Ich kann in diesem Zusammenhang - wir sind in der Ersten Lesung - nur darauf hinweisen, dass es eine offene Diskussion geben wird, dass wir Ihre Vorschläge offen diskutieren werden, aber dass unsere Vorstellungen weit darüber hinaus gehen, indem wir eine Bürgeranhörung wollen, eine Möglichkeit, dass alle Bürgerinnen und Bürger im Gesetzgebungsverfahren mitdiskutieren und Anregungen einbringen können. Der Vorteil einer solcher Regelung liegt auf der Hand: Problemstellungen können früher erkannt und noch vor der Beratung im Landtag behoben werden. Damit steigt auch die Akzeptanz des Gesetzes, da es in einem Diskussionsprozess mit den Bürgerinnen und Bürgern entstanden ist. Ich glaube, dass diese Beteiligung am Gesetzgebungsverfahren das Ziel ist, das Sie im Auge haben. Dieses Ziel teilen wir mit großem Nachdruck. Bei diesem Ziel unterstützen wir Sie. Ich glaube, dass der Ansatz beim Petitionsrecht nicht der Richtige ist. Ich freue mich aber auf die Diskussionen im Ausschuss.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist zwar etwas ungewöhnlich, dass in Erster Lesung gleich zwei Redner einer Fraktion zum selben Thema sprechen. Ich meine aber, es ist nach den Ausführungen des Kollegen König erforderlich.
Lassen Sie mich deshalb noch Folgendes sagen. Es ist völlig richtig, dass das bayerische Petitionssystem vorbildlich ist und dass wir uns vor keinem anderen Bundesland und auch nicht vor dem Bundestag verstecken müssen. Das ist völlig unstrittig. Aber unstrittig müsste doch auch sein, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass auch unser bayerisches Petitionsrecht noch in gewisser Weise verbesserungsfähig und -würdig ist und dass die Qualität der Behandlung von Eingaben und Beschwerden in den verschiedenen Ausschüssen sehr unterschiedlich ist.
Ich gebe dem Kollegen König durchaus recht, wenn er sagt, dass die sogenannte öffentliche Petition etwas anderes ist als die Petition, die ursprünglich in Artikel 115 unserer Bayerischen Verfassung, glaube ich,
und in Artikel 17 des Grundgesetzes gemeint war. Die öffentliche Petition ist etwas anderes. Darüber, glaube ich, brauchen wir nicht zu streiten. Das bedeutet aber nicht, dass sie deswegen des Teufels ist.
Warum ist sie etwas anderes? Weil sie auch etwas anderes bezweckt. Sie bezweckt nicht in erster Linie, dass einem Einzelanliegen möglichst schnell und effektiv Rechnung getragen wird, sondern sie bezweckt, dass genau das passiert, was Kollege Dr. Fischer eben angesprochen hat, nämlich dass möglichst viele sich in einem öffentlichen Diskussionsprozess einmischen können. Wir beklagen doch alle - möglicherweise die CSU weniger als die SPD und möglicherweise die Freien Wähler weniger als die FDP, ich weiß es nicht so genau - eine gewisse Abstinenz der Bürgerinnen und Bürger bei Wahlversammlungen. Herr Kollege König, es wird Ihnen in Oberfranken nicht viel anders gehen als uns in der Oberpfalz, dass die Leute sich wundern, wenn wir auf ein Plakat schreiben: "Der Abgeordnete spricht …", aber nicht geströmt kommen, um uns zuzuhören, weder Ihnen noch mir, sodass Sie bitte zur Kenntnis nehmen müssen: Öffentliche Diskussionen finden nicht mehr dort statt, wo es uns über Jahrzehnte hinweg am liebsten war, sondern sie finden mittlerweile im Internet statt. Sie finden virtuell in Foren statt.
Meine Damen und Herren, Ich habe verfolgt, dass in der letzten Woche der Herr Ministerpräsident in Youtube - oder wo auch immer, ich weiß es nicht sicher eine öffentliche Diskussion geführt hat, weil er erkannt hat, dass die Menschen heutzutage dort anzutreffen sind und nicht in den Hinterzimmern. Und weil das so ist, sollten wir als Landtag, wenn es offensichtlich das Bedürfnis der Menschen gibt, an öffentlichen Diskussionen teilzunehmen, dafür ein Forum bieten.
Wenn wir es nicht tun, dann machen es andere. Wir hatten schon einmal die Zeit, als sich Tageszeitungen in München angemaßt haben, der eigentliche Petitionsausschuss zu sein, als es Bürgeranwälte in Tageszeitungen gegeben hat und die Petitionsausschüsse des Landtags, des Bundestags und des Europäischen Parlaments plötzlich ganz kleine Münze waren, weil es Bürgeranwälte, ausgerufen von irgendwelchen Zeitungsredaktionen, gegeben hat.
Wir sollten die Möglichkeit nutzen, als Landtag Forum der öffentlichen Diskussion zu sein, um mitreden und mitgestalten zu können. Ich halte nicht viel davon, wenn die Staatsregierung bzw. der Ministerpräsident alle vier Wochen die Bürgerinnen und Bürger auffordert, zu sagen, was sie bedrückt. Wichtiger ist es,
dass der Bürger das auch den Mitgliedern des Landtags sagen kann. Das kann er mit einer derartigen öffentlichen Petition tun. Deswegen sind wir leidenschaftlich dafür. Es ist auch ein Beitrag zu dem, was Herr Dr. Fischer eingefordert hat. Es ist möglicherweise auch ein Beitrag zum Abbau von Verdrossenheit wohl wissend, dass man nicht jedem, der sich an einer Diskussion beteiligt, wird Recht geben können. Aber die Möglichkeit, überhaupt Gehör zu finden, wäre dann eher gegeben als jetzt. Deswegen sollten wir es machen.
Ich würde Sie bitten, Herr Kollege König, nicht die gleiche Leier aufzulegen wie bei der Härtefallkommission und bis heute beim Informationsfreiheitsgesetz. Es sind Abwehrschlachten, die nicht lohnen, weil es nicht lange dauern wird, bis Sie einlenken müssen, weil die Zeit reif ist. Sie werden den Lauf der Zeit nicht aufhalten. Es stellt sich nur die Frage, ob Sie dabei sind oder nicht.
(Beifall bei der SPD - Alexander König (CSU): Es stellt sich mir die Frage, was das mit dem Petitionsrecht zu tun hat!)
Danke schön, Herr Kollege Schindler. Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen mehr. Damit ist die Aussprache geschlossen.
Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Verfassung, Recht, Parlamentsfragen und Verbraucherschutz als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? - Ich sehe und höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.
Gesetzentwurf der Abgeordneten Margarete Bause, Thomas Mütze, Ulrike Gote u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) eines Bayerischen Gesetzes zur Gleichstellung von Frauen und Männern (Bayerisches Gleichstellungsgesetz - BayGlG) (Drs. 16/5921) - Zweite Lesung
Ich eröffne die Aussprache. Im Ältestenrat wurde hierzu eine Redezeit von zehn Minuten pro Fraktion vereinbart. Erste Rednerin ist Frau Kollegin Claudia Stamm. Bitte schön, Frau Kollegin, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kollegen und Kolleginnen! "Im Einvernehmen mit den politischen und gewerkschaftlichen Organisationen des Proletariats veranstalten die sozialistischen Frauen aller Länder jedes Jahr einen Frauentag, der in erster Linie der Agitation für das Frauenwahlrecht dient." - Das war vor 100 Jahren. So wurde der Internationale Frauentag, den wir nächste Woche begehen und feiern, angekündigt. Ich denke, das ist für alle ein Grund zu feiern. Er findet am 8. März statt. Ich habe den Beschluss, der damals gefasst wurde, zitiert.
Ein paar Jahre später ist dann tatsächlich das Frauenwahlrecht eingeführt worden. Die anderen Revolutionen haben aber auf sich warten lassen und lassen leider immer noch auf sich warten. Erst Ende der Fünfzigerjahre durfte eine Frau ohne Zustimmung ihres Ehemannes ein Konto eröffnen und erst seit 1977 ist der gesetzlich vorgeschriebene Platz einer Frau nicht mehr im Haushalt. Es ist also noch nicht besonders lange her.
Heute ist bekannt geworden, dass der Europäische Gerichtshof verboten hat, dass Versicherungen weiterhin unterschiedliche Beiträge von Frauen und Männern verlangen. Bislang mussten Männer bei der Autoversicherung etwas mehr bezahlen, weil sie bekanntlich durch riskanteres Fahrverhalten eher Unfälle verursachen; das ist Fakt, Herr Sinner. Frauen wurden dagegen bei der privaten Krankenversicherung, der Rentenversicherung und der Risikolebensversicherung mit rund 1.200 Euro an zusätzlichem Beitrag pro Jahr belastet. Damit wird jetzt Schluss sein. Frauen leben zwar im Durchschnitt länger und gehen auch häufiger zum Arzt. Das ist aber nur statistisch und kann bei jeder einzelnen Frau anders aussehen. Dank EU sind wir einen Schritt in Richtung Gleichstellung weitergekommen. Das angeborene Geschlecht darf kein Risikofaktor sein.
Warum der Diskurs durch die Geschichte? Ich will aufzeigen, dass wir einiges erreicht haben, zum Teil sehr mühevoll, wir aber noch lange nicht am Ziel sind. 25 Jahre nach der Erfindung der Quote durch die GRÜNEN hat 2010 auch die CSU eine Quote eingeführt. Welch historischer Schritt. In diesem Zusammenhang würde ich mich hier im Plenum bei der Zweiten Lesung über eine Antwort auf meine Frage freuen, die ich in der Debatte gestellt habe, nämlich: Wie kann man eine Quote - wenn auch nur von 40 % - wollen, wenn man ein Ganzes von 18 % hat? Das sind die weiblichen CSU-Mitglieder. Im öffentlichen Dienst haben wir ein Ganzes von gut 50 % und dort wollen Sie keine Quote. Meine Logik geht da nicht mit
Wir haben das Thema Gleichstellung öfter im Plenum gehabt, nicht zuletzt, weil die SPD letzte Woche ihre Anträge hochgezogen hat. Ich verstehe es nicht und ich würde mich sehr auf eine Antwort heute freuen.
Ihr offizieller Evaluierungsbericht hat Ihnen in das Stammbuch geschrieben - weil es so schön ist, zitiere ich aus diesem Bericht -: Doch auch, wenn eine quantitative Kopfzahlparität vorliegt, bei der qualitativen Karriereparität besteht noch einiger Nachholbedarf und sind aktive Personalentwicklungsmaßnahmen notwendig. - Das heißt, in keinem Aufstiegsamt gibt es eine 50-zu-50-Beteiligung. In manchen Fällen wird dann ein 8-prozentiger Anteil von Frauen schon als Fortschritt bezeichnet. Das ist wirklich lächerlich. Jetzt werden in dem Bericht aktive Personalentwicklungsmaßnahmen gefordert. Wenn es aber die Maßnahmen sind, die es nach dem Gleichstellungsbericht ohnehin schon gibt, dann frage ich, warum in dem Bericht aktive Personalentwicklungsmaßnahmen gefordert werden. Auch darauf habe ich in der Beratung keine Antwort bekommen und ich fände es schön, wenn es heute eine gäbe.
Wir haben einen Vorschlag vorgelegt - ein Gleichstellungsgesetz, das kein zahnloser Tiger oder zahnlose Tigerin ist. Wir wollen mit unserem Gesetzentwurf eine Landesbeauftragte oder einen Landesbeauftragten für Gleichstellung, gestärkte Gleichstellungsbeauftragte vor Ort, was beide Geschlechter einbezieht, denn auch für die Männer wird es Zeit, sowie verbindliche Quoten. Liebe Kollegen und Kolleginnen von der Opposition, unser Gesetz ist kein Bürokratiemonster. Würden Sie das auch zum Datenschutzbeauftragten, Herrn Petri, sagen? Würden Sie zu ihm sagen, es sei alles unnötig und ein bisschen bürokratisch, darum wollen wir es nicht? Datenschutz ist ein sehr hohes Gut, aber auf die Chancengleichheit von Mann und Frau trifft dies mindestens genauso zu.
Es geht um ein Grundrecht und um eine Frage der Gerechtigkeit. Die Forderung ist im Grundgesetz festgeschrieben, aber auch die Bayerische Verfassung war schon sehr klug.
Frauen und Männer sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Männern und Frauen
Nein, Gleichstellung ist kein Gedöns oder sonst etwas. Übrigens, liebe Kollegen und Kolleginnen von den anderen Parteien: Wir sagen Ja, und zwar ein klares und deutliches Ja zur Gleichstellung von Männern und Frauen im öffentlichen Dienst und damit auch ein Ja zu einer Vorbildwirkung. Der öffentliche Dienst soll vorangehen.
Wie wollen Sie - inzwischen gibt es Stimmen aus allen Parteien inklusive der FDP - der Wirtschaft eine Quotierung von 40 % in den Aufsichtsräten vorschreiben, wenn Sie selbst in den Bereichen, in denen Sie als Gesetzgeber verantwortlich sind, eine Quotierung nicht durchsetzen? Ich verstehe es nicht. Auch in dieser Frage kann ich nicht mitgehen, weil ich keine Antwort bekomme.
Vor 100 Jahren waren es vor allem Frauen aus dem sozialistischen Spektrum, die für gleiche Rechte kämpften. Heute sollte es uns allen parteiübergreifend gelingen, und zwar Frauen und Männern, gemeinsam für die Gleichstellung einzustehen. Daher lade ich Sie ganz herzlich ein: Morgen Abend ist unsere Veranstaltung zum 100-jährigen Jubiläum. Es können alle kommen und gemeinsam mit uns kämpfen und den 100. Jahrestag am 8. März begehen. Stimmen Sie unserem Gesetz zu.
Danke schön, Frau Kollegin. Zwischenzeitlich hat oben auf der Besuchertribüne der Landwirtschaftsminister von Montenegro Platz genommen. Er hört auf den schönen Namen Tarzan Milosevic. Herzlich willkommen, Herr Minister.
Als nächsten Redner bitte ich Herrn Kollegen Seidenath ans Mikrofon. Als Nächste hat dann Frau Dr. Strohmayr das Wort.