Wissen Sie, wie sich Kürzungen in den Einzelhaushalten auf Frauen und auf Männer auswirken, wie zum Beispiel die Herabsetzung der Eingangsbesoldung im Staatsdienst? Wie viele Männer sind betroffen durch diese einseitigen Sparmaßnahmen und wie viele Frauen?
Kommt es hier zu einer einseitigen Belastung? Wissen Sie das? - Nein! Wissen Sie, ob die bestehenden Kürzungen die bestehenden Ungleichheiten verstärken oder nicht? Wissen Sie, ob der Mitteleinsatz bestehende Ungleichheiten verstärkt oder reduziert? Wissen Sie, ob die Gelder effizient eingesetzt werden und auch dort ankommen, wo sie erforderlich sind? Nein, das wissen Sie nicht, das wissen wir nicht und das weiß auch die Staatsregierung bisher nicht.
Es liegt aber in der Verantwortung der Staatsregierung, denn es ist ein Auftrag aus dem Europäischen Parlament, der bisher nicht umgesetzt wird. Das Finanzministerium hat zwar auf eine Schriftliche Anfrage meiner Landtagskollegin Dr. Simone Strohmayr
geantwortet, dass geschlechterspezifisches Denken zwar als wichtiger Schritt zur Modernisierung des Freistaates Bayern angesehen wird, doch sieht die Bayerische Staatsregierung keinen Anlass dafür, dieses "Wunschdenken" im Rahmen der Haushaltsplanung in die Realität umzusetzen. Lediglich beim Vollzug werde die Geschlechtergerechtigkeit beachtet. Das allerdings muss ich bezweifeln, weil auch dazu keine Zahlen vorliegen, Herr Staatsekretär.
Ich hoffe, dass das Parlament in Gänze schlauer ist, liebe Kolleginnen und Kollegen. Denn gerade in Zeiten knapper Kassen muss es doch das Anliegen aller sein, auf eine effiziente, transparente und zielführende geschlechtergerechte Haushaltsplanung und -steuerung hinzuwirken.
Die Erfahrungen haben gezeigt, Gender Budgeting trägt zu einer wirkungsorientierten und effizienteren Haushaltspolitik bei. Ich hoffe, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass Sie uns bei diesem Antrag unterstützen und dass das, was vor vielen Jahren vom Europäischen Parlament vorgegeben wurde, endlich auch in Bayern berücksichtigt und umgesetzt wird.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag, der uns heute vorliegt, will erreichen, dass die Geschlechterperspektive, das heißt der Gender Mainstream, im Haushaltswesen Anwendung findet. Es sollen Pilotprojekte durchgeführt und Arbeitsgruppen gebildet werden.
Unserer Meinung nach gibt hier vorrangig die Bayerische Verfassung in Artikel 18 Absatz 2 ganz konkret vor, dass sowohl der Gesetzgeber als auch die Exekutive zur Gleichbehandlung von Männern und Frauen verpflichtet sind.
(Zurufe und Lachen bei der SPD - Johanna Wer- ner-Muggendorfer (SPD): Sie gestatten, dass wir lachen!)
Das ist per Gesetz durchgängiges Handlungsprinzip, an das sich alle Entscheiderinnen und Entscheider, an welcher Stelle auch immer, halten müssen.
Liebe Kolleginnen, keine Aufregung. Ich räume natürlich ein, dass hier noch Anstrengungen nötig sind.
Ich räume ein, dass Anstrengungen nötig sind, bis eine echt geschlechtersensible Sichtweise bei allen angekommen ist und zur Regel wird. Es ist aber nicht die alleinige Aufgabe der Staatsregierung bzw. der von ihr beauftragten Gleichstellungsbeauftragten. Der Ministerrat hat sich 2002 und 2003 bereits mehrfach geäußert und einschlägige Beschlüsse gefasst. Das Thema ist flächendeckend rechtlich verankert.
Im Auftrag des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales entstand in Kooperation mit dem Gender-Zentrum der Universität Augsburg ein online-basiertes Angebot, das standortunabhängig und dezentral für alle zugänglich Information und Fortbildung ermöglicht.
Außerdem ist das Anliegen auch immer Thema der Ausbildung der Beamtinnen und Beamten im öffentlichen Dienst. Wir meinen, dass das Bewusstsein für Geschlechtersensibilität allein dadurch befördert wird, dass immer mehr Frauen insbesondere im öffentlichen Dienst an Entscheidungspositionen kommen und dass immer mehr Männer für diese Belange aufgeschlossen sind.
Zudem, das halte ich für sehr wichtig, kommen von außen, sei es durch Verbände oder Initiativen im vorpolitischen Raum entsprechende Ideenpotenziale. Auch das ist richtungsweisend. Auch wir wollen hier erreichen, was Sie wollen. Wir haben aber andere Wege und Arbeitsweisen.
Wir wollen ebenso eine bürger- und geschlechtergerechte Haushaltspolitik und setzen uns insbesondere dafür ein, dass wir auf Fehlermeldungen im System reagieren oder bürgerfreundlich und bedarfsgerecht präventiv agieren. Ich glaube, meine Damen und Herren, es gibt viele Bereiche in unserer politischen Landschaft, unserer Gesellschaft und unserem Staatsgefüge, wo dieses aktive Eingreifen nicht nötig ist, sondern wo das Anliegen zum Selbstläufer wird. Wenn man jeden Haushaltsansatz und jeden Euro einer stringenten Prüfung unterzieht, bedeutet das letztendlich mehr Bürokratie.
Im Übrigen möchte ich auch darauf verweisen, dass es noch nicht lange her ist, dass wir ein EuGH-Urteil in Empfang nehmen konnten, durch das die Versicherungen aufgefordert sind, entsprechende Unisex-Tarife auf den Markt zu bringen. Das hängt indirekt damit zusammen, nicht aber mit dem von Ihnen gewollten Weg.
Zuletzt möchte ich darauf hinweisen, dass wir das Anliegen nicht mit einer aufbauschenden Bürokratie regeln wollen, die wir ohnehin ständig beklagen, sondern wir versuchen Lösungsansätze zu entwickeln, die, wie bereits gesagt wurde, bedarfsgerecht sind. Wenn wir Benachteiligungen insbesondere von Frauen feststellen, werden wir sehr wohl ein Augenmerk auf den kleinen Unterschied legen.
Frau Naaß, Sie haben das Konjunkturpaket angesprochen. Warum sollten wir ausgerechnet hier einschreiten? - Es war eine männlich geprägte Arbeitslosigkeit. Im sozialen Bereich haben viele Frauen Arbeit. Dort war die Arbeitslosigkeit und das Abschmelzen von Arbeitsplätzen so gut wie nicht gegeben. In der Wirtschaftskrise haben wir eine Arbeitslosigkeit der Männer durchlaufen. Ich meine, wir haben sie mit den richtigen Maßstäben gemeistert. Für jedes Programm, das der Staat auflegt, können sich Frauen und Männer bewerben. In diesem Sinne ist es für alle offen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Naaß, ich gebe Ihnen auf jeden Fall recht, dass das Thema "Geschlechtergerechtigkeit" eines der wichtigsten Themen ist. Es verdient am Schluss
unserer heutigen Debatte unser aller Aufmerksamkeit. Ob es allerdings eine geschlechtergerechte Haushaltsplanung sein muss, will ich offen lassen. Das Gender Budgeting ist in Deutschland rechtlich kaum vorhanden oder verankert. Selbst in Berlin - Sie haben es erwähnt - wurde im Landeshaushalt noch keine definitive Regelung dafür gefunden. Mit Ihrem Antrag möchten Sie eine geschlechtergerechte Haushaltspolitik erreichen. Damit wird suggeriert, dass eine Ungerechtigkeit vorliegt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben nur noch drei Wortmeldungen. Ich meine, dass unsere Geduld so lange reichen sollte. Bitte seien Sie etwas ruhiger.
Wenn wir über Gender Budgeting sprechen, sprechen wir auch über den Einsatz von Haushaltsmitteln und die Erhebung von Steuern und ihre Wirkung auf das Politikziel der Gleichberechtigung von Männern und Frauen. Die grundsätzliche Frage, die ich mir stelle, wird über verschiedene Projekte, die bundesweit gelaufen sind, nicht beantwortet, nämlich ob Frauen oder Männer durch die Haushaltsansätze stärker gefördert oder benachteiligt werden und ob Sparmaßnahmen die Geschlechter in unterschiedlichem Ausmaß belasten.
Will man diese Fragen beantworten, müsste man eine systematische Prüfung aller Einnahmen und Ausgaben im Haushaltsprozess bei der Aufstellung, Ausführung und Rechnungslegung sowie aller haushaltsbezogenen Maßnahmen auf die ökonomischen Effekte für Männer und Frauen sowie auf die gesellschaftlichen Geschlechterverhältnisse durchführen.
Es gibt durchaus Vorteile, die dafür sprechen. Die Ausgaben eines Staates stellen einen bedeutenden Teil des Bruttoinlandproduktes dar, und staatliche Ausgaben und Einnahmen greifen in nahezu alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens ein. Daher ist die Auswirkung des staatlichen Handelns und dessen ökonomische Wirkung von zentraler Bedeutung für Fragen der Gleichstellung von Männern und Frauen. Gerade die nicht offensichtlichen Wirkungen spielen dabei eine Rolle. Daher ist es interessant zu wissen, wie sich die aktuelle Haushalts- und Finanzpolitik bzw. die Prioritätensetzung der Politik, die durch das jeweilige Budget ausgedrückt wird, auf die gleichstellungsrelevanten Fragen auswirken. Wenn man das darstellen wollte, wäre das in der Tat eine hervorragende Grundlage für eine fundierte Gleichstellungspolitik. Der Nachteil - das ist die hohe Hürde - ist der re
lativ hohe bürokratische Aufwand. Ich habe heute Nachmittag noch einmal mit der Stadtverwaltung von Köln telefoniert. Dort wurde mir bestätigt, dass zusätzliche Stellen geschaffen werden müssten, um die nötigen Daten zu erheben. Mit dem Haushalts- und dem Gender Personal müsste intensiv zusammengearbeitet werden. Sie haben vorhin gesagt, in Zeiten knapper Kassen würde das zu mehr Effizienz führen. Das will ich in Frage stellen, da man mehr Bürokratie und mehr Personal braucht. Insofern ist es nicht so einfach, wie Sie das behauptet haben.
Die Berechnungen, die Sie angestellt haben, sind zum Teil hoch kompliziert und in ihren Aussagen nicht eindeutig. Deshalb stellt sich für mich die Frage, ob dieser Aufwand gerechtfertigt ist und ob es nicht auch günstigere Informationen über die Auswirkung der Politik auf die Gleichstellung geben würde.
Der Antrag wird in der vorliegenden Form von den Freien Wählern abgelehnt, da zu viele Fragen noch offen sind. Transparenz, Verlässlichkeit und Übertragbarkeit sind bisher nicht geprüft. Allerdings scheint uns ein Bericht der Staatsregierung hierüber durchaus sinnvoll, um weitere Informationen zu bekommen. Als Anregung möchte ich geben, dass sich eventuell die Informationen, die sich über das Gender Budgeting ergeben würden, über einen einmaligen Bericht pro Legislaturperiode erreichen ließen. In diesem Sinne können wir dem Antrag in dieser Form leider nicht zustimmen.