Protokoll der Sitzung vom 09.06.2011

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Das frage ich mich.

Bayern muss mehr für die Gemüsebauern tun. Die Bayerische Staatsregierung soll nicht nur auf die EU und den Bund verweisen. Die Dringlichkeitsanträge der GRÜNEN und der SPD möchte ich aufgrund der Kürze der Zeit nicht weiter kommentieren. Diese Anträge gehen auf jeden Fall in die richtige Richtung. Wir werden allen drei Anträgen zustimmen, da wir einen Berichtsantrag, auch wenn dieser populistisch ist, schlecht ablehnen können.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Jetzt erteile ich Frau Kollegin Franke von der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren! Vorweg kann ich sagen, dass wir dem Berichtsantrag der CSU und der FDP zustimmen werden. Selbstverständlich stimmen wir auch der Forderung nach Entschädigung betroffener Gemüseerzeuger zu. Wir werden auch dem Berichtsantrag der SPD zustimmen.

Meine Damen und Herren, das reicht jedoch angesichts der völlig unkoordinierten Vorgehensweise der Behörden und der verzögerten sowie lückenhaften Untersuchungen und Befragungen nicht aus. Die daraus entstandenen falschen Verdächtigungen und Warnungen durch das Bundesverbraucherschutzministerium haben zu hohen Ausfällen bei den Gemüseerzeugern geführt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

EU-Kommissar Dalli hat erst gestern Bündelungen und Koordinationen der Behörden gefordert. Das, was Herr Dr. Hünnerkopf über die Koordination gesagt hat, stimmt nicht. Deshalb fordern wir mit unserem nachgezogenen Dringlichkeitsantrag die Bayerische Staatsregierung auf, sich für eine bessere Koordination der zuständigen Bundes- und Landesbehörden einzusetzen. Eine schnelle und umfassende Untersuchung aller relevanten Verdachtsmomente muss durch eine kompetente und klar strukturierte Einsatzleitung auf Bundesebene gewährleistet sein. Es kommt darauf an, dass die relevanten Ämter und Institute gut vernetzt sind. Die Gründe sind gerade von Herrn Dr. Vetter ausgeführt worden. Wir wollen keine neue Behörde, wie Herr Söder befürchtet hat. Wir fordern lediglich eine Vernetzung. Diese ist dringend notwendig.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Fünf Wochen nach der ersten Ehec-Infektion gibt es immer noch keine Erkenntnisse über die Infektionsquelle. Möglicherweise wird die Quelle nach einer so langen Zeit nicht mehr identifiziert werden können. Zum Beispiel vergingen drei Wochen, bis die Patientenproben in den Ehec-Speziallabors ankamen. Die Patientenbefragung ist viel zu spät und begrenzt angelaufen. Auch die Auswahl der Lebensmittel, nach denen gefragt wurde, war zu eingeengt. Nach dem Verzehr von Sprossen, die in der Vergangenheit schon als Träger von Ehec aufgefallen waren, wurde gar nicht erst gefragt. Die fehlende klare Kompetenzaufteilung zwischen Bund und Ländern hat sich fatal bemerkbar gemacht. Sie kennen die Zahlen. Sie wurden schon erwähnt. Die beiden zuständigen Bundesministerien haben sich lange weggeduckt. Es gab

Kommunikationsprobleme, und es fehlte eine echte Entscheidungskompetenz.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Leider bleibt die Gewissheit, dass der jetzige EhecAusbruch nicht der letzte sein wird. Deshalb brauchen wir möglichst bald eine krisenfeste, schlagkräftige Organisationsstruktur. Deshalb haben wir zu dem Berichtsantrag einen zusätzlichen Antrag gestellt. Zu dieser Beschlussfassung müssen wir den Bericht nicht abwarten. Da wir gesehen haben, woran es hapert, können wir diese Forderung jetzt schon beschließen.

Die Kompetenz der Ärztinnen und Ärzte und der Fachleute aus der Biomedizin, Tiermedizin und der Lebensmittelüberwachung muss gebündelt werden, und dabei muss der vorsorgende Verbraucherschutz stets absolute Priorität vor wirtschaftlichen Interessen haben.

(Zuruf des Abgeordneten Karl Freller (CSU))

- Das hat sie gewusst. Sie hat es durchgeführt und den Verbraucherschutz an erste Stelle gesetzt. Das wissen Sie. Bundesverbraucherschutzministerin Aigner stellt den Verbraucherschutz an die letzte Stelle.

Die Koordination der wissenschaftlichen Nachforschung, der Risikoabschätzung im Ernstfall, der gesundheitlichen Vorsorge und der wirtschaftlichen Schadensbegrenzung in solchen Situationen muss an zentraler Stelle in Bundeskompetenz verankert und von allen Ländern mitgetragen werden.

Und die Länder müssen kontrollieren. Damit bin ich bei dem zweiten Punkt. Die Zahl der Lebensmittelkontrolleurinnen und -kontrolleure, der Veterinärärztinnen und -assistentinnen, -ärzte und -assistenten an den Landratsämtern und am Landesamt für Gesundheit in Bayern muss, wie seit Langem gefordert, dem gestiegenen Bedarf endlich angepasst werden. Sie wissen, dass seit Langem nur eine Mangelverwaltung stattfindet. Nur in den dringendsten Fällen und in den riskantesten Betrieben wird kontrolliert. Mittlerweile tragen fast alle Rinder den Ehec-Keim in sich. Verstärkte Kontrollen werden in Zukunft nötig sein. In Kliniken und an Lebensmitteln werden verstärkte Kontrollen nötig sein, damit neue Entwicklungen früh erkannt werden.

Immer wieder in den letzten Jahren und erst kürzlich bei der letzten Haushaltsdebatte haben wir die längst fällige Aufstockung der Stellen für Lebensmittelkontrolleurinnen und -kontrolleure sowie Laborassistentinnen und -assistenten gefordert. Die Staatsregierung hat die Forderung abgelehnt. Auch die Stellen der Ve

terinärärztinnen und -ärzte sowie der -assistentinnen und -assistenten wurden nicht, wie von uns gefordert, durch weitere Stellen ergänzt. Wir halten dies angesichts der wichtigen und wachsenden Aufgaben im Rahmen des vorsorgenden Verbraucherschutzes für dringend nötig und bitten deshalb, unserem Antrag zuzustimmen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Bevor ich Herrn Kollegen Dr. Bertermann an das Redepult bitte, darf ich bekannt geben, dass die CSU-Fraktion namentliche Abstimmung für ihren Dringlichkeitsantrag beantragt hat. Herr Kollege Dr. Bertermann für die FDP-Fraktion.

(Vom Redner nicht auto- risiert) Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube nicht, dass sich das Thema dazu eignet, um politische Schlammschlachten oder Planspiele zu machen. Dafür ist die Erkrankung zu wichtig. Das eignet sich nicht für politische Auseinandersetzungen.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Hier steht die Glaubwürdigkeit des Hohen Hauses und der Parlamentarier infrage, wenn wir unsere Schlammschlachten weiter in diese Richtung führen. Das ist der falsche Weg, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und der CSU - Kathrin Son- nenholzner (SPD): Das bedeutet, dass Sie unserem Berichtsantrag zustimmen!)

Ich komme zu meinen kurzen Bemerkungen. Wir wollen nicht mehr und nicht weniger, als einen Bericht. Diesen Bericht werden wir bekommen.

Lassen Sie mich einige Anmerkungen politischer Art machen. Ich möchte herzlich für die besonnene und sensible Art des LGL und im Besonderen seines Präsidenten, Herrn Dr. Zapf, danken, dass er die Hysterie, die in Bayern möglich wäre, deeskaliert, die Bevölkerung sachlich informiert hat und wir in Bayern sehr solide und verantwortungsbewusst das Problem behandelt haben im Gegensatz zu manchen Medien, die gewünscht hätten, dass es eskaliert, um den Absatz ihrer Blätter zu steigern. Herzlichen Dank, lieber Herr Dr. Zapf, dass Sie das so souverän geregelt haben.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Kollegin Stahl?

Am Ende meiner Rede.

Dann also eine Zwischenbemerkung.

(Christine Stahl (GRÜNE): Dann habe ich mehr Zeit!)

Eine zweite Sache hat mich als Koalitionspartner etwas nachdenklich gemacht. Frau Kollegin Sonnenholzner, auch Sie haben gesagt, unser Minister sei auf Tauchstation gegangen. Ich kann nur sagen: Gott sei Dank ist er auf Tauchstation gegangen.

(Kathrin Sonnenholzner (SPD): Da stimme ich Ihnen zu; wenn er es nur öfter täte!)

Ich wiederhole: Gott sei Dank.

(Zurufe von der SPD, den FREIEN WÄHLERN und den GRÜNEN - Lachen bei der SPD, den FREIEN WÄHLERN und den GRÜNEN)

Ich wiederhole es zum dritten Mal: Gott sei Dank. Mir ist das ein sehr ernstes Anliegen. Wie wäre es, wenn jemand wie unser Minister, der in der Öffentlichkeit so große mediale Präsenz hat, jeden Tag eine neue Meldung über Ehec herausgebracht und die Bürger unseres Landes weiter verunsichert hätte?

(Kathrin Sonnenholzner (SPD): Einmal hätte schon gereicht!)

Es war eine vorausschauende und verantwortungsvolle Politik. Er hat in diesem Bereich die Sensibilität erbracht, die ich persönlich von ihm erwartet habe.

(Lachen bei der SPD, den FREIEN WÄHLERN und den GRÜNEN)

Deshalb, meine Damen und Herren, habe ich einige weitere Anmerkungen. Wir haben im Bereich Ehec noch keine Entwarnung, da die Infektionskette nicht abschließend geklärt ist. Wir haben es aber mit einer tödlichen Erkrankung zu tun. Deshalb gehen gesundheitliche Interessen vor wirtschaftliche Interessen. Das ist der Grund, weshalb manche Landesgesundheitsminister schon früh eine Warnung herausgegeben haben. Warum? - Weil ihnen die Gesundheit ihrer Bürger am Herzen liegt und die wirtschaftlichen Interessen hintangestellt wurden. Ich meine, das ist eine klare Übernahme der Verantwortung als Landesgesundheitsminister.

Bayerns Bauern müssen entschädigt werden. Das ist richtig. Wer aber soll zahlen? - Wir sind Mitglied in der EU. Wenn in der EU Solidarität herrscht, müssen auch die anderen Länder sich zu dieser Solidarität bekennen. Warum soll in erster Linie Bayern bezahlen,

da wir auch Mitglied sind? Lassen wir doch primär zunächst die anderen Länder zahlen. Wir danken Landwirtschaftsminister Brunner, weil er Druck ausgeübt hat, dass die EU zahlen soll. Erst soll die EU zahlen und dann die Bayerische Staatsregierung.

Ich möchte mich - das ist bisher zu kurz gekommen bei den Schwestern und Ärzten herzlich bedanken, die mehr arbeiten mussten. Sie mussten nicht mehr arbeiten, weil es mehr Ehec-Fälle gab, sondern weil sich mehr Menschen mit gastrointestinalen Infektionen in den Ambulanzen der Krankenhäuser vorgestellt haben. Im Schwabinger Krankenhaus wird man Ihnen das bestätigen. Mein Dank gilt also den Ärzten und Schwestern, die sich diesem Problem gestellt haben.

Die Anträge der SPD lehnen wir aus den genannten Gründen ab. Wir lehnen auch den Antrag der GRÜNEN ab, weil wir der Meinung sind, dass wir noch nicht genügend Daten haben, um diese zu bewerten, da die Epidemie noch nicht abgeschlossen ist.

Ich komme zur Aussage über den Krisenstab und dass nicht schnell genug reagiert worden sei. Frau Aigner und Herr Bahr hatten vom ersten Tag an einen nationalen Krisenstab, der eng mit den Ländern, dem Bundeslandwirtschaftsministerium und dem Bundesgesundheitsministerium kooperiert hat. Wir hatten in Bayern Gott sei Dank eine Task Force, die auch funktioniert hat, die kommuniziert hat. In diesen Fragen kann man uns also keine Versäumnisse vorwerfen.

Lassen Sie mich zum Schluss die Empfehlungen, die aus dem Reich der GRÜNEN kommen, kurz kommentieren. Was Sie fordern, was Herr Trittin und Frau Künast gefordert haben, ist ein nationaler Kontrollplan für Deutschland von oben nach unten bis in den letzten landwirtschaftlichen Betrieb. Lassen Sie sich das auf der Zunge zergehen: Da ist "national" drin, "Kontrolle" und "Plan". Sie können sich einen Reim darauf machen, wie das funktionieren soll, nämlich ähnlich wie in der Planwirtschaft. Das ist Politik von oben nach unten, das ist eine bürgerfeindliche Politik. Das ist in meinen Augen "DDR light". Wie soll das funktionieren? Von oben nach unten durchorganisiert? - Das ist mit uns nicht zu machen.

(Zurufe von den GRÜNEN - Unruhe bei der SPD)

Wenn Sie eine Superbehörde fordern, dann verweise ich auf die Erfahrungen, die wir schon in der Vergangenheit gemacht haben. Wir hatten ein Bundesgesundheitsamt, das musste 1994 aufgelöst werden, weil es zu viele Probleme gab. In den Vereinigten Staaten haben wir das Center of Disease Control. Auch dieses Center of Disease Control war nicht in der Lage, während der Schweinegrippe alle Fälle adä

quat zu versorgen. Es gab reihenweise Menschen, die keine Medikamente bekommen haben. Der langen Rede kurzer Sinn: Eine Superbehörde löst die Probleme nicht.