Protokoll der Sitzung vom 12.05.2011

Aus Ihrer Frage möchte ich nicht schließen, dass Sie für die Zuwanderung in unsere Sozialsysteme sind. Aber ein bisschen hatte die Frage so geklungen. Dazu muss ich sagen: Wir sind komplett anderer Meinung. Nach unserer Meinung müssen die Menschen, die hier leben, ob sie einen Migrationshintergrund haben oder nicht, aus dem, was sie für unseren gemeinsamen Wohlstand erarbeiten, eine Absicherung und eine Möglichkeit zur Inanspruchnahme der Standards bekommen, die wir im Rahmen unserer Sozial

versicherungssysteme aufgebaut haben. Es kann aber nicht sein, dass die Menschen, die hier die Standards erarbeiten, von anderen im Rahmen der Zuwanderung benutzt werden, die ausschließlich zu diesem Zwecke zuwandern.

(Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

Entschuldigen Sie! Das müsste doch nachvollziehbar sein. Dann würde die gesamte Solidarität der Gesellschaft kippen, und dagegen muss man sich aussprechen.

Zeigen Sie mir doch ein Land, das sagt: Super, wir wollen gerne Menschen, die in unsere Sozialsysteme einwandern.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön, Frau Staatsministerin. Als nächster hat Kollege Unterländer das Wort.

Herr Präsident, Frau Staatsministerin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Staatsministerin, Sie haben eben in Ihren Ausführungen auf die grundsätzliche Problematik von Zuwanderung und einem Gleichgewicht in der Gesellschaft hingewiesen. Teilen Sie meine Auffassung, dass mit einer Diskussion über die Verfassung ein gesellschaftlicher Konsens hergestellt werden kann und die Aufnahme der Integration in die Verfassung mit ihrem Für und Wider eines der zukunftweisenden Themen in unserem Gemeinwesen sein könnte?

(Markus Rinderspacher (SPD): Wo ist Ihr Vorschlag? Reine Ankündigungspolitik!)

Glauben Sie, dass das ein sinnvoller Prozess ist?

Zum Zweiten möchte ich das Thema der Akzeptanz von Integrationsmaßnahmen in unserem Gemeinwesen in den Fokus stellen. Es geht mir um die Frage, wie verhindert werden kann, dass in größeren Städten Parallelgesellschaften entstehen, bedingt durch bestimmte Siedlungsstrukturen und soziale Maßnahmen.

Ist es möglich, diese Parallelgesellschaften in diesen Siedlungsstrukturen dadurch zu verhindern, dass man den Dialog mit den Vertretern der Migranten weiterentwickelt und verstärkt? Welche Maßnahmen sehen Sie insgesamt bei dem Konzept, Parallelgesellschaften zu vermeiden, als sinnvoll an?

Sicherlich gilt der Grundsatz: Integration ist ein zweiseitiger Prozess der aufnehmenden Gesellschaft und

derjenigen, die in unserem Land integriert werden wollen und müssen. Das erwartet unsere Gesellschaft schließlich von beiden Seiten.

Danke schön. Frau Staatsministerin, Sie haben das Wort.

Vielen Dank. Ich glaube, beide Fragen hängen eng zusammen. Sie haben genau das Fordern und Fördern zum Inhalt.

Zu Ihrer ersten Frage nach der Sinnhaftigkeit, die Integration in die Bayerische Verfassung aufzunehmen, möchte ich Folgendes festhalten: Die Bayerische Verfassung ist immer wieder um wichtige gesellschaftliche Themen ergänzt worden. Es gibt umfangreiche Staatszielbestimmungen. Zuletzt wurde die Verfassung in den Jahren 1998 und 2003 um Aussagen zu gesellschaftlichen Themen wie beispielsweise zu den Lebensbedingungen für Menschen mit Behinderungen oder auch zur Gleichberechtigung von Mann und Frau erweitert.

(Markus Rinderspacher (SPD): Und was ist nun Ihr Vorschlag heute?)

Weil sich eine Gesellschaft weiterentwickelt, hat sie eben auch immer neue Herausforderungen zu bewältigen. In diesem Kontext ist es für eine Zukunftsgesellschaft dadurch, dass wir immer mehr offene Grenzen und verbunden damit mehr Zuwanderung haben, eine Tatsache, dass unsere Gesellschaft immer offener wird. Sie wird immer globaler. Und gerade deshalb ist es so wichtig, dass eine solche Gesellschaft auch Antworten auf die Zukunftsherausforderung der Integration findet und diese als gesellschaftliches Ziel in die Verfassung einbindet. Das gilt ebenso wie bei den drei anderen Themen, die ich genannt habe. Und das muss mit den Inhalten des Förderns und Forderns geschehen.

Und nun zum Prinzip der Gegenseitigkeit. Ich habe in meiner Regierungserklärung schon gesagt: Integration ist ein Vertrag auf Gegenseitigkeit. Dies muss deshalb in die Verfassung, weil es sich dann um bindendes objektives Verfassungsrecht handelt, an dem Handlungen und Unterlassungen des Staates, aber auch der Gemeinden und Körperschaften des öffentlichen Rechts zu messen sind. Damit findet auch die Durchdringung in der Gesellschaft statt.

Wir haben immer das in die Bayerische Verfassung hineingeschrieben, was uns wichtig gewesen ist. Hier geht es um eine ganz zentrale Zukunftsfrage der Gesellschaft. Denn wenn wir die Integration der Menschen, die bei uns leben, nicht meistern, werden die Folgen davon unsere Kinder und Enkel zu tragen

haben. Das ist die Gesellschaft der Zukunft, an der sich messen wird, ob wir heute die richtigen Weichen stellen.

Der zweite Fragenkomplex zielt auf die Vermeidung von Parallelgesellschaften ab. Wir könnten uns bei den großen Erfolgen, die wir haben, zurücklehnen. Ich kenne viele andere Länder, die das tun; sie verweisen auf Berlin und sagen, dort sei alles viel schlimmer. Wir brauchen nichts mehr zu machen.

Wir in Bayern haben in unseren Städten - das wird meist übersehen -, sowohl in München als auch in Nürnberg oder Augsburg, deutlich höhere Anteile von Menschen mit Migrationshintergrund als beispielsweise Berlin. Gleichzeitig haben wir aber deutlich weniger Probleme, weil wir schnell reagieren und auf das Prinzip Dialog setzen.

(Widerspruch bei der SPD und den GRÜNEN)

Das tun nicht nur wir, sondern das tun alle Menschen in diesen Städten. Integration muss schließlich von Mensch zu Mensch stattfinden.

Wir haben seit vielen Jahren das Programm "Soziale Stadt". Das hat bei der städtebaulichen Erneuerung dafür gesorgt, dass sich keine Parallelgesellschaften bilden.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Dieses Programm wird von den Kommunen in hervorragender Weise umgesetzt.

Eine entscheidende Rolle für die erfolgreiche Integrationsarbeit vor Ort spielt aber auch das Quartiersmanagement, das aus den Mitteln des Programms "Soziale Stadt" gefördert wird.

(Anhaltende Zurufe von der SPD und den GRÜ- NEN - Glocke des Präsidenten)

Hier ist die zentrale Aufgabe die Verbindung mit der Mehrheitsbevölkerung, um ein gegenseitiges Klima der Anerkennung zu schaffen.

Der Beitrag gegen die Entstehung von Parallelgesellschaften betrifft aber nicht nur bauliche Maßnahmen, die sich nicht in jedem Jahr in gleicher Höhe halten lassen - mein Vorredner hat das gerade schon deutlich gemacht -, sondern auch diese niederschwelligen Programme, mit denen wir in die Familien hineingehen und Millieus identifizieren, in denen die Integration noch nicht so gut geklappt hat. Dabei arbeiten wir auch sehr stark mit den Jugendlichen. Ich bin schon mehrfach auf diese Programme eingegangen, und in diesem Sinne nenne ich sie nur noch als Ergänzung.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön, Frau Staatsministerin! Als nächster Redner hat das Wort der Kollege Erwin Huber.

Frau Ministerin, Sie sind sehr fachkundig auf die Sachfragen eingegangen.

(Heiterkeit bei der SPD und den GRÜNEN)

Ich möchte Sie ermuntern, die Aschermittwochkultur und die bayerische Wirtshauskultur gegen diese unbayerischen Angriffe der SPD zu verteidigen.

(Beifall und Heiterkeit bei der CSU - Zurufe und Widerspruch bei der SPD und den GRÜNEN)

Der CSU-Vorsitzende hat mit seiner Rede am Aschermittwoch in Passau eine bundesweite Wirkung erzielt, wie sie Herr Rinderspacher in zehn Jahren nicht erreicht hat. Deshalb sind seine dortigen Vorschläge zur Integration und zur Förderung des ländlichen Raumes oder auch zum ausgeglichenen Haushalt und zum Ehrenamt nicht nur auf große Zustimmung gestoßen, sondern waren auch ein wichtiger Impuls.

(Zuruf des Abgeordneten Markus Rinderspacher (SPD))

Und wenn die SPD ihre Bürgerferne durch ihre unbayerische Art nicht aufgibt, wird sie nie über 20 % hinauskommen.

(Beifall bei der CSU - Zurufe von der SPD)

Danke schön, Herr Kollege Huber. Frau Staatsministerin, Sie haben das Wort.

Ich fühle mich durch diesen Appell, der mit dieser Frage einhergegangen ist, bestärkt, noch einmal deutlich zu machen, dass wichtige Impulse in einer Demokratie glücklicherweise von den Parteien ausgehen.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Da braucht man sich nicht zu wundern, dass es draußen so zugeht!)

Danke schön, Frau Staatsministerin. Als nächster hat Kollege Dr. Barfuß das Wort.

Herr Präsident Bocklet, Herr Ministerpräsident Seehofer, Frau Staatsministerin Haderthauer, meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich dem Integrationsbeauftragten des

Freistaates Bayern, unserem Kollegen Martin Neumeyer, für seine engagierte Arbeit meinen Dank und meinen Respekt - vielleicht auch in Ihrem Namen aussprechen.

(Zurufe von der CSU: Bravo! - Beifall der Abge- ordneten Renate Ackermann (GRÜNE))

Meine Frage lautet: Frau Staatsministerin, darf ich davon ausgehen, dass mit der Intention des Ministerpräsidenten, das Thema Integration in die Verfassung aufzunehmen, impliziert wird, dass der Freistaat Bayern die Notwendigkeit einer geordneten Zuwanderung als einen Beitrag zur Milderung des Fachkräftemangels anerkennt,