Protokoll der Sitzung vom 12.10.2011

Schauen Sie doch einmal nach Nordrhein-Westfalen. Die Abschaffung der Studiengebühren bedeutet minus 19 Millionen Euro für die Hochschulen. Das ist Fakt.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Das gilt auch für die Jahre des doppelten Abiturjahrgangs in Nordrhein-Westfalen im Jahre 2013. Das ist die Wahrheit.

Die ersten Schnellmeldungen erwarten wir in der Tat für den 14.Oktober. Die Splittung der Studierenden war eine hervorragende Maßnahme. Den Absolventen des G 9 und denjenigen, die sich noch auf der Warteliste befunden haben, haben wir die Möglichkeit zum Studieren eingeräumt. Im Sommersemester

haben 13.147 Studierende ihr Studium begonnen. Das sind 8.200 Studierende mehr als in einem normalen Sommersemester. Spezielle Studienangebote wie das Programm "two-in-one" der TU München ermöglichten es, zusätzliche 3.500 Studierende aufzunehmen. Dieses Programm läuft super und wird gut betreut. Gleichzeitig konnten wir die Kapazitäten erhöhen. Die Zahl der Studierenden in den zulassungsbeschränkten Studienfächern wird gegenüber dem Vorjahr von 30.000 auf 36.000 ansteigen.

Verehrte Damen und Herren, noch ein Wort zu den Problemen des Medizinstudiums. In der Medizin - das wissen Sie - bin ich durch einen Staatsvertrag gebunden. Das hat mich jedoch nicht daran gehindert, in diesem Jahr 80 zusätzliche Studienplätze zu schaffen. Dabei habe ich nicht auf die anderen Bundesländer geschielt. Die Studienplätze wollte ich in Bayern anbieten. In Verhandlungen ist es uns gelungen, über zusätzliche 66 Plätze für das jetzige Wintersemester für die Vorklinik zu verhandeln. Das übernehmen die Universitätskliniken bzw. die Fakultäten. Das ist der richtige Ansatz. Unabhängig davon habe ich noch 75 Plätze für den klinischen Abschnitt verhandelt. Wir haben in Bayern auch für den Ausbau der MedizinStudienplätze alles unternommen, was möglich war

Lassen wir doch das Argument, ich hätte die Studentenwerke gekürzt. Wir wissen, dass die Studentenwerke auf 140 Millionen Euro Rücklagen saßen. Darum habe ich gesagt: Ich will einen Betrag zurück. Das ist längst wieder ausgeglichen. Nehmen Sie das bitte endlich zur Kenntnis. Ich habe nicht die Studentenwerke gekürzt - die Rücklagen sind zurückgeführt worden. Das war die einzige Maßnahme. In Bayern werden 40 % aller Baumaßnahmen für neue Wohnungen für Studierende durchgeführt. Das ist Fakt. Wir liegen also bei 13 %; Herr Jörg hat es ausgeführt.

Entscheidend ist die Zahl 10.000. Ja, ich habe diese Zahl öffentlich genannt, und dabei habe ich mir etwas gedacht. Im Koalitionsvertrag steht nämlich: weitere 10.000 Studienplätze bei Finanzierbarkeit ab 2011. Herr Piazolo, wir haben doch noch 2011. Es gibt doch auch noch Nachtragshaushaltsverhandlungen. Ich werde mit meinem Koalitionspartner selbstverständlich in diese Nachtragshaushaltsverhandlungen gehen. Und diese 10.000 Studienplätze werden nicht für den kommenden doppelten Abiturjahrgang benötigt. Deswegen ist dieser Antrag abzulehnen.

(Zuruf von der SPD)

- Nein, ich brauche sie doch nicht jetzt. Ich brauche sie wegen der KMK-Prognose in den nächsten Jahren. Frau Gote hat es gesagt.

(Zuruf von der SPD)

- Nein, Sie unterstützen mich nicht. Was hier gesagt wurde, ist Fakt. Bitte, passen Sie auf. Auch Frau Gote hat es ausgeführt.

(Zuruf von der SPD)

- Ich weiß, Sie glauben Frau Gote mehr. Sie braucht Ihnen nicht leid zu tun; das ist doch auch einmal schön. Ich weiß, wir sind über der Zeit, wollte aber das nochmals deutlich machen: Die 10.000 werden jetzt investiert und verhandelt. Ich bin guter Dinge, dass ich das schaffe. Sie können davon ausgehen, dass ich genau hinschaue. Wenn es so weit ist, werden wir nochmals einen Schritt weitergehen. Das ist Zukunftsmusik. Das ist nicht zitierfähig. Jetzt will ich die 10.000 Studienplätze für die nächsten Semester und nicht für den doppelten Abiturjahrgang.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Herr Staatsminister, vielen Dank, dass Sie gleich am Redepult bleiben. Herr Dr. Piazolo, bitte.

Der Koalitionsvertrag liegt mir hier vor. Darin heißt es auf Seite 18 - ich lese vor -:

Wir werden an den bayerischen Hochschulen 38.000 zusätzliche Studienplätze schaffen und bei Finanzierung nach 2011 weitere 10.000.

Das ist das, wovon wir reden. Nun kommt Satz 2:

Außerdem stellen die Hochschulen ausgehend vom Basisjahr 2005 in anerkennenswerter Weise im Bestand weitere 10.000 Studienplätze zur Verfügung.

Das ist noch nicht erfolgt, Herr Heubisch. Diese 10.000 Studienplätze sind noch nicht da. Die erwarte ich.

Des Weiteren erwarte ich, dass man sich nach ein paar Jahren den Koalitionsvertrag nochmals vornimmt und prüft, was noch nicht abgearbeitet ist. Dabei ist festzustellen: Da fehlen 10.000 Studienplätze, und um die bitte ich. Es ist bereits das zweite Mal, dass wir den Koalitionsvertrag besser kennen als die Koalition.

Herr Minister, bitte schön.

Genau das habe ich gemacht: Ich habe, wie Sie es vorgelesen haben, ab 2011 diese 10.000 Studienplätze eingebracht. Bei der anderen Zahl steht kein Datum.

(Zuruf des Abgeordneten Prof. Dr. Michael Piazo- lo (FREIE WÄHLER))

- Herr Piazolo, ich muss doch an den Hochschulen im doppelten Abiturjahrgang entsprechende Studienplätze realisieren.

(Zuruf des Abgeordneten Prof. Dr. Michael Piazo- lo (FREIE WÄHLER))

- Das kann ich doch jetzt nicht sagen. Sie sagten eben, die Leute kämen aus Baden-Württemberg, und das ist übrigens eine große Gefahr. Ich glaube, dass Baden-Württemberg zu wenig Studienplätze aufgebaut hat und die Studenten trotz Studienbeiträgen, wie Sie meinen, nach Bayern kommen. Diese Gefahr sehe ich hier in der Tat. Ich gewinne dem etwas Positives ab. Das sind gute Studierende, die dann auch in Bayern die dringend notwendigen Arbeitsplätze besetzen werden.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Es liegen mir keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung:

Der federführende Ausschuss für Hochschule, Forschung und Kultur empfiehlt auf Drucksache 16/9686 die Ablehnung des Dringlichkeitsantrags. Wer dagegen dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktionen der FREIEN WÄHLER, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Frau Dr. Pauli: Zustimmung. Die Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. - Alle Abgeordneten der CSU und der FDP. Stimmenthaltungen? Keine. Damit ist der Dringlichkeitsantrag abgelehnt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 8 auf:

Antrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Ulrike Müller u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Weiterentwicklung der Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik Spielräume zum Erhalt bäuerlicher Strukturen schaffen (Drs. 16/8723)

Ich eröffne die Aussprache. Die Redezeit beträgt fünf Minuten pro Fraktion.

Ich darf zunächst Frau Kollegin Müller ans Redepult bitten. Bitte schön, Frau Kollegin.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Alle Blicke der Agrarpolitik sind heute in Richtung Brüssel gerichtet. Auch wenn es jetzt schon spät ist, dürfen

Sie versichert sein, dass das für Bayern wichtig ist. Deshalb habe ich diese Tagesordnungspunkte hochgezogen.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Die Kommission hat heute ihre Vorschläge zur Weiterführung der gemeinsamen Agrarpolitik veröffentlicht. Vieles war zuvor bekannt; so viel Neues ist nicht daraus geworden. Wir hatten fast damit gerechnet. Wenig Aufmerksamkeit bekamen vor zwei Tagen die Organisationen der Vereinten Nationen. In Rom wurde nämlich der Welthungerbericht veröffentlicht, und das war eine Furcht erregende Bilanz: 925 Millionen Menschen auf der Welt hungern. Wir sind vom vorgegebenen Ziel, die Zahl der Hungernden bis 2015 zu halbieren, unendlich weit entfernt

Wir sitzen hier in Europa tatsächlich auf einer Insel der Glückseligen. Gerade deshalb, weil wir in Bayern leben, müssen wir eine verantwortungsvolle Agrarpolitik betreiben. Nachhaltigkeit und gute Erträge ohne Raubbau an der Natur sind bei uns in Bayern möglich. 12 Millionen Bauernhöfe in der EU produzieren eine ungeheuere Vielfalt an Lebensmitteln. Vielfältig sind aber auch die Unterschiede in unseren bayerischen Regionen. Je nach Region haben wir Produktionsschwerpunkte in den Betriebsgrößen, im Kapital- und im Arbeitskräfteeinsatz. Wir sind hier enorm vielfältig und unterschiedlich aufgestellt. Auch bei uns gibt es Gunstlagen und extrem benachteiligte Gebiete.

Viele kleine Betriebe leisten einen unschätzbaren Beitrag zum Erhalt der Kulturlandschaft. Wir FREIEN WÄHLER wollen die Vielfalt der Landwirtschaft erhalten und fördern. Die Zeichen stehen derzeit gut. Um es einfach zu sagen: Was zurzeit in den neuen Bundesländern gekürzt wird, bleibt auch dort - kein Euro davon kommt nach Bayern -, wenn wir Obergrenzen schaffen und hier Kappungen einführen. Deshalb müssen wir auch andere Möglichkeiten suchen.

Eine gute Möglichkeit ist die in unserem Antrag geforderte Sockelförderung für kleinere Betriebe. Mit der Kompetenz zur Ausgestaltung in der jeweiligen Region ist dies ein Baustein zur Verbesserung der Agrarpolitik. Herr Minister, wie gesagt: Es ist ein kleiner Baustein. Aber dieser Baustein ist aus unserer Sicht notwendig. Das ist übrigens nichts Neues und keine Erfindung der FREIEN WÄHLER. Die Kommission hat uns heute vorgeschlagen, dass wir das bei der Junglandförderung genauso machen können, nämlich einfach nur so mit einem Aufschlag von 25 %.

Herr Staatsminister Brunner, Sie haben am 18. Mai bei unserer Aussprache vor beiden Ausschüssen gesagt - ich zitiere -: "Die Positionen des Bayerischen Landtags im Sinne einer gemeinsamen Position auf

der Bundesebene sind zu berücksichtigen." Nur: Um eine Position zu vertreten, müssten wir in Bayern zuerst eine Position haben. Aus diesem Grund bitte ich Sie um Zustimmung zu unserem Antrag.

Die Vorschläge aus Brüssel liegen seit heute auf dem Tisch. Es gibt nichts, was dagegen spricht, sich nun endlich zu positionieren. In der bisherigen Debatte gab es immer wieder Aussagen wie etwa die, es sei noch zu früh, wir müssten noch abwarten. Herr Staatsminister Brunner, Sie haben kürzlich einen Brief nach Brüssel geschrieben - er ist noch nicht alt -, der unter der Überschrift "Das kann doch nicht Ihr Ernst sein" veröffentlicht wurde. Ich gebe diese Formulierung an die Regierungsparteien zurück. Es kann doch nicht Ihr Ernst sein, sich nicht zu positionieren und dann über die Entscheidungen der anderen zu lamentieren. Ich bitte Sie: Stimmen Sie unserem Antrag zur Sockelförderung zu, und wir werden gemeinsam eine Lösung für die bayerischen Betriebe finden, die auch die kleinsten Betriebe intensiv unterstützt.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Vielen Dank. Nächste Wortmeldung: Frau Kollegin Biechl, bitte.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Der Betreff des Antrags lautet: "Spielräume zum Erhalt bäuerlicher Strukturen schaffen". Bayern hat schon in der Vergangenheit bewiesen, dass die Spielräume, die uns Brüssel in diesem Zusammenhang einräumt, immer wieder genutzt worden sind. Gerade in der zweiten Säule spielen die besondere Förderung der Berg- und Almbauern, die Ausgleichszulage und einige andere Programme gerade für die genannten bäuerlichen Betriebe eine große Rolle. Ein Auszug aus dem bayerischen Agrarbericht 2010 zeigt uns, dass die staatlichen Zuwendungen gerade für Kleinund Nebenerwerbslandwirte 123 % des Einkommens betragen, für Haupterwerbsbetriebe nur 69 %.

Einen Sockelbetrag für Kleinbetriebe lehnen wir auch weiterhin ab; denn - wie in der Formulierung unter dem dritten Spiegelstrich beschrieben - dadurch entstünde die Gefahr, dass die gesamte Fördersumme durch den Sockelbetrag aufgebraucht würde. Hier sind wir uns absolut einig.

Mittlerweile stellt sich die Diskussionsgrundlage wieder ganz neu dar; Frau Kollegin, Sie haben es ja angesprochen. Die Kommissionsvorschläge, die seit heute auf dem Tisch liegen, sehen als Diskussionsgrundlage vor, dass Kleinbetriebe die Flächenprämie des jeweiligen Mitgliedstaates für bis zu drei Hektar erhalten, allerdings ohne Cross-Compliance-Auflagen, ohne ein Greening-Programm und mit der allerein

fachsten Antragsform. Jetzt gilt es, diese Vorschläge in aller Ruhe zu studieren, auf bayerische Verhältnisse herunterzubrechen und sich erst dann in die Diskussion einzubringen, für die wir noch eineinhalb Jahre Zeit haben. Die Kommission schlägt hier keine zusätzliche Förderung vor, sondern eine aus meiner Sicht sehr große bürokratische Erleichterung für die Klein- und Kleinstbetriebe. Darüber sollten wir jetzt diskutieren und dann gemeinsam die Anträge einbringen.