Protokoll der Sitzung vom 12.10.2011

fachsten Antragsform. Jetzt gilt es, diese Vorschläge in aller Ruhe zu studieren, auf bayerische Verhältnisse herunterzubrechen und sich erst dann in die Diskussion einzubringen, für die wir noch eineinhalb Jahre Zeit haben. Die Kommission schlägt hier keine zusätzliche Förderung vor, sondern eine aus meiner Sicht sehr große bürokratische Erleichterung für die Klein- und Kleinstbetriebe. Darüber sollten wir jetzt diskutieren und dann gemeinsam die Anträge einbringen.

(Beifall bei der CSU und Abgeordneten der FDP)

Vielen Dank. Nächste Wortmeldung: Frau Kollegin Noichl.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe meiner Fraktion versprochen, es ganz kurz zu machen. Wir stimmen dem Antrag zu. Wir haben ihm im Ausschuss bereits zugestimmt. Wie schon Kollegin Müller sagte: Es ist wichtig, sich zu positionieren. Es geht nicht um jeden Punkt und jedes Komma im Antrag, sondern um eine klare Positionierung für kleine Betriebe. Es ist richtig und wichtig, dass im Antrag ganz klar drinsteht, dass wir keine Verteilung der Gelder für die Klein- und Kleinstbetriebe innerhalb Europas wollen. Wir wollen die Länder nicht gegeneinander ausspielen, wir wollen nicht, dass man einen Kleinstbetrieb in Rumänien mit einem Betrieb in Bayern vergleicht und dann zu dem Schluss kommt, dass der bayerische Betrieb ein Großbetrieb ist. Wir wollen einen Vergleich innerhalb der Länder. Das heißt, die sehr kleinen Betriebe innerhalb Rumäniens sollen gefördert werden, und die sehr kleinen Betriebe innerhalb Deutschlands sollen gefördert werden. In diese Richtung zielt der Antrag sehr klar mit der Forderung unter dem dritten Spiegelstrich, die ein klares Nein zur Kleinbetriebsförderung auf europäischer Ebene und Ja zu einer Kleinbetriebsförderung auf der Ebene der Länder sagt. Genau das wollen wir; diese Intention ist völlig richtig.

Frau Biechl, alles, was Sie vorhin vorgetragen haben, dass nämlich Brüssel dieses oder jenes plant, hat nichts damit zu tun, dass wir uns jetzt positionieren und wissen müssen, in welche Richtung der Tanker fahren soll. Der Tanker soll in Richtung einer ländergebundenen Förderung der kleinen Landwirtschaft fahren.

Ich möchte noch etwas zum Thema kleine oder bäuerliche Landwirtschaft sagen. Es gibt viele unterschiedliche Vorstellungen davon, was bäuerliche Landwirtschaft ist. Für die SPD ist bäuerliche Landwirtschaft eine unternehmergeführte Landwirtschaft, ähnlich wie im Handwerk, wo der Unternehmer mit seinem Einkommen und seinem Geld für seine unter

nehmerische Handlung geradesteht. Bäuerliche Landwirtschaft unterscheidet sich von industrieller Landwirtschaft, hinter der eben nicht der Eigentümer steht, sondern vielleicht große Aktiengesellschaften oder sonst etwas.

Wir stimmen dem Antrag zu und hoffen, dass diese Intention in Brüssel ankommt.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön. Herr Kollege Sprinkart ist schon unterwegs, bitte.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Wir werden den Antrag ablehnen; ich sage Ihnen auch gleich, warum. Die Formulierung unter dem ersten Spiegelstrich ist okay. Wir wollen eine kleinstrukturierte bäuerliche Landwirtschaft fördern. Die Formulierung unter dem zweiten Spiegelstrich ist auch noch okay. Ich kann auch mit der Forderung leben, Kleinbetriebe durch einen Sockelbetrag zu fördern. Die Forderung im dritten Spiegelstrich, dass eine Kleinbetriebsförderung auf europäischer Ebene nicht kommen soll, heißt auf gut Deutsch: Das, was in Deutschland ein Kleinbetrieb ist, fördern wir, aber das, was in Rumänien und Bulgarien ein Kleinbetrieb ist, fördern wir nicht mehr. Das kann nicht unsere Politik sein.

(Beifall bei den GRÜNEN)

In Rumänien und Bulgarien gibt es noch viele Betriebe mit einem oder zwei Hektar, die es bei uns kaum mehr gibt. Genau diese Betriebe will der Antrag nicht fördern. Das ist schon deshalb ein Blödsinn, weil damit die Sorge verbunden ist, dass das zu einer größeren Umverteilung der Mittel innerhalb der Mitgliedstaaten führt. Seit heute liegt aber der Vorschlag von Ciolos auf dem Tisch, und daher wissen wir, dass es zu einer solchen Umverteilung nicht kommen wird. Aus diesem Grund lehnen wir den Antrag ab.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. Jetzt hat noch Kollege Dechant zu diesem Antrag das Wort, bitte schön.

(Vom Redner nicht autori- siert) Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch die FDP wird diesen Antrag wie schon im Ausschuss ablehnen. Die Forderung unter Spiegelstrich eins, dass wir uns für den Erhalt der kleinstrukturierten bäuerlichen Landwirtschaft einsetzen, teilen wir alle. Die Frage ist aber, wie wir das machen wollen. Was hier steht, bedeutet eine Förderung mit Sockelbetrag, mit Auflagen, Bürokratie und allen mögli

chen komplizierten Sachen. Aus meiner Sicht müssten wir dafür sorgen, dass wir wettbewerbsfähige landwirtschaftliche Betriebe bekommen. Das steht aber mit keinem Wort im Antrag.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Wir wollen wettbewerbsfähige Landwirte, und wir wollen, dass Gelder der EU entsprechend an die Landwirtschaft für die gesellschaftlichen Leistungen verteilt werden, welche die Landwirtschaft bei uns erbringt. Wir sind uns aber in dem einen oder anderen Punkt nicht darin einig, was eine gesellschaftliche Leistung darstellt. Nur der Erhalt eines kleinen bäuerlichen Betriebes ist noch keine gesellschaftliche Leistung an sich. Gesellschaftliche Leistungen sind Ökologie, Tierschutz usw. Wir müssen schauen, dass wir möglichst viele Betriebe wettbewerbsfähig machen und dass wir die gesellschaftlichen Leistungen, die von allen Betrieben erbracht werden, entsprechend honorieren. Das wird auch dazu führen, dass wir möglichst viele kleine Betriebe erhalten. Davon aber lese ich in dem Antrag gar nichts. In dem Antrag lese ich nur, dass wir auf deutscher Ebene ein Instrument einführen sollen, nicht aber auf europäischer Ebene. Das an sich ist schon ein Widerspruch. Kollege Herz hat sich dazu schon gemeldet. Ich bin mit meinem Beitrag auch gleich zu Ende, weil ich auch versuchen will, es möglichst kurz zu machen.

Aus meiner Sicht ist dieser Antrag nicht zielführend; denn das, was wir wirklich erreichen müssen, kommt darin mit keinem Wort vor.

(Beifall bei der FDP)

Herr Dr. Herz hat das Wort für eine Zwischenbemerkung, bitte.

Herr Kollege Dechant, wenn Sie wettbewerbsfähige Betriebe wollen, dann bitte ich Sie doch, Ihrem Herrn Kollegen Rösler mitzuteilen, dass wir dann nicht am Anti-Dumping-Gesetz herummachen sollten.

(Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN)

Ich kann den Bogen, den Sie gespannt haben, auch spannen. Das hat aber nichts damit zu tun, ob wir wettbewerbsfähige Betriebe haben wollen oder nicht. Das hat mit etwas ganz anderem zu tun. Wir reden hier nicht über die Betriebe an sich, über die Urproduktion, über nachgelagerte Maßnahmen, über Handel oder Marktmacht etc. Wir reden hier über die Wettbewerbsfähigkeit der bayerischen Landwirtschaft und vor allen Dingen über die Rentabilität. Die Bauern wollen für ihre Arbeit so entlohnt werden, dass sie davon leben können. Das ist

auch richtig so. Darüber reden wir hier. Dafür sind Ihre Vorschläge nicht zielführend. Wir müssen daran arbeiten, dass unsere bäuerlichen Betriebe die gesellschaftlichen Leistungen honoriert bekommen. Wir müssen daran arbeiten, dass sie wettbewerbsfähig werden. Wir müssen also Wettbewerbsverzerrungen abbauen. Dann werden wir landwirtschaftliche Betriebe haben, in denen die Arbeit Spaß macht und die erhalten bleiben.

(Beifall bei der FDP)

Herr Staatsminister Brunner hat ums Wort gebeten. Herr Staatsminister, sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch wenn es der letzte Tagesordnungspunkt ist, freue ich mich, dass so viele Abgeordnete hier sind.

(Zurufe: Der Vorletzte!)

- Lasst mich doch ausreden, es geht um das Thema Landwirtschaft. Der nächste Antrag hat mit einem ähnlichen Thema zu tun. Ich freue mich, dass trotzdem so viele Abgeordnete dageblieben sind. Das bedeutet ein großes Interesse an der Weiterentwicklung der europäischen Agrarpolitik und damit auch der bayerischen Agrarpolitik.

Frau Kollegin Müller, ich habe mich in der Vergangenheit bei der Weichenstellung für die europäische Agrarpolitik so intensiv eingeschaltet, dass es gerade dem Berufsstand, dem auch Sie angehören, manchmal schon zu detailliert geworden ist. Ich habe zusammen mit den Österreichern und anderen Strategietage veranstaltet. Ich habe in Bayern und in Brüssel speziell zur Berglandwirtschaft Tagungen durchgeführt, um auch diese Art der Landwirtschaft noch stärker fördern zu können. Ich habe bei den Agrarministerkonferenzen in Deutschland stets bayerische Positionen vertreten. Wir haben uns sehr wohl positioniert.

Die Bedeutung der bayerischen Landwirtschaft zeigt auch der Besuch von EU-Agrarkommissar Ciolos. Er hat München besucht, und nicht Berlin. Er hat sich unsere Perspektiven künftiger Agrarpolitik angehört. Er hat sich insbesondere auch für meine 44 Vorschläge zur Bürokratievereinfachung interessiert und sie entgegengenommen. Ich glaube, Bayern ist nicht nur ein Bundesland von 16, sondern auch eine wichtige Region in der Europäischen Union. Ich habe versucht, meine Vorstellungen - ich nenne davon ein paar Beispiele - in Brüssel zu positionieren.

Ich habe das Zwei-Säulen-Modell, das jetzt abgesichert erscheint, rechtzeitig gefordert. Ich habe angemahnt, das Agrarbudget in der jetzigen Höhe weiterzuführen. Ich habe mich eindeutig für eine flächendeckende Landbewirtschaftung mit bäuerlichem Leitbild ausgesprochen, was auch Ciolos übernommen hat. Ich habe mich letztendlich dafür eingesetzt, dass unsere bayerischen Umweltprogramme, auch das KULAP und das Vertragsnaturschutzprogramm, nicht durch eine Greening-Auflage auf der ersten Stufe ausgehebelt werden. Ich habe insbesondere dafür gekämpft, dass es keine gleichen Flächenprämien in den 27 Staaten gibt, weil es nach wie vor erhebliche Unterschiede bei den Produktionskosten gibt. Eine Flatrate hätte das Bild sehr verzerrt und wäre zu Ungunsten der deutschen und der bayerischen Landwirtschaft ausgefallen. Auch hier kann ich Vollzug melden. Das, was Ciolos heute vorgestellt hat, ist eine moderate und harmonische Angleichung innerhalb der nächsten Jahre oder Jahrzehnte und keine abrupte Gleichmacherei.

Ich habe mich zusammen mit der Bundesministerin entschieden für die bayerische Regelung der Ausgleichszulage eingesetzt, weil sich gerade dieses System bewährt hat. 60 % der bayerischen Flächen sind in das Ausgleichsflächenprogramm aufgenommen worden. Unsere Kriterien haben sich auch bewährt. Wenn Brüssel acht physikalische Kriterien vorschlägt, würde dies bedeuten, dass in Bayern 460.000 Hektar aus der Förderung herausfallen und 260.000 Hektar wiederum hineinkommen würden. Verwerfungen und Ungerechtigkeiten wären damit vorprogrammiert.

Sie schlagen in Ihrem Antrag ein Junglandwirteprogramm vor. Das war heute in den Vorstellungen von Ciolos dezidiert mit enthalten. Allerdings liegt die Entscheidungshoheit über dieses Programm bei den Nationalstaaten. In der Frage, wie hoch das Programm sein soll, haben wir einen gewissen Spielraum. Ich begrüße das.

Auch zu dem Sockelbetrag, den Sie anführen, hat Ciolos Vorstellungen. Er nannte allerdings schon Zahlen, nämlich 500 bis 1.000 Euro. Diese Zahlungen können dann die Nationalstaaten festlegen.

Jetzt kommt aber mein Unverständnis, meine sehr geschätzte Frau Müller. Wir sollten uns nicht anmaßen, von Bayern aus darüber zu entscheiden, was die 27 anderen Länder unter Klein- und Kleinstbetrieben verstehen. Darüber sollen die jeweiligen Staaten selbst bestimmen. Wir können nur für unsere Interessen sprechen. Wenn Sie sagen, wir verstehen unter Kleinbetrieben unsere Strukturen, aber nicht die in Griechenland, Rumänien oder sonst wo, dann bevormun

den wir die anderen Länder. Davor warne ich entschieden. Wir können uns darauf einigen, dass wir einen bestimmten Sockelbetrag -

(Widerspruch der Abgeordneten Maria Noichl (SPD))

- Frau Noichl, nutzen Sie doch jede Chance, einmal zu schweigen.

(Allgemeine Heiterkeit)

Ich empfände es schlichtweg als arrogant, wenn wir von Bayern aus festlegen würden, was Klein- und was Kleinstbetriebe sind. Das führt uns überhaupt nicht weiter.

Meine Damen und Herren, ich möchte auch daran erinnern, dass wir heute über Agrarpolitik und nicht über Sozialpolitik reden. Mein Credo und meine Vorstellungen von der Agrarpolitik der Zukunft sind: Wir wollen allen Betrieben unabhängig von der Hektarzahl Zukunftsperspektiven einräumen. Wir wollen insbesondere die Qualifikation des Betriebsleiterehepaares fördern und in den Vordergrund stellen. Diese sollen mit betriebsindividuellen Entscheidungen die Zukunft ihres Betriebes festlegen. Sie sollen entscheiden, ob sie ihren Betrieb im Nebenerwerb, im Haupterwerb oder im Vollerwerb führen wollen. Mir ist es wichtig, dass alle Perspektiven unabhängig von der Größe Zukunft haben.

(Beifall bei der CSU)

Herr Staatsminister, lauschen Sie bitte der Frau Kollegin Müller.

Herr Minister, ich wollte Ihnen nur noch den zweiten Spiegelstrich unseres Antrags vorlesen:

… sich auf europäischer Ebene für die Schaffung von besonderen Fördermöglichkeiten für Kleinbetriebe (Sockelbetrag) durch die jeweiligen Mitgliedsstaaten bzw. Regionen im Rahmen ihres Prämienplafonds einzusetzen, …

Mir geht es darum, dass wir in Bayern die Möglichkeit bekommen, den kleineren unserer Kleinbetriebe, je nachdem, ob wir uns auf zehn Hektar oder acht Hektar festlegen, im Rahmen unserer finanziellen Mittel etwas mehr zu geben als den größeren Betrieben. Darüber wollen wir im Rahmen unseres Prämienplafonds selbst entscheiden. In Südtirol ist das bei der Ausgleichszulage schon gemacht worden. Dort werden die kleineren Betriebe stärker gefördert. Das ist innerhalb der Europäischen Union bereits möglich.

Genau das wollte ich für die Stärkung unserer eigenen Kleinstbetriebe erreichen.

Frau Kollegin, das legen nicht einzelne Regionen, sondern die Nationalstaaten fest. Also müssten wir in Deutschland eine Regelung herbeiführen. Dagegen spricht auch nichts. Das können wir zusammen mit den übrigen Ländern festlegen, soweit wir uns darüber verständigen können. Aus meiner Sicht wäre es aber noch viel wichtiger, dass uns die Spielräume, die wir beim Kulturlandschaftsprogramm oder beim Vertragsnaturschutzprogramm bereits haben, weiter erhalten bleiben.