gestellt, sondern immer im Zusammenhang mit landespolitischen Sachthemen abgefragt. Eine höchstrichterliche Entscheidung gibt es dazu bisher nicht. Wenn Sie den Verfassungsgerichtshof anrufen wollen, dann tun Sie das. Dann wird sich herausstellen, wer am Schluss Recht hat. Es geht um 30 Fragen. Bei drei Fragen ist die Bewertung offen. Im Übrigen ist das geklärt. Das ist zunächst einmal die Realität.
Der ORH sagt, das gehe nicht. Die Staatsregierung sagt, es geht. Viele andere Landesregierungen sagen, das geht. Die rot-grüne Stadtregierung von München sagt, dass dies geht. Sie fragt sogar nach der Bekanntheit von Dr. Otmar Bernhard, der dem Stadtrat überhaupt nicht angehört. Trotzdem wird danach gefragt. Das alles ist in Ordnung. Hier drehen Sie aber auf, als wenn dies alles rechtswidrig wäre und das größte Verbrechen.