Regierung und Opposition könnten es heute beweisen. Vielleicht ist das ein Lackmustest für die Demokratie.
(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Es gab doch einen Konsens! Wer hat denn den gebrochen? - Zuruf von der SPD: Sie sind doch unglaubwürdig!)
Vielleicht könnte es für uns in Bayern ein Lackmustest sein; vielleicht können wir gemeinsam in Bayern zeigen, dass die Bürger von der Politik etwas anderes bekommen als das, was sie sich manchmal erwarten. Wir könnten ihnen zeigen, dass wir nicht nur streiten, sondern dass wir ein solches Ereignis zum Anlass nehmen, einen neuen Weg zu gehen, gemeinsam zu arbeiten und etwas zu leisten, anstatt nur zu zetern. Die heutige Debatte kann zeigen, ob wir in diesem Parlament dazu in der Lage sind. Die Staatsregierung und die Regierungsfraktionen sind sich einig: Wir gehen diesen neuen Weg.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der 11. März 2011 ist ein apokalyptisches Datum.
Es ist ein apokalyptisches Datum, das niemand von uns je wieder vergessen wird, ebenso wenig, wie wir Tschernobyl je vergessen werden. Die Tragödie um das Megabeben, den Tsunami und die Unfälle in den Atomkraftwerken hat uns alle zutiefst berührt. Wir müssen heute helfen, wir müssen morgen helfen und dem japanischen Volk auch für die Zukunft jegliche Unterstützung zukommen lassen, die nötig sein wird.
Wir müssen helfen, wo wir können. Die Katastrophe von Japan bleibt damit auch für uns vor Ort nicht ohne Konsequenzen, denn jeder kann helfen. Wir können einem Land helfen, das stets selbst zu den bereitwilligsten Helfern weltweit zählte.
Herr Innenminister, im Moment vermissen wir Sie. Wir vermissen Ihre Planung, wir vermissen die Koordinierung und wir vermissen die Hilfsmöglichkeiten. Sonst sind Sie doch immer ein großer Aktionist und sprechen mit lauter Stimme. Diese Stimme würden wir im Moment gerne hören.
Wir müssen aber nicht nur helfen, sondern wir müssen auch handeln. Herr Söder, Sie sagten gerade: Wenn nicht jetzt, wann dann? Darin gebe ich Ihnen recht. Ich habe aber noch nichts von Ihnen gehört, was ein Handeln in einer anderen Form wirklich ausdrückt. Sie haben sich hier in ein Klein-Klein verloren.
Die Katastrophe von Japan bleibt nicht ohne Konsequenzen für die Politik in Deutschland und in Bayern. Die atomaren Vorfälle in Fukushima und anderen japanischen Atomkraftwerken zeigen doch endgültig, dass die Atomkraft nicht beherrschbar ist, dass sie unkalkulierbar bleibt und höchst riskant ist.
Wenn jetzt Politiker von Schwarz-Gelb behaupten, die Politik würde Japan missbrauchen, um eine Debatte aufflammen zu lassen, sage ich Ihnen, dass Sie die Atomdebatte vor eineinhalb Jahren selbst ausgelöst haben. Diese Debatte hat seitdem nie aufgehört.
Herr Söder, wer hat denn gegen die Sicherheitsbedenken der Menschen und gegen die Sicherheitsbedenken der Oppositionsparteien, der SPD und aller anderen in diesem Land, die Laufzeitverlängerung beschlossen? Sie waren das. Jetzt reden Sie scheinheilig von einem Konsens und sagen, wir mögen doch alle zusammenhelfen. Wer hat denn die Situation in diesem Land mit der Laufzeitverlängerung verbrochen? Das waren Sie von Schwarz-Gelb!
Sie haben uns über eineinhalb Jahre lang gebetsmühlenartig erklärt, wie sicher alle Atomkraftwerke in Deutschland seien.
Alle, die auf die Risiken hingewiesen haben, wurden von Ihnen als Angstmacher, Panikmacher, Fortschrittsgegner und Ewiggestrige diffamiert. Das haben Sie behauptet. Deshalb können Sie nicht von einem Wiederaufflammen sprechen.
Zuletzt haben wir uns vor acht Wochen in diesem Haus über die Laufzeitverlängerung gestritten. Am 25. Januar dieses Jahres haben 31.000 Menschen eine Petition der SPD an den Bayerischen Landtag unterschrieben und die Rückkehr zum Atomausstieg gefordert. Was haben Sie von Schwarz-Gelb gemacht? Sie haben diese Petition kaltschnäuzig abgelehnt. Sie haben gesagt: Erledigt.
Herr Söder, was hat sich in den letzten 51 Tagen in den bayerischen Atomkraftwerken verändert? Die Wände von Isar 1 sind in diesen 51 Tagen nicht dünner geworden. Sie waren schon damals dünn und nicht gegen einen Flugzeugabsturz gerüstet. Trotz allem haben Sie behauptet, das Kraftwerk sei sicher. Sie haben ein TÜV-Gutachten im Sommer erhalten, das Ihnen genau bestätigt hat, dass Isar 1 nicht sicher sei. Vor vier Tagen haben Sie in der "Süddeutschen Zeitung" behauptet, alle Beteiligten müssten in der Lage sein, über die Sicherheitsfragen noch einmal neu zu diskutieren.
Herr Söder, wenn die Kernkraftwerke so sicher waren, wie Sie behauptet haben, warum muss dann jetzt die Sicherheit plötzlich noch einmal überprüft werden?
Herr Söder, es muss abgeschaltet bleiben. Ich habe mir angehört, was Sie in Ihrer Regierungserklärung von sich gegeben haben und habe es mit Äußerungen der letzten sieben Tage verglichen. Was ist das denn? Ist das ein Wendehals? Wie schnell geht das? Erst schreien Sie, Isar 1 werde abgeschaltet. Dann bleibt es dauerhaft abgeschaltet. Dann erfahren Sie, es sei blöd gelaufen, weil Eon es nicht abschalten will. Dann wollen Sie uns heute verkaufen, dass es auf 15 % läuft und dann abgeschaltet werden soll. Am Ende reden Sie sich noch auf Berlin hinaus. Wer hat denn zuletzt im Dezember letzten Jahres einen Antrag auf Abschaltung von Isar 1 gestellt? Das waren wir. Was ist seither anders? Oder haben Sie etwas verheimlicht? Haben Sie Informationen, die wir nicht
haben, die wir vielleicht nie erhalten haben? Was steht denn in der geheimnisvollen Studie aus Österreich, die Herr Huber so gerne als Fernstudie bezeichnet und der er jegliche Redlichkeit abspricht?
Was steht denn in dieser Studie? Oder findet sich die Antwort in Ihrem Handeln, Herr Söder, als Sie gemeinsam mit Herrn Röttgen letzten Dienstag vor die Presse traten und sagten, jetzt stehe der Aspekt der Sicherheit im Vordergrund und dieser sei wichtiger als Gewinn- und Finanzfragen?
Ich weiß nicht, ob Ihnen klar war, was Sie da geäußert haben. Haben Sie eine Vorstellung, was diese Aussage für die Menschen in diesem Land bedeutet? Anscheinend waren Ihnen zuvor die Milliarden der Atomindustrie mehr wert als die Sicherheit der Millionen Kernkraftgegner in Bayern.
Das ist nicht bösartig. Herr Söder hat einen Amtseid geschworen und gesagt, er sorge sich um die Sicherheit und Gesundheit der Heimat und er werde sich dafür einsetzen, Schaden von ihr abzuwenden. Diesen Eid hat Herr Söder geleistet. Glaubt man Ihrer heute zelebrierten Einsicht, dann haben Sie jahrelang fahrlässig die Menschen hier in falscher Sicherheit gewiegt und sie objektiv in größte Gefahr gebracht.
Was war gestern, was war in Bayern vor 51 Tagen anders als heute? Sie handeln aus offensichtlicher Panik vor dem Wähler. Ist es das, was anders war? Dann werfen Sie den anderen Parteien Taktik vor. Sie müssen sich einmal an die eigene Nase fassen!
Der Notstand, der herrscht - das hat sich heute wohl gezeigt, Herr Söder - ist Ihr Erklärungsnotstand.
Uns reicht es nicht mehr, von Ihnen zu hören, Sie glaubten und Sie gingen davon aus, dass am Ende Berlin entscheide. Die Bürger in Bayern wollen von Ihnen Klartext und nicht eine Regierungserklärung wie heute.