Protokoll der Sitzung vom 02.03.2011

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich komme zum Schluss.

(Hubert Aiwanger (FW): Wie geht es mit der Bundeswehr weiter? - Sagen Sie es uns doch bitte!)

Die Bundeswehr ist in Bayern zu Hause.

(Zuruf von den Freien Wählern: Noch! - Wie lange?)

Wir werden auf der Grundlage unseres Antrags, der beschlussmäßig mit großer Mehrheit vom 18. Januar dieses Jahres angenommen wurde, für die Bundeswehrreform, für die Bundeswehr in unserem Freistaat leidenschaftlich und mit Herzblut kämpfen.

(Hubert Aiwanger (FW): Warum? Von wem werden Sie bedroht?)

Wir werden alle Nebelkerzenanträge, in dem Fall von der SPD, was mir leidtut, und von den Freien Wählern, was ich immer schon weiß, zurückweisen und ablehnen.

(Beifall bei der CSU - Hubert Aiwanger (FW): Sie regieren doch! Sie brauchen doch nicht zu kämpfen!)

Vielen Dank. Ich habe jetzt eine Zwischenbemerkung des Herrn Kollegen Professor Peter Paul Gantzer. Bitte schön, Herr Kollege.

Herr Kollege Hintersberger, kann ich Ihren Redebeitrag so werten, dass ich ab heute unter Bezug auf Ihre Ausführungen den Herrn Ministerpräsidenten als Nebelkerzenwerfer bezeichnen darf? Ich habe mir gerade noch einmal seine ganzen Aussagen zum Erhalt von Standorten in Bayern durchgelesen. Er hat nichts anderes gesagt als ich. Das sollten Sie vielleicht revidieren, damit Sie noch ministrabel werden könnten.

Zum Zweiten, lieber Kollege Hintersberger. Wenn Sie die Aussetzung der Wehrpflicht so hochziehen

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

und so tun, als ob die Aussetzung der Wehrpflicht die Reform der Bundeswehr notwendig gemacht hätte, dann wissen Sie selber ganz genau, dass Sie falsch liegen. Es war umgekehrt. Die Reform der Bundeswehr ist angestoßen worden durch den Sparhaushalt, den jetzt der Bund, also Ihre Regierung, machen muss. Im Zuge dieses Sparhaushaltes kam man dann auf den Gedanken, man könnte die Wehrpflicht aussetzen. Das sollten Sie nicht vermengen. Der Anstoß ist allein die finanzielle Lage und der neue Auftrag der Bundeswehr gewesen. Daraus hat sich das erst entwickelt.

Zum Dritten; das ist mir das Wesentliche. Sie haben gesagt, es sei nicht ehrenhaft, zu verlangen, dass alle Standorte in Bayern erhalten werden sollten. Sie wissen ganz genau - das ist mein Hauptvorwurf, dazu haben Sie gar nichts gesagt -, wenn wir einen Minister aus Bayern hätten, dann würde der sensibler damit umgehen, jedenfalls wenn einer Ihrer Aspiranten Minister geworden wäre. Sie wissen ganz genau, was ein Minister für eine Macht hat. Wenn ein Minister aus Bayern entscheidet, dann würde vieles für uns wesentlich besser ablaufen, als es jetzt wahrscheinlich ablaufen wird. Das ist Ihr Manko. Sie können nicht einfach sagen, wir sollten jetzt nicht darüber diskutieren, weil der Entwurf erst im Sommer kommt. Lieber Kollege Hintersberger, Sie wissen ganz genau, wenn wir erst einmal das Papier vor uns liegen haben, dann ist es zu spät. Wir müssen vorher eingreifen und vorher auf das Papier Einfluss nehmen.

(Beifall bei der SPD - Hubert Aiwanger (FW): Nicht kurz vor der Sommerpause!)

Wehret den Anfängen! Das heißt, Sie müssen heute aktiv werden und sich nicht zurücklehnen und abwarten, bis wir das Papier aus Berlin bekommen. Dann ist es zu spät.

(Beifall bei der SPD)

Zum ersten Punkt, Kollege Gantzer, was den Ministerpräsidenten anbelangt, muss ich Sie korrigieren. Der Ministerpräsident hat gesagt, er wird für jeden einzelnen Standort kämpfen. Er hat keine Maximalforderung apodiktisch gegenüber der Öffentlichkeit des Inhalts in den Raum gestellt, es dürfte kein einziger Standort in Bayern geschlossen werden. Das ist schon ein Unterschied in der ehrlichen Aussage.

(Hubert Aiwanger (FW): Das bringt nichts! Da kämpft er umsonst!)

Was den möglicherweise neuen Verteidigungsminister anbelangt, den derzeitigen Bundesinnenminister de Maizière: Sie wissen, sein Vater war ein ausgesprochen anerkannter Generalinspekteur der Bundeswehr. Von daher ist er in diesem Bereich sehr wohl als profunder Kenner auszumachen.

(Prof. Dr. Michael Piazolo (FW): Das war sein Vater! - Prof. Dr. Peter Paul Gantzer (SPD): Guttenberg hat auch einen Vater!)

Ich würde ihn nicht von vornherein abqualifizieren als möglichen neuen Verteidigungsminister.

Drittens, liebe Kolleginnen und Kollegen, da muss ich mich schon zurückhalten: Ich finde es ein gutes Stück scheinheilig, dass man in den letzten Wochen in einer Art und Weise ein Kesseltreiben gegenüber Freiherrn zu Guttenberg aufführt

(Beifall bei der CSU - Widerspruch bei der SPD und den GRÜNEN)

- ich glaube schon, dass Sie dementsprechend aufgeregt sind -,

(Hubert Aiwanger (FW): Hoffentlich sitzt der Verursacher nicht bei Ihnen!)

wo nach meinem Dafürhalten die menschliche Fairness massiv verletzt worden ist.

(Beifall bei der CSU)

Jetzt Krokodilstränen zu weinen, dass wir keinen bayerischen Minister mehr haben, ist nach meinem Dafürhalten scheinheilig.

(Beifall bei der CSU - Zuruf der Abgeordneten Ul- rike Gote (GRÜNE))

Herr Kollege, kommen Sie bitte noch einmal ans Mikrofon. Ich habe eine weitere Zwischenbemerkung. Zur Zwischenbemerkung bitte Herr Kollege Runge.

Herr Hintersberger, so spannend war Ihr Redebeitrag nicht, dass er einen Zwischenruf von uns verdient hätte. Er kam demzufolge auch nicht, auch wenn Sie sich das in Ihr Skript haben hineinschreiben lassen oder selber reingeschrieben haben.

Ich hatte eigentlich eine Zwischenfrage. Ich frage, wenn Sie das von Ihnen vorgelesene Zitat von Frau Künast so werten, wie Sie es vorgetragen haben, weshalb haben Sie es dann zugelassen, dass es so umgesetzt wird?

Kommentieren muss man aber eigentlich nur Ihre letzte Bemerkung. Wo gab es denn ein Kesseltreiben? Hier mit Sicherheit überhaupt nicht. Dass Sie getroffen und verletzt sind, das können wir nachvollziehen. Wir merken es ja immer wieder. Aber den Landtagsfraktionen ein Kesseltreiben zu unterstellen, ist nichts anderes als infam. Wir denken, dass sowohl das Amt als auch die Wissenschaft genug beschädigt sind. Wer hierfür verantwortlich ist, wissen wir auch alle. Sie sollten hier nicht große Töne spucken, sondern in dem Fall lieber in Sack und Asche gehen.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und den Frei- en Wählern)

Kollege Runge, das unterscheidet uns halt,

(Ulrike Gote (GRÜNE): Wir wissen noch, was Recht und Anstand sind!)

dass wir den Menschen in dieser Situation sehen. Das habe ich deutlich gemacht und zu dem stehe ich.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Herr Kollege Hintersberger. Jetzt darf ich Herrn Kollegen Hartmann das Wort erteilen.

(Zurufe von der CSU: Oh! - Ulrike Gote (GRÜ- NE): Das ist jetzt Ihr Anstand! Pfui!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich kann die ganze Aufregung über die beiden Anträge gar nicht verstehen. Als GRÜNER kann man sich bei dieser Debatte eigentlich zurücklehnen. Die GRÜNEN

haben seit jeher gefordert, dass die Bundeswehr verkleinert werden soll. Die Wehrpflicht wird ausgesetzt. Wenn es nach uns ginge, könnte man sie nicht nur aussetzen, sondern gleich abschaffen.

(Beifall der Abgeordneten Ulrike Gote (GRÜNE) Tobias Thalhammer (FDP): Das haben sie nicht beschlossen!)

Wenn man sieht, was hier mit den beiden Anträgen gemacht wird, da muss ich den Kollegen der CSU schon recht geben, wenn sie sagen: Da hat man schon das Gefühl, dass eine verkappte StrukturpolitikDiskussion über den Wehretat geführt wird. Hier versucht man, jeglichen Standort - so ist es im SPD-Antrag geschrieben - zu erhalten. Man weiß, es kommt eine Reform, man weiß, die Truppe wird verkleinert. Da will man jeden Standort erhalten. Und das bei 400 Standorten in Deutschland und 68 Standorten in Bayern. Es wird durchaus dazu kommen, dass in Bayern Standorte geschlossen werden. Man muss schon korrigieren, was der Ministerpräsident gesagt hat. Es ist nicht ganz fair zu sagen, man kämpft um jeden Standort. Man müsste so ehrlich sein zu sagen, es ist bekannt, dass bestimmte kleine Standorte vielleicht zusammengelegt werden und der eine oder andere geschlossen werden wird.

(Alexander König (CSU): Genauso ist es!)

Das kann man den Menschen zum jetzigen Zeitpunkt schon sagen. Man braucht wirklich nicht aufzutreten und zu sagen, man kämpfe um jeden Standort. Das wird nicht funktionieren. Man muss so ehrlich sein und sagen, dass es zu Schließungen kommen wird.

Wir alle wissen, dass das für die betroffenen Regionen nicht leicht ist. Das ist jedem klar. Das ist uns GRÜNEN auch klar. Aber es bringt nichts, die Defizite in der Strukturförderung über den Wehretat zu diskutieren. Wir brauchen für diese Regionen eine transparentere Strukturförderung. Diese Debatte können wir nicht über den Wehretat führen.

Bei den beiden Anträgen frage ich mich, warum wir uns zu dem Zeitpunkt heute damit als Dringlichkeitsanträgen befassen müssen. Das Konzept der Bundeswehrreform liegt noch nicht vor. Ich will nicht werten, ob das in den nächsten Tagen oder in ein paar Monaten kommt. Lassen Sie uns doch abwarten, welche Standorte betroffen sind, welche Standorte sicherheitspolitisch nicht mehr benötigt werden und gestrichen werden können. Man muss so ehrlich sein und zugestehen, dass man diese Standorte schließt und nicht nach dem Motto reden: Für die Strukturförderung muss man jeglichen Standort erhalten.

Man darf auch nicht vergessen: Es betrifft nicht alle Regionen in Bayern. Wenn man aber die Städte München, Augsburg und Neu-Ulm betrachtet, dann sieht man: Diese Städte haben von den Standortschließungen in den letzten 20 Jahren profitiert. Man hat auf den Flächen andere Projekte verwirklicht. Mir ist bewusst, dass das nicht für jede Region in Bayern zutrifft. Ich kann mich aber nur wiederholen: Ich verweigere mich definitiv dieser Bundeswehrdebatte, wenn sie darauf hinausläuft, die anstehende Reform so durchzuführen, dass keine Standorte geschlossen werden. Das ist nicht ehrlich. Es wird zu Schließungen kommen und das muss man den Menschen vor Ort auch sagen. Wir als GRÜNE stehen auch dazu, denn wir hatten immer das Ziel, die Bundeswehr zu verkleinern. Ich glaube, auch die SPD hatte das Ziel, die Bundeswehr zu verkleinern. Wenn man die Bundeswehr verkleinert, wird auch der eine oder andere Standort geschlossen. Alles andere ist nicht ehrlich. Wir werden beide Anträge ablehnen.

(Beifall bei den GRÜNEN)